Beiträge von Phaeneas
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Die Sonne schien durch das Küchenfenster, erhellte den Raum und fast schien es so, als käme die Wärme von ihr und nicht von dem Feuer unter dem Herd.
„... da ein Öllämpchen. Was für eine schöne Flamme!“, strahlte Smyrna gerade und zeigte ihre rußig schwarzen Fingerkuppen vor. Berenice gab ihr abschließend einen Klaps und empfahl lächelnd: „Und jetzt geh Händewaschen!“
Syria hatte sich gerade mit Arete, die bisher die ganze Zeit über recht ruhig gewesen war, über das weitere Vorgehen besprochen, worauf die plötzlich fahrig geworden war und dabei hektisch vor sich hinredete: „Ich schaff’ das alles nicht! Ich schaff’s nicht!“ An dieser Stelle könnte sich einem die Frage stellen, was denn bitte? Dieser Tag war kein bisschen besonders und die Küche hatte die übliche Menge zu kochen, wie an jedem anderen Tag auch. Was sollte also daran nicht zu schaffen sein?
Phaeneas stellte sich diese Frage schon lange nicht mehr. Es wunderte sich niemand in diesem Haus über Arete, die heute einen ihrer schlechten Tage hatte. Man sah es an ihrem gereizt anmutenden Gesichtsausdruck und den glanzlosen, müde wirkenden Augen. An manchen Tagen holte Arete unversehens schlechte Stimmung ein und genauso wie es dafür keinen rechten Grund gab, half auch nichts dagegen. Da sich niemand darüber wunderte, was es ganz normaler Küchenalltag. Am nächsten Tag würde Arete wieder alle mit einem strahlenden Lächeln begrüßen.
Lichas kam in die Küche und meldete Berenice, als stünde er vor einem hochrangigen Offizier: „Cella Vinaria ordungsgemäß unter die Lupe genommen. Jedes kleinste Fitzelchen Staub entfernt!“ Die Griechin nickte bestätigend. Wohlwollen der Blick. Kein Wunder bei einem jungen Mann wie Lichas.
„Wofür das alles?“, grummelte Arete derweil vor sich hin. „Immer“ – immer – „diese Schufterei. Ich bin viel zu schade dafür.“ Auch das nahm Phaeneas längst nicht mehr ernst.
Mit einem nachsichtigen Schmunzeln wandte sich Phaeneas ab. Ihm war inmitten dieses Trubels eine Erinnerung an seine Mutter gekommen. Es war darum gegangen einen Krug Wasser durchs Haus zu transportieren, aber wie für Mütter üblich, hatte sie ihn nur unter tausend Hinweisen gehen lassen:"Sei vorsichtig mit dem Gefäß. Geh nicht zu schnell damit.“ Liebevoll lächelte seine Mutter ihm zu, während sie ihn ermahnte. In ihren Augen stand wieder diese Sorge, die über die übliche Besorgnis einer Mutter hinausging, sie stand immer dort. Phaeneas wusste, wie sehr sie sich sorgte. Er spürte die Angst, die sie umgab, auch wenn sie lächelte. „Und wenn dir auf dem Gang jemand von den Herrschaften begegnet, dann geh langsamer und mach schnell Platz!“ Sie strich sich eine Haarsträhne zurück, eine braune, dichte Strähne, und Phaeneas machte sich auf den Weg. Mit dem Krug in der Hand an Zimmertüren vorbei durch das Haus.
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Ein unmissverständlicher Befehl. "Natürlich, Herrin", erwiderte Phaeneas und ließ sich gefügig vor die Tür schicken.
Ob das Sklavenmädchen es in der Zwischenzeit wohl noch schaffte, Wunder zu wirken?
Cephalus kam vorbei und begann: "Ah, Phaeneas, gut dass ich dir über den Weg laufe, ich brauche dich bei ..." Doch der Bithynier schüttelte nur den Kopf: "Die Herrin braucht mich." Worauf Cephalus nickte: "Nun denn" und weiter seines Weges ging.
Nach einer Weile, in der Phaeneas darüber nachgedacht hatte, dass das Leben eigentlich größtenteils aus Sinnlosigkeit bestand, lehnte er sich an die Wand neben der Tür. Welche Malerei da hinter ihm die Wand zierte, war ihm komplett egal.
Vielleicht war gerade das der Sinn, ein sinnloses Leben zu leben.
Als sich die Tür öffnete, stieß er sich rasch von der Wand ab. Zu allererst fragte die Gemahlin seines Herrn allen Ernstes, ob sie gehen konnten! "Selbstverständlich, Herrin", bestätigte Phaeneas. Schließlich hatte er ja die ganze Zeit nur auf sie gewartet! -
Phaeneas vergaß das Drumherum, sprich die Zeit, nicht. Mit mittlerweile wachsend sorgenvollem Auge verfolgte er, wie sie verging.
Raetinus vermutete richtig. Phaeneas lebte gut. Derzeit.
Phaeneas war zufrieden, darüber, dass Raetinus ihm seine eigene Sichtweise zugestand. Dass er ihrer beider unterschiedlicher Leben akzeptierte. Und dass er nicht den akuten Wunsch verspürte, ihre Standpunkte zu ändern. Aber er führte Raetinus’ Gedanken fort:
„Meine Güte, das ist die rechtliche Definition, Raetinus. Glaubst du allen Ernstes, dass so übermäßig viele so vollkommen davon überzeugt sind? Wenn sie sich nicht gerade überhaupt keine Gedanken über etwas machen, denken die meisten zuerst mit gesundem Menschenverstand und dann in gesetzlichen Festlegungen.“
Besser, höher, schöner. Natürlich, das schien das Grundverlangen der Menschheit zu sein. Warum nicht einmal etwas so lassen, wie es ist? Warum musste krampfhaft immer alles anders werden?
„Kann man’s denn immer vorher wissen? Es kann genauso gut das Gegenteil eintreten und sich der Schritt, auf das vorherige zu verzichten, als Fehler herausstellen. Nicht für jeden ist das gleiche gut“, erinnerte der Bithynier. -
„Ja, Herrin“, gab Phaeneas zur Antwort. Im Allgemeinen sollte man davon ausgehen können.
Tempel. Von Phaeneas aus mochten Tempel liegen, wo sie wollten, der Tempelbezirk war sowieso der letzte Platz dieser Stadt, der den Bithynier interessierte.
Götter, sie hatten keinen Platz in seinem Leben. Sie mochten existieren, meinetwegen, aber nie käme er auf die Idee, sie um etwas zu bitten. Und den Grund dafür lieferte die Götterthematik auch gleich mit: die einzige, von deren Macht Phaeneas wirklich überzeugt war, das war Fortuna, das Schicksal. Ob sie auch Glück brachte, darüber sich Gedanken zu machen hatte Phaeneas bisher noch keinen Nerv gehabt.
Und Schicksal war schlicht mächtiger als Bitten ...
„Einen eigenen Tempel gibt es nicht. Aber im Tempelbezirk findet man ein kleineres Sacrum.“ -
Etwas umständlich, das System, wenn man gerufen wurde, fand Phaeneas. Wenn sie ihn jetzt noch nach seinem Leben ausfragte ...
„Ja, Herrin, der bin ich“, erklärte Phaeneas, wie üblich ohne den Kopf zu senken. Was manchmal einen dezent stolzen Eindruck erwecken konnte, die Augen unbeirrt auf sein Gegenüber gerichtet.
Er blendete das „dumme Ding“ samt dem Mädchen und allen anderen Sklaven vorübergehend aus, nahm den freundlichen Gesichtsausdruck der Gattin seines Herrn nur am Rande war und konzentrierte sich auf das Wesentliche: Was sie von ihm wollte. Allein das war ihr Recht, etwas zu wollen, das war das Recht eines Herrn gegenüber seinem Sklaven. -
Eine angenehme Überraschung: Man spekulierte auf etwas, ohne wirklich daran zu glauben, und es kam so... Phaeneas trat ein und folgte der Dienerin.
„...du dummes Ding“ Wie lang war es her, dass ihn jemand ungeschickt, eigensinnig oder ganz einfach dumm genannt hatte? Einige Jahre - aber eigentlich eine Ewigkeit, die Maßeinheit, in der Phaeneas sein Leben zählte.
Phaeneas meldete sich zu Wort: „Herrin, du hast mich hergebeten?“ -
Die Sklavenunterkunft lag am ganz genau anderen Ende der Domus als die Räumlichkeiten der Herrschaften – ach wie grausam es doch war, Lucianus in einen so unpersönlichen Begriff hineinzuquetschen - , aber Phaeneas’ rasche Schritte hatten ihn eilends durch das Haus geführt (seine zweitwilige Ruhelosigkeit als Arbeitseifer zu interpretieren wäre falsch) und so erschien der bithynische Sklave vor der Tür der Gattin seines Herrn.
In Anbetracht dessen, dass sie nach ihm geschickt hatte, könnte man erwarten – ein gemeines Wort – dass sie sich gleich Zeit für ihn nahm. Phaeneas trat an die Tür, klopfte und trat wieder einen Schritt zurück, um in Wartestellung verharren. -
Ganz egal, was es war, wenn die Herrin rief, hatte natürlich alles andere hintenanzustehen. Genau so – wie es zu erwarten war - reagierte Phaeneas auch, als er die Benachrichtigung durch die Sklavin entgegennahm.
„Certo, gewiss, ich werde sie dort aufsuchen“, antwortete er ihr und machte sich auf den Weg. -
Es war ein Tag wie jeder andere, warm und würzig in der Küche, geschäftig im Haus, da kam Menyllus in die Küche und verkündete: „Ich hab keine Lust!“ Mit diesen Worten setzte er sich auf einen Hocker und bemühte sich dabei, möglichst so auszusehen, als würde er erst frühestens in hundert Jahren wieder aufstehen. „Worauf hast du keine Lust?“, fragte Phaeneas. „Darauf, Mama beim Wäschewaschen zu helfen“, gab der Junge zurück und fuhr schließlich fort: „Ich will viel lieber spielen! Dämliche Wäsche, warum kommt die nicht alleine zurecht?!“ „Genauso wie du nicht von alleine auf die Idee kommen würdest, die Tunica zu wechseln, wenn du draußen warst“, warf Berenice ein.
„Ich hab trotzdem keine Lust“, wiederholte Menyllus trotzig.Phaeneas verglich gerade den kleinen Sklaven mit sich selbst, als er in dem entsprechenden Alter gewesen war. Es war der Punkt, an den er im Leben immer wieder kam, wenn andere Sklaven nicht gewillt waren, dieselbe Disziplin an den Tag zu legen wie er – einfach weil sie noch nie in eine Situation gekommen waren, in der sie froh darum gewesen wären.
„Dauert’s denn so lange?“, versuchte Phaeneas zu vermitteln. „Viel zu lange“, lautete die Antwort. „Du würdest sehen, wenn du erst mal anfangen würdest, ist es doch schneller vorbei als man glaubt.“ „Pff, das glaube ich nicht.“ „Und dann hättest du es hinter dir, jetzt weißt du die ganze Zeit, was du eigentlich tun müsstest, und hast doch nichts von der Zeit, in der du hier herumsitzt.“ Das schien ihn doch nachdenklich zu stimmen. „Und nachher könntest du es ruhigen Gewissens als erledigt betrachten.“ Menyllus rührte sich immer noch nicht.
„Und gerade jetzt sitzt deine Mutter allein da und muss die Arbeit alleine machen.“ Viel Mitleid mit seiner arbeitenden Mutter schien der Junge nicht zu haben. „Ich bin mir sicher, sie wäre über ein bisschen Hilfe sehr froh“, vermittelte der Bithynier weiter und fuhr fort: „Stell dir vor, man ließe dich so im Stich.“ und zeichnete damit unbewusst seine eigene Angst. -
Was man dazugewann interessierte Phaeneas nicht, wer es haben wollte, bitte, aber er wollte es nicht.
"Du hast also Angst, etwas Bestimmtes zu verlieren?" ... Bei allen Göttern, nun kamen sie an einen Punkt, der Phaeneas gar nicht gefiel. Mit ihm hatte das ganze schließlich gar nichts zu tun. Sie sprachen hier allgemein über ein Thema und Phaeneas hielt sich grundsätzlich aus so etwas heraus. Wovor er Angst hatte, ging diese Welt schließlich nur sehr beschränkt etwas an.
So fiel auch Phaeneas’ Entgegnung aus: „Ich habe dir Beispiele gegeben, was für eine Freilassung zutreffen kann. Was sie dann letztendlich bedeutet, kommt auf den einzelnen Fall an. Wie schon gesagt, mein Leben ist anders als das eines anderen Sklaven. So wie jeder anders ist“, schob er ein, „ist auch jedes Leben anders.“
Raetinus konnte ihn noch so durchdringend betrachten, er würde nichts sehen. Wenn Phaeneas es nicht wollte, konnte niemand etwas an ihm erkennen.
„Was aber, wenn einem das alte so lieb ist, dass man es um keinen Preis eintauschen möchte, ganz egal was man dafür bekommt? Wieso ein neues Zuhause suchen, wenn man es längst hat, wofür nach einer Gemeinschaft suchen, die man schon lange daheim hat? Warum sich ein neues Leben aufbauen, wenn man das alte doch nur zu nehmen braucht?“ Ein abschließendes ‚Das ist doch unsinnig.’ lag Phaeneas noch auf der Zunge, aber er schluckte es hinunter. Schließlich sollten neutrale Argumente den Ausschlag geben, keine persönlichen Wertungen. -
Das Wetter war, an Mogontiner Verhältnissen gemessen, annehmbar. Phaeneas war mittlerweile an dem Punkt, an dem ihm jede Verbesserung im Wetter recht war, sei sie auch noch so geringfügig.
Geschäftig ging es um den Bithynier herum zu, Menschen eilten vorbei, kamen und gungen, oder blieben bei dem Brunnen, zu dem es Phaeneas hingezogen hatte, stehen, um ihre Gefäße zu füllen. In diesem Fall interessierten ihn die Leute um ihn herum noch weniger, weil das Wasser seine ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.
Es war dieses durchschnittliche Gefühl, das Phaeneas heute erfüllte, das ihn meistens erfüllte, diese Mischung aus ewiger Gleichgültigkeit, leisem Sehnen, innerer Leere und ewigem Abwarten. Ein in sich recht neutraler Gemütszustand, vor allem bezeichnet durch Gelassenheit und Ruhe. Phaeneas’ Lebensgefühl, das dann und wann unterbrochen wurde von Freude, Zweifel, Zuversicht, Deprimierung.
Der bithynische Sklave stand am Brunnen und blickte auf das Wasser, auf die momentan glatte Oberfläche. Leicht schimmerte sie. Was für Phaeneas immer unglaublich bleiben würde, war, dass diese Flüssigkeit so durchsichtig war. So klar, und in diesem Fall zum Glück auch ungetrübt, als wäre es flüssiges Nichts! Dazu kam noch, dass dieses Zeug, das ihn immer wieder in seinen Bann schlug, sage und schreibe tatsächlich ein Lebenselixier war, denn ohne Wasser konnte niemand leben. (Dass Luft auch durchsichtig und unverzichtbar war, interessierte Phaeneas natürlich nicht.) Aber am besten gefiel ihm am Wasser die belebende, nein mehr schon aufputschende Wirkung, die es auf ihn hatte. Beides spielte für Phaeneas’ Verzauberung eine Rolle: Bewunderung der Kostbarkeit – und Gier.
Er streckte die rechte Hand nach dem Wasser aus und tippte mit den Fingerspitzen darauf, als wollte er nur die Oberfläche berühren ... -
Wenn man die zwei da sitzen sah, konnte man wirklich sagen, dass da zwei Gegensätze aufeinandergestoßen waren. Raetinus, die fröhlichere Natur, der jederzeit bereitwillig lächelte, und Phaeneas, der damit zurückhaltender war, lieber Worte statt Mimik sprechen ließ und sein Wohlwollen einzig dadurch zeigte, dass er seine Aufmerksamkeit ganz auf sein Gegenüber richtete.
Kaum hatte Phaeneas fertiggesprochen, schlug ihm schon Raetinus’ Antwort entgegen. Auch wenn es gewagt war, vielleicht zu gewagt für Phaeneas’ Geschmack – aber gut, es waren ja nur flüchtig gesprochene Worte – hatte Raetinus eigentlich mit dem, was er sagte, recht und Phaeneas stimmte seiner Ansicht zu. Im Grunde waren Menschen auch wieder nur Menschen.
Seine Herrn hatten alle möglichen Schwächen gehabt, mal absonderlicher, mal verständlicher. Und Lucianus war zum Glück auch nicht perfekt. Davon, dass “die da oben“ sonderlich besser wären, kann man also nicht wirklich reden. Dass Sklaven bewegliche, redende Gegenstände waren, erklärte sie auch nur schlecht. Und vor allem kam Phaeneas immer wieder an den Punkt, an dem er merkte, dass er zu mehr fähig war, als das, worauf man einen Sklaven beschränkte. Sprich, nur unter der Leitung seines Herrn lebens- und entscheidungsfähig zu sein.
Aber das war die Theorie und theoretisch traute Phaeneas sich so manches zu denken.Wie es schien, hatte Raetinus nun den Zusammenhang verloren. Kein Wunder, wenn man diese Angelegenheit über Beispiele erklären wollte, wurde es auch etwas lang und möglicherweise umständlich. Dann war das jetzt der perfekte Zeitpunkt, um den Kreis wieder zu schließen.
„Das kann eine Freilassung unter Umständen bedeuten, Raetinus“, erklärte Phaeneas. „Alles verlieren, was man kennt.“
Das was das, was Phaeneas an der Freiheit am meisten fürchtete. Das Verlieren des Vertrauten und die Konfrontation mit dem Unbekannten.Sim-Off: Perfekt, ich bin zufrieden!
Und lang ... wenn du solche Ansprüche an dich hast! -
Ein Nicken zurück, eine kleine Aufmerksamkeit. Phaeneas erinnerte sich gerade an jemanden, der kaum aufgesehen hatte, wenn die Tür knarrte.
Die Unterhaltung, die weiter folgte, ging im Grunde wieder an dem Sklaven vorbei. Als die Rede allerdings auf die Duccier kam, horchte er auf. Was der Herr durch Marsus erfuhr, brauchte Phaeneas ihm schließlich nicht noch einmal erzählen.
Nach den Nornen und Fortuna und einem zweigeteilten Trinkspruch, fiel Phaeneas schließlich Marsus’ seitlicher Blick zu Boden auf. Als er dann weiterredete, fühlte sich der Bithynier nur bestätigt: Fußböden, Wände und Inventar waren hervorragend, um sich davon inspirieren zu lassen! -
Phaeneas’ Aufmerksamkeit wandte sich vom Impluvium seinem Herrn zu.
Das vertraute Gesicht, die vertraute Stimme, die vertraute Person. Der einzige, den der Bithynier in seinem derzeitigen Leben nicht als Fremden bezeichnen würde. Die anderen dieses Hauses mochten Phaeneas bekannt, vielleicht auch vertraut sein, aber trotzdem unbekannt genug, um sie in seinen Augen als Fremde zu bezeichnen. Manche konnten sich Jahre in Phaeneas’ Umfeld aufhalten und trotzdem immer Fremde bleiben.
„Ja, Herr“, nickte Phaeneas. Was er auch nur wusste, weil er den Wein selbst geholt hatte. -
Phaeneas hielt sich bei dem Gespräch dezent im Hintergrund. Unsichtbar, aber trotzdem da, etwas, was man nur schwer erlernen konnte, wenn man nicht als Sklave geboren war.
Dem, was die beiden da redete, folgte Phaeneas nur am Rande, in etwa so, wenn man eigentlich besseres zu tun hatte, als sich mit dem Wunsch, jemandes Klient zu werden, zu beschäftigen. Nämlich leicht sinnierend in Richtung – diesmal war es das Impluvium - zu schielen. Kein Ort war real genug, um den Bithynier nicht doch etwas von dort weglocken zu können. Oder er nicht genug in der Gegenwart. Außerdem war er heute in undefinierbar versonnener Stimmung. Alles schien ein wenig idyllischer als gestern noch ... -
Phaeneas, der mit ins Atrium gekommen war, nahm sich des Winkes seines Herrn an und kümmerte sich um die Getränke. Er eilte in den hinteren Teil des Hauses und kehrte mit Wein und Wasser zurück.
Dort schenkte er Gast und Herr ein und bemühte sich in Abstimmung mit beiden um ein angemessenes Verhältnis. -
Mit zügigen Schritten kam Phaeneas die Straße entlang, zielstrebig wie üblich, als hätte er immer ein unsichtbares Ziel vor Augen.
Als er den Bettelnden sah, erntete der lediglich einen Seitenblick, ansonsten schenkte Phaeneas ihm kaum Aufmerksamkeit. Sobald man Bettler auch nur ein bisschen beachtete, konnten sie sich zur Klette entwickeln.
So schritt er, schnurgerade an der Lumpengestalt vorbeiblickend, weiter, warf einen genauso nicht beachtenden Blick zur Casa Duccia – für Fremde und architektonische Details hatte er selten etwas übrig - und ging weiter seines Weges. -
Tja, das war zu erwarten gewesen, dass er zu Phaeneas’ Herrn wollen würde - Interessant, mit wem die einzelnen reden wollten, die einen mit dem Legaten, die anderen mit Vinicius Lucianus, hatte schon mal jemand den Statthalter verlangt?
„Bitte komm mit“, bestätigte Phaeneas.
Der bithynische Sklave machte einen Schritt zur Seite und ließ Marsus eintreten. -
Von der Porta her führte Phaeneas Marsus ins Atrium. Er warf allgemein einen Blick in den Raum und dann hinauf zum Compluvium.
„Wenn du dich bitte setzten möchtest ...“, forderte er den Gast auf und vertröstete ihn auf einige Momente, bis er dem Herrn bescheid gesagt hatte. Damit ließ er Marsus allein.