Wusste er doch, dass er in Lucianus ein offenes Ohr haben würde.
„Neu? Pah, das ist es ja gerade! Nichts ist neu, Herr, von Anfang an war es allen bekannt, dass der zukünftige Kaiser an einer Erkrankung laboriert. Dass er daran sterben könnte, war eine von vielen Möglichkeiten.“ Phaeneas fuhr fort: „Manche spekulieren sogar, dass er schon längst tot ist und seitdem nur der Anschein bewahrt wurde, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Aber diese Variante interessiert sie bei weitem nicht so sehr, wie die andere!
Ich verstehe nicht, Herr, warum die eine jetzt auf einmal so Panik hervorruft. Nahezu von einem Tag auf den anderen reden alle nur noch davon! Warum erst jetzt und nicht schon viel früher?“
Phaeneas fiel wieder in einen etwas sachlicheren Tonfall zurück und versuchte die Stimmungslage zu schildern: „Momentan ist der Großteil der Bevölkerung ziemlich aufgewühlt. An allen Straßenecken eifrige Diskussionen, wie es wohl wann aus welchem Grund werden könnte.“
Beiträge von Phaeneas
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Eine schöne Überleitung. „Du sagst es...“
Und Phaeneas fuhr, ohne noch annähernd auf irgendetwas Rücksicht zu nehmen, fort: „Plötzlich haben die Leute panisch Angst, der Caesar könnte doch noch seiner Krankheit erliegen, bevor er in Rom die Nachfolge antreten konnte!“ Inzwischen war seine Stimme nicht mehr so ruhig und gelassen, wie man es sonst von ihm kannte.
Der bithynische Sklave sah seinen Herrn ratlos an. Er konnte sich nicht erklären, wie sie so plötzlich darauf kamen! -
Als sich Phaeneas zwei Tage später ins Tablinum schob, hatte der Bithynier das Gefühl, dass ihm der Kopf schwirrte. Es war befremdlich, aber es war wirklich so.
Die Leute fantasierten viel zusammen, aber manchmal war es wirklich schier unglaublich, wie man auf so viele Katastrophen kommen konnte. Auf der einen Seite war die Bevölkerung oft so leichtgläubig, so einfach zu beruhigen, und dann brach plötzlich Panik aus, wegen etwas, das längst bekannt gewesen war. Wie konnte man nur so viel Angst haben!
Tja, worüber sollten die Leute fantasiert haben, natürlich über den angehenden Kaiser.Phaeneas schob dem Herrn eine Schriftrolle hin. „Ein Brief für dich, Herr“, erklärte er, halbwegs gefasst.
Jetzt hatten sie es endgültig geschafft! Jetzt war auch sein Gleichmut gebrochen und er schaffte es nicht mehr, einfach nur in Ruhe zuzuschauen, wie die Dinge vonstatten gingen. Massenpsychologie, die brachte auch alles fertig!
Duccia Venusia - Regia Praefecti - Alexandria - Provincia Alexandria et AegyptusAn den
Legatus Augusti Pro Praetore
Marcus Vinicius Lucianus
Mogontiacum
Provincia GermaniaSalve Legatus,
wie auf dem Bankett versprochen, möchte ich dich nur kurz darüber informieren, dass wir gut in Alexandria angekommen sind. Die Reise ist gut verlaufen und die Stadt überaus interessant.
Ich hoffe, dass es dir und deiner Frau gut geht und alles ruhig ist in der Provinz und ihrer Umgebung.
Das solls in aller Kürze auch schon von hier gewesen sein. Ich weiß wie kostbar deine Zeit ist und möchte dich nicht lang mit Floskeln aufhalten.
Ich wünsche dir und deiner Familie weiterhin alles Gute und dass du die Geschicke der Provinz immer gut leiten wirst können. Die Götter mögen dir beistehen.
Vale aus Alexandria
Duccia Venusia
[SIZE=7]ANTE DIEM X KAL MAR DCCCLVIII A.U.C. (21.2.2008/105 n.Chr.)[/SIZE]
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„Praktisch“, kommentierte Phaeneas. Damit wäre der Kaiser im Prinzip überflüssig, wenn er nicht derjenige wäre, der die Legionen zusammenhält.
Es war einleuchtend und dass es trotz aller Sicherheit auch anders kommen könnte schloss der Herr ja mit ein. Also konnte Phaeneas ohne Probleme zustimmen: „Ja, du hast recht, es klingt wirklich mehr als plausibel, Herr.“
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Tja, dann war ja alles in bester Ordnung! Der Herr konnte sich vorerst zurücklehnen – so wie das als Statthalter eben möglich war – und die Anspannung im römischen Reich würde sich wieder lösen.
Aber noch fiel Phaeneas ein weiterer Haken ein. Ein Grund, warum sich die Normalität verzögern könnte. „Sicherlich braucht man solche Rebellen nicht zu ernst zu nehmen. Aber es könnte gut sein, dass dergleichen in nächster Zeit noch vermehrt auftritt, Herr. Die Beflügelung der vermeintlich noch anhaltenden Gunst der Stunde...“ -
Darauf gab Phaeneas die einzige Antwort, die man in so einem Fall geben konnte: „Haben sie das? Du weißt es, Herr, aber ich nicht. Mir ist es jedenfalls noch nicht zu Ohren gekommen. Diese Neuigkeit hat sich zudem bisher nicht so recht herumgesprochen.“
Worum Phaeneas dabei „froh“ war, war dass nun das Rätselraten unter den Leuten - und den Sklaven dieses Hauses - aufhörte, sprich es würde wieder ruhiger werden. *eiskalt*
Aber Phaeneas fiel noch eine Gruppe von Leuten ein, die hier in Germania sowieso eine Sache für sich waren: „Außerdem gibt es immer solche, die verrückt genug sind, ihren eigenen, vermeidbaren Selbstmord riskieren zu wollen. Dabei denke ich eher an Aufständische in Grenzregionen.“ Langsam gewöhnte sich auch Phaeneas dieses Beamten - Latein an ... -
Der Herr wollte tatsächlich auf das hinaus, was Phaeneas als selbstverständlich abgetan hatte, wovon Phaeneas gedacht hatte, dass es da nichts zu diskutieren gab. Herrje, was sollte er schon anderes von der Situation halten, als jeder andere? Alle Welt dachte im Moment nur das eine, alle Gedanken schienen sich derzeit an einem, na ja gut, aufgrund von verschiedenen Meinungen auf zwei Punkten zu konzentrieren. Was jedenfalls sollte jemand, der im römischen Reich lebte und dort weiterhin unter halbwegs friedlichen Umständen leben wollte, in diesen Tagen schon denken, hoffen und befürchten?
Tja, und Phaeneas musste dafür seine im Prinzip existierende Einstellung in Worte fassen, für die er sich momentan allerdings nicht interessiert hatte, schließlich gab sie alle Welt wieder:
„Es ist in jedem Fall beruhigend, dass es einen Nachfolger gibt, die erste Garantie, dass es friedlich verlaufen könnte. Aber ich würde es nicht ausschließen, dass manche die Gunst der Stunde nutzen wollen könnten...“ -
Sicher vom Tod des Kaisers gehört? Das pfiffen die Spatzen von den Dächern! Davon abgesehen, dass es Phaeneas nicht sonderlich berührte, könnte er es auch kaum übersehen, denn er spürte die Unruhe, die seither Begleiter seines Herrn geworden war.
Phaeneas wusste nicht recht, worauf der Herr hinauswollte.
Was sollte er schon dazu denken, dass der Kaiser tot war. Und was hätte er sich sonst wünschen sollen?Albernheiten beiseite „Du hast auf die einzig mögliche Art und Weise reagiert, Herr“, stellte Phaeneas nur einmal schlicht fest. „Als Klient des Kaisers kannst du dich schließlich schlecht dem Willen deines Patrons widersetzen.“
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Ein Gespräch mit dem Herrn brachte bisweilen die Eigenart mit sich, dass er manchmal, für Phaeneas gänzlich unerwartete Wendungen einbaute - wie der Bithynier darauf kam, gute Frage.
„Ich habe mich vor Jahren mit ein paar Christen unterhalten. Sie haben mir von ihrem Glauben erzählt und eben auch, wie Iesus ums Leben gekommen ist. In letzter Zeit ist mir das erst wieder in den Sinn gekommen, und du bist schließlich geradezu dafür prädestiniert“ – als Statthalter – „ die Sachlage ein wenig unter die Lupe zu nehmen, Herr.“Sim-Off: Edit: Fehler im Lateinischen
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Das geringere Übel ... Ja, das war es wohl. Gerade weil ein solches Urteil schwierig war, war Phaeneas froh, dass er nie vor eine derartige Entscheidung kommen würde. Er wäre restlos überfordert! Das war einer der Vorteile, wenn man Sklave war, niemals derjenige zu sein, der das endgültige Urteil fällte. Dabei musste man eben in Kauf nehmen, manchmal derjenige zu sein, über den geurteilt wurde...
„Nein, nicht hier in Germania, Herr, in Iudaea“, erklärte Phaeneas. „Die Christen jedenfalls behaupten, dass ihr Herr Iesus Christus in etwa so am Kreuz gelandet ist.“
Nun gut, Iudaea war nicht Germania und deshalb konnte man die beiden Provinzen vielleicht nicht so unmittelbar miteinander vergleichen, wie Phaeneas das getan hatte, aber so ungefähr kam das auf das gleiche, oder zumindest etwas ähnliches, hin.Sim-Off: Edit: Fehler im Lateinischen
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„Das liegt daran, dass mich keiner meiner Erklärungsversuche wirklich überzeugt hat, Herr. Auf den ersten Blick schien jeder irgendwie zu hinken.“ Aber Phaeneas tat dem Herrn den Gefallen und überdachte die Angelegenheit noch einmal: „Na ja, wie konservative Germanen die Sache sehen“ – sprich Freiheit oder Unfreiheit – „wird dich wohl weniger interessieren und die letzte Möglichkeit ist sowieso weit hergeholt. Zwischen den beiden übrigbleibenden Varianten hätte ich wohl spontan entschieden.“
Phaeneas sortierte die Antwort seines Herrn ein. Seine Ansicht bescheinigte die Glaubwürdigkeit derer, die dem Bithynier damals in etwa diese Geschichte erzählt hatten.
„Ich kann deine Sichtweise nachvollziehen, Herr“, bestätigte er und erklärte dann: „Damit hast du entschieden, wie angeblich schon einmal ein Statthalter in dieser Situation entschieden hat...“ -
Typisch Soldaten. Und typisch Leute. Was mussten sie jetzt beide auf den letzten Moment noch so alarmiert reagieren! Manche Zuschauer verließen den Platz wie aufgefordert und dafür kamen neue Schau- und Handlungslustige dazu. Unter den Soldaten schien Uneinigkeit zu herrschen, wie sie jetzt eigentlich mit dieser Situation umgehen sollten. Dadurch entstand bald ein hektisches Chaos.
Phaeneas hatte sich längst daran gemacht, sich durch die Menschenmenge zu schieben, um dem aufkommenden Durcheinander zu entkommen. Nebenher bekam er von den Versuchen mancher mit, doch noch bewaffnet aufs Forum zu kommen. Aber das Militär schien die Lage soweit im Griff zu haben.
Endlich hatte er es geschafft, aus dem ärgsten Gewimmel herauszukommen, und verschwand schließlich durch eine Seitengasse.
Eiskalt strich ihm ein leichter Windhauch um die Ohren, als er auf Umwegen nachhause ging. -
Da hatte der Herr ihn kalt erwischt! Es war leichter, etwas tagelang mit sich herumzutragen, als zu versuchen so spontan etwas damit anfangen zu können. Am zweiten oder dritten Tag kam man oft auf Dinge, die man zuvor nicht gesehen hätte.
Aber im Moment war dieser Satz nur einmal eine Ansammlung von Dingen, die auf den ersten Blick recht wenig miteinander zu tun hatten.
Da sein Hinterkopf aber längst begonnen hatte, Theorien aufzustellen und wieder zu verwerfen, ließ er sich also noch einige Momente Zeit, um diese weiterzuspinnen, und legte schließlich dem Herrn seine Überlegungen dar: „Zunächst kommt es darauf an, wie man das tränken übersetzt. Man könnte es so sehen, dass der Baum, der für dich in diesem Fall als Symbol für die Freiheit dient, Herr, von seinem Blut beschmutzt würde. Dabei ist die Frage wessen Freiheit: Seine Freiheit als Peregrinus würde verletzt, wenn er unschuldig verurteilt würde. Und von den Germanen aus gesehen, wäre ihre Freiheit dann im Keim erstickt.
Aber da du konkret von einem Baum ausgehst, Herr, ergibt es mehr Sinn zu deuten, dass der Baum der Freiheit mit dem Blut bewässert würde. Man würde also die Freiheit mit seinem Blut nähren. Wenn eine Revolte verhindert würde, könnten die Bewohner der Provinz weiterhin in Frieden und Freiheit leben.“
Phaeneas endete. Dann fiel ihm noch etwas ein, aber das stellte seine bisherige Sichtweise der Dinge noch ein weiteres Mal komplett in Frage. „Nein halt, man könnte sogar noch weiter gehen und die Germanen, die die Befreiung des Landes von Rom wollen, als die Patrioten und Fanatiker sehen. Aber das wäre eine ziemlich abstrakt gedachte Freiheit, wenn es dann in Germania Krieg gäbe“ – und Blut fließen würde. -
Mitten in der Menge stand Phaeneas und versuchte möglichst viel von dem mitzubekommen, was da vor sich ging, was in Anbetracht der Menschenansammlung nicht immer leicht war. Andererseits mochte er solche Menschenaufläufe, weil der einzelne dabei kaum beachtet wurde, man unweigerlich in der Masse unterging. Das gab dem ganzen einen so herrlich anonymen Charakter. Fast so, als wäre man selbst gar nicht hier, sondern nur ein Schatten oder ein Geist, der sich in die Menge mischt.
Der Tod des Kaisers berührte ihn persönlich nicht sonderlich, jedenfalls war an ihm nicht Besorgnis, Angst oder Bestürzung zu sehen, wie an manchen anderen hier auf diesem Platz. Neben der Rede des Duumvir war auch das wichtig, die Reaktion der Leute. Phaeneas betrachtete die Gesichter, gab darauf acht, wie die Zuhörer der Rede folgten und wie sie die Neuigkeiten aufnahmen. Manche Reaktionen erschienen ihm ein bisschen arg übertrieben, fast künstlich ...
Die Präsenz der Soldaten war wirklich eindrucksvoll und beruhigte sicherlich den romfreundlichen Teil der Bevölkerung in Bezug auf mögliche Unruhen, die der momentanen Lage wegen ja nicht auszuschließen waren. Aber der Bithynier befand ihren Anblick trotzdem nicht sonderlich angenehm, so wie nicht wenige andere in dieser Ansammlung. Das einzig erfreulich daran war für Phaeneas, dass er Raetinus entdeckte. Ganz vorne an der Tribüne, deutlich abgehoben von den anderen Bewaffneten. -
Eigentlich hatte Phaeneas eher damit gerechnet, dass der Herr sich mehr Zeit lassen würde, da ließ er auch schon jene eigenartig klingenden Worten verlauten
Schön hatte er das formuliert, wirklich sehr schön! Aber Phaeneas konnte im ersten Moment nicht viel damit anfangen. Er hörte die Worte, aber der Sinn, der Inhalt erschloss sich ihm nicht! Nachdem er dann beschlossen hatte, den vorderen Teil der Aussage zuerst einmal beiseite zu lassen, und sich dem hinteren Teil zuwandte, schaffte er es die Botschaft herauszuanalysieren. „Blut von Patrioten oder Fanatikern“ lief jedenfalls auf die Hinrichtung hinaus.
Eines aber irritierte Phaeneas ganz besonders. Wie kam der Herr in diesem Zusammenhang auf Freiheit? Nach Phaeneas’ Ansicht müsste das alles doch mehr eine Sache von Schuld und Unschuld, von Recht und Unrecht sein. Vielleicht im größeren Zusammenhang gesehen ... ?
„Was meinst du mit Freiheit, Herr?“, fragte er deshalb prompt interessiert nach. -
„Wenn du damit die ganze Provinz ruhig halten könntest, Herr ... es müsste dafür nur ein möglicherweise Unschuldiger das Leben lassen“ Es war fast schon makaber, wie einfach diese Lösung klang ...
Das, was Phaeneas den Herrn bisher wissen hatte lassen, war natürlich nur ein knapper Umriss dieser Situation. Deshalb beleuchtete er noch ein paar Details für ihn: „Er gibt einzig Lästerung an den germanischen Göttern zu. Er macht insgesamt eher den Eindruck eines religiösen denn eines politischen Fanatikers.“
Phaeneas erklärte weiter: „Es finden sich viele, die ihn beschuldigen, und fast kaum welche, die für seine Unschuld eintreten.“ -
Ja, das erste Mal. Das erste Mal, nachdem der Herr es tatsächlich geschafft hatte, Phaeneas’ Bedenken zu beseitigen. Man könnte auch sagen, nachdem er Phaeneas’ Widerstand aufgeweicht hatte, Widerstand, das zu glauben, was seine Augen und sein Verstand ihm schon lange offenbarten.
Tja, und prompt ging der Herr auf Phaeneas’ Ansuchen ein. Auf ihn war wirklich Verlass!
So versuchte der Bithynier, ihm folgende fiktive Situation möglichst einfach darzulegen: „Angenommen, ganz Germania stünde kurz vor einem Aufstand gegen Rom. Inmitten all der davon ausgelösten Wirren verlangen die Bewohner plötzlich die Verurteilung eines Mannes, eines Peregrinus, der angeblich ein germanisches Heiligtum entweiht hat. Um das ganze schwerwiegender zu machen, wird ihm außerdem unterstellt, er hätte Hetze gegen Rom betrieben. Der Tod dieses Mannes würde verhindern, dass die ganze Provinz überkocht." Und so schloss Phaeneas: "Würdest du dein Einverständnis zu der Hinrichtung geben, Herr?“ -
Tja, wie schön klang das, was Raetinus in seiner so unbekümmerten Art sprach, wie wünschenswert war das, was er sagte. Es klang nach einer vollkommenen Wahrheit, einem mehr als nur erstrebenswerten Zustand, der das Leben nach Phaeneas’ Ansicht um einiges ansprechender machen würde.
Nur gab es da noch eine kleine Einschränkung, die die einfache Auflösung eines solchen Falles erschwerte:
„Na ja, das kommt darauf an, ob es die Herrschaften interessiert, oder diejenigen, die in einer solchen Angelegenheit etwas zu sagen hätten.“In Sachen Freizeit musste man grundsätzlich nachhaken, denn so etwas hing meistens davon ab, dass man alles andere erledigt hatte, und war deshalb variabel. Ah ja, Feierabend war also die Regel.
Zeit, in der man jeglicher Pflicht enthoben war, war etwas wichtiges. Phaeneas hatte es zwar seit jeher verstanden, sich Momente für sich selbst und seine Grübeleien zu verschaffen, aber seit sein Herr ihm die Möglichkeit dazu gegeben hatte, hatte er es allmählich zu schätzen gelernt, mit seiner Zeit anfangen zu können, was er wollte. Auch wenn er sich trotz dieses Umstandes einen ungefähren Zeitplan festgelegt hatte, konnte er jederzeit beschließen, dass er jetzt doch lieber etwas ganz anderes machen wollte. Diese Möglichkeit, ja fast nach Lust und Laune zu agieren, war schon etwas ... ziemlich faszinierendes.„Weshalb hast du dich eigentlich entschlossen, zur Legion zu gehen, Raetinus?“, erkundigte Phaeneas sich. Damit kamen sie nun auf ein Terrain, das ihn besonders interessierte – Beweggründe, Anlässe, mögliche Motive, die jemanden zu etwas veranlassten...
Sim-Off: Das mit dem Workaholic ist echt gut!
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Der Herr und Phaeneas hatten gerade etwas besprochen, da fiel Phaeneas spontan etwas ein, was Jahre zurücklag, also eine ganze Weile bevor er in den Besitz des Vinicius Lucianus übergegangen war, ihm aber nach wie vor durch den Kopf ging. Wenn er so recht überlegte... Die Wege des Schicksals waren wirklich unergründlich, so auch in dieser Angelegenheit. Denn die Gelegenheit bot sich förmlich an.
Aber damit konnte er den Herrn schlecht überfallen, die Sachlage war nämlich lang und kompliziert. Deshalb kündigte Phaeneas sein Vorhaben erst einmal an: „Herr...“, begann er, noch etwas sinnierend über das, was er ansprechen wollte, und fuhr dann fort: „Vor einigen Jahren habe ich ein recht interessantes Gespräch geführt, nur manchem von dem, was mir dabei erzählt worden ist, stehe ich nach wie vor skeptisch gegenüber. Du könntest mir helfen, einige Zweifel auszuräumen...“
Und gleichzeitig lag damit die Frage im Raum, ob der Herr denn überhaupt Zeit dafür hatte... -
Na, eben.
So wie Raetinus redete, könnte man schließlich fast glauben, er hätte seit jeher schon tadelloses Verhalten an den Tag gelegt.
„Seltsam, nicht wahr, dass Menschen außerhalb jeglicher Kontrolle eher zum Chaos tendieren“, überlegte Phaeneas vor sich hin. „Ob da wohl ein Grundsatz dahintersteckt?“
Huch, nun musste er erst einmal Raetinus’ Übereifer bremsen! „Halt, sei mal nicht so schnell mit dem Vermutungen anstellen. Ich wollte nur allgemein sagen, dass so etwas auch bei Sklaven vorkommt. Natürlich ist das nicht immer so. In unserer Familia“ – ach wie schön waren doch solche juristischen Begriffe! – „geht es friedlich zu.“ Das mit dem „nach dem Rechten sehen“ ließ er lieber mal beiseite... „Und wenn“ – die Betonung lag auf wenn – „wenn jemand dergleichen praktiziert, dann macht derjenige es im Allgemeinen so, dass die Herrschaften es gleich gar nicht mitbekommen. Oft ist der Fall, dass ihnen andere Sklaven untergeben sind und das reizt natürlich fast dazu, diese Macht auszunutzen.“
Weder simpel noch kompliziert ... das sagte vielWas Raetinus dann erzählte, hörte sich wirklich so an, als müsste er den ganzen Tag fast nur den Legionären hinterherlaufen. Und vor allem: es war ein Leben fast nur fürs Militär.
Aber davon unabhängig fragte Phaeneas ganz vorurteilsfrei: „Und wie oft passiert es dann, dass du Freizeit hast?“