Beiträge von Theodorus von Corinthus

    "Schon die Erkenntnis, dass Dein Leben nicht nur gut verlaufen ist, trägt dazu bei, dass es letztendlich gut enden wird. Viele leben in der Illusion, ein perfektes Leben in Luxus zu führen. Dabei vernebeln so viele Dinge ihren oberflächlichen Geist.", sagte ich lächelnd und versuchte ihm etwas von seiner inneren Last abzunehmen.


    Ich wusste in meinem Inneren, dass die Menschen um mich herum nicht besser waren als der Dreck, den die Leute auf die Straße warfen. Dazu gehörte auch ich. Aber indem sie selbst diese Erkenntnis gewannen, dass ihr Leben auch mit Leid behaftet war und bereit waren, diesen Weg entschlossen zu gehen und die Erkenntnis zu suchen, konnten sie sich von diesem Dreck befreien. Und ich war gern bereit, diesem Mann Trost zu spenden. Ich sah, dass sein Alter nicht mehr viele Jahre auf dieser ungerechten Welt zuließ. Aber er würde in das Schweigen Gaias eingehen in dem Wissen, dass sein Leben letztlich wertlos und deswegen soviel wertvoller gewesen war als die vielen Leben um ihn herum.


    "Ah, doch ein Senator, ich lag nicht falsch. Und an Deiner Toga kann ich sehen, dass Du sicher keiner der Hinterbänkler bist. Nun, das macht es schwerer. Doch unser Dasein wird auch dadurch bereichert, dass wir das, was wir so mühsam und vielleicht mit falschem Ehrgeiz - nichts gegen Dich - erreicht haben, einfach niederreißen und andere Dinge beginnen."

    "Nun, ich habe vielleicht DERZEIT keine Schüler. Das heißt aber nicht, dass ich in Zukunft keine haben werde...", sagte ich zwinkernd und ließ mich weiter durch die Straßen führen.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius

    "War es nicht die mächtige polis Athen, die einst selbst andere Städte wie einen Spielball nutzte, sie von sich abhängig machte, um dann als die größte aller Städte zu gelten und sagenhafte Kämpfe mit den Persern zu führen? War es nicht jene polis Athen, die damals als die fortschrittlichste, besonderste und philosophischste Stadt galt, die Geistesgrößten wie Sokrates und Platon, Aristoteles und viele andere hervorbrachte? Vielleicht gibt es für jede Stadt und jedes Volk ein Zeitalter ihrer Macht, und nun ist das Zeitalter der Römer, wie einst das Zeitalter der Athener war. Spuren jener einstigen Größe gibt es doch heute immernoch überall zu finden, und welches Volk wird nicht ob seines Wissens und seiner Bildung so bewundert wie das Deine? Ich glaube nicht, dass alles so gänzlich erloschen ist, wie es Dir scheinen mag, die Stärke der Truppen ist dcch nicht immer das wichtigste Kriterium zur Bewertung einer Zivilisation - bedenke die Besonderheit Aegyptens, das nun eine Provinz Roms ist und doch um so viele Jahrhunderte älter die Größe eines Reiches atmet, mit dessen Gottgleichheit wir uns kaum messen können,"
    hielt ich dagegen und gewann mehr und mehr Spaß an diesem Diskurs. Wie hatte ich es vermisst zu diskutieren, die Gedanken schweifen zu lassen und wieder einzufangen, wenn sie gar zu wild durch die Gegend fluteten.


    "Die Frage ist doch, würden wir zwischen Instikt und wachem Bewusstsein wählen können, was würden wir wählen? Würdest Du in der Unschuld Deiner Triebe leben wollen oder wäre Dir reflektiertes Handeln lieber? Sicher, es birgt mehr Fehler, aber doch umso mehr Erkenntnisse und Einsichten. Verletzlich zu sein und darob zu wissen bedeutet doch auch, sich gegen diese Form der Verletzlichkeit besonders zu wappnen, da man um seine Schwäche weiß, wie es die milites im Krieg ebenso tun, um zu überleben." Behutsam stellte ich meinen Becher Wein vor mir ab, da ich fühlte, dass er sich langsam in meinen Adern auszubreiten begann - ich konnte mich schließlich nicht am hellen Tage betrinken, nicht im Tempel - auch wenn ich vermutete, dass Mars mich verstehen würde. "Nun, ich werde wohl noch drei Stunden hier zu tun haben, aber nach Sonnenuntergang solltest Du mich in jedem Falle in der villa Flavia Felix antreffen können."


    Ich überhörte demonstrativ seine Annahme, Roms Größe würde jetzt die Athens in den Schatten stellen. Vielleicht hatten die Römer sich viel von uns abgeguckt, aber in ihrem Herz waren sie stinkende Viehhirten. Bei aller Toleranz, die ich mir anerzogen hatte, konnte ich das nicht tolerieren. So wurde ich etwas reservierter und mein Lächeln kalt.


    "Nun, ich möchte kein Urteil darüber fällen, ob Roms Zeit gekommen ist. Das sollen andere entscheiden...", erwiderte ich diplomatisch und nahm einen Schluck verdünnten Weines.


    "Sicher wird man mit klarem Bewusstsein sicherer durch die Welt gehen. Aber ich denke nicht, dass wir deswegen nicht weniger gespalten sind. Aber ich will Dich nicht weiter behelligen...", sagte ich warm lächelnd und stand auf.


    "Ich werde Dich sicher noch besuchen, darauf mein Wort."

    So langsam fühlte ich mich etwas gelangweilt. Dieses Gespräch brachte nicht gerade Neues. Doch sie bewirtete mich und so war ich dankbar genug, um nicht zu gähnen. Stattdessen lächelte ich freundlich und nickte hier und dort.


    "Nun, dann will ich Deine Neugierde zur Genüge befriedigen, wenn Du erlaubst... Ich stamme aus Corinth. Und ja, das Betteln habe ich freiwillig erwählt."

    "Nunja, ich denke, ich habe hier einen hohen Würdenträger vor mir. Inwiefern solltest Du in diese Richtung gedrängt worden sein? Der Mensch ist doch mit Vernunft gesegnet.


    Warum unternimmst Du nicht eine Reise, schaust Dir die Welt an... es wird Deine Augen für Neues öffnen..."

    Ich versuchte, aus seinem Mienenspiel etwas abzulesen, was vielleicht nützlich für mich gewesen wäre. Doch vergebens; dieser Mann ließ sich nichts anmerken. Noch immer wartete ich nervös, das er etwas sagen würde. Als es dann endlich kam, schreckte ich etwas auf. Dann kam aber wieder meine Fassung zurück und ich überlegte.


    "Ein Jahr....ja, ein Jahr war das. Der junge Publius war bereits vorher von einem anderen paedagogus unterrichtet worden. Dieser hatte es aber scheinbar nicht mit ihm ausgehalten. So habe ich die Ausbildung vollendet. Das nur als Erklärung, warum diese Lehrzeit nur ein Jahr betrug. Bei den anderen Papieren liegt ein ähnlicher Sachfall vor. Meistens überstrapazierte Väter, die ihren Söhnen noch auf die Schnelle den letzten Schliff geben wollen. Deswegen konnte ich bisher auch noch nicht mein ganzes Können ausspielen...", erwiderte ich gefasst und klopfte mir innerlich auf die Schulter für meine gute Eigenwerbung.


    "Ich danke Dir.", sagte ich zufrieden lächelnd und erhob mich.


    "Ich wünsche Dir noch einen erfolgreichen und guten Tag und danke Dir vielmals für Deine Hilfe."


    Ich verbeugte mich noch einmal und verließ dann das officium.

    Ich redete mich so in Rage, dass ich gar nicht auf die Zeit achtete. Entschuldigend sah ich Theodoros an.


    "Es tut mir leid, ich habe Deine Zeit schon länger als nötig in Anspruch genommen. Sicher können wir zu einem günstigeren Augenblick unser Gespräch fortfahren. Wo kann ich Dich am besten erreichen bzw. welche Adresse benutzt du?"

    Nachdem meine Gastgeberin sich genügend aufgetan hatte, nahm auch ich mir etwas davon und kaute genüsslich auf den Oliven herum. Es schmeckte Wunderbar. Mit etwas Brot stippte ich durch die Öltunke und aß mit Genuss.


    "Ahh, das tut gut...", sagte ich lachend und wischte mir mit einem Hemdzipfel das Öl vom Bart.


    "So gut habe ich lange nicht mehr gespeist. Um auf Alexandria zu kommen. Ja, es wird immer akademischer. Immer mehr reiche Familien schicken ihre verzogenen Bengel zu den Gelehrten, damit sie große Dinge leisten. Und wozu? Nein, ich bin ein freier Philosoph. Vielleicht werde ich vor Alexandria in die Einsamkeit gehen oder in ein kleines Dorf..."

    Ich lachte auf.


    "Das Leben ist ein Traum, ein Jammertal. Der einzige Weg ist es, dieses Leben zu durchschreiten wie einen Raum. Ich bin der Ansicht, man muss es leben, jeden Augenblick bewusst leben. Nur wer sich selbst und sein Ego überwindet, der wird die Antworten finden."

    Zitat

    Original von Sciurus


    Acanthus, der groß gewachsene Ianitor der Villa Flavia, mit strengem Gesicht und ob der andauernden Misstimmung in der Villa schlechter Laune, öffnete die Türe und musterte den davor stehenden Herrn. Er gab in seinem schäbigen Gewand nicht den Anschein, als gehöre er zu jenen Besuchern, die in die Villa eingelassen wurden, doch sein durch weißes Haar gerahmtes Gesicht wies eine Spur von Stolz auf, welche Acanthus davon abhielt, sofort die Hunde auf den möglichen Bettler zu jagen. "Salve, was willst du?"


    Sim-Off:

    Oh yeah, Quentin, wir lieben Dich :D


    "Chaire, werter Herr.", erwiderte ich freundlich und verneigte mich.


    "Ich möchte fragen, ob in diesem Haus noch ein paedagogus gebraucht wird. Dieser Aushang hier hat mich darauf gebracht."


    Ich reichte ihm eine Kopie des Aushangs und wartete dann geduldig ab.

    Ich lächelte und sah ihn dann genau an. Sicher hätte er sich ein Stück dieses freien Lebens gewünscht. Aber auch er war sicher ein glücklicher Mann.


    "Nun, Du hast Dein Leben so gelebt, wie Du es für richtig gehalten hast. Niemand kann Dir das zum Vorwurf machen. Solange Du dabei nicht über Leichen gegangen bist, war es doch sicher ein erfülltes Leben."

    "Ja, materieller Reichtum verrinnt in den Fingern wie Sand in einem Stundenglas.", sprach ich ruhig.


    Als ich auf Platon zu sprechen kam, wurde mir plötzlich etwas bange zumute. Theodoros schien kühler als zuvor und ich erkannte ein kaltes Blitzen in seinen Augen. Bestimmt hatte ich hier ein Thema angeschnitten, das ihm nicht gefiel oder mit dem er schlechte Erinnerungen verband. Aber ich wollte ihn nicht kränken, indem ich einfach das Thema wechselte. So hätte es ausgesehen, als würde mich seine Meinung nicht interessieren.


    "Ich würde beides verbinden. Eine Befreiung aus der Gesellschaft, aus bekannten Strukturen, ist wichtig, um die geistige Befreiung zu erlangen. Sicher, wer innerlich bereits die Strukturen erkannt und durchschaut hat, kann sich von ihnen lösen und auch in seiner Kammer frei werden. Aber wirkliche Freiheit ist auch körperliche Unabhängigkeit, das Reisen ohne feste Bleibe. Dabei soll niemand versuchen, den Reformer und Revolutser zu spielen, er soll bloß wissen, dass niemand über seinen freien Willen bestimmen kann."

    "Ja, du hast Recht. Aber ich sehe auf den Straßen das Leid der Armen und Aussätzigen auf der einen Seite und die Oberflächlichkeit und Dekadenz der Oberschicht auf der anderen Seite. Sie sollen ihr Leben leben, ich kann sie nicht überzeugen, wenn sie nicht aus freien Stücken zu mir kommen.


    Was machst Du hier eigentlich konkret und wie bist Du dazu gekommen? Und was hast Du für die Zukunft vor? Ich glaube, ich muss Platons Höhlengleichnis überprüfen. Jahrelang in einer Höhle und dann zurückkehren ins Sonnenlicht. Vielleicht überwirft sich dann alles, was ich bisher gedacht habe. Nun, wie auch immer, kennst Du in Alexandria Menschen, bei denen ich in der ersten Zeit Zuflucht finden könnte, bis ich meine Verhältnisse geregelt habe und wieder auf der Straße leben kann? Ich muss mich dort erst einmal zurecht finden, damit mir nicht soviele Eskapaden wie hier in Rom passieren."

    Ich nickte lächelnd.


    "Das ist wohl wahr. Aber ich bin ein freier Mensch in selbst gewählter Entbehrung und Armut. Ich lebe zwar ohne ein festes Dach über dem Kopf, aber dafür muss ich nicht wie andere Kollegen in verstaubten Bibliotheken sitzen und verstaubtes Wissen wälzen. Hier oben..."


    Ich tippte mir entschlossen an die Schläfe.


    "...ist alles, was ich brauche. Kein überflüssiger Luxus, keine unwichtigen Dinge."

    Ich blickte ihn skeptisch und etwas verunsichert an.


    "Von der Seite habe ich es noch nicht betrachtet. Du hast wahrscheinlich Recht. Seine Freiheit aufzugeben bedeutet, sich selbst aufzugeben. Sieh dich einmal um! Du hast hier dicke Mauern, die das Wissen einschließen!"


    Ich sprang auf und fasste an die gegenüberliegende Wand.


    "Eingeschlossenes Wissen ist totes Wissen! Man müsste es verbrennen, damit es Freiheit erlangt. Aber das sind Spinnereien eines alten Mannes..."


    Ich setzte mich wieder und lächelte meinen Namensvetter verträumt an.


    "Weißt Du, vielleicht sollte ich nach Alexandria gehen und in den Höhlen vor der Stadt mein Glück suchen. Als Eremit. Und wenn ich dann mit siebzig Jahren endlich zur Erkenntnis gekommen bin, kann ich in Ruhe sterben..."


    Glücklich sah ich aus dem Fenster in den klaren, blauen Himme. Ja, so würde ich es machen. Niemand mehr, der Vorschriften machte. Keine verzogenen Patriziersöhne mehr. Aber dann sah ich Theodoros und musste grinsen.


    "Und Du... Du hockst zwischen den ganzen toten Schriften und lässt Dir die Sonne auf den Pelz scheinen. Begleite mich doch! Was hast Du zu verlieren? Ein alternder Mann und ein Mann in den besten Jahren. Alexandria könnte uns zu Füßen liegen. Hast Du das Leben in Entbehrung und Armut schon einmal ausprobiert? Es ist eine illuminierende Erfahrung."

    "Nunja, ich bin in erster Linie Wanderphilosoph. Ich liebe das freie Leben und möchte, dass es auch so bleibt. Am liebsten würde ich Schüler ja unter freiem Himmel irgendwo an einem festen Platz unterrichten und mich weniger im museion aufhalten. Für das gymnaseion bin ich jedoch nicht gemacht, da der Staatsdienst mich eher periphär interessiert. Ich habe gesehen, was aus meinen einstigen Schülern geworden ist, und ich war enttäuscht. Meistens wurden aus ihnen starre Staatsdiener ohne Geist, nur trainiert auf Folgsamkeit. Nein, ich möchte frei arbeiten.


    Ich zähle mich selbst zu den Skeptikern und Kynikern. Ich habe das gefahrvolle Leben eines Obdachlosen gewählt und fühle mich gut dabei. Ich lehre zwar des öfteren als paedagogus in Häusern reicher Herrschaften, um meine Reisen etwas zu finanzieren, aber es treibt mich immer weiter. Was mich am museion jedoch reizt, ist das dort gebündelte Wissen. Ich will dort Antworten auf meine Fragen suchen. Vielleicht sogar im geschriebenen Wort.


    Welche Schulen habe ich besucht? Ich war natürlich in Athen, dann in Rhodos. Danach noch auf Kreta und schließlich habe ich einige Monate in Alexandria verbracht, dort hat es mich anfangs aber nicht lang gehalten. Aber nun will ich dorthin zurück!"

    Ich nahm dankend Platz und lachte über die Aussage meines Gegenübers.


    "Nun, ich mag das nicht beurteilen. Jeder trinkt den Wein anders, sogar die Römer trinken ihn gewürzt, habe ich gehört."


    Eine Träne aus dem Auge wischend freute ich mich über seine Bescheidenheit.


    "Ich bitte Dich, Du darfst über eine Bibliothek wachen, das ist doch viel wert. Wieviele Bücher haben sie hier? Zehn?", fragte ich prustend vor lachen.


    Es tat gut, ab und zu die stillen Besatzer etwas zu pisaken.


    "Theodorus von Corinthus. Und mit wem habe ich die Ehre? Wie Du mir helfen kannst? Nun, ich gedenke nach Aegyptus zu gehen, um dort am Museion zu arbeiten. Mir gefällt es hier, aber im Herzen sind die Römer unzivilisierte Bauern geblieben, das muss sogar ein toleranter Grieche wie ich sagen. Ich will endlich wieder griechische Kultur sehen."

    Ich trat freudig ein und erblickte vor mir einen Griechen wie aus der Bilderpapyrusrolle. Rasch schloss ich die Tür hinter mir.


    "Chaire, werter Herr. Entschuldigt die Störung, aber ich bin ein Gelehrter auf Reisen und hörte nur bei meiner Erkundung durch die schola, dass hier ein Grieche arbeiten würde. Und das in einer so angesehenen Stellung. Das wollte ich mir einmal anschauen."