"Nichts schlechtes über die Scheintoten, mein Junge!", rief ich lachend.
"Natürlich möchte ich in die Subura. Und wenn ich dann noch lebe, werde ich Dein Trauzeuge."
"Nichts schlechtes über die Scheintoten, mein Junge!", rief ich lachend.
"Natürlich möchte ich in die Subura. Und wenn ich dann noch lebe, werde ich Dein Trauzeuge."
Bei meiner Reise durch die verworrenen und verwirrenden Gänge der schola fand ich auch heraus, dass hier ein griechischer Gelehrter arbeiten sollte. Nun, dem wollte ich auf den Zahn fühlen. Vor seinem officium angekommen klopfte ich an.
"Nunja, ich würde das Elend der Menschen gern sehen. Ich will davor nicht meine Augen verschließen, da es ja nun leider dazu gehört. Wenn Du jedoch nicht willst, kann ich Dich nicht dazu zwingen. Ich möchte nur nicht später meinen Schülern sagen müssen, dass ich in Rom war, ohne das Leid gesehen zu haben.", sprach ich traurig.
"Aber so läuft die Welt nun einmal. Ich beglückwünsche Dich zu Deiner Frau. Sicher werdet ihr noch lange zusammen glücklich sein. Falls es je zur Heirat kommt, werdet ihr doch sicher einen Trauzeugen brauchen...", sagte ich schelmisch lachend und knuffte ihn in die Seite.
ZitatAlles anzeigenOriginal von Marcus Aelius Callidus
Callidus dachte kurz nach.
> Nun, derzeit sind alle Stellen besetzt, so dass ich dir selbst eine der Schreiberlinge nicht anbieten kann. Doch findet sich in Rom auch wenig für einen Philosophen. Die Rhetorik hat unlängst Einzug erhalten und kein Römer würde, wenn er nicht der Dekadenz anhängt, nach Rhodos gehen, wollte er sich in der Rede schulen. Rom bietet genug. Der Zweig der Philosophie hingegen ist hier wesentlich rudimentärer vertreten, als gar in Aegyptus oder den Schulen Achaias. <
"Nunja, das ist kein Beinbruch. Das heißt dann wohl für mich, dass ich früher oder später eine Reise nach Aegyptus antreten werde. An wen muss ich mich dort wenden, um an eine Stelle zu kommen?"
Ich nahm dankend auf dem gegenüberliegenden Korbsessel Platz und hörte mir die Antwort des Hausherrn aufmerksam an. Nun, in diesem Alter war auch nichts anderes zu erwarten, dachte ich mir im Stillen. Nichts gegen den Hausherrn, aber ich sah keine Frauen des Hauses. Trotzdem war ich nicht enttäuscht, sah ich doch einmal mehr eine Gelegenheit, meine Bekanntschaften zu erweitern.
"Nun, das ist sehr schade. Aber Du hast Recht, einen Philosophen im Haus zu haben kann niemals schlecht sein...", erwiderte ich lachend und wartete dann seine weitere Frage an.
"Eine gute Frage. Ich fühle mich den Skeptikern und Kynikern angehörig. Ich bin aber aufgeschlossen für jede Form von Meinung, halte Dich also nicht mit der Äußerung deiner Ansichten zurück, das Leben ist schließlich ein immerwährender Lernprozess, nicht wahr?"
Plotina kehrte voll beladen zurück und ich wollte schon aufspringen, um ihr zu helfen. Aber scheinbar konnte sie damit recht gut umgehen und stellte alles auf dem Tisch vor den Liegen ab. Ich sah alles und mir gingen die Augen über. Dankbar blickte ich sie an, stand auf und kniete vor ihrer Cline. Dann nahm ich behutsam ihre Hand und hauchte ihr einen Kuss auf.
"Ich danke vielmals für diese mehr als genügenden Speisen. Wenn ich Dir dafür danken kann, so lass es mich jederzeit wissen.", sprach ich aufrichtig und nahm dann wieder Platz auf meiner Liege.
Schließlich wollte ich noch warten, bis sie sich etwas davon nahm, wie es die gute Sitte verlangte. Ich war schließlich Gast in diesem Haus. Sie fing auch gleich an mich zu fragen, was mich denn nach Rom getrieben hätte. Lachend erwiderte ich:
"Nun, Du hast Recht, Sergia Plotina. Weisheit und tiefschürfende Philosophie war ich nicht aus, hier zu finden. Nichts gegen Dich, sicher wirst Du mein Urteil revidieren. Ich kam vor allem hierher, um Menschen kennenzulernen, ins Gespräch mit ihnen zu kommen und mit ein wenig Reserven für den weiteren Weg anzulegen. Vielleicht habe ich irgendwann genug, um im nächsten Jahr die Reise nach Aegyptus anzutreten. Dort soll die Philosophie noch blühen."
ZitatAlles anzeigenOriginal von Herius Claudius Vesuvianus
Die Ausführungen erstaunten Claudius ein wenig - nicht, weil er an der Ausbildung des Mannes zweifelte, sondern weil dieser allein für Obdach und Verpflegung arbeiten wollte. Während er über dieses ungewöhnliche Angebot nachdachte, winkte er die Sklavin heran, deren Verhalten er bisher als angenehm empfand.
"Hol mir den Lucius her, er soll sich beeilen", erteilte er in gedämpften Tonfall die Anweisung. Er hoffte, dass die Sklavin in Kürze zurück sein könnte, um für die weitere Bewirtung zur Verfügung zu stehen, aber da er das Verhalten seines Sohnes noch in zu geringem Maße einschätzen konnte, blieb er diesbezüglich in einer abwartenden Haltung.
Nach dem Verzehr eines zweckentfremdeten Pilums, das natürlich nur in seiner Vorstellung dem Abwehrkampf von angreifenden Reitern oder dem Geplänkel vor einem eigenen Angriff diente, wandte er sich wieder dem Gast zu.
"Hast du Zeugnisse für den von dir absolvierten Lehrdienst vorzuweisen?"
Ich wartete gespannt, was der Hausherr wohl zu meinem Anliegen sagen würde. Die Spannung wurde immer unerträglicher und ich nippte nervös am Wein, der trotz meiner Aufregung sehr gut mundete. Scheinbar hatte der Herr sich entschieden, denn er ließ seinen Sohn holen. Vielleicht sollte das aber auch nur eine Probe sein. Etwas entspannter genehmigte ich mir noch einen tieferen Schluck, bevor ich meine Ledertasche öffnete und darin herumsuchte.
"Sicher... einen kleinen Moment bitte.", murmelte ich, während ich in einem Stoß von Pergamentrollen, meinem einzigen Besitz außer den Kleidern, wühlte. Endlich fand ich ein Lederetui, in dem ich wichtige Dokumente aufbewahrte. Trotz allem waren die Dokumente etwas zerknickt.
"Entschuldige bitte den Zustand der Dokumente, aber sie mussten viele Reisen mitmachen und haben dementsprechend viel gesehen..."
Ich reichte ihm die Dokumente und wartete geduldig ab.
Patavium, KAL IAN DCCCLV A.U.C. (102 n.Chr.)
Hiermit beglaubige ich, Marcus Apuleius Piso, dass Theodorus von Corinthus meinen Sohn, Titus Apuleius, in allen erforderlichen Künsten unterrichtet hat. Ich spreche ihm weiters meine Empfehlung für weitere Lehrdienste in anderen Häusern aus.
gez.
Marcus Apuleius Piso
Arminium, KAL IAN DCCCLVI A.U.C. (103 n.Chr.)
Hiermit beglaubige ich, Kaeso Pollius Strabo, dass Theodorus von Corinth meinen Anforderungen in der Erziehung meiner Kinder in vollem Maße entsprochen hat und schicke ihn guten Gewissens weiter in die Welt, womit ich ihm eine Empfehlung ausstelle.
gez.
Kaeso Pollius Strabo
Arretium, KAL IAN DCCCLVII A.U.C. (104 n.Chr.)
Hiermit bestätige ich, Modestus Arbitreus, dem Gelehrten Theodorus von Corinthus, mehr als zufriedenstellende Leistungen in der Erziehung und Bildung meines Sohnes Publius. Möge er auch in anderen Häusern genauso gute Dienste leisten.
gez.
Modestus Arbitreus
"Ich hoffe, die Dokumente sind zu Deiner Zufriedenheit."
Ich wurde weiter durch das Haus geführt und sah vor mir bald einen Greis in einem Korbsessel. Lächelnd näherte ich mich ihm und wartete, bis der Sklave mich angemeldet hatte. Freundlich näherte ich mich weiter und blickte dem Hausherrn musternd in die Augen.
"Chaire, werter Herr. Ja, das ist richtig. Ich bin ein Gelehrter und beherrsche alle nötigen Künste, die ein heranwachsendes benötigt, um ein starker, aber auch bescheidener Staatsmann zu werden. Ich bin aber auch in erster Linie Philosoph."
Ich nickte dankend und folgte dem Mann mit hinein ins Haus.
Ich verneigte mich.
"Theodorus von Corinthus, gestatten. Ich werde gern warten.", sprach ich milde lächelnd.
Mein Warten wurde belohnt und ein nubisch aussehendes Gesicht blickte mir entgegen.
"Chaire, werter Herr. Ich bin Gelehrter auf Reisen. Gäbe es in diesem Haus Verwendung für mich als paedagogus?"
"Na dann bestell deinem Herrn die besten Grüße von mir. Ein langes Leben sei ihm gegeben!", sagte ich milde lächelnd und wartete noch etwas.
"Sag mal... hast Du Interesse an Philosophie? Du siehst nach einem gebildeten Kerlchen aus."
Auch hier wollte ich einmal mein Glück versuchen. Geläutert durch die Erlebnisse bei Meridius würde ich mich sicher zurücknehmen. Zumal die Knabenabenteuer deutlich hinter mir lagen. So klopfte ich an die Pforte und wartete geduldig.
Das Leben war wirklich zu kurz, als dass ich mich mit prüden Sexualvorstellungen beschäftigen musste. Wieso musste mir immer das einen Strich durch die Rechnung machen? Aber was hatte ich zu verlieren? Entschuldigend, aber mit einem hitzigen Glitzern in den Augen blickte ich die Frau vor mir an und verließ dann das Speisezimmer. Dank meines Ständers musste ich etwas gebeugter gehen als sonst. Jedoch schaffte ich es wohlbehalten zur Tür und verließ die Casa.
"Ich danke Euch.", erwiderte ich und nahm Platz.
"Ja, auch die Rhetorik beherrsche ich. In Athen wurde ich sehr breit gefächert ausgebildet und denke, dass ich Euren Anforderungen sicher entsprechen kann. Ich habe bereits Erfahrung im Umgang mit Kindern und dem Lehrbetrieb. Ich bin bescheiden in meinen Anforderungen und Ihr müsst mich darüber hinaus nicht bezahlen. Ich bin mit ein wenig Nahrung und einem Dach über dem Kopf mehr als bedient."
Plötzlich kam die Frau von vorhin wieder angetapst und ich wollte schon etwas zu meiner Verteidigung vorbringen, als ein Wortschwall auf mich niederging, der sogar meinen alten Mentor in Athen umgehauen hätte. Und dann wollte auch Meridius wissen, was vorgefallen war. Ganz ruhig, alter Mann, dachte ich bei mir. Wenn ich jetzt einen falschen Schritt tat, war es mit dem Gespräch ganz schnell aus.
"Nunja... ich war auf der Suche nach dem Speisezimmer. Aber bei meiner Orientierung und meinen alten Augen verzettelte ich mich leider. Und dabei kam ich auch ins balneum. Es tut mir über alle Maßen leid. Ich wollte da drin nichts Unsittliches tun. Ihr müsst mir vertrauen... Außerdem..."
Jetzt würde ich das Argument vorbringen, das Meridius entweder beruhigen oder komplett zur Weisglut bringen würde.
"...bin ich eher Anhänger der entgegengesetzten Veranlagung, wenn Ihr versteht, was ich meine. Frauen sind zwar schöne Geschöpfe, aber ich fand in meiner Jugend heraus, dass ich doch mehr mit anderen Dingen anfangen konnte."
Das ganze jetzt noch im Amphitheater und man würde mich mit Ehren überhäufen. Sicher, ich war der Knabenliebe nicht gänzlich abgeneigt, aber diese leicht bekleidete Frau dort vor mir brachte mich so in Rage, dass ich meinen Mantel unbemerkt etwas mehr in Falten legen musste, um mich nicht sofort zu verraten.
Ich begann ihn zu verstehen. Ich war auch einmal wirklich verliebt gewesen und konnte nachfühlen, was ihn umtrieb.
"Ich hoffe es ist nicht zu persönlich, aber wie heißt die Glückliche denn?", fragte ich offen heraus.
Ich schaute mich auf dem forum um und sah die Gebäude, die er mir zeigte. Sie waren wirklich beeindruckend und ich konnte mich an ihrer Architektur gar nicht satt sehen. In diesem Bereich waren die Römer wirklich Meister ihres Faches.
"Nein, führt mich ruhig weiter. Ich kann mich ja kaum satt sehen. Wo du mir gerade die Pracht Roms gezeigt hast, wo sitzt denn das Elend dieser Stadt? Ich will die Menschen sehen, die nicht vom Reichtum des Zentrums der bekannten Welt profitieren können und sich nur dürftig durchschlagen."
Nachdem ich mich etwas häuslich in meinem Zimmer eingerichtet hatte, machte ich mich auf den (von einem netten Sklaven beschriebenen) Weg ins Speisezimmer. Trotzdem verzettelte ich mich an der achten Abbiegung und landete geradewegs im Bedienstetentrakt, wo zwei Sklaven (männlich) ein Techtelmechtel abhielten. Mit geschlossenen Augen rannte ich weiter mit den fast geschrienen Worten "Ich habe niiiiichts gesehen!" Ich hatte nichts gegen diese Art der Liebe einzuwenden, hatte ich in meinen Jugendjahren doch einige Erfahrung gemacht. Aber die fast einladend offene Tür war doch zuviel des Guten. Glücklicherweise ließen sich die beiden von mir keineswegs stören und ich lief weiter. Plötzlich wurde es jedoch warm unter meinen Füßen. Wo war ich denn hier gelandet? Ich blickte mich um und sah plötzlich einen nackten Frauenpo. Geifernd ging ich näher, wurde aber mit einer großen Masse Wasser abgekühlt. Triefend vor Nässe und verlegen fragte ich nach dem Weg ins Speisezimmer. Ich wollte schließlich einen Grund für meine zweifelhafte Anwesenheit hier vorbringen, um nicht vollends als Perversling zu gelten. Mit zugehaltenen Augen verließ ich die Baderäume und erreichte bald das Speisezimmer. Dort saß der Hausherr bereits mit einer weiteren jungen Dame und unterhielt sich angeregt. Ich wollte die beiden nicht stören und setzte mich auf die Basis einer Säule. Leider war ich noch immer nicht vollständig trocken und so bildete sich zu meinen Füßen eine breite Pfütze. Verlegen versuchte ich das Wasser auf dem Boden zu verteilen, damit es schneller verdunsten konnte. Das Wasser verteilte sich aber so großzügig, dass der Nächste, der einen Fuß darauf setzte, sicher den Boden aus der nächster Nähe betrachten würde.
ZitatOriginal von Caius Flavius Aquilius
Für einige Momente lang fühlte ich mich zurückversetzt in jene goldene Zeit, in der ich als unwilliger Schüler der Rhetorik die meiste Zeit meiner Ausbildung damit verbracht hatte, auf den Stufen der agora in Athen den Philosophen zuzuhören, in der ich die Diskussion dem geschriebenen Wort vorgezogen hatte, die Auseinandersetzung mit tausenderlei Meinungen mich Tag für Tag nach durchzechten Nächten wieder zurück zu den Philosophen geführt hatte, die auf höchst unterschiedliche Weise ihre Meinungen vertreten hatten. Und nun hatte mich ein Philosoph gefunden, hier in der dreckigen Hure Rom, und bot mir die geistige Vielfalt Achaias einmal mehr an. Ich konnte nicht anders, ich fühlte mich mit diesem Gespräch und diesem Gegenüber ziemlich wohl, auf eine geistige Art und Weise, die sich seit langem nicht mehr ergeben hatte.
"Du hast mich nicht angegriffen, keineswegs. Es ist doch das Grundprinzip einer Diskussion, dass man mit verschiedenen Meinungen beginnt und versucht, die des anderen zu erkunden, um die eigene zu vertiefen und weitere Ideen in sie aufzunehmen - wärest Du zu mir gekommen, um sogleich über die Götter zu schimpfen und die römische Religion zu verunglimpfen, wären wir sicherlich ganz anders miteinander verfahren." Achtkantig rausgeschmissen hätte ich ihn, aber das musste man ja auch nicht so direkt sagen. "Was die Frage der tatsächlichen Existenz angeht, denke ich doch, wir existieren, denn im Gegenzug müsste man wohl fragen: Wieso existieren wir nicht, gibt es irgendeinen Beweis dafür, dass wir nichtexistent sind? Und solange diese thesis nicht in irgendeiner Form verifiziert ist, müssen wir wohl mit dem status quo einer Existenz klarkommen, auch wenn wir sie nicht ohne unsere Sinneswahrnehmung beschreiben können. Vielleicht ist auch das ein Sinn unserer Existenz, dass wir stets kritisch hinterfragen, was und wo wir sind, wohin uns unsere Wege führen können und vor allem, warum wir sie beschreiten."
Sinnierend nahm ich einen Schluck Wein aus dem einfachen Becher und fuhr mit meinem Gedanken fort: "Ich denke, wir leben, um die Existenz des Lebens in einem immerwährenden Kreislauf, eingebettet in die Perfektion der Natur, weiterzuführen. Wir sind zwar bei weitem nicht die perfekteste Schöpfung inmitten dieser Umgebung, aber doch sind wir fähig zu schöpfen, was einem Tier oder einer Pflanze ausser bei der Fortpflanzung, bei der es um Nachkommen und deren Schaffung geht, nicht gegeben ist. Denk an die Kunst, an die Poesie, an die Philosophie - ist nicht dies der essentielle Lebensfunken, den man uns schenkte, und der restlichen Natur nicht?"
Ich hörte dem jungen Mann aufmerksam zu. Wieder fühlte ich mich in die Tage in Athen zurückversetzt, wo mein alter Mentor und immer wieder eine Blume vorhielt und fragte: "Was ist das?"
Wer antwortete, es sei eine Blume, bekam eins mit dem Stock übergebraten und durfte oft nächtelang über der Frage brüten und fand selbst dann nicht die gewünschte Antwort. Ich selbst verbrachte ein halbes Jahr damit, herauszufinden, warum der Alte nicht das Offensichtliche sah und meinte. Scheinbar gab es dahinter noch etwas. Und dann kam mir die Erkenntnis. Wir Menschen können nicht mit vollkommener Sicherheit sagen, dass wir eine Blume vor uns haben. Und so schickte er mich fort, da er nichts mehr zu lehren hatte. So begann meine Reise.
"Ein gutes Argument. Man kann weder beweisen, dass man existiert, noch dass man es nicht tut. Beides hält sich die Waage. Doch letztlich denke ich doch, dass wir in einem inneren Gefängnis unserer Selbstbeschränktheit leben. Unsere Sinne könnten - wenn wir zu den Göttern zurückkehren - genauso gut von Iuppiter oder Mars beeinflusst sein. Vielleicht sind wir beide in Wirklichkeit alte Kröten, die sich schon seit Äonen über den Sinn des Daseins unterhalten, und wir merken es erst jetzt..."
Bei dieser Vorstellung musste ich laut lachen. Wahrlich, es gab ja für mich keinen ersichtlichen Beweis, dass es nicht so war. Im Prinzip war das eher belustigend als deprimierend.
"Dass wir in einem ewigen Kreislauf existieren, dem kann ich zustimmen. Jedoch halte ich uns Menschen nicht für etwas Besseres. Schau dir die Perfektion der Natur an und dann unsere barbarischen Werke. Ich als Grieche kann ein Lied davon singen. Wir wurden schon immer zwischen den Mächten herumgeworfen wie ein Ball zwischen spielenden Kindern. Aber das ist nicht gegen dich gerichtet, sondern es soll nur als anschauliches Beispiel dienen. Wir Menschen besitzen einen guten und einen schlechten Funken in uns. Welcher Funke jeweils das Feuer unserer Existenz am lodern hält, das ist schwer zu unterscheiden. Hingegen die Tiere sind mit der Unschuld ihres Geistes gesegnet. Sie leben instinktgesteuert in den Tag hinein und sind sich ihrer Taten nicht bewusst, weil es zu ihrem Leben gehört. Wir Menschen jedoch haben dieses Bewusstsein. Und das macht uns wiederum sehr verletzlich."
Ich nahm meinen Becher, füllte ihn mit etwas Wein und tat einen großen Teil Wasser dazu. Mit viel Wein im Blut sinniert es sich schlecht.
ZitatOriginal von Caius Flavius Aquilius
Ich betrachtete die Kopie und seufzte innerlich, denn der Aushang war absolut typisch für meine Familie, kein Hinweis auf den Ersteller ausser dem Familiennamen - doch da ausser Arrecina und Serenus keine Jugendlichen in der Villa wohnten, vermutete ich schlichtweg Aristides hinter dem Machwerk und runzelte die Stirn: "Nun, ich kann Dir nur raten, es auf jeden Fall zu versuchen - und sollte dieser Posten nicht mehr zur Disposition stehen, sollst Du gern für eine Weile mein Gast sein, denn die Zeiten, in denen ich zur philosophischen Diskussion kam, sind schon eine Weile her, auch mein Vetter Gracchus wird sich sicherlich gerne zu einer Gesprächsrunde gesellen."
Erfreut blickte ich Aquilius an und nickte eifrig.
"Gern werde ich dein Gast sein, allein schon um diesen reizvollen Diskurs am Laufen zu halten. Wann endet deine Arbeit im Tempel denn?"
Ich wollte ihm nicht zur Last fallen, aber so war es mir lieber, als mich wieder von ungehobelten Türwächtern anraunzen zu lassen oder womöglich gar nicht hineinzukommen.
"Aaah, ich verstehe. Nun, mein Gedankengang war, dass die schola Atheniensis ja praktisch als Dachorganisation für alle Schulen des Reiches fungiert. Verzeiht mir, wenn ich darin falsch lag. Nun, wenn dem so ist..."
Ich überlegte noch. Eigentlich war Rom noch so sehenswert, dass ich mir sehr gut vorstellen konnte, hier sesshaft zu werden.
"Da ich überlege, etwas länger in Rom zu bleiben... habt Ihr vielleicht eine kleinere Anstellung? Vielleicht in Eurer Bibliothek? Ich bin, wie gesagt, gebildet genug, kenne die Schriften und habe in Athen etwas im Bibliothekwesen gearbeitet während meines Studiums."