Beiträge von Merowech von Veldidena

    Nachdem das Lager errichtet worden war und Merowech noch sein Pferd versorgt hatte, war er erschöpft und hungrig. Seine Gedanken kreisten um die Wacheinteilung und er hoffte, dass er nicht dabei sein würde. Als er zu seinem Zelt trottete um dort sein Gepäck zu verstauen, ließ er den Tag noch einmal in Gedanken Revue passieren. Seine fantastischen und romantisch verklärten Vorstellungen über das Lagerleben hatten sich allmählich verflüchtigt, aber es war immer noch besser, als in den kalten Nächten in seiner Heimat auf einer Weide Schafe zu hüten. Auch wenn Merowech nach dem heutigen Tag erschöpft war, so war er körperliche Anstrengung dennoch gewohnt. Als er sein Zelt betrat, bereitet er sich gleich seinen Schlafplatz vor. Dann nahm er noch seine Schleuder und den Beutel mit Steinen, welche er mitgenommen hatte. Sollte er heute für die Wache eingeteilt werden, so würde sie ihn begleiten.

    Merowech war nach dem langen Ritt ein wenig müde geworden, aber die Ruhepause, die er erhielt, während sich die Offiziere besprachen, erlaubte es ihm, seine Kräfte erneut zu sammeln. Es war schon beinahe Abend und sie hatten noch immer kein Lager errichtet. Merowech wandte sich kurz an Brigio: "Wir werden doch wohl nicht die Nacht durchreiten, oder was meinst du?"

    Als Merowech den Befehl des Decurios vernahm wandte er sein Pferd und es ging los. Er erlebte seinen ersten Ausritt zu einer Mission als Eques und war voller ungewisser Erwartungen, was da wohl auf ihn zukommen würde. Er hatte zwar ein kleines mulmiges Gefühl, aber das verdrängte er geschwind. Es handelte sich ja bloß um ein paar lumpige Banditen, was sollte da schon großartig passieren. Trotzdem rief er sich dann auch wieder in Erinnerung, dass man den Feind, und wenn er noch so unzivilisiert wäre, niemals unterschätzen dürfte.
    Sie ritten also in Richtung des Lagertores. Die Männer wirkten alle relativ zuversichtlich und das gab Merowech auch einigen Halt.

    "Bist nicht der einzige, der sich den heutigen Morgen anders vorgestellt hat.", erwiderte Merowech knapp. "Aber darauf kannst du einen lassen: Nachdem wir den Banditen den Hintern versohlt haben, holen wir die Feier nach."

    Merowech war einer der Ersten gewesen, die sich auf dem Exerzierplatz gesammelt hatten. Er fiebert seiner ersten Mission richtig entgegen. Gewissenhaft hatte er seine komplette Ausrüstung überprüft, bevor er die Unterkunft verlassen hatte. Dann hatte er sein Pferd Horsa aus den Stallungen geholt und war so schnell wie möglich hierher gekommen. Nun stand er hier in der Foramtion und konnte es kaum erwarten, bis Decurio Decius den Befehl zum Abmarsch gab. Zusätzlich zu seiner Ausrüstung hatte er seine Schleuder eingepackt, denn ohne diese begab er sich nirgendwo hin. Merowech war nämlich ein sicherer Schütze, das hatte er in seiner Heimat gelernt.
    Allmählich waren alle Männer der ersten Turma da und auch Decius hatte inzwischen sein Pferd bestiegen. In Kürze würde es also losgehen.

    Frisch gewaschen bereitete sich Merowech nun auf die "Feier" am Abend vor. In der Unterkunft hatten sie soweit alles erledigt. Er wandte sich noch einmal an Brigio: "Das wird sicher ein Spass heute. Du gehst doch auch in Zivil zur Feier, oder?"

    Merowech grinste ebenfalls verschwörerisch. Er freute sich schon darauf, heute abend mit seinen Kameraden einen heben zu können. Dann schaute er seine Hände an: "Meine Haut ist schon ganz verschrumpelt. Ich glaube, ich geh dann mal aus dem Wasser hinaus. Was ist mit euch beiden?"

    "Ja, man möcht es kaum glauben. Jetzt bin ich gerade erst Eques und schon langweilt mich das Lagerleben. Aber vielleicht werde ich irgendwann an diese Zeit zurückdenken und mir dann wünschen, dass es dann so ruhig ist wie jetzt.", meint Merowech darauf. Aber dann hellte sich sein Gesicht auf und er sagte: "Aber wisst ihr was? Warum machen wir uns darüber überhaupt Gedanken. Wir haben heute ja noch etwas zu feiern!"

    Merowech schloss wieder seine Augen und zuckte mit den Schultern. "Ist ja eigentlich auch egal, was der Decurio macht. Wenn er eine Frau hat, so ist es ihm ja nur zu gönnen.", sagte er darauf. Und es war wirklich so. Es gab für Merowech keinen Grund, eifersüchtig auf Decius zu sein. Soviel Luxus, wie er ihn hier bei den Truppen hatte, hatte Merowech noch nie gehabt. Er hatte zuhause nicht seinen fixen Sold gehabt, von dem er sich kaufen konnte, was er wollte. Dazu hatte seine Familie zu wenig Geld. Von den Annehmlichkeiten einer Therme ganz zu schweigen. Trotzdem konnte er sich noch nicht recht vorstellen, was er nun als Eques in der Ausbildungsturma zu tun hatte. Den ganzen Tag den Probaten zeigen, wie man reitet und kämpft? Vielleicht war es auch bloßer Übermut, aber irgendwie suchte er das Abenteuer. Andere wären vermutlich froh gewesen, wenn sie nicht an die Front müssen hätten, aber Merowech reizte der Gedanke daran, einmal an einem Erkundungsritt teilzunehmen. Vielleicht hatte er auch einfach nur romantisch verklärte Vorstellungen davon, wie es sein würde, gegen die feinde des Imperiums zu kämpfen. Plötzlich wandte er sich an Cupidus:
    "Sag, Cupidus, wie kämpfen die Germanen eigentlich? Stimmt es, dass sie unerschrocken in die Schlacht ziehen, weil sie den Tod nicht fürchten?"

    Merowech grinste, als er Cupidus Worte hörte. Dann entspannte er sich im warmen Wasser des Calidariums. Was für eine Wohltat. Die Therme war einer der vielen Vorteile, wegen derer es sich lohnte, unter römischer Herrschaft zu leben. Sein Vater mochte das zu Weilen anders sehen, aber der war auch noch zu einer Zeit aufgewachsen, als Rätien gerade erst Teil des römischen reiches geworden war und sich noch viel Widerstand gegen die Armeen des Kaisers regte. Merowech genoss das Leben in der römischen Zivilisation jedenfalls in vollen Zügen. Dann meinte er aber: "Ich bin nur gespannt, wann wir unsere ersten Befehle von Decius bekommen. Momentan scheint er jedenfalls mit anderen Dingen beschäftigt zu sein."

    Merowech nickte und stieg aus dem Becken. "Am besten wir gehen schnell ins Caldarium, bevor wir noch am Boden festfrieren.", meinte er nur und machte sich schon auf den Weg zum Becken, in dem sich das warme Wasser befand.

    Merowech sah Cupidus zum Frigarium kommen und ins Wasser steigen. Er erwiderte den Gruß von Cupidus und fügte hinzu: "Wie war es an der Grenze?" Gleich im Anschluss bereute er seine Frage, denn ein Mann, der gerade vom Kontrollritt kam, wollte wohl nichts weniger hören, als Fragen über seine Patroullie. Manchmal verfluchte Merowech seinen noch jugendlichen Überschwang.

    Merowech lachte auf: "Nicht ganz Helvetien, sondern eher Rätien. Aber das macht nichts. Für die meisten Menschen ist es einfach ein Land in den Alpen." Dann stieg auch er ins Kaltwasserbecken. Ganz Unrecht hatte Brigio nicht, es hatte wirklich dieselbe Temperatur wie einer der Gebirgsbäche in seiner Heimat. "Belebt Körper und Sinne, vor allem nach einer durchzechten Nacht. Das stellt einen wieder auf die Beine.", meinte Merowech nun.

    Nach der Schufterei in der Unterkunft freute sich Merowech nun richtig darauf, sich in der Therme zu entspannen. Zugleich mit Brigio betrat er das Gebäude. Er gab seine Sachen einem Sklaven und meinte dann zu seinem Kollegen gewandt: "Ich bin neugierig, wer noch aller hier ist. Meinst du, Vibulanus hatte die gleiche Idee wie wir?"

    Nachdem Brigio den Boden gefegt hatte, begann Merowech mit dem Schrubben des Bodens. Es dauerte eine ganze Weile, aber danach war alles wieder auf Hochglanz. "So das hätten wir. Jetzt müsste es eigentlich wieder in Ordnung sein, oder was meinst du?"

    Nach einiger Zeit kehrte Merowech in die Unterkunft zurück, in der linken Hand einen Eimer voll Wasser, in dem sich zwei Bürsten befanden, in der Rechten zwei Besen. "Jetzt hamma die Qual der Wahl", meinte Merowech verschmitzt,"Entweder wir machen das volle Programm und schrubben den Boden oder wir belassen es bei einem einfachen Hinauskehren." Die Frage war nur, würde es dem Decurio auffallen, wenn sie den Boden nur fegten und nicht schrubbten. Und wenn ja, dann würde ihm auch gleich eine neue Strafe einfallen und auf den Latrinendienst war Merowech nun wirklich nicht scharf.