Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Priscus übersah nicht, dass die Rekruten den Unfall am anderen Geschütz mitbekommen hatten und nun deutlich vorsichtiger ans Werk gingen als beim ersten Versuch. Das nahm er ihnen nicht übel, zumal er sie so besser beobachten konnte, ob auch alle Handgriffe richtig saßen.


    "Sieht gut aus, sehr sorgfältig, gut so!" lobte er daher auch, um sie anzuspornen. "Geschoss eingelegt? Dann Zielen und Abschießen." Er blickte zu Brangus. "Na los, das ist wohl deine Aufgabe!"

    Wie die anderen Soldaten salutierte auch Priscus, als der Legat eintrat. Er hatte nicht selten Gelegenheit, in so direkter Nähe des Kommandeurs zu sein und noch seltener wäre die Runde so klein, dass der Legat ihn wohl auch bemerken würde. Andererseits änderte sich für einen Optio wohl kaum etwas, ob er nun mit einem Legaten ein Abendessen verbracht hatte oder nicht.

    Während die zwei losgeschickten Soldaten unterwegs waren, die angeforderten Materialien zu holen, hatte Priscus Zeit genug, sich wieder um seine Rekruten zu kümmern. "Jungs, was ist los? Ich hab' gesagt, ihr sollt weitermachen und nicht aufhören, sobald ich mich umdrehe!"

    Halbwegs interessiert hörte Priscus zu, aus welchem Grund sie überhaupt eingeladen worden waren und beobachtete, wer noch den Raum betrat. Den Legatus Legionis als Gastgeber hatte er eigentlich auch hier erwartet, aber der war noch nicht zu sehen gewesen. Die Offiziere schienen auch ein kleine Geheimnis daraus zu machen, was der genaue Anlass des Essen war. Oder sie wussten es selber nicht.

    Der Soldat bestätigte den Befehl, salutierte erneut und kehrte zu den Kameraden am Geschütz zurück. Nachdem er weitergegeben hatte, was der Centurio angeordnet hatte, lief einer los, um Priscus zu holen. "Weitermachen", ordnete der bei den Rekruten an und kam zu dem Geschütz herüber, um die Schadensmeldung aufzunehmen.


    "Aha. Kann passieren sowas" stellte er fest. "Auch Seile werden alt. Mir ist mal bei einem größeren Geschütz das Abzugsseil gerissen. Ich hab' den Rest vom Seil genommen und nochmal kräftig dran gezogen, da ist es nochmal gerissen und ich saß auf dem Hintern. Ein Kamerad hat den Riegel dann mit dem Hammer rausgehauen." Dann hörte er sich endlich an, was alles kaputt war.


    "Also, einmal gerissenes Seil und einmal beschädigte Sehne. Geht ja noch. Wir reparieren das sofort." Er wandte sich nacheinander an die Soldaten. "Du holst ein Seil, so eines wie dieses hier, einen Nagel, eine Zange und einen Hammer. Du holst eine Sehne für, hmmm, drei Fuß Spannweite. Und ihr baut hinten schonmal die Welle aus."

    Der dienstälteste der Soldaten trat vor und salutierte vor dem Centurio.


    "Centurio, das Spannseil des Geschützes ist gerissen. Von uns wurde keiner verletzt." Er stockte ein wenig und fragte sich, was der Centurio jetzt noch alles hören wollte. "Wir, äh, können derzeit nicht weiterschießen."

    Gemeinsam mit seinem Centurio betrat Priscus das Praetorium und hielt sich erst einmal im Hintergrund. Gesellschaftliche Anlässe waren nicht gerade das, weswegen er bei der Armee war, eher umgekehrt. Er schien von den anwesenden Männern eindeutig einer der rangniedrigsten zu sein, wesewegen es sich darauf beschränkt, jeden ordentlich zu grüßen, der auf ihn zutrat und ansonsten den Gesprächen zu lauschen und den hübschen Dienerinnen des Legaten zuzuschauen. Solange die Mädels in Sichtweite blieben, würde er den Abend schon überleben.

    Priscus war ziemlich überrascht von dieser Meldung und wusste im ersten Moment nicht viel damit anzufangen. Dann aber war ihm klar, dass er dafür in gepflegtem Äußeren auftreten musste und machte sich als erstes daran, sich zu rasieren. Rasiert, gekämmt und mit sauberer Kleidung verließ er dann am Abend die Stube, um den Centurio zum Praetorium zu begleiten.

    Nach der kurzen Pause wurde der beschuß weiter fortgesetzt und machen Gruppen schossen sich nun wirklich sichtbar auf ihre Ziele ein. Doch irgendwann passierte das, was beim massiven Einsatz von Geschützen unausweichlich war: ein Spannseil hielt der großen Belastung nicht stand und riss. Sofort zog die Sehne des Geschützes den gerade gespannten Schlitten nach vorne und ließ die Abzugsvorrichtung krachend vorne ins Holz der Spannkammern einschlagen. Die Abzugsvorrichtung war eben nicht dafür gemacht, dass sie mit nach vorne kam und hatte dort folglich keinen Platz.


    Fluchend sprangen die Soldaten zunächst einen Schritt weg vom Geschütz, um eigene Verletzungen zu verhindern. Dann zogen sie den Schlitten wieder zurück und begutachteten den Schaden genauer. Ein paar Kratzer im Holz waren verschmerzbar und das Metall hatte sowieso nicht abbekommen. Schlimmer war das gerissene Seil, das ausgetauscht werden musste. Und vor allem war bei dem Unfall auch die Sehne beschädigt worden, die beim nächsten Schuß zu reißen drohte. Bis die Gruppe wieder schießen konnte standen also einige Reparaturen an.

    Ohne Eile stieg der Optio die Treppe des Turms hinab, um auf den Wehrgang zu gelangen. Dort wartete er einen Moment, bis der Tribun und der andere Kamerad ebenfalls unten angekommen waren und hielt dabei Ausschau nach anderen Soldaten. Auf dem Gang auf der anderen Seite des Turms liefen mehrere Männer Patrouille, aber noch war die Lage lange nicht ernst genug, um sie als Verstärkung herüber zu holen.


    Mit einer Hand am Schwertgriff betrat Priscus schließlich den Wehrgang, blickte kurz nach oben zu den Soldaten auf dem Turm und schritt dann zügig auf die Stelle zu, an der er eben den Schatten ausgemacht hatte. Wenn es wirklich das Haustier des Legaten war, war es wohl inzwischen längst weg, aber jede andere Art von Eindringling würde sie wohl noch antreffen, dachte er sich.

    Priscus und die anderen Männer hatten ebenfalls etwas gehört. "Nein, ich hab's auch gehört", entgegnete der Optio ohne sichtbare Aufregung und fixierte mit den Augen die Richtung, aus der das Geräusch kam. Der Mond war hell genug, um Schatten erkennen zu können. "Siehst du, da vorne auf dem Gang, da wird es hergekommen sein. Ist wahrscheinlich wieder das Vieh vom Chef. Irgendwann geht es noch drauf, weil ein Kamerad einen nervösen Finger hat."


    Er drehte sich zu den Soldaten auf dem Turm um. "Laden! Metellus kommt mit, wir geh'n runter. Und wehe, einer jagt uns einen Bolzen ins Kreuz. Kommst du auch mit, Tribun?" Während er den Tribun fragend anblickte, hob einer der Soldaten ein kleines Pfeilgeschütz vom Boden auf und begann damit, es zu spannen.

    Priscus ließ den Soldaten in der Schusterwerkstatt der Legion noch einen Tag mehr Zeit, bis er sich wieder zur angekündigten Zwischenprobe meldete. Marcus Matinius Matho erkannte ihn gleich wieder und griff ins Regal. "Du hast einen ziemlich normalen Fuß. Da war es nicht schwierig, einen Leisten zu finden. Der hier müsste passen." Nur selten wurden neue Leisten gefertigt, zum Beispiel für Offiziere mit dicken, bleibenden Schwellungen am Fuß oder ähnliche Sonderfälle.


    Der Optio musste einmal seine Caligae ausziehen, damit der Schuster die Übereinstimmung von Fuß und Leisten erstmal durch scharfes Hingucken prüfen konnte. Dann zog er die Caligae kurzerhand über den Leisten, auf den sie genauso gut passt wie auf den Fuß ihres Trägers. "Gut, das passt, mit dem können wir arbeiten. Wie eilig hast du es?" "Nicht eilig, macht es lieber sorgfältig. Die müssen bis zum Ende meiner Dienstzeit reichen", antwortete Priscus. Wenn nicht nochmal eine Truppenverlegung quer durch das Reich anstand, standen die Chancen dafür gar nicht schlecht.


    "Einverstanden, ich lasse dir eine Nachricht zukommen, wenn wir einen Zwischenstand haben", bestätigte Marcus Matinius Matho den Auftrag und räumte die Sachen wieder ins Regal zurück.

    Unter den Männern, die nach vorne gerufen wurden, waren diesmal keine, die Priscus ausgebildet hatte. Trotzdem freute er sich für jeden neuen Kameraden, der die schweren Monate der Grundausbildung hinter sich hatte und nun als vollwertiger Soldat ihre Reihen füllte. Die Lücken, die der Krieg und die Versetzungen danach gerissen hatte, begannen sich also zu schließen.

    Sim-Off:

    Wenn du genauer beschreibst was du und die anderen Probati tun, kann ich drauf eingehen und wir können viel besser zusammen spielen. ;)


    Wenn die Probati gerade mal wieder besonders vorsichtig und langsam waren, ging ein schneller Blick des Optio auch mal kurz zu den anderen Soldaten seiner Einheit herüber, die weiter hinten in der Linie der Geschütze standen und als erfahrene Soldaten auf die weiter entfernten Ziele schossen. Soweit er das aus der Ferne erkennen konnte, machen sie ihre Sache nicht schlecht, denn ein paar Bolzen steckten im Ziel. Zwischendurch gab ein Centurio das Zeichen für eine Schießpause und ein paar Soldaten liefen zu den Zielen, um Geschossbolzen vom Boden aufzusammeln, damit sie noch einmal verschossen werden konnten.

    "Selbstverständlich", antwortete Priscus und die anderen Männer auf dem Turm stimmten ebenfalls zu, auch wenn sie alle wussten, dass sie in kaum einer Nacht in Manuta so angespannt waren wie in Parthia. Also hatten sie auch ein wenig Zeit für eine Plauderei, auch wenn ihre Blicke immer wieder pflichtbewusst mal nach draußen ins Lagervorfeld und mal nach innen die Wälle entlang und ins Intervallum gingen. "Och, nicht alle Nächte in Parthia waren ja wirklich unruhig. Manchmal war ja auch gar nichts los. Aber man wusste es nur nie. Hier werden wohl kaum plötzlich ein paar Dutzend Parther aus den Wäldern brechen und uns mit Pfeilen eindecken."

    Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    Und so lief er, die Erhrenbezeugungen kaum wahrnehmend fast in den Optio hinein:"Ähm guten Abend Optio, ich bin anscheinend momentan nicht ganz bei mir was die Aufmerksamkeit angeht. Eine ruhige Wache nehm ich an?"


    Mit seiner Selbsteinschätzung hatte der Tribun eindeutig Recht, denn nachts in einem Wachturm so unaufmerksam zu sein, dass man in die einzigen Menschen weit und breit beinahe hineingelaufen wäre, war schon ein ziemliches Kunststück. "Guten Abend, Tribun", grüßte Priscus trotzdem respektvoll zurück, auch wenn er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. "Ja, alles ruhig, keine besonderen Vorkommnisse bisher" bestätigte er die Vermutung.

    Routiniert machte Priscus während der zweiten Wache seinen Rundgang. Im Vergleich zu Parthia war im ruhigen Mantua nicht viel zu erwarten, erst Recht nicht in einer mondhellen Nacht. Gelangweilt blickte er von einem Turm nach draußen, und wechselte ein paar Worte mit ein paar Kameraden, die hier ihren Posten hatten und ebenfalls in die Nacht hinaus starrten. Manchmal rauschte leise der Wind und es war angenehm warm, so konnte man seinen Wachdienst wirklich genießen.

    Auch der beste Schuh hält nicht immer ein ganzes Soldatenleben lang und einmal Parthia und zurück zählte auch nicht gerade zu den geringen Belastungen. Genau deshalb machte sich Priscus auf den Weg zu den Schuhmachern in der Legionswerkstatt, um ein neues Paar Caligae in Auftrag zu geben. Billig würde das nicht werden, aber als Optio hatte er immerhin mehr finanzielle Möglichkeiten als ein einfacher Soldat.


    Marcus Matinius Matho war schon ein älterer Soldat, klein und rundlich, aber als Schuster sehr erfahren. Routiniert betrachtete er erst einen Augenblick die Caligae, die Priscus derzeit trug und begann dann, den Fuß zu vermessen. Einen passenden Leisten hatten sie bestimmt schon in der Werkstatt, man musst ihn nur anhand der wichtigsten finden. Nebenbei erkundigte er sich nach Fußproblemen, Druckstellen oder anderen Beschwerden, aber Priscus hatte zum Glück kein solches Leiden zu berichten.


    Schließlich legte der Schuster seine Notizen zu dem Stapel mit den anderen Bestellungen. "In frühestens drei Tagen kannst du wieder vorbeischauen, dann machen wir Zwischenprobe. Dauert nicht lange, geht nur darum, ob der Leisten wirklich zu deinem Fuß passt."

    Diesmal stellte sich der Optio auf die andere Seite schräg hinter das Geschütz, um etwas besser erkennen zu können, was die drei Männer dort taten und ob sie alles richtig machten. Ein falscher oder vergessener Handgriff im falschen Augenblick konnte bei so einem Kriegsgerät schließlich schon fatale Folgen haben.