Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    Feucht in der Kehle, erleichtert im Geldbeutel und weitgehend zufrieden mit dem Leistungsvermögen ihres besten Stückes kehrten Priscus und seine Kameraden nach den Ludi Florales wieder ins Lager zurück. Ein mitleidiger Blick galt den Kameraden, die hier Wache stehen mussten und sich nun immerhin ein ganz klein wenig mit den Lupae vergnügen konnten, die ihnen bis hierher gefolgt waren. Priscus blickte noch einmal die Straße hinunter, ob nicht im letzten Augenblick doch noch eine bestimmte auftauchen würde, dann begab auch er sich ins Lager.

    Priscus verfolgte die Ereignisses des Tages nur noch mit halber Aufmerksamkeit. Ein wenig Wein, die vielen Lupae und die Gedanken an die eine vom Vorabend reichten, damit er seine Augen überall und doch nirgens hatte. Allein aus der Tatsache, dass die Menschen nun nicht mehr zum Tempel strömten, sondern wild durcheinander liefen schloss er, dass irgendeine Zeremonie wohl nun beendet war.


    Sein Rang war ihm ziemlich egal geworden, er machte einfach, was die Kameraden auch taten, fand mit ihnen wieder ein paar nette Damen zu ihrer Unterhaltung und zur Erleichterung ihrer Geldbeutel (aber natürlich nicht die vom Vortag) und verbrachte insgesamt gar keinen so schlechten Tag.

    Als sie die Baustelle erreicht hatten, eröffnete Pricus den Männern seiner Centurie die ungewöhnliche Aufgabe für den Tag.


    "Bisher haben wir auf dieser Baustelle aufgebaut, heute werden wir abreißen. Ist für uns ja nichts neues, machen wir mit Marschlagern ja auch. Nur dass die nicht aus Beton sind. Dummerweise haben nämlich ein paar Kameraden an diesem Bauabschnitt hier einen Arbeitsschritt vergessen, und deshalb ist das, was hier hinter mir so hübsch aussieht, leider nicht viel wert. Kommt also weg und wird neugebaut."


    Er ließ den Soldaten nicht viel Zeit für genervte Kommentare, sondern verteilte gleich einige Aufgaben.


    "Wir sind bei der Legion, wir haben technisch was drauf, also machen wir uns die Arbeit auch einfach. Die beiden Säulen hier sind später noch brauchbar, die werden einfach abgebaut und später wieder aufgebaut. Dann bauen wir hier mit zwei Kränen , die einen Baumstamm halten, so etwas wie einen kleinen stationären Rammbock, der schräg nach oben schlägt. Damit bekommen wir das Gewölbe von unten aus ziemlich schnell kaputt. Den Rest müssen wir von Hand erledigen."


    Wenig später beschafften einige Soldaten das nötige Werkzeug und die anderen begannen mit dem Errichten der beiden Kräne oder führten erste Vorarbeiten am Bauabschnitt durch.

    Priscus freute sich über das umfangreiche Lob, nahm es aber schweigend entgegen. Als ihm der Centurio das Kommando über die Einheit erteilte, nahm er seinen Optiostab auf und drehte sich um.


    "Milites, state! Ad dextram. Sine passus, pergite!"
    [= Soldaten, stillgestanden! Rechts um. Ohne Tritt, marsch!]


    Geordnet, aber ohne Gleichschritt verließen die Soldaten das Lager in Richtung Baustelle.

    Während er da so vorgetreten stand und auf die Belohnung durch den Centurio wartete, kreisten seine Gedanken um die verschiedensten Dinge...


    ...


    ...


    ...


    ...


    ... bis er schließlich bei den Gedanken landete, dass man sich irgendwann einmal ein Faß auf den Kopf setzen müsste um damit herumzulaufen und die Leute zu erschrecken.

    Priscus und seine Kameraden verfolgten die Prozession mit dem nötigen Minimum an religiösem Ernst, bis sie um die nächste Straßenecke verschwunden war. Vor dem Tempel wäre es sowieso zu voll geworden für alle, um einen Blick auf den Altar zu bekommen.
    Dafür ließ der Optio weiterhin seinen Blick schweifen, immernoch auf der Suche nach der Dame, die ihn am letzten Abend für eine kurze Zeit so unendlich glücklich gemacht hatte...

    Wiedereinmal kam Priscus an diesen vertrauten Ort, um sein Geschäft zu errichten. Unter den inzwischen wieder recht zahlreich gewordenen Wandmalereien und Schnitzereien im Holzbalken entdeckte er allerhand lustiges, was sich erstaunlich häufig auf die Erlebnisse während der Ludi Florales bezog. Aber es war nichts dabei, was er nach dem Verlassen der Latrine noch länger im Kopf behalten hätte.

    Priscus und seine Kameraden bekamen gar nicht so genau mit, ob gerde eine Prozession stattfand oder ob sie noch kommen sollte oder ob sie schon vorbei war. Alles was sie sahen, waren ausgelassen feiernde Menschen und vor allem ausgelassen feiernde Mädels. Die meisten Soldaten hatten daran einen großen Spass und ließen sich gerne nach hier oder dort führen, um im Tausch für einige Münzen etwas Betätigung für ihr bestes Stück zu bekommen und die ganz übermütogen kamen auch gleich auf der Stelle zur Sache, wenn sie glaubten, dass niemand so genau hinschaute.
    Priscus ging dagegen die Dame vom Vorabend immernoch nicht aus dem Kopf und streifte daher häufiger auch mal das Gesicht der Feiernden und nicht nur die ansehnlichen Rundungen.


    "Na Süßer, noch nicht die passende gefunden?" erkundigte sich eine süße Stimme von der Seite und eine Hand legte sich gekonnt um seine Hüfte. Priscus blickte zur Seite - hey, schlecht sah die auch nicht aus. Aber die von gestern war's nicht.


    "Na, die Auswahl ist groß, aber ich suche eine bestimmte..."


    "Und wie heißt die? Vielleicht kenne ich sie ja."


    "Tja, wenn ich das mal wüsste..." Er hatte am Vorabend wirklich besseres zu tun gehabt, als sich nach dem Namen zu erkundigen...


    "Jetzt mach' nicht so ein Gesicht und sei mal fröhlich. Wir werden dein Schätzchen schon finden, Süßer. Und wenn nicht, nimm'ste mich.
    Wie sieht sie aus?"


    "Bisschen größer als Du, lange braune Haare, rundes Gesicht - naja, bisschen kräftiger als Du war sie auch noch..."


    "Hm, nee, kenn' ich nicht. Also was ist jetzt mit uns? Ich heiß' übrigens Nutella."


    "Nein, lass' mal, ich mach' erstmal Brotzeit."

    Am Morgen nach der Ankunft des Centurio war Priscus besonders pünktlich wach und besonders rasch auf den Beinen, sobald die Hornbläser im Lager den Sonnenaufgang und damit den Beginn des Tages bekannt gaben.


    "Milites! In duo acies venite!"


    Er wartete ab, bis alle Soldaten aus ihren Stuben gekommen waren und sich in zwei Linien aufgestellt hatten.


    "Milites, state! Oculus prosam! Centurio adest!"
    ["Soldaten, stillgestanden! Augen geradeaus! Der Centurio ist anwesend!"]


    Priscus selber nahm nach diesem Befehl seinen Platz am Ende der Linie ein und überließ Vesuvianus das Feld.

    Priscus hätte kein Problem damit gehabt, die Soldaten mit Spitzhacken, Hammer und Feißel zum Abbrechen des Betons zu schicken, aber gegen einen Komplettabriss hatte er auch nichts einzuwenden.


    "Vom Zeitbedarf her dürfte beides gleich aufwendig sein. Und wenn wir ohnehin nicht ausgelastete Mannschaften haben, dann können wir auch die personalintensivere Version mit dem Abbruch und kompletten Neubau nehmen."

    Schon ein beträchtliches Stück hinter der Ziellinie schienen die Rennböcke auf der letzten Runde zu bemerken, dass ihnen ihr weiblicher Anreiz verloren gegangen war. Das Rennen verlor merklich an Geschwindigkeit und kam schließlich völlig zum Erliegen. Schwer atmend und ohne die geringstge Lust, sich noch einmal in Bewegung zu setzen, stand der Haufen mitten auf der Bahn und stierte die Zuschauer an. Aus allen Richtungen erschallten antreibende Zurufe und es wurde wieder verstärkt mit Nüssen geworfen.


    Der fröhliche Lärm schien die Tiere mehr zu verstören als anzutreiben, bis sie sich schließlich doch wieder in Bewegung setzten - in die entgegengesetzte Richtung, auf kürzestem Weg zurück in Richtung Ziellinie. Pech für die, deren Favoriten bisher an der Spitze des Feldes lagen und sich nun an dessen Ende wieder fanden. Man hatte vor dem Rennen über alles mögliche diskutiert, aber eine Bestimmung, aus welcher Richtung die Böcke über beim dritten Mal über die Ziellinie zu kommen hatten, gab es nicht.


    Und so verkündete der Bahnsprecher den etwas überraschenden Endstand: "Und der Sieger heißt Rufus Murdus, gefolgt von Boris und dem unglaublichen Ecclepetrus auf dem dritten Platz!" Der Rest ging im allgemeinen Tumult unter und war an diesem Tag sicher auch nicht ganz so wichtig.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Vesuvianus
    "Was meinst du, Priscus. Können wir denn nicht das System der Siphones, die die Vigiles verwenden, für unsere Zwecke nutzen, also für den schweren Beton modifizieren?"


    Sim-Off:

    Ich habe versucht herauszufinden, ob da historisch was geht, aber bin nicht wirklich schlauer dabei geworden.


    Priscus kratze sich ausführlich am Kopf, bevor er antwortete. "Das müsste man ausprobieren. Aber ich bezweifle, dass wir etwas Vernünftiges hinbekommen. Mit einer ordentlichen Menschenkette sind wir ja auch nicht langsam, das müsste man erstmal schlagen."

    Die zweite der drei geplanten Runden absolvierte die meckernde Horde wesentlich schneller als die erste. Der Grund hieß Pamela, war weiblich, natürlich eine Ziege und hätte in diesem Rennen gar nicht auf die Bahn gedurft. Nun stand sie aber da und machte den rennenden Böcken schöne Augen, sofern eine Ziege sowas kann. Iulius Wainus setzte sich an die Spitze des Feldes und wollte schon zum Sprung ansetzen, als Pamela die anstürmende Herde wohl doch etwas zu viel wurde und sie die Flucht ergriff. Erst an der Ziellinie konnte sie wieder aus der Bahn geholt werden und der Sprecher, der sich inzwischen sowohl den Namen des Bocks mit dem weißen Fleck auf dem Kopf als auch eine Amphore Wein hatte geben lassen, konnte den nächsten Zwischenstand verkünden.


    "Nach der zweiten Runde kommen unsere Helden in dieser Reihenfolge über die Linie: als erster der unwiderstehliche Iulius Wainus, dahinter immernoch gut im Rennen Billus Portus. Hennus Colonicus ist zurück gefallen, an dritter Position läuft jetzt Gorbatschwus. Das Trio am hinteren Ende bilden Boris, Rufus Murdus und Ecclepetrus, bei dem es nun wirklich nicht rund läuft."

    Bei den Tieren - an diesem Rennen nahmen nur Böcke teil, weil gemischtgeschlechtliche Rennen in der Regel schnell der Paarungsfreude der Beteiligten zum Opfer vielen - schien der Herdentrieb einzusetzen und in einer halbwegs geschlossenen Gruppe umrundeten sie zum ersten Mal das hintere Ende der provisorischen Bahn. Nur ein Ziegenbock mit dem wohlklingenden Namen Oscus Lafontius hatte an einem Holzpfosten der Bahnbegrenzung ein Stück Rinde entdeckt und es vorgezogen, diese genüßlich abzuknabbern, anstatt sich an dem Rennen zu beteiligen. Als sein Besitzer ihn allzu energisch davon abbringen wollte, rollte er einmal über den Boden und verließ dann mit einem Sprung über die Absperrung und hinein in die Zuschauer endgültig das Rennen.


    Das Geschehen bei den anderen Tieren wurde dagegen inzwischen von einem selbsternannten Bahnsprecher kommentiert wie ein Wagenrennen im Circus Maximus. Positionskämpfe glaubte er auszumachen, taktische Zurückhaltung eines alten Bocks mit besonders langem grauen Ziegenbart und eine gebrochene Radaufhängung bei einem ständig meckernden Bock mit dem passenden Namen Ecclepetrus. Wo auch immer ein Ziegenbock überhaupt seine Radaufhängung hatte.


    Beim ersten Überqueren der Ziellinie verkündete der Sprecher folgende Reihenfolge: "An der Spitze Billus Portus, nahezu gleichauf mit Hennus Colonicus und dem Bock mit dem weißen Fleck auf dem Kopf. Kann mir mal einer sagen, wie das Vieh heißt? Dahinter so ein rostbraunes Tierchen - spielt gern mit gelben Bällen und heißt deshalb Boris, wurde mir gesagt. Es folgen Iulius Wainus, Rufus Murdus und der schlappe Ecclepetrus. Schon ausgeschieden ist Oscus Lanfontius."

    Priscus folge den Ausführung und Flüchen seines Centurio schweigend. Er hatte auf das vertraut, was ihm die leitenden Techniker gesagt hatten. Wenn das falsch war, dann musst es eben korrigiert werden.


    "Die Männer werden nicht erfreut sein, das zu hören, aber wenn es notwendig ist, dann wird es eben gemacht. Wer abends ein Marschlager aufbauen und am nächsten Tag wieder abbauen kann, der kann auch an einem Tag Beton gießen und ihn eine Woche später wieder abreißen."


    Die Frage nach der Fördertechnik für den Beton wunderte ihn. Hätte man es anders als mit Eimern und Seilzügen oder Kränen machen können?


    "Ja, mit Eimern oder Bottichen, Seilzug und Kränen."

    Nach schier endlosem gut gelaunten Palaver über die Startreihenfolge und sonstige Rennmodalitäten, brachten schließlich die ersten Soldaten ihre Tiere zum Start. Eine wundersame Konstruktion aus Holz, Tuch, Seilen und einem geschnutzen Phallus als Starthebel sollte dafür sorgen, dass alle Ziegen gleichzeitig ins Rennen geschickt wurden.
    Für ausgelassene Heiterkeit sorgte noch ein Mann mit einem Hasen, den er im Käfig mit sich führte und der nur schwer einsehen wollte, dass das Hasenrennen erst später stattfinden würde und er seinen Nager bis dahin noch mit sicher herumtragen müsse.


    Natürlich hatte sich eine personifizierte Flora gefunden, die unter leisem Gekicher und umso lauteren zotigen Kommentaren der Umstehenden den Starthebel betätigte. Die Sperren klappten auf, die Bahn für die Ziegen war frei - eine Gelegenheit, die nicht alle Tiere planmäßig wahrnahmen.


    Die blökende Horde, die sich schließlich doch in Bewegung setzte, erinnerte dann auch nicht ganz an ein Rennen. Getrieben vom Geschrei der Soldaten und beworfen mit Nüssen bewegten sie sich mehr oder weniger panisch fluchtartig die Bahn entlang. An der Spitze lief eine Ziege, die auf den absonderlichen Namen "Hennus Colonicus" getauft worden war und deren Besitzer ihr mit roter Farbe Streifen auf ihr weisses Fell gepinselt hatte.

    Nach der Überreichung einiger Münzen und dem gemeinsamen Genuss einiger Becher oder Ampohren Wein hatten die netten Damen ihre geschäftliche Professionalität doch ein wenig aufgegeben und im übrigen mit dem zunehmenden Öffnen ihrer ohnehin spärlichen Kleidung die Soldaten auch immer wieder zum Öffnen ihrer Geldbeutel bewegen können. Und so waren sich Priscus und die Kameraden am Ende eines langen Abend sicher, dass man die Ludi Florales tatsächlich am besten mit zwei weiblichen Brüsten unter den Händen, zwei Frauen im Arm oder einer zwischen den Beinen begehen sollte.


    Aber das war ja nur die Generalprobe gewesen. In der Nacht bekam Priscus kaum ein Auge zu, die üppige Braunhaarige mit dem runden Gesicht ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Zu dumm, dass er nicht mal ihren Namen kannte, wie sollte er sie dann am nächsten Tag noch einmal treffen können?


    Er versuchte es einfach und erfreute sich an den warmen Temperaturen, die die feiernden Anhängerinnen der Flora dazu veranlassten, schon vor dem Beginn der Prozession mit dem Ablegen der Kleidung zu beginnen. Oder sich mit Wasser zu übergießen, was bei leichten Leinentuniken und passenden Körperformen einen Anblick ergab, der einem Fest der Fruchtbarkeitsgöttin nicht würdiger hätte sein können.

    Niemand hatte Holz von der Baustelle genommen. Erst Recht keine Nägel. Niemand hatte sein Arbeitszeit mit Dingen verbracht, die nicht dienstlich waren. Niemand hatte auch nur einen Gedanken daran verschwendet, das zu tun. Trotzdem befand sich unweit der Großbaustelle auf einmal eine provisorische Rennbahn.


    Praktischer Weise hatten ein paar Soldaten sogar Ziegen dabei und es muss ein wirklich lustiger Zufall gewesen sein, wegen dem auch die meisten Soldaten oder sonstigen Besucher, die rein zufällig alle an diesem Ort zusammen kamen, auch Geld für Wetten dabei hatten. Oder es lag an den Ludi.


    "Deine lahme Ziege macht nicht mal drei Schritte, dann ist unsere schon im Ziel!"


    "Quatsch nicht rum, euer Fiech kann doch nicht mal gerade aus laufen!"


    "Jungs, streitet euch nicht, wir gewinnen sowieso."


    "Glaubst auch nur Du. Als wenn euer alter Bock hier noch was reissen würde."


    "Immernoch besser als deiner, der sofort runter von der Bahn ist, sobald er am Rand eine Ziege entdeckt."


    ...