Beiträge von Gaius Tallius Priscus

    "Die Neuen machen sich schon recht gut und waren beim Schanzen tatkräftig dabei. Ich bin mit ihnen zufrieden.


    Ansonsten gibt es keine Meldungen, Centurio."


    Priscus salutierte und verliess das Zelt wieder, um die komplette Wacheinteilung für die Nacht bekannt zu geben. Wie vom Centurio verlangt, kamen Vitulus, Claudius und Varus zusammen mit noch einigen anderen ans Tor, der Rest verteilte sich auf die Umwehrung.


    Priscus selber hatte eine spätere Wache und legte sich erstmal schlafen. Die Wachübergabe verlief ohne besondere Meldung und am nächsten Morgen liess er die Wachführer antreten, um die Gesamtmeldung über die Nachtwachen einzuholen.

    Viel Arbeit machte das Lager für die zwei Centurien nicht - fand Priscus. Mit einigen Soldaten maß er die benötigte Fläche ab und teilte dann jeweils mehrere Soldaten einem kurzen Abschnitt zu. Mit seinem Stab kontrollierte er die Tiefe des Graben und die Höhe des Walles und war mit der Arbeit der Soldaten und Rekruten recht zufrieden.


    "Werkzeuge verladen und alle rein ins Lager. Ihr und ihr " - er zeigte auf die Besatzung von zwei Zelten direkt am Tor - "macht erstmal Wache, bis wir die ordentliche Wacheinteilung haben. Der Rest kann Essen fassen."


    Dann meldete er sich im Zelt von Centurio Commdous, welches einige Soldaten unter der Aufsicht des anderen Optio als erstes errichtet hatten.

    Priscus hatten den Vorteil, als Vorhut am Hof anzukommen, genutzt, um sich ein schattiges Plätzchen zu sichern. Den Versuch, beim Bauern etwas Nahrungsmittel zu bekommen, betrachtete er amüsiert. Das hatte sowieso keinen Sinn...
    Er lehnte sein Gepäckbündel gegen einen Baum und holte aus dem daran befestigten kleinen Netz einen Apfel hervor.

    Auch aus der Barracke auf der anderen Seite der Lagergasse des selben Blocks strömten verschlafene Soldaten heraus und wurden von Priscus mit lauter Stimme zur Eile angetrieben. Einige stopften noch schnell ihren Mantel in den Gepäcksack, andere schnürten erst draußen ihre Stiefel...

    Priscus gehörte zu den Soldaten, die als erstes abzogen. Die Geschütze, die seine Einheit in der Schlacht erfolgreich bedient hatte, waren abgebaut und verladen worden, die Stellungen eingeebnet. Mit strengem Blick ging er im Lagerbereich seiner EInheit auf und ab und kontrollierte die Verladung des Materials. Er prüfte, ob jeder Soldat die nötige Menge Verpflegung bekommen hatte und ob alle namentlich gekennzeichneten Geräte der Einheit aufgesammelt worden waren.


    Dann ging es langsam hinunter zu den Schiffen, wo sie das schwere Gepäck schon wieder absetzen konnten. Er schaute zurück auf die Felder, auf dem er seine erste Phalera errungen hatte, während das Schiff hinaus auf's Meer zog.

    Ungeachtet der Feuchtigkeit von oben sprach Priscus voller Stolz mit gezogenem Schwert die Worte des Eides nach:


    "IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE
    FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR
    CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS
    MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO
    ROMANA REPUBLICA."

    Während das Schlachtfeld aufgeräumt und Teile der Blockadelinie wieder eingeebnet wurden, ging Priscus mit einigen Soldaten zwischen den Gefangenen umher und teilte sie in kleine Gruppen auf. Er fragte nach ihrer Einheit und nach dem Namen ihres Centurio. Gelegentlich gab er Verbandsmaterial aus, wenn ein Gefangener eine kleine Wunde versorgen wollte und unter Aufsicht durften sie dann sogar sein kleines Messer benutzen, um einen Stoffstreifen zu schneiden.


    Fragen beantwortete er keine. Wie sollte er auch, wusste er doch selber nicht, wie es weiter geht. Mit dem Sieg auf dem Schlachtfeld hatte sich für ihn erstmal nur eines geändert: die Geschütze wurden umgedreht und zielten nicht mehr über den Fluss, sondern ins Gefangenenlager. Mehr hatte er nicht gehört und was mit den eingeteilten Gruppen passieren sollte, wusste er auch nicht.

    Schwitzend und mit größtmöglicher Geschwindigkeit arbeiteten die Legionäre an den Geschützen und beförderten einen Bolzen nach dem anderen in Richtung der anrückenden Feinde. Krachend durchschlugen sie die Schilde und machten auch vor Eisenrüstungen und Bronzehelmen nicht halt.


    "Konzentiert euch auf die Offiziere!" mahnte Priscus die Soldaten zu besserem Zielen. Alle Gegner würden sie sowieso nicht einzeln abschießen können, aber eine führungslose Truppe würde für die Kameraden unten weniger Probleme darstellen.

    Verbissen spähte Priscus zwischen den Schilden hindurch, hinter die sich die Soldaten gehockt hatten, um dem Beschuss zu entgehen. Wenn diese Verräter nur weiter vorrücken würden, dann könnten sie sie wenigstens abschießen...


    Etwas weiter neben seiner Stellung musste ein Geschütz einen Volltreffer einer Amphore einstecken und musste aufgegeben werden. "Ha, das kriegen sie zurück! Vollspannung!" kommandierte der Centurio der Einheite und mehrere Geschütze wurden bis zum Äußersten gespannt und auf eine gegnerische Geschützstellung ausgerichtet. Mit der großen Entfernung sinkt zwar die Genauigkeit und die Durchschlagskraft, aber als Vergletung sollte ein paar Pfeile dann doch schon reichen. "Abschuß!" schallte es und ein halbes Dutzend Bolzen verliess zischend die Läufe der Geschütze und schlug wenig später knackend im Holz des Onager und in den Schilden der Soldaten ein.


    "Sehr gut. Das machen wir gleich noch mal mit dem Trupp Bogenschützen davor", lächelte der Centurio grimmig und wiess auf einige Schützen, die vor den Steinewerfern standen.

    Noch schossen die Geschütze in Priscus' Stellung auf maximale Reichweite auf die feindlichen Geschütze. Mit entsprechend geringer Durchschlagskraft und Wirkung. Aber sobald sich Gegner der Brücke näherten, würde sie voll in ihr Schußfeld auf kurze Distanz geraten. Gegen die tödliche Durchschlagskraft der Bolzen würden ihnen auch ihre Schilde nichts nutzen. "Hier drüben am Geschütz wird noch ein Korb mit Munition gebraucht", wies Priscus zwei Soldaten an und duckte sich dann schnell wieder hinter seinen Schild, weil eine Salve Pfeile über seinen Kopf hinweg zischte, aber außer ein paar Kratzern im Schild keine Schäden hinterliess. "Wenn die Bogenschützen näher kommen, zuerst auf die Offiziere zielen" ordnete er an und ging dann zum Nachbargeschütz herüber. Dort veränderte er noch schnell die Aufgabenverteilung, um für alles gewappnet zu sein: "Tauscht ihr mal eure Plätze! Du brauchst eine Pause. Die Wunde im Bein macht keine Probleme? Wenn es gleich losgeht, müssen wir mit Maximalgeschwindigkeit schiessen."

    Optio Prsicus stand mit seinen Leuten hinter einer Verschanzung an einem der Geschütze, die auf die Brücke gerichtet waren und gab gerade Anweisungen seines Centurio weiter, als ein Reiter auf die Gruppe zugeritten kam und nach dem Legatus fragte. "Der Legatus ist flußaufwärts geritten. Wenn er überall so nette Ansprachen hält wie eben hier bei uns, kann er noch nicht weit gekommen sein."


    Über die Brücke galoppierte gerade eine Turma der Legionsreiterei, die auf dem Vorfeld unterwegs gewesen waren. Sie schienen guter Laune, offensichtlich hatten sie eine erfolgreiche Mission hinter sich.

    Für die meisten Soldaten gab es in den letzten Tage Routinedienst im Feldalger. Starke Wache, Patrouillen in der Umgebung, tägliches Training und ab und zu ein paar Meldegänge zum Hafen. Die Stimmung war ruhig, aber angespannt. Jeden Moment hätte es Alarm geben können, jeder Meldereiter hätte eine Nachricht bringen können, die die sofortige Mobilisierung erforderte. Aber noch passierte nichts.
    Priscus verbrachte die Zeit damit, seine Leute im Training zu halten. Er liess sie Übungskämpfe ausfechten, Kondition für zähe Gefechte aufbauen, ein wenig Plänklerkampf üben sowie das Verteidigen von Verschanzungen. Wenn die LEGIO I alleine gegen zwei Legionen antreten müsse, dann wäre nicht viel mehr als das halten der Stellung möglich...

    Priscus reckte seinen Optiostab in den Himmel und sprach aus tiefster Seele den Eid, der ihn stolz machte:


    IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA!


    Und dann stimmte er in die allgemeinen Rufe der Soldaten mit ein:


    "Roma victor!


    Für den Imperator!"

    "Wie gut, dass die nicht auf unserem Schiff sind. Wenn wir schon gegen Meuterer zu Felde ziehen müssen, dann will ich dabei nicht nach Pferdekotze stinken." Das schallende Lachen der Soldaten hallte im Hafen wider.

    Priscus war mit den Männern seiner Einheit zufrieden. Sie waren schnell marschiert und hatten keine Ausfälle gehabt.
    Jetzt stand er mit einigen anderen Unteroffizieren an einem der Holzstege, die auf die Schiffe führten und diskutierte die Lage. Neues hatte man ihnen nicht gesagt, die Gerüchte waren immer noch die selben wie beim Abmarsch. Und das was in den Kneipen daraus gemacht wurde, war noch verrückter als alles andere.
    "Mal sehen, ob der Kaiser zu uns kommt, wenn wir in Misenum sind", grübelte er und erntete Nicken von seinen Kameraden. Andererseits könne der Kaiser ja nicht jedem Meuterer persönlich das Schwert aus der Hand nehmen und vielleicht erweise sich die Sache als weniger schlimm und dann würde er wohl kaum dafür Rom verlassen. "Ach, der wird kommen. Der ist im Herzen ein Krieger, glaub' ich." Das nahmen seine Kameraden dann wieder weniger ernst.

    Priscus war nervöser und gereizter als sonst. Ein Manöver hätte ihn nicht aus der Ruhe gebracht, eine normale Truppenverlegung sowieso nicht. Aber eine Verlegung aufgrund eines akut drohenden Bürgerkriegs war dann schon was anderes.


    Er trieb seine Leute zur Eile an und achtete darauf, dass niemand in der Marschkolonne auch nur einen Schritt langsamer ging als nötig. Mal marschierte er schweigend vorne neben seinem Centurio, dann war er wieder unzufrieden schimpfend hinten bei den Trossknechten und mal lief er mit aufmunternden Worten neben einigen völlig verängstigten Probati.


    "Männer, wir sind die LEGIO I TRAIANA PIA FIDELIS - und nichts und niemand wird uns besiegen. Wir rücken nicht aus, um eine Schlacht zu schlagen, sondern um eine Schlacht zu gewinnen! Wir ziehen los, um dort zu sein, wo uns der Gegner nicht erwartet. Und diese Gegner werden es nichtg wert sein, dass sie Legionäre genannt werden! Und wir werden es ihnen zeigen! Wir, die LEGIO I TRAIANA PIA FIDELIS!"

    Marcellus schien jetzt die Entscheidung zu suchen und setzte alles auf einen direkten Angriff. Priscus gefiel das! Er hatte selber als junger Legionär so gekämpft, bevor er mit der Zeit die Tricks lernte.
    Jetzt zögerte er lange und riss erst im letzten Moment seinen Schild hoch und traf den Probatus damit hart an der Schwerthand. Der Optio setze gleich mit einem Ausfallschritt nach und erreichte mit einem Holzschwert noch den Hals des Probatus, bevor dieser seinen Schild wieder nach oben nehmen konnte. Der Kampf war beendet.
    "Gut gekämpft, Marcellus! Eine sehr reife Leistung. Ich hoffe, ich hab' dir gerade nicht deine Hand demoliert. Mach' auf jeden Fall mal Schluß für heute."

    Der Probatus reagierte gut und schnell und setzte gleich zu einem Gegenangriff an, der den Optio einen kurzen Augenblick auf dem Gleichgewicht brachte. Nur mit Mühe konnte er seinen Schild zwischen seinen Körper und den Gladius bringen und musste dann erstmal für sicheren Stand sorgen.
    Marcellus war ein guter Probatus, aus ihm würde sicher ein guter Kämpfer werden. Einen Angriff wollte er ihm noch erlauben, dann würde er den Kampf erstmal beenden und sich den anderen Rekruten widmen.