Beiträge von Aulus Trebellius Posca

    Poscas Blick troff vor Verachtung. Dieser Tiro war eine einzige Heulsuse. Eine Memme. Ein Angsthase. Schisser. Einer Legion definitiv nicht würdig. Der Centurio rümpfte geräuschvoll die Nase und stieß den Jammernden ruppig von sich weg.


    "Krieg dich wieder ein, du Memme!" raunzte er den Tiro an. "Und du jämmerlicher Wicht willst Legionär werden? Mars hilf mir, da stecke ich besser ein Wiesel in eine Rüstung, das hat mehr Mut auf dem Schlachtfeld als du!"

    Posca sah dem Tiro dessen Lustlosigkeit recht schnell an. Na, wenn der Artorius nicht wollte, würde er eben müssen. So einfach war das. Dem Centurio war es ja schnuppe, wie häufig der Rekrut beim Optio schon aufgerufen worden war.


    "Tiro Aemilius, Tiro Artorius, zu mir!" hieß dann das Kommando und Posca parkte seinen wulstigen Körper am Rand des mittig gelegenen Sandplatzes, der von Laufbahnen, Grünflächen und anderen Sportgelegenheiten eingerahmt wurde.
    "Tirones, ihr werdet jetzt gegeneinander ringen. Wer den Gegner zuerst drei Mal zu Boden wirft, gewinnt. Dazu könnt ihr ihn überall packen, umhebeln, umdrücken, wie auch immer. Kämpft ehrenhaft. Keine Tritte, kein Würgen, kein Augen Auskratzen und erst recht keine Attacken gegen das Geschlecht eures Gegners."


    Der Centurio hatte mit lauter und deutlicher Stimme gesprochen, so dass ihn alle Rekruten verstehen konnten. Jetzt wandte er sich aber direkt an die beiden Kontrahenten vor ihm. "Klar soweit?"

    "Na, das sieht ja schon besser aus", konstatierte der Centurio, woraufhin er jedoch keineswegs Pause machen ließ oder weiter Lob aussprach.


    Vielmehr waren seine Worte: "Jetzt wollen wir mal sehen, wie ihr Hanseln in Formation marschieren könnt!" Posca grinste verschlagen, was aber sowieso nur die erste Reihe durch den Schlitz zwischen ihrem und dem Scutum ihres Hintermannes sehen konnten, wenn überhaupt.


    "Aaaauf mein Kommandoooo! Milites! Pergite!" bellte der Trebellier dann und harrte gespannt der ersten Gehversuche seiner frisch geschlüpften Testudo.

    "Na großartig", knurrte der Centurio, als er des Chaos in seiner Ausbildungstestudo gewahr wurde. Er fuhr sich tief seufzend mit der Hand durchs Gesicht und wischte sich den Schweiß von der Stirn.


    "SCUTA INCLINITE!" donnerte sein Befehl, die Schilde zu senken, dann grollend über den Campus. "Verflucht noch eins, habe ich etwa den Befehl zum Umkippen gegeben? Könnt ihr Flachpfeifen nicht einmal einen Haufen Holz über euch aufstapeln? Nochmal von vorn!"


    Ein bitterböser Blick strafte die Rekruten und mahnte zu absolutem Gehorsam und mehr Achtsamkeit.


    "Scuta sursum!" bellte er dann erneut und wachte mit den Augen des Kerberos über die Korrektheit der Testudo. Wehe dem, der jetzt erneut einen Fehltritt wagte.

    "Ah, da haben wir ja schon einen Freiwilligen für das Schauringen. Sehr schön." Posca grinste feist. Sein listiger Blick suchte die Reihen der Tirones ab und fand ein weiteres Opfer. "Du, Tiro, vortreten! Du bist Aemilius' Widersacher." Sein Wurstfinger zeigte in stummem Hohn auf Lucius Artorius Severus, der sich gewiss wieder einmal auf den Arm genommen fühlen musste. Die Parzen trieben offenbar gerne ihre Späßchen mit dem erbarmungswürdigen Tiro.


    "Gut, dann findet euch jetzt mal in Zweiergrüppchen zusammen. Ihr werdet natürlich gegeneinander ringen. Dann allemann ausziehen und kräftig einölen!" gab der Centurio den Tirones zu verstehen und klatsche auffordernd in die Hände.

    “Die Baracke findest du, wenn du aus der Tür rausgehst rechts die Straße runter, ein Stück abwärts auf der rechten Seite. Er zeigte wenig hilfreich eine ungefähre Richtung an.


    "Frag dich halt durch." Der Centurio zuckte desinteressiert mit den Schultern und gab dem Miles an der Ausgabe dann einen knappen Abschiedswink.


    "So, jetzt aber fort mit dir. Deine Kameraden werden dich schon entsprechend einweisen. Morgen findest du dich mit den anderen Rekruten deines Contuberniums auf dem Campus ein, dann sehen wir weiter. Abite*!"


    Sim-Off:

    *Abite = Weggetreten. Alle weiteren Befehle gebe ich auf Lateinisch. Eine Übersicht darüber findest du hier.

    "'Ne Decke gibt's auf deiner Stube. Im Bett, verstehste?" gluckste der Centurio und schaute dann auf eine Wachstafel, die er bei sich hatte. "So, wo hab ich's denn notiert...da: Du kommst ins erste Contubernium der zweiten Centurie der zweiten Cohorte."


    Dahin hatte er vor ein paar Wochen - oder waren es schon mehr als 'ein paar'? - diesen Artorius gesteckt, daran erinnerte er sich noch. Seitdem hatte er erst einmal die anderen Centurien aufgefüllt. War ja auch nötig, so sehr wie die XXII. auf dem letzten Feldzug geblutet hatte.


    "Noch Fragen?" Ungeduldig sah er den Tiro an. Er musste zurück an seinen Schreibtisch. Der Centurio konnte hier ja nicht ewig Rekrutenamme spielen.

    Jesses, der Tiro konnte ja schlimmer jammern als ein kleines Schulmädchen. Kritisch beäugte er den armen Kerl mit seinen Schweinsäuglein, während er beinahe desinteressiert etwas Nasenschleim hochzog.


    "Hrmpf. Und was sollte mich davon abhalten, dir noch ein paar mal einen mit dem Stock überzuziehen, damit du ganz sicher in Zukunft besser aufpasst? Hm?"


    Der Schatten eines listigen Grinsens huschte über Poscas Gesicht. Sollte der Kerl doch mal sehen, wie er sich aus dem Schlamassel wieder herauswand.

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/a/ac/Testudo_formation.jpg/320px-Testudo_formation.jpg

    Posca verdrehte höchst theatralisch die Augen und hob die Hände zum Himmel empor. "Bei allen Göttern! Wer hat mir bloß diese Gruppe Esel auf den Campus geschickt?" Er ballte die Fäuste und tat ganz elend, bis er abrupt wieder ernst wurde und in gewohntem Befehlston verkündete: "Die Testudo schützt euch gegen Beschuss, weil ihr von vorn, von den Seiten und von oben komplett durch eure Schilde abgeschottet seid, Mensch!" So schwer war die Frage nun wirklich nicht gewesen.
    "Und damit ich gleich nicht an einem Herzanfall verrecke, beantworte ich meine nächste Frage lieber gleich selbst. Wogegen schützt euch die Testudo nämlich gerade nicht? Richtig, gegen jedwede andere Angriffe, nämlich gegen Nahkämpfer. Wenn der Feind euch erwischt, bevor ihr die Testudo wieder aufgelöst habt, seid ihr armen Schweine allesamt tot! Egal ob Krieger zu Fuß, oder - noch viel schlimmer - heranbrausende Reiter...sie werden euch niedermachen, denn in der Testudo seid ihr völlig wehrlos. Ihr seid langsam, unbeweglich und könnt nicht zustechen. Also passt genau auf meine Kommandos auf, denn das rettet euch das Leben." Hoffentlich war das jetzt bereits jedem klar geworden, sonst würde es im Verlauf des Tages einige Stockschläge hageln.


    "In Ordnung. Der Befehl lautet 'scuta sursum'. Dann nehmt ihr euern Schild hoch und die erste Reihe stellt sich eng beieinander auf. Dann folgt die Zweite, die der ersten Reihe quasi ein Dach auf den Kopf setzt und so geht es weiter. Kapiert? Wenn ich 'scuta inclinite' befehle, löst ihr die Formation wieder auf und kehrt zur Linienformation zurück." Forschend betrachtete er kurz die Männer, unterdrückte einen Rülpser und räusperte sich dann geräuschvoll.


    "Gut, dann probieren wir es mal aus. Milites! Scuta sursum!" Gespannt sah der Centurio zu, wie die Männer ihre erste Testudo bilden würden...

    "Ich bin nicht dein Herr, sondern dein Centurio. Merk dir das", raunzte der Centurio, der nicht verstand warum der Soldat ihn so betitelte. Nur Sklaven und andere Unfreie nannten römische Bürger 'Herr'. Etwas brummelig wandte er sich also wieder dem Soldaten an der Ausgabe zu und bestimmte: "Also gut, du hast den Burschen gehört. Einmal Groß."

    "WAS WAR DAS?!?" platzte es aus Posca heraus. Er schnaufte und Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. Das war ja wohl die Höhe.


    "Die Testudo schützt euch Waschlappen gegen jedweden verfluchten Feindbeschuss! Hast du gehört, Tiro? BESCHUSS!" Seine Schweinsäuglein fixierten den frechen Tiro gnadenlos. "Und kannst du mir auch sagen, Würstchen, warum das so ist?" Mit dem Handrücken wischte er sich den Schweiß von der Stirn. War das heute aber auch wieder heiß auf dem Campus...

    Niemand hörte das Heulen des Tiros. Niemand bis auf die Ratten und Scorpione, die in den Kerkergängen kreuchten. Vier Tage musste Publius Egnatius Murcus in seiner feuchten muffigen Zelle ausharren. Zwei Mal am Tag schob ihm ein mürrischer Kerkerwächter ein grässliches Essen zu. Ansonsten waren da nur die Geräusche und Gerüche des Kerkers. Das Kratzen der Rattenklauen auf dem dreckigen Boden. Das raschelnde Stroh, wenn die Scorpione auf der Suche nach Beute waren. Nachts zog die Kälte an den Wänden zum Boden hinab, am Tag glühte die Zelle vor Hitze. Es war furchtbar.


    Und dann, am vierten Tag seiner Haft, wurde Publius erlöst. Mochte man glauben. Die Schlüssel rasselten wieder und vor dem Tiro stand ein fettes Schwein.
    "Salve mein Vögelchen", gluckste der Centurio Aulus Trebellius Posca und grinste sein feistes Grinsen. Seine Äuglein blitzten hinterhältig. "Gut geschlafen?"

    Zitat

    Original von Lucius Artorius Severus
    Es mußte ein besonderer Tag sein, wenn der Centurio plötzlich die Ausbildung übernahme. Hoffentlich war das ein gutes Zeichen. Also nun würde die Formationsausbildung beginnen. Auf die Frage nach den Formationen der Legion traute sich abermals zuerst niemand so recht vor. Nach einer Weile traute sich der Hispanier Aulus Iulius Rufus zu einer Antwort vor, er kannte eigentlich nur eine genau: "Die Schildkröten-Formation, Centurio. Die wird zu Verteidigung eingenommen, alle Legionäre schützen sich mit dem Scutum gegenseitig, um Angriffe von allen Seiten abzuwehren."


    "Verdammt richtig, die Testudo dient eurem Schutz!" pflichtete Posca bei. Allerdings lächelte er nicht und sah auch nicht zufrieden aus, als er ergänzte: "Aber wogegen schützt sie euch denn überhaupt? Kann die Testudo euch vor jedem Angriff bewahren, der auf euch zu kommt?" Seine Schweinsäuglein blinzelten listig und schienen einen der Rekruten fixiert zu haben. "DU!" brüllte er und zeigte mit seinem Wurstfinger in eine halbwegs genaue Richtung auf einen der Männer.

    Die Thermen von Nikopolis boten den Soldaten nicht nur Gelegenheit zum Baden und zur Massage oder anderweitiger Entspannung. Vielmehr gab es hier wie in jeder römischen Badeanstalt auch einen kleinen Sportplatz. Eine Wiese bot Möglichkeit zum Laufen, Stangen für Klimmzüge oder Gewichte boten Gelegenheit für Muskeltraining und in der Mitte der Wiese gab es auch eine geräumige Sandgrube. Hier hatte Centurio Trebellius heute die Rekruten herkommandiert, denn sie sollten ihre Körper im waffenlosen Zweikampf stählen.


    "Tirones, heute werdet ihr die männlichste und ästhetischste aller Sportarten erlernen: Das Ringen!" Posca zeigte sein schönstes pausbackiges Grinsen. "Wie viele von euch haben bereits einmal gerungen?" Immerhin lernte jeder ordentliche Junge bereits Ringen, wenn er nicht statt dessen auf Feldern schuften musste oder im Geschäft des Vaters einem Handwerk nachging.

    Nachdem die Rekruten nun seit Wochen hauptsächlich vom Optio Quintus Bruttius Structus ausgebildet worden waren, begrüßte sie an diesem Tag ausnahmsweise ihr Centurio Aulus Trebellius Posca höchstpersönlich auf dem Exerzierplatz.


    "Guten Morgen meine Vögelchen", flötete er bestens gelaunt. "Ich habe euch heute in voller Kampfmontur antreten lassen, weil ich euch endlich den Grund für die Exzellenz des Exercitus Romanus beibringen werde: Den Formationskampf!" Mit strahlendem Lächeln sahen Poscas blitzende Schweinsäuglein die Tirones an.
    "Wer von euch Jüngelchen kann mir erklären, was für Formationen die Legion in der Schlacht anwendet?" Fragend suchte sein Blick den Tiro, der sich zuerst meldete.

    Das führte hier eindeutig zu nichts. Der Centurio rieb sich die Augen, der Verzweiflung nahe. "Bona dea, Tiro. Ist mit dir überhaupt irgendetwas anzufangen?"


    Er erwartete jedoch keine Antwort, sondern befahl den beiden Wachen kurzerhand: "Sperrt ihn vier Tage lang in den Carcer. Dann sehen wir weiter. Alle Mann wegtreten!"


    Als die Türe hinter den Männer zufiel, konnte Posca sich endlich wieder entspannen und begann seine Zehnägel zu studieren. Die gehörten auch mal wieder geschnitten...

    Centurio Trebellius besah sich gerade einen besonders schmieriges Stück Ohrenschmalz, das er sich aus dem Gehörgang gepult hatte, als die beiden Wachsoldaten mit dem Tiro eintraten. Hastig schmierte er den Schmalz an seiner Tunika ab und gab sich möglichst interessiert.


    "Movemini. Bestrafung? Was ist denn vorgefallen?"


    Wenn sein Optio Bruttius schon jemanden herschickte, musste ja irgendetwas Gravierendes passiert sein.