Wie könnte eine kindliche Utopie gar "dumm" sein? Naiv vielleicht, doch dumm? … Gracchus´ Traumberuf war also Tänzer, um: "alles sein zu können außer man selbst" … Das war weder naiv noch dumm, das war vielmehr "krank!" Du meine Güte, als ob ich es geahnt hätte, fand Prisca ihren Verdacht bestätigt, dass der Geist ihres Mannes bereits in jungen Jahren von dieser widernatürlichen Krankheit befallen worden sein musste. Selbst redend zeigte Prisca ihr Entsetzen darüber nicht offen, sondern sie kaschierte ihre wahren Gedanken - wie so oft - hinter einem verständnisvollem Lächeln: "Ich liebe das Theater und das Geschichtenerzählen. Es ist wahrlich eine Kunst der Schauspieler, die Massen damit stets auf´s Neue in ihren Bann zu ziehen" So lange, wie es sich dabei um Sklaven, Freigelassene oder sonstiges niederes Volk handelte, fand Prisca auch nichts anstößiges dabei. Aber ein Patrizier??? Warum nicht Soldat, Eroberer, Abenteurer, Senator oder gar Imperator? … Fühlten sich Knaben seines Standes nicht eher zu solchen Positionen und Ämtern berufen? Nein, ausgerechnet Tänzer!!! Da wundert es mich nicht, dass sein Vater ihn wütend weg geschickt hatte, oder doch nicht? Es gab wohl (noch) einen anderen Grund, auf den ihr Mann wehmütig lächelnd anspielte.
Wenn nicht seiner Neigung wegen, weshalb dann? … Natürlich verlangte Priscas Neugier nach sofortiger Aufklärung, doch schwenkte ihr Mann sogleich auf ein anderes Thema, das nicht minder reizvoll war wenn man bedachte, dass ihr Gatte beinahe ein ganzes Weltreich hätte haben können!
Nein, ein Königreich hatte er ihr wahrlich nicht (mehr) zu bieten, doch wäre das für Prisca auch nicht (mehr) ausschlaggebend gewesen angesichts des Reichtums, dessen sie sich - dank des Erbes ihres Onkels - längst erfreute. Was also hätte Gracchus ihr noch bieten können außer seinem Samen, mit dessen Hilfe Prisca endlich das schwer ersehnte Kind hätte bekommen können. Und wenn nicht? Was bliebe ihr außer der Erkenntnis mit einem Mann verheiratet zu sein, der eigentlich Tänzer hatte werden wollen und der den männlichen Reizen mehr, denn den weiblichen abgewinnen konnte.
"regina sacrorum?", wie käme Prisca denn zu der Ehre? Kurz blinzelte sie verwirrt, ehe sie verstand worauf ihr Gatte hinaus wollte. "Oh ja, diese Position wäre durchaus eine große Ehre für mich …", hauchte Prisca mit beeindruckter Stimme. War es auch, doch zählte vielmehr das Karrieredenken ihres Mannes, welches Prisca um jeden Preis (und mit allen Mitteln) unterstützen würde. Schließlich galt es sich nicht nur einen Namen zu machen, sondern diesen auch immer weiter zu pflegen und diesbezüglich war das angestrebte Amt ihres Gatten zweifellos eine exzellente Wahl.
"Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um dich bei all deinen Plänen zu unterstützen, … mein Gemahl.", gab Prisca ihm das ernstgemeinte Versprechen stets loyal zu ihm zu stehen, respektive an seiner Seite einen gute Figur zu machen - in der Rolle der liebenden und ergebenen Ehefrau. Die zu spielen würde Prisca im Grunde nicht schwer fallen, wobei das letzte Quäntchen zum vollendeten Glück leider noch immer auf sich warten ließ.
Verbunden mit diesen Worten, lehnte Prisca den Kopf sanft an seine Schultern. Nein, sie wollte ihn nicht aufs Neue "bedrängen", sie wollte ihn nicht weiter verführen (nicht heute), sie wollte ihm nur nahe sein und ihm zeigen, dass ihre Verbundenheit nicht nur ein hohles Versprechen wäre. Denn dafür stand einfach zu viel auf dem Spiel und das wussten sie beide …