Einar und Bernulf wunderten sich nicht, dass die beiden Gesellen - man könnte fast schon sagen - "gerne" der Aufforderung (mitzukommen), Folge leisteten. Vielmehr schrieben sie es ihrer furchteinflößenden Autorität zu und fühlten sich dadurch in ihrer Rolle als Leibwächter bestätigt. Weiterer Worte bzw. Handgreiflichkeiten bedurfte es somit nicht, während sie die beiden Kapuzengestalten flankierten, bis sie schließlich in der Mitte des tablinum angekommen waren. Zufälligerweise trafen die beiden Germanen dort ausgerechnet auf Mara, die gerade dabei war einige Schriftrollen und Briefe für ihre Herrin zu sortieren.
Einar grinste breit zu Bernulf, denn Mara war ein stets willkommenes "Opfer" für ein paar von ihren chauvinistischen Sprüchen á la: "He Maraschnuckelchen! Bernulf und ich hätten ein bisschen was zu kompensieren, da uns - dank dieser beiden Heini´s da - vorhin zwei hübsche Frauen durch die Lappen gegangen sind. Hättest du nachher etwas Zeit und Lust, um uns ..du weißt schon", spielte Einar auf das Gewünschte an und lachte lauthals los, als Mara´s Wangen sogleich rot wurden und er gleichzeitig von ihr diesen bösen Blick (aus diesen wundervoll großen Rehaugen) erntete.
[Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/lmp3-d-97e8.jpg] Mara
"Ihr zwei seid echte Volltrottel!", zischte Mara nur zurück, ohne weiter darauf einzugehen, denn viel zu oft hatte sie sich derlei Anzüglichkeiten schon anhören müssen: "Wer hat euch überhaupt erlaubt, das Haus zu betreten … und wen habt ihr da mitgebracht?", wollte Mara stattdessen wissen und als sie nah genug heran gegangen war, wurden ihre Augen noch größer. Im Gegensatz zu den beiden Germanen erkannte sie das Gesicht des jungen Flavius sofort, doch ehe sie etwas hätte klarstellen können, fiel Einar ihr wieder ins Wort.
"Na dann eben nicht. Bist selbst schuld wenn du dir dieses Erlebnis entgehen lässt, … Maramäuschen", amüsierte sich Einar zunächst weiter auf Maras´s Kosten, ehe er dann zum eigentlichen Anliegen kam: "Was wir hier machen? Wir haben diese beiden Gestalten hinter der villa, vor der Mauer, vor einem frisch ausgehobenen Loch aufgegabelt. Und einer von ihnen behauptet sogar, dass er der Sohn ihres Zukünftigen sei," mit spöttischem Tonfall zeige Einar auf den jungen Flavius: "Wahrscheinlich ist bei den Flaviern gerade der Sandkasten kaputt und deshalb kam der Kleine mal eben zum spielen vorbei. Also lauf schnell los und informiere die Herrin, wen wir hier schönes haben," Die beiden Germanen lachten als Einzige im Raum und waren sich ihrer Sache ganz sicher - zu sicher ….
"Oh ja, natürlich, ich eile sofort und keine Sorge, … ich werde der Herrin deine Worte genau so ausrichten, wie du sie mir eben gesagt hast, ...Einar, du großer germanischer Krieger, mit dem Gehirn eines Spatzen", fand nun auch Mara Worte des Spottes in der Überzeugung, dass die beiden Germanen gleich ziemlichen Ärger bekommen würden angesichts der Tatsache, dass sie den jungen Flavius derart despektierlich behandelten. Entsprechend hob sich Mara´s Laune als sie, mit einem verschwörerisch aufmunterndem Augenzwinkern zu dem jungen Flavius hin, verschwand um die Herrin zu holen.
Es dauerte auch nicht lange, bis Schritte zu hören waren. Schnell nähernd und energisch auftretend, bis schließlich die Aurelia (mit wehenden Gewändern) in persona ins tablinum gestürmt kam. Natürlich hatte Mara sie über alles informiert: Der Sohn meines Verlobten gräbt ein Loch vor unserer Mauer???? Bei den Göttern, was soll das? Diese Frage brannte natürlich auf ihrer Zunge, doch Prisca wusste genau, dass sie Manius Minor auf keinen Fall zur Rede stellen durfte. Geschweige denn ihn maßregeln zu wollen, oder was auch immer, auch wenn sein Gebaren wahrlich seltsam anmutete. Und schon gar nicht, nachdem sich ihre Leibwächter (wieder mal) derart dämlich benommen hatten! Prisca´s funkelnd blauen Augen erfassten kurz die Szene und, als sie die Wartenden erreicht hatte, erschallte ihre Stimme laut und bestimmend im Raum: "Was erlaubt ihr euch eigentlich?" Diese Worte waren eindeutig an die beiden Germanen gerichtet, die (man glaubt es kaum) erschrocken zusammen zuckten und vor der Aurelia regelrecht zurück wichen.
Nun war Prisca gut zwei Köpfe kleiner als die beiden Germanen aber das hinderte sie nicht daran, die beiden Hünen zurück zu scheuchen wie zwei räudige Straßenhunde: "Aus meinen Augen, ...SOFORT! Ich will euch nicht mehr sehen, bis über euer Schicksal entschieden wurde!" Das war eindeutig und ließ keinen Raum mehr für irgendwelche Widerworte oder gar Erklärungen. Einar und Bernulf sahen einander nur hilflos an und sie waren sprachlos angesichts des Auftretens ihrer Herrin.
Mehr noch waren sie verwundert, wie eindeutig die Aurelia sich vor diesen Kapuzenheini stellte, ganz so, als würde sie ihr eigenes Kind gegen irgendwelche Bestien verteidigen wollen. So schwiegen Einar und Bernulf denn und die beiden Germanen zogen sich mit gesenkten Köpfen zurück, sodass Prisca mit den beiden Kapuzengestalten nun allein im tablinum zurück blieb.
"Geht es dir gut? Hat man dir irgend ein Leid zugefügt? Kann ich dir irgend etwas anbieten. Etwas zu essen oder passendere Kleidung? Sag mir nur, was du dir wünscht und es soll dir erfüllt werden. …. Ach du meine Güte, wenn ich nur rechtzeitig über deinen Besuch informiert worden wäre, dann ...wäre das niemals passiert", richtete Prisca sogleich ihr Augenmerk auf den seltsam gekleideten Sohn ihres Gatten in spe. Ihre Stimme klang mit einem Mal ganz sanft und ihr Blick und ihr Lächeln wirkten fürsorglich und gar nicht vorwurfsvoll (obgleich es mehr als genug Gründe dafür gab, weshalb sie eine Erklärung hätte verlangen können): "Sei versichert, werter Flavius, dass diese beiden Sklaven umgehend getötet werden für das, was sie dir angetan haben und dir allein obliegt die Entscheidung, auf welchen Weg sie den Tod finden sollen." Diese Botschaft war eindeutig und daran ließ Prisca auch keinerlei Zweifel, dass ihre beiden Leibwächter ihr Leben verwirkt hatten. Verflixt! Wenn ich nur wüsste, was der kleine Kerl tatsächlich vor der Mauer zu suchen gehabt hatte. …. Allein diese eine brennende Frage galt es (gedanklich) vorerst hinten an zu stellen, auch wenn es Prisca schwer fiel. Doch sie gab sich ganz souverän und ihrem Siefsohn gegenüber verbunden, so wie es ihr Mann wohl von ihr erwarten würde ...