Beiträge von Aurelia Prisca

    Den Blick von ihrem Verlobten abgewandt und auf einer nahestehenden Marmorstatue des Gottes Merkur ruhend, wartete Prisca geduldig und gleichzeitig gespannt auf den Moment da er ihr das Kleinod, als Zeichen seiner Wertschätzung höchstpersönlich umlegen würde. Dieses kleine Ritual musste einfach sein, auch wenn ihm diese ungewohnte Aufgabe eventuell schwerer fallen mochte wie das anschließende Kompliment, als er sein "Werk" in Augenschein nahm. Seine Worte und Blicke waren sehr schmeichelhaft und nur zu gerne hätte Prisca gewusst, wie viel Ehrlichkeit und stilles Verlangen wohl dahinter lagen. Ach gäbe es doch nur einen Funken - einen Hauch von Hoffnung, dass ich ihm wenigstens ein bisschen gefalle, dachte Prisca während sie lächelnd den Blick leicht verlegen senkte und gleichzeitig die Enttäuschung dahinter verbarg, als ihr Verlobter sich sogleich wegen seiner Geschäfte von ihr verabschiedete.


    Wirklich schade … denn zu gerne hätte Prisca seinen Ausspruch von vorhin: "Uns gehört die Zukunft" zum Motto dieses Tages gemacht, doch wenn ihn seine Pflichten riefen so war es selbstverständlich, dass sie dafür vollstes Verständnis hatte (oder es zumindest vor gab).


    Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen stellte sich Prisca kurzerhand auf die Zehenspitzen und gab ihrem Verlobten einen Kuss auf die Wange: "Der sechzehnte Tag vor den Kalenden des Oktobers … ja, das soll unser Tag sein!" An dem geplanten Hochzeitsdatum gab es absolut nichts auszusetzen, zumal ihr künftiger Gemahl bereits die Götter befragt hatte. Vielmehr hatte Prisca Bedenken, dass sie ihn bis dahin nicht mehr sehen würde so wie er klang, doch unterdrückte sie schnell die Frage danach und verabschiedete ihn mit ein paar ehrlich gemeinten Worten:


    "Mögen die Götter dir bei deinen Pflichten und Geschäften eine glückliche Hand bescheren, sodass du am Ende dieses Tages zufrieden und glücklich sein wirst, so wie ich es bin. … Ich freue mich darauf, dich bald wieder zu sehen und werde dich bis dahin stets in meinen Gedanken tragen." Damit löste sich Prisca wieder von ihrem Ehemann in spe, in der Hoffnung ihm mit ihren Worten zu verdeutlichen, dass sie immer zu ihm stehen würde so wie es sich für eine gute Ehefrau gehörte.


    Und was fange ich nun mit dem angebrochenen Tag an? So ganz allein? Diese Frage stellte sich für Prisca natürlich und sie hatte da schon eine Idee: Tja, dann werde ich wohl ein bisschen einkaufen gehen … Ein- zwei neue Kleider oder ein paar Duftwässerchen vielleicht, … irgendetwas würde sie sicher finden.

    Prisca hörte aufmerksam zu, da das Verlesen jenes Testaments (durch die Iunia) damals völlig an ihr vorbei gegangen war. Zweifellos hatte Fausta recht und doch: … Wäre das "Wiesel" tatsächlich so loyal (wie dumm), dass es selbst in Anbetracht der Tatsachen noch des Vescularier´s Ansehen würde rächen wollen? Wenn alle Welt längst den rechtmäßigen Thronfolger anerkannt hätte? Zuzutrauen wäre es diesem elendigen Pathicus! Sein Verstand ist längst durch die Abart seiner Libido von Grund auf vergiftet. Ihm ist alles zu zu trauen und dennoch, … Leise Zweifel beschlichen Prisca´s Gedanken, ob jene persona non grata tatsächlich einen derat großen Hass auf all die Beteiligten würde hegen, insbesondere auf jene Iunia, nur weil sie das Testament verlesen hatte? …


    Nachdenklich tippte Prisca mit den Zeigefinger der rechten Hand gegen die Lippen, während sie über das Gesagte ihrer Freundin nach dachte. Ein Bündnis wäre nur so viel wert wie man sich gegenseitig vertrauen konnte (und mochte). Da sprach Fausta eine wahres Wort: "Ich stimme dir zu. Wir müssen uns vertrauen und … wie müssen denen vertrauen, die wir für uns gewinnen wollen. Wenn du also in der Iunia eine potentielle Verbündete siehst, so will ich deine Ansicht gerne teilen … ", gab Prisca ihr Einverständnis unter einer Bedingung:


    "Allerdings sollten wir die Iunia als Option erst dann in Betracht ziehen, wenn du oder ich, nun, … falls wir beide bei der kaiserlichen Familie nicht weiter kommen sollten. Insbesondere bei dem jungen Cesar" Prisca kam nicht umhin, verstohlen zu grinsen als sie ernsthaft daran dachte dem Kaisersohn schöne Augen zu machen, nur um ihn für ihre Sache zu gewinnen. Alles nur der Rache wegen? Jawohl! Und natürlich auch mit dem Hintergedanken künftig Einfluss zu nehmen auf das Geschehen in Rom damit es nicht noch einmal soweit käme, dass ein widerwärtiger Pathicus sie so einfach aus ihren eigenem Heim verschleppen könnte und womöglich wieder Andere die Geschicke lenken würden … Aber nicht mit mir! … Nicht mit uns!


    "Auf unsere Freundschaft!" Prisca bedachte ihre neue Freundin mit einem vielsagenden Blick, während sie einen tiefen Schluck aus ihrem Becher nahm und anschließend genüsslich seufzend in die Kissen zurück sank und dem Trinkspruch noch folgendes hinzufügte:"Ich bin wirklich froh, dass ich heute deine Bekanntschaft machen durfte. Und in dem Wissen, dass der Hass auf ein und dieselbe Person uns vereint, blicke ich durchaus gelassen in unsere Zukunft. ..." Auch wenn diese Zukunft allein von den Göttern bestimmt wäre, so würde Prisca doch nichts unversucht lassen ihr Schicksal mit zu bestimmen, da sie soviel zu verlieren hatte: Das Erbe ihre Onkels. ...die Ehe mit Manius, ... und letztendlich das - nach wie vor - ungeborene Leben, welches sie unbedingt noch austragen wollte ...

    Oh, Fausta gehört auch zu den Trauzeuginnen? Dann ist sie wohl auch gut mit Domitilla befreundet. Gut zu wissen, hielt Prisca die Bemerkung gedanklich fest und sie überlegte kurz, ob es Sinn machen würde Domitilla mit einzuweihen. Hmmm, dafür wäre es wohl viel zu früh. Abgesehen davon ist fraglich ob sie Fausta´s und meine Ambitionen überhaupt teilen würde. Schade nur, dass Domitilla heute nicht hier ist, entschied sich Prisca sogleich dagegen den Vorschlag laut zu äußern. Aber grundsätzlich könnte es nicht schaden - in Bezug auf andere Themen - nach weiteren potenziellen Verbündeten Ausschau zu halten. Und die anstehende Hochzeit bot dazu DIE Gelegenheit!


    Wer weiß, vielleicht trafen sie dort sogar auf die Iunia?! Eigentlich hatte Prisca keine Lust weiter über die Iunia nachzudenken, doch die Sache mit dem Testament machte sie neugierig und demzufolge sprudelte sogleich die Frage aus ihr heraus: "Und was genau hat es mit dem Testament auf sich, dass das Wiesel" Oh, wäre das nicht ein hervorragendes Losungswort für diesen Dreckskerl?... "der Iunia deshalb übel nachstellen könnte?" Er - ihr, oder sie ihm? Prisca stockte kurz und fügte dies an: "Und sie? Will sie sich überhaupt an IHM rächen? Wir wissen im Grunde nicht, wie sie darüber denkt und ehe ich SIE frage, würde ich eher Domitilla fragen ob sie uns helfen würde, es dem Mistkerl irgendwie heim zu zahlen." Zumindest hätte Prisca bei ihrer Schwägerin keine Bedenken, dass sie das Wissen an jemanden weiter geben würde, der wiederum ihre Pläne konterkarieren könnte.


    Sim-Off:

    Ja, das wollte ich auch gerade vorschlagen ;)

    Wie oft hatte sie nun schon die Wegstrecke (zwischen der villa Aurelia und der villa Flavia) zurück gelegt? Prisca wusste es nicht und sie wollte auch gar nicht darüber nachdenken, wie viel kostbare Zeit sie auf diese Weise schon verbraucht hatte. Naja bald wird sich der Weg für mich erübrigt haben, wenn Manius und ich endlich verheiratet sind!, sehnte Prisca voller Ungeduld die eigene Hochzeit herbei. Zuvor musste nur noch die Ehe zwischen Domitilla und dem Tiberer geschlossen werden und dieser Tag war heute (endlich) gekommen. Prisca war ja schon so gespannt auf die Feier!! Ob die Schwester des Bräutigams wohl mit (oder doch ohne) ihrem germanischen Konsul erscheinen wird? Und die Kaiserfamilie? Der Kaiser und sein Sohn … und die Kaiserin womöglich wieder hoch zu Ross? Ein paar dieser - mehr oder weniger scherzhaften - Gedanken gingen Prisca durch den Kopf, während sie noch entspannt im Inneren ihrer Sänfte lag und gedankenverloren die Außenwelt, durch einen Schlitz in den Vorhängen beobachtete.


    Kurze Zeit später erreichten die Sklaven den Eingangsbereich und Prisca entstieg der Sänfte. Sogleich eilten ihre Leibsklavinnen herbei und zupften und richteten das Safran-farbene Gewand, sowie das kunstvoll hochgesteckte und geflochtene Haar ihrer Herrin akkurat zurecht. Zufrieden betrachtete Prisca schließlich ihr Ebenbild, in dem vorgehaltenen Silberspiegel, ehe sie sich gemächlichen Schrittes in Richtung der Hochzeitsgesellschaft auf machte.


    Den Weg durch die villa Flavia kannte Prisca bestens, doch an dem heutigen Tag kam selbst ihr das Anwesen völlig fremd vor, was augenscheinlich der eindrucksvollen Dekoration geschuldet war, durch die das ganze Haus in einem faszinierenden Glanz erstrahlte. Oh ja, Prisca war sehr angetan von den geschmackvollen Gestaltungselementen in den Farben Rot und Gold, die an allen Ecken und Enden dem Auge schmeichelten und sie hegte keinerlei Zweifel daran, dass das ganze Ambiente auf Domitilla´s Anweisungen hin gestaltet worden war.


    Wirklich alles sehr gelungen und sehr hübsch ..., befand Prisca als sie schließlich in den Garten trat und gemütlich unter den Baldachinen hindurch spazierte. Sie hatte keine Eile das Brautpaar zu begrüßen, das ohnehin gut damit beschäftigt war die Gäste der Reihe nach willkommen zu heißen. Stattdessen schlenderte Prisca zunächst am Rande entlang und sondierte dabei die anwesenden Gäste, unter denen sie das eine oder andere bekannte Gesicht erspähte. Abgelenkt wurde sie hierbei nur von dem reizvollen Anblick der zahlreichen "lebenden Goldstatuen", deren unverhohlene Nacktheit auf kunstvolle Art hinter einem güldenen Anstrich kaschiert worden war.

    Am späten Vormittag waren die dunklen Gewitterwolken soweit abgeregnet, dass die Sonnenstrahlen erfolgreich durch die Risse in der Wolkendecke hindurch "stechen" konnten. Es war ein farbenfrohes Spiel aus Licht und Wolken, sattem blau und dunklem grau, vermischt mit dem saftigen grün der Pflanzen, die dankbar den sommerlichen Schauer aufgenommen hatten. Und sogar ein Regenbogen war hoch am Himmel zu bestaunen, doch ...


    ... unbeachtet des schönen Naturschauspiels, lagen die beiden leblosen Körper der Sklaven noch immer vor der Maurer, bis schließlich die Aurelia kam und sich davon überzeugte, dass die Hinrichtung - dem Wunsch des jungen Flavius entsprechend - durchgeführt worden war.


    "Gut!", befand Prisca knapp und mit einem flüchtigen (leicht angewiderten) Blick auf die beiden toten Ex-Leibwächter, um deren Hälse noch immer die zugezogenen Stricke lagen. Diese beiden Idioten! Nun muss ich mich - wegen diesen beiden Spatzenhirnen - wieder nach fähigen Leibwächtern umsehen, die außer Muskeln auch einen Funken Verstand besitzen! Aber das nächste Mal nehme ich keine Germanen mehr, dachte Prisca nur und schließlich gab sie dem maior domus und den anderen Sklaven das Zeichen: "Schafft sie endlich aus meinen Augen!", sprachs und ging ...

    Wem würde ich uneingeschränkt vertrauen? … Gute Frage, auf die Prisca so spontan keine Antwort wusste. Natürlich schossen ihr einige Namen durch den Kopf (von guten Freundinnen), denen sie sehr wohl vertraute, … doch würde dieses Vertrauen auch bei einer gemeinsamen Verschwörung Bestand haben? Ein gewisses Risiko würden sie immer eingehen (müssen) und dementsprechend spannte sich Prisca innerlich, da die Worte ihrer neuen Freundin sehr wohl das Unaussprechliche inkludierte: Sie oder ich? ...Wir beide? …Der Gedanke allein, … mit dem Caesar zu flirten oder gar … du meine Güte Dieser Gedanke war derart kühn wie aufregend zugleich, dass Prisca beim besten Willen nicht wusste ob der leichte Schauer, der über ihren Rücken lief nun (eher) der Auf- oder der Erregung geschuldet war.


    "Du hast recht, Fausta. Ganz ohne Risiko wird es nicht gehen", stimmte Prisca schließlich mit einem nachdenklichem Blick in die Runde zu. Wer von den anwesenden Freundinnen und Bekannten käme sonst in Frage? "Ich muss gestehen, ...so spontan wüsste auch ich niemanden, dem ich in dieser Sache so uneingeschränkt vertrauen würde ... wie dir" Womit Prisca zweifellos kund tat, dass sie in Fausta eine echte Verbündete sah. Worauf dieses Vertrauen genau gründete (nachdem sie einander ja erst seit kurzem kannten) wusste Prisca selbst nicht, außer, dass sie eben ein gutes "Bauchgefühl hatte da der Hass auf den Decimer sie miteinander verband.


    "Und wer weiß, … womöglich bietet sich für uns bald schon eine günstige Gelegenheit, um dem jungen Ceasar näher zu kommen." Unwillkürlich huschte ein verschwörerisches Grinsen über Priscas Antlitz als sie ihre Augen wieder auf Fausta richtete: "Meine ehemalige Schwägerin, Domitilla, hat mir verraten, dass der Kaiser, seine Frau und der junge Ceasar zu ihrer Hochzeit kommen werden." Womöglich wusste Fausta bereits davon. Prisca ging jedenfalls davon aus, dass auch sie zu der Feier eingeladen wäre wobei sie aber nicht wusste, wie nah sie und Domitilla einander standen: "Ich werde übrigens eine von Domitilla´s Trauzeuginnen sein …", fügte Prisca beiläufig an, während sie stirnrunzelnd überlegte, wer die Iunia mit dem cornelischen Testament war und von welchem Ereignis auf dem Forum Romanum die Rede war: "Meintest du vorhin eigentlich Iunia Axilla? nun, ich bin ihr einmal begegnet" Einmal und nie wieder Der Tonfall ließ erahnen, dass Prisca die Iunia nicht sonderlich leiden konnte (was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhen mochte):"Ich gebe zu, es ist mir völlig entgangen, dass sie und der Decimer je aneinander geraten wären."

    Das Schwarz der Nacht wich nur widerwillig dem immer heller werdenden Grau des nahenden Tages, der sich verschlafen in tief verhangenen Wolken hüllte. Der Duft von Regen lag in der Morgenluft, so rein und so frisch und doch vergiftet von dem Geruch des Todes, der sich still und heimlich darunter stahl in dem Moment, als eine Tür sich leise knarrend öffnete.


    Es war die Türe zu den Sklavenunterkünften und heraus trat eine Gruppe von sechs Männern, die angeführt wurde von dem maior domus. Hinter ihm gingen Einar und Bernulf. Die beiden Germanen trugen schlichte Tunikas, ihre Häupter waren kahl geschoren und die Hände hatte man ihnen mit dicken Stricken auf den Rücken gebunden. Auf sie folgten drei weitere Sklaven, allesamt namenlose Gestalten, deren Aufgabe es wäre die Gefangenen zu bewachen, doch gab es für sie absolut nichts zu tun.


    Niemand sprach ein Wort, noch versuchten Einar oder Bernuf durch irgendeine Aktion das Unvermeidliche abzuwenden das ihnen unweigerlich bevorstand, da der Tod längst sein Bündnis mit dem nahenden Regen geschlossen hatte, der sich mit dumpfen Donnergrollen, längst überfällig, ankündigte.


    Angekommen bei den Ställen, deutete der maior domus den beiden Germanen an, sich vor der weiß gekalkten Mauer nieder zu knien. Einar und Bernulf sahen einander ein letztes Mal an und nickten sich stumm lächelnd zu. Bald schon würden sie gemeinsam Met trinken in Valhall und die Schmach ihres Sklavendaseins wäre ein für allemal vergessen. Nur eine letzte Prüfung galt es noch zu bestehen und kaum konnten es Einar und Bernulf erwarten, endlich die die Schlingen um ihre Hälse zu spüren, die ihnen die letzte Überfahrt bescheren würden.


    Tod durch Erdrosseln. So lautete das Urteil, das der mairor domus auszuführen hatte und dementsprechend gab er den anderen Sklaven den Befehl, die Schlingen um die Hälse der beiden Germanen zu legen. Durch die Schlingen wurden sogleich Hölzer geschoben, deren Drehbewegungen wiederum dazu führen sollten, dass sich die Stricke immer enger zu ziehen würden, bis letztendlich der Tod sein Pfand erhalten hätte.


    "Lasst sie liegen! … Die Herrin wird sich später davon überzeugen wollen, dass wir ihren Befehl wunschgemäß ausgeführt haben. Darum geht jetzt und legt euch schlafen. Wir bringen sie anschießend fort.", durchbrach der maior domus ganz zum Schluss die Stille (sowie das Rauschen des einsetzenden Regens), indem er die anwesenden Sklaven anwies sich zu entfernen. Die Tat war vollbracht und der Befehl ausgeführt ... und niemand würde sich mehr darum scheren, so wie um das Loch (hinter der Mauer), welches durch den nieder prasselnden Regen bald schon zur Gänze wieder zugeschwemmt wäre ...

    Die Eintragung der Verlobung verlief - wie nicht anders erwartet - unspektakulär und sie dauerte auch nicht sehr lange, womit sich für Prisca die Frage stellte was mit dem angebrochenen Tag nun weiter geschehen sollte. Würde sich ihr Verlobter nun umgehend verabschieden, um seinen Geschäften weiter nachzugehen oder würde er (wie Prisca insgeheim hoffte) mit ihr gemeinsam den Tag ihrer Verlobung feiern wollen. Dabei dachte Prisca an nichts Außergewöhnliches, lediglich an einem kleinen Bummel vielleicht, der sie über die Märkte führen würde, an einen gemeinsamen Theaterbesuch oder gar, an ein gemütliches Picknick in einem der vielen Gärten, die angesichts des schönen Wetters regelrecht zum verweilen einluden.


    Doch zunächst überraschte ihr Verlobter sie mit einem wunderschönen Geschmeide, welches augenblicklich ein strahlendes Lächeln auf Prisca´s Gesicht zauberte: "Oh du meine Güte … es ist wunderschön", hauchte sie andächtig, während ihre Finger vorsichtig über das edle Geschmeide (mit den vielen kleinen Perlen und Edelsteinkugeln) glitten.


    Ohne zu zögern winkte Prisca ihre (stets im Hintergrund wartende) Leibsklavin herbei, die ihr sogleich den Schmuck abnehmen sollte, welchen sie ursprünglich angelegt hatte. Heute will ich nur noch sein Geschenk tragen … nur für ihn!, freute sich Prisca ehrlich über die Aufmerksamkeit ihres Verlobten und da es für sie gewissermaßen symbolischen Charakter hatte, fragte sie ihn sogleich mit erwartungsvoller Stimme: "Würdest du sie mir bitte umlegen, … jetzt gleich?!" Denn Prisca´s Meinung nach oblag allein ihm die Aufgabe, sie mit dem Zeichen seiner Wertschätzung zu schmücken und demzufolge drehte sie ihm sogleich den Rücken zu, den Kopf dabei leicht in den Nacken legend, damit es ihm ein leichtes wäre den Akt zu vollenden ...

    So ein unverschämter kleiner Widerborst, schnaubte Prisca leise, als der junge Flavius es tatsächlich wagte, ihr den Rücken zu zudrehen und am liebsten hätte sie ihn einfach so stehen lassen. Doch ihre "gute Erziehung" verbot es, die Gäste den Weg alleine hinaus finden zu lassen. Demzufolge rief Prisca ihrem Stiefsohn in spe mit gespielt fürsorglicher Stimme hinterher:


    "Gedulde dich bitte noch einen Moment, werter Flavius. Ich werde dir sogleich einen Sklaven schicken, der dich hinaus geleiten wird", sprachs und ließ nun ihrerseits den missfällig gewordenen Fortpflanz ihres Zukünftigen stehen, indem sie an ihm vorbei schritt und durch den Eingang des tablinums hinaus verschand, welcher von beiden Seiten von zwei schweren, fast mannshohen Vasen gesäumt war, auf denen griechische Olympioniken abgebildet waren.


    Im atrium angekommen gab Prisca dem angekündigten Sklaven auch sogleich die Anweisung sich um den Gast zu kümmern aber erst, nachdem er ihn noch einige Minuten hätte warten lassen. Nicht weil sie in irgendeiner Weise geahnt hätte, zu welcher Schandtat die so gewonnene Zeit den kleinen Mistkerl womöglich antreiben würde sondern, weil sie hoffte ihn mit der aufgezwungenen Wartezeit ein wenig zu ärgern ...

    Da war sie wieder! Diese herausfordernde infantile Art des jungen Flavius, die Prisca schon bei der cena aufgefallen war. Dieser kleine Widerborst! Er lässt wirklich keine Gelegenheit aus mir trotzige Antworten zu geben. Der Grund dafür war naheliegend, denn nicht selten hatten Kinder ein Problem damit, wenn ihnen plötzlich ein Stiefelternteil vorgesetzt wurde. Nun hatte Prisca ernsthaft angenommen das Eis zwischen ihnen irgendwann brechen zu können, zumal sie den jungen Flavius als erwachsen genug eingeschätzt hatte. Aber das war wohl ein Irrtum. … Soll ich es weiter im Guten versuchen? Aber wofür? Ich habe jedenfalls keine Lust, mich permanent von diesem Jungspund vorführen und tyrannisieren zu lassen. Ich kann auch anders, verpackte Prisca einige Überlegungen hinter einen gelassen (bis hin ins kühle) wirkenden Blick, mit dem sie den jungen Flavius stumm einige Atemzüge lang taxierte.

    "Oh verzeih mir bitte, werter Flavius … ", begann Prisca schließlich mit überspitzt süßer Stimme zu sprechen, als wolle sie die Gunst des jungen Flavius dadurch erheischen, indem sie ihr unpassendes Verhalten eingestand. Darauf kannst du lange warten. Allein ihre Gedanken, die ihr gleichzeitig durch den Kopf gingen, straften ihre süffisant betonten Worte Lügen: "Natürlich ist mir bewusst wie immens erschöpfend deine Garderobe sein muss, angesichts deines edlen Standes. Und nichts lag mir ferner, als dir mit meinem Angebot in irgend einer Form die Fähigkeit absprechen zu wollen, höchst selbst für deine Gewandung zu sorgen. Zumal du, im übrigen, einen derart besonderen und exquisiten Geschmack beweist, der jede Frau neidisch werden lässt." Prisca seufzte und faltete andächtig die Hände, während sie den schlichten Kapuzenumhang (der im Grunde jeglichen Modegeschmacks eines Patriziers spottete) bewundernd betrachtete: "Nein wirklich …" Du solltest dich mal im Spiegel betrachten, wie lächerlich du mit diesem Kapuzenumhang aussiehst. Noch dazu bei dem warmen Wetter "Es war lediglich die Sorge, die mich zu dieser Äußerung trieb, es könnte dir ein Bedürfnis sein deine - von Sklavenhand besudelten - Kleider so schnell wie möglich wechseln zu wollen." Naja, früher oder später, wird wohl auch dir dein Schweißgeruch zu viel werden: "Umso mehr freue ich mich zu hören, dass es dir offenbar an nichts mangelt und so bleibt mir wohl nur, dir einen schönen Nachhauseweg zu wünschen, sofern du unsere Gastfreundschaft nicht doch in Anspruch nehmen möchtest . Mögen die Götter also allzeit ihre schützenden Hände über dich halten, wie auch über deine Familie und richte doch bitte deinem Vater ebenfalls schöne Grüße von mir aus, ja?"


    Prisca verstummte und ein gespielt verbundenes Lächeln umspielte ihre Lippen, während sie selbstbewusst dem jungen Flavius in die Augen sah. Wenn nötig würde sie Minuten, wenn nicht gar Stunden so ausharren auch auf die Gefahr hin, am Ende wieder eine patzige Antwort zu erhalten. Doch dieses Risiko ging Prisca gerne ein, denn sie sah in dem Emporkömmling schlichtweg keine Gefahr und deshalb hätte sie auch kein Problem damit, den Ableger ihres künftigen Gatten kurzerhand aus dem Haus hinaus zu komplementieren …

    Natürlich hatte Prisca von dem "ersten Auf(t)ritt" der Augusta gehört. Ganz Rom sprach davon und nur zu gerne hätte sie diesen mit eigenen Augen verfolgt. Aber leider war sie mit ihrer Sänfte ein paar Straßenzüge zuvor, in den Menschenmassen "stecken geblieben", die anlässlich der Feierlichkeiten in den Straßen zusammen geströmt waren. Jammerschade, aber nicht zu ändern und nicht einmal das Dutzend Leibwächter, sowie das Wappen der Aurelier hatten ein Durchkommen zu ermöglichen vermocht. Womöglich hätte ich mehr Erfolg gehabt, wenn ich auch hoch zu Ross geritten wäre, so wie es die Augusta getan hat, dachte Prisca eher scherzhaft darüber nach, was genau die Kaiserin da "geritten" hatte, dass sie ausgerechnet bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt derart despektierlich aufgeritten war.


    "Du hast recht. Die Kaiserin ist wirklich noch sehr jung und … " Das Wort "dumm" lag bereits auf Priscas Zunge, doch wurde daraus ein:" … unerfahren." Wer weiß, vielleicht wäre sie deshalb leichter "formbar" gewesen, doch angesichts der nachfolgenden Worte ihrer neuen Freundin erübrigte sich momentan jeder weitere Gedanke an die Kaiserin.


    Wie bitte?. Sie will allen Ernstes den jungen Caesar verführen? Angesichts dieses tollkühnen Vorschlages klappte Prisca kurzzeitig der Kiefer herunter, so sehr war sie von Fausta´s Idee begeistert und gleichzeitig schockiert: "Du meine Güte, Fausta! Du ...Du denkst ernsthaft daran, dass eine von uns dem jungen Caesar schöne Augen machen soll?" Keine Frage, dass dieses Unterfangen gelingen würde, denn welcher Mann könnte ihnen schon widerstehen aber: "Wie sollen wir DAS anstellen? Was, wenn der Caesar mehr als einen harmlosen Flirt möchte und er uns am Ende unter Druck setzt? Schließlich wird er - früher oder später - erfahren wer wir sind und wer unsere Männer sind. Spätestens auf der nächsten Festivität und was dann? Wir müssten IHN schon hörig machen, damit er uns sprichwörtlich aus der Hand frisst, nur wie sollen wir das anstellen?" Oder war Prisca´s Verstand schon zu sehr von dem Opium vernebelt, dass sie den "Schlüssel zum Erfolg" schlichtweg übersah, an den Fausta womöglich längst gedacht hatte. Oder meint sie mit einer Frau unseren Formates eine andere Dame? Doch wer könnte das sein?


    "Ich bin der Meinung, dass wir weitere Verbündete brauchen. Am besten eine ledige Dame der Gesellschaft, der wir beide vertrauen und die wir auf den Kaisersohn ansetzen können, während wir die Fäden im Hintergrund zu ziehen versuchen." Ein besserer Vorschlag fiel Prisca spontan nicht ein und dementsprechend erwartungsvoll sah sie Fausta an, die hoffentlich den gemeinsamen Plan weiter konstruktiv ausführen würde.

    Ach was? Auf einem Spaziergang war er also? … Ganz ohne Gefolge und Leibwächter - außer diesem einen Sklaven - und noch dazu in dieser primitiven Kostümierung? So eine Frechheit! Wen glaubt er eigentlich, wen er vor sich hat …? Zu gerne hätte Prisca den jungen Flavius zurecht gewiesen für dessen Unverfrorenheit, sie für dumm verkaufen zu wollen. Schließlich hatte Mara ihr überdies von dem Loch berichtet, das ihre Leibwächter - diese beiden Vollidioten - angesprochen hatten. Ein Loch? Warum in aller Welt sollte der junge Flavier und sein Sklave ein Loch vor unserer Mauer ausheben wollen? So dumm kann doch kein Sklave sein, dass er einfach diese Geschichte erfindet. Dumm nur, dass diese meine beiden Leibwächter die Dummheit anscheinend mit Löffeln gegessen haben So durften sich Sklaven nun mal nicht verhalten. Unter keinen Umständen und keinem freien Bürger gegenüber (und schon gar nicht bei einem Patrizier).


    Prisca´s Miene spiegelte gespielte Schockiertheit wider angesichts der Aussage des jungen Flavius, dass er augenscheinlich mit dem Tod bedroht worden war: "Bei allen Göttern, … diese Tiere!", hauchte Prisca beifällig, eine Hand vor den Mund nehmend und ungläubig den Kopf schüttelnd. Auf diese Behauptung hin blieb ihr gar nichts anderes übrig, als dem Wunsch des Jungen nach Vergeltung zu entsprechen: "Die beiden Unholde werden noch vor Sonnenaufgang hingerichtet werden, darauf gebe ich dir mein Wort", gab Prisca ihr Versprechen, dessen Erfüllung sie höchstpersönlich überwachen würde. Dabei wäre das frühe Aufstehen zweifelsohne der beschwerlichere Part, als die Suche nach neuen Leibwächtern, aber das stand jetzt nicht weiter zur Debatte.


    Gleichermaßen stand die Suche nach einer plausiblen Erklärung (für das Verhalten des junge Flavius) vorerst nicht weiter zur Diskussion, obgleich die fehl platzierte Erscheinung des jungen Flavius für so manche Spekulation sorgte. So wie der junge Flavius sich auf der cena verhalten hat, ist er über die bevorstehende Verbindung zwischen mir und seinem Vater wohl alles andere als begeistert, schlussfolgerte Prisca aus der Begegnung von vor nicht allzu langer Zeit, ohne jedoch einen konkreten Bezug zu jenem Loch und dessen Bestimmung herleiten zu können.



    "Auch wenn nichts das Fehlverhalten meiner Sklaven entschuldigen kann, so wäre es mir dennoch ein persönliches Anliegen, dir, als Ausgleich für die widerfahrene Schmach, nunmehr die Gastfreundschaft unserer Familie anzubieten. Kann ich dir etwas zu trinken oder zu essen anbieten? Möchtest du dich frisch machen, oder gar neu einkleiden?", spielte sie dabei verhohlen erneut auf dessen seltsames Erscheinungsbild ab: "Jeder deiner Wünsche soll umgehend erfüllt werden", ohne aber, von ihrer Seite aus, weiter in diese Richtung insistieren zu wollen ...

    Prisca lächelte ebenfalls zufrieden, als sie den Kelch prostend hob und sogleich an ihre Lippen führte. Ihr Blick ruhte derweil unverwandt auf ihrer neugewonnenen Freundin, die ihr wirklich sehr sympathisch erschien und bei der sie wahrlich ein "gutes Bauchgefühl" hatte. Fausta hasst den selben Mann und sie sieht die Dinge ähnlich wie ich. Zudem macht sie nicht den Eindruck, als würde sie mir nur etwas vorspielen, um mir bei der nächsten Gelegenheit in den Rücken zu fallen, ...so wie beispielsweise Octavia, diese blöde Schnepfe. Eine Garantie gab es freilich niemals und für niemanden, aber Prisca vertraute einfach mal darauf, dass sie sich in Fausta nicht irrte.


    Denn gute Freunde und enge Verbündete waren ein nicht zu unterschätzendes Gut, auf das Prisca sehr viel Wert legte. Derart viel, dass sie sogar bereit war ganz neue Wege zu beschreiten, indem sie selbst einen homo novus bei seiner Wahl zum Konsul begünstigte. Wer weiß, wofür das gut war und zur rechten Zeit wird sich zeigen, ob es sich auszahlt, dachte Prisca kurz darüber nach ob es sich lohnen würde, diese Beziehung "anzuzapfen" bezüglich jener persona non grata, wegen der sie und Fausta so aufgebracht waren. Mal sehen … vielleicht gibt es ja noch andere, ...oder gar besser Kontakte …


    "Du meinst, wir sollten uns bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit, mit der neuen Augusta gut stellen?", schlussfolgerte Prisca ganz spontan aus den Worten ihrer neuen Freundin und sie bekundete ihre Begeisterung für diesen Vorschlag ganz diskret darin, indem sie sich verschwörerisch umsehend zu Fausta vor beugte: "Hast du gar schon einen Plan oder einen Vorschlag, wie wir dabei vorgehen sollten? … Womöglich bietet sich eine von den anstehenden Festivitäten dafür an, sie für uns zu gewinnen? ...Und wenn nicht sie, wen sonst? ….Ich kenne durchaus einige Senatoren, aber ich bin mir nicht sicher, ob und wie weit deren Einfluss uns weiter helfen wird und ob es demzufolge Sinn macht, sie überhaupt wegen diesem widerlichen Wurm zu behelligen", dachte Prisca leise - zu Fausta hin gesprochen - über die möglichen Alternativen nach und darüber, welche Fäden sie wohl am besten, als nächstes ziehen sollen ...

    Prisca war nicht minder erstaunt darüber, wie viel Sinn hinter all ihren Hirngespinsten stecken mochte, obgleich sie sämtlicher Beweise entbehrten. Ich muss nur aufpassen, dass ich es mit der Verschwörungstheorie zwischen unseren Männern nicht zu sehr übertreibe, mahnte sie sich selbst zur Zurückhaltung angesichts der Tatsache, dass eigentlich (k)eine direkte Verbindung zwischen ihren Männern bestand, (außer) in Gestalt eben jener persona non grata.


    "Nun ….ob er nun dir oder mir, ob uns beiden, oder wem auch immer mit seinen üblen Machenschaften schaden will. Ob nun ER, oder womöglich noch andere von diesen verfluchten Schergen des Vesculariers, die allesamt rehabilitiert worden sind. … Letztendlich habe ich keinerlei Beweise für irgendwelche Umtriebe seinerseits, oder von wem auch immer … , gab Prisca schulterzuckend zu, doch:"Andererseits will ich - ehrlich gesagt - nicht die Hände in den Schoß legen und tatenlos dabei zusehen, wie ehemalige Günstlinge des Vesculariers womöglich die neugewonnene Stabilität des Reiches zu unterwandern versuchen. … Und in diesem Punkt sind wir uns doch einig, werte Sergia, dass dieser elende Mistkerl uns beiden sehr wahrscheinlich ebenso wenig wohl gensonnen ist, wie wir ihm … nicht wahr?",erwartungsvoll blickte Prisca in die Augen der Sergia, darauf hoffend ihre volle Zustimmung zu erhalten.


    "Du hast es eben selbst gesagt: … Das dürfen wir nicht zulassen! … Und deshalb müssen wir wachsam sein und alles dafür tun, dass wir und nicht die anderen die Oberhand behalten werden. Mit verschwörerisch gesenkter Stimme, beugte Prisca sich zu der Sergia hinüber, den Kelch mit dem Wein dabei in freundschaftlicher Manier zuprostend : "Lass uns darauf trinken, Fausta! ...Sofern ich dich so nennen darf ..." Womit das Angebot der Freundschaft ganz offen ausgesprochen war, in der Hoffnung, damit eine (weitere) Mitstreiterin für die "gute Sache" gefunden zu haben.

    Einar und Bernulf wunderten sich nicht, dass die beiden Gesellen - man könnte fast schon sagen - "gerne" der Aufforderung (mitzukommen), Folge leisteten. Vielmehr schrieben sie es ihrer furchteinflößenden Autorität zu und fühlten sich dadurch in ihrer Rolle als Leibwächter bestätigt. Weiterer Worte bzw. Handgreiflichkeiten bedurfte es somit nicht, während sie die beiden Kapuzengestalten flankierten, bis sie schließlich in der Mitte des tablinum angekommen waren. Zufälligerweise trafen die beiden Germanen dort ausgerechnet auf Mara, die gerade dabei war einige Schriftrollen und Briefe für ihre Herrin zu sortieren.


    Einar grinste breit zu Bernulf, denn Mara war ein stets willkommenes "Opfer" für ein paar von ihren chauvinistischen Sprüchen á la: "He Maraschnuckelchen! Bernulf und ich hätten ein bisschen was zu kompensieren, da uns - dank dieser beiden Heini´s da - vorhin zwei hübsche Frauen durch die Lappen gegangen sind. Hättest du nachher etwas Zeit und Lust, um uns ..du weißt schon", spielte Einar auf das Gewünschte an und lachte lauthals los, als Mara´s Wangen sogleich rot wurden und er gleichzeitig von ihr diesen bösen Blick (aus diesen wundervoll großen Rehaugen) erntete.


    [Blockierte Grafik: http://www.bilder-hochladen.net/files/lmp3-d-97e8.jpg] Mara


    "Ihr zwei seid echte Volltrottel!", zischte Mara nur zurück, ohne weiter darauf einzugehen, denn viel zu oft hatte sie sich derlei Anzüglichkeiten schon anhören müssen: "Wer hat euch überhaupt erlaubt, das Haus zu betreten … und wen habt ihr da mitgebracht?", wollte Mara stattdessen wissen und als sie nah genug heran gegangen war, wurden ihre Augen noch größer. Im Gegensatz zu den beiden Germanen erkannte sie das Gesicht des jungen Flavius sofort, doch ehe sie etwas hätte klarstellen können, fiel Einar ihr wieder ins Wort.


    "Na dann eben nicht. Bist selbst schuld wenn du dir dieses Erlebnis entgehen lässt, … Maramäuschen", amüsierte sich Einar zunächst weiter auf Maras´s Kosten, ehe er dann zum eigentlichen Anliegen kam: "Was wir hier machen? Wir haben diese beiden Gestalten hinter der villa, vor der Mauer, vor einem frisch ausgehobenen Loch aufgegabelt. Und einer von ihnen behauptet sogar, dass er der Sohn ihres Zukünftigen sei," mit spöttischem Tonfall zeige Einar auf den jungen Flavius: "Wahrscheinlich ist bei den Flaviern gerade der Sandkasten kaputt und deshalb kam der Kleine mal eben zum spielen vorbei. Also lauf schnell los und informiere die Herrin, wen wir hier schönes haben," Die beiden Germanen lachten als Einzige im Raum und waren sich ihrer Sache ganz sicher - zu sicher ….


    "Oh ja, natürlich, ich eile sofort und keine Sorge, … ich werde der Herrin deine Worte genau so ausrichten, wie du sie mir eben gesagt hast, ...Einar, du großer germanischer Krieger, mit dem Gehirn eines Spatzen", fand nun auch Mara Worte des Spottes in der Überzeugung, dass die beiden Germanen gleich ziemlichen Ärger bekommen würden angesichts der Tatsache, dass sie den jungen Flavius derart despektierlich behandelten. Entsprechend hob sich Mara´s Laune als sie, mit einem verschwörerisch aufmunterndem Augenzwinkern zu dem jungen Flavius hin, verschwand um die Herrin zu holen.


    Es dauerte auch nicht lange, bis Schritte zu hören waren. Schnell nähernd und energisch auftretend, bis schließlich die Aurelia (mit wehenden Gewändern) in persona ins tablinum gestürmt kam. Natürlich hatte Mara sie über alles informiert: Der Sohn meines Verlobten gräbt ein Loch vor unserer Mauer???? Bei den Göttern, was soll das? Diese Frage brannte natürlich auf ihrer Zunge, doch Prisca wusste genau, dass sie Manius Minor auf keinen Fall zur Rede stellen durfte. Geschweige denn ihn maßregeln zu wollen, oder was auch immer, auch wenn sein Gebaren wahrlich seltsam anmutete. Und schon gar nicht, nachdem sich ihre Leibwächter (wieder mal) derart dämlich benommen hatten! Prisca´s funkelnd blauen Augen erfassten kurz die Szene und, als sie die Wartenden erreicht hatte, erschallte ihre Stimme laut und bestimmend im Raum: "Was erlaubt ihr euch eigentlich?" Diese Worte waren eindeutig an die beiden Germanen gerichtet, die (man glaubt es kaum) erschrocken zusammen zuckten und vor der Aurelia regelrecht zurück wichen.


    Nun war Prisca gut zwei Köpfe kleiner als die beiden Germanen aber das hinderte sie nicht daran, die beiden Hünen zurück zu scheuchen wie zwei räudige Straßenhunde: "Aus meinen Augen, ...SOFORT! Ich will euch nicht mehr sehen, bis über euer Schicksal entschieden wurde!" Das war eindeutig und ließ keinen Raum mehr für irgendwelche Widerworte oder gar Erklärungen. Einar und Bernulf sahen einander nur hilflos an und sie waren sprachlos angesichts des Auftretens ihrer Herrin.


    Mehr noch waren sie verwundert, wie eindeutig die Aurelia sich vor diesen Kapuzenheini stellte, ganz so, als würde sie ihr eigenes Kind gegen irgendwelche Bestien verteidigen wollen. So schwiegen Einar und Bernulf denn und die beiden Germanen zogen sich mit gesenkten Köpfen zurück, sodass Prisca mit den beiden Kapuzengestalten nun allein im tablinum zurück blieb.


    "Geht es dir gut? Hat man dir irgend ein Leid zugefügt? Kann ich dir irgend etwas anbieten. Etwas zu essen oder passendere Kleidung? Sag mir nur, was du dir wünscht und es soll dir erfüllt werden. …. Ach du meine Güte, wenn ich nur rechtzeitig über deinen Besuch informiert worden wäre, dann ...wäre das niemals passiert", richtete Prisca sogleich ihr Augenmerk auf den seltsam gekleideten Sohn ihres Gatten in spe. Ihre Stimme klang mit einem Mal ganz sanft und ihr Blick und ihr Lächeln wirkten fürsorglich und gar nicht vorwurfsvoll (obgleich es mehr als genug Gründe dafür gab, weshalb sie eine Erklärung hätte verlangen können): "Sei versichert, werter Flavius, dass diese beiden Sklaven umgehend getötet werden für das, was sie dir angetan haben und dir allein obliegt die Entscheidung, auf welchen Weg sie den Tod finden sollen." Diese Botschaft war eindeutig und daran ließ Prisca auch keinerlei Zweifel, dass ihre beiden Leibwächter ihr Leben verwirkt hatten. Verflixt! Wenn ich nur wüsste, was der kleine Kerl tatsächlich vor der Mauer zu suchen gehabt hatte. …. Allein diese eine brennende Frage galt es (gedanklich) vorerst hinten an zu stellen, auch wenn es Prisca schwer fiel. Doch sie gab sich ganz souverän und ihrem Siefsohn gegenüber verbunden, so wie es ihr Mann wohl von ihr erwarten würde ...

    Hui! Da habe ich anscheinend direkt in ein Bienennest gestochen! Also wenn die Sergia schon wegen Glückwünschen so aufgebracht ist, die zu einem - zugegeben - schlecht gewähltem Zeitpunkt kamen, wie hätte sie dann erst reagiert, wenn ... Ja, wenn sie von der Neigung ihres Mannes: a) schon gewusst hatte, oder: b) spätestens auf ihrer Hochzeit davon erfahren hat? Egal ob a) oder b) … Zumal die Aufgebrachtheit der Sergia, ihr Stocken am Ende der Frage und der ungläubige Blick schon den Verdacht nahe legten, woran sie gerade dachte. Tja … was verbindet den meinen (und den deinen) mit ... oh den Ausdruck muss ich mir merken … mit diesem miesem kleinen Wiesel? War es gar eine Vorliebe, der anscheinend so mancher Mann gerne frönte? Wer weiß schon, wen dieser kranke Decimer noch alles angesteckt hat, überlegte Prisca kurz, ohne auf diese "Vorliebe" auch nur mit einem Wort hinzudeuten. Denn in dieser "Beziehung" war Prisca sehr auf der Hut, was das Ansprechen eben jener "Krankheit" betraf, mit der dieser Pathicus infiziert war. Erstens hatte sie es Gracchus auf Iuppiters Stein geschworen und zweitens, fühlte sie sich als seine Ehefrau noch mehr an diesen Schwur gebunden.


    Sein tadelloser Ruf stand schließlich auf dem Spiel und Prisca würde wirklich alles dafür tun, dass dieser keinen Kratzer ab bekäme: "Du meinst meinen Mann? Nein nein, … es geht darum, was mich mit diesem widerlich Wurm verbindet und weswegen ich mir Sorgen mache. Nicht nur um meine Zukunft sondern mehr noch um die, meines Verlobten", lieferte Prisca prompt eine plausible Erklärung, ohne mit der Wimper zu zucken: "Denn als dieser Decimer sich noch auf der Siegerseite Salinators wähnte, hatte er nur Verachtung und Hass für mich und meine Familie übrig. Und wer weiß, welche Rachegedanken und -pläne er heute noch gegen mich hegt." Das konnte ja gut möglich sein, wenngleich Prisca keinerlei Beweise dafür hatte. Aber wer brauchte schon Beweise? Jedenfalls wollte Prisca keine liefern, welche die Neigung ihres Gatten verraten würden und um auch der Sergia aus dieser misslichen Lage zu helfen, gab Prisca ihr nun die Möglichkeit, sich ebenfalls darauf hinaus zu reden, indem sie im verbundenen Tonfall anfügte: "Deine Reaktion - als ich seinen Namen nannte - zeigt mir, dass er auch dir und den deinigen sehr übel mitgespielt haben muss! Und womöglich buhlt er nur deshalb so um die Freundschaft zu deinem Mann, damit er sich an uns rächen kann, indem er unsere Männer gegeneinander aufhetzt", implizierte Prisca zu guter Letzt eine Verschwörungstheorie in ihrer beider Gehirne, mit der sie im Grunde ihre eigenen Rachepläne rechtfertigen wollte.

    "So ist es", bestätigte Prisca knapp und mit einem deutlichen Nicken sogleich die Worte ihres Zukünftigen, um - einen tiefen Atemzug später - sogleich auf die Frage des Beamten zu antworten: "Und -Ja - du kannst davon ausgehen, dass ich - Aurelia Prisca - gewillt bin die Verlobung mit Manius Flavius Gracchus eintragen zu lassen." Nur ganz leicht zitterte ihre Stimme vor Aufregung als sie den Namen ihres Gatten in spe aussprach. Seltsam. Woher kam diese Aufregung nur, die doch eigentlich völlig unangebracht war. Es war schließlich nur ein formeller, unspektakulärer Akt. Kaum der Rede wert. Und dennoch war es ein ganz besonderer Augenblick, der schließlich ein versonnenes Lächeln auf Prisca´s Lippen zauberte, während sie darauf wartete, dass ihr Entschluss nun endgültig besiegelt würde.

    Man darf sich nicht wundern, wenn der Neid so schnell in Hass übergeht ...oh ja, wie wahr, pflichtete Prisca der geflüsterten Weisheit gedanklich bei. Der Neid und der Hass würde Octavia Flaminia - früher oder später - zum Verhängnis werden und sofern es sich einrichten ließe, würde Prisca liebend gerne ein paar Fäden dabei mitziehen. Natürlich hegte Prisca keinerlei Mordgedanken gegen Octavia, zumindest nicht im Sinne von: ...Eine Giftschlange in ihr Bett schmuggeln oder … ihren Wein vergiften oder … sie von gedungenen Mördern beiseite schaffen- und es wie ein tragischen Unfall aussehen lassen. Nein! Vielmehr schwebte Prisca etwas im Sinne von: Sie durch Verleumdung, übler Nachrede und Diskreditierung quasi von der gesellschaftlichen Landkarte zu tilgen. Ein gut inszenierter Rufmord? Warum nicht. Zugegeben, solch böse Gedankenspiele schwirrten ab und zu durch Prisca´s Kopf und sie waren wohl der Tatsache geschuldet, dass die Aurelia mittlerweile lange genug in Rom lebte um die vielen Intrigen und üblen Machenschaften der römischen Oberschicht zu kennen.


    Diese Schnepfe wird sich noch wundern, verpackte Prisca einen stummen Fluch in einen flüchtigen Seitenblick zu Octavia, denn eigentlich wollte sie gar keine Gedanken an die Flaminia verschwenden. Zumal das Denken, wie auch das Sprechen zunehmend schwerer fiel und schuld daran waren die zahlreich konsumierten Genussmitteln. Woran sonst hätte es liegen sollen, dass einiges von dem was sie sagte und wie sie es meinte (und nebenbei dazu dachte) nicht ganz so verständlich bei der Sergia an kam, beziehungsweise gar zu Missdeutungen führte: Die Adoptivtochter des Iulius ist bei den Vestalinnen aufgenommen worden? Schön! Aber was hätte ich diesbezüglich mit ihr zu bereden? Oder hab ich da am Ende gar etwas verpasst? Verwundert hob Prisca eine Augenbraue. Zum einen wegen der Schlussfolgerung der Sergia und zum anderen wegen der Erkenntnis, dass sie nicht einmal den Namen der Adoptivtochter kannte. Kaum zu glauben, aber wahr.


    "Oh …. Ich hatte gar keine Ahnung, dass unter den Novizinnen jüngst auch die Adoptivtochter deines Mannes gewesen war. So richte ihm doch bitte nachträglich meine herzlichsten Glückwünsche aus für das hohe Ansehen, die seiner Tochter durch die Aufnahme zuteil wird", schickte Prisca ihre besten Wünsche voraus während sie immer noch darüber nachgrübelte warum die Sergia ausgerechnet daran gedacht hatte. Für die Meisten war eine Aufnahme bei den Vestalinnen eine große Ehre. War das im Falle der Tochter etwa anders gelagert? Hmmm … Wenn ich nur wüsste, wer das ist Zu gerne hätte Prisca direkt nachgefragt, doch das ziemte sich nicht. Vielmehr bedurfte es zunächst einer Aufklärung ihrerseits und dazu musste sie wohl deutlicher werden:


    "Worauf ich mit meiner Anspielung, hinsichtlich des Konsens im Senat, sowie meiner Sorge um unsere Männer eigentlich hinaus wollte ...", setzte Prisca wieder an dem Punkt an, wo sie vorhin zu wage geblieben war und wieder fiel es ihr nicht leicht, es einfach gerade heraus zu sagen: "Wie du sicher weißt, hatten viele gentes unter der Herrschaft des Vescularier zu leiden. Verleumdungen und haltlose Anschuldigungen, bis hin zu öffentlichen Proskriptionen unschuldiger Römer." Nun wusste Prisca zwar nicht, inwieweit auch die Iulier und Sergier betroffen gewesen waren, aber das änderte nichts an den allgemein bekannten Tatsachen: "Auch die Flavier und wir Aurelier gehörten zu denjenigen Familien, die Salinator verfolgen ließ und ich wage mir gar nicht vorzustellen was aus uns allen geworden wäre, wenn er und nicht die Gerechtigkeit am Ende gesiegt hätte."Und nun wurde Prisca ganz leise, als sie der Sergia etwas verriet das womöglich längst kein Geheimnis mehr war:""Stell dir vor, ... noch immer plagen mich ab und zu Albträume angesichts der Erinnerung an jenen Tag, als die Prätorianer hier herein gestürmt kamen und ihr Anführer, Faustus Decimus Serapio , mich als Geisel genommen hat." Seufzend badete Prisca ein bisschen in Selbstbemitleidung, wobei sie natürlich mit Berechnung den Namen des verhassten Decimers nannte, wohlwissend an welchem "Togazipfel" sie ihn zuletzt hatte hängen sehen.


    "Umso verwunderter war ich … Nein besser gesagt, nahm ich es mit großer Sorge und Unverständnis auf, dass Palma anscheinend Salinator´s Schergen rehabilitiert hat, als ich den Decimer zufällig auf deiner Hochzeit wieder getroffen habe", führte Prisca die Szene noch einmal vor Augen und deutlicher musste sie wohl kaum werden: "Und deshalb fragte ich dich, ob wir uns nicht besser um unsere Männer und um andere sorgen sollten, zumal das Schicksal Roms in so kurzer Zeit, durch viele Kaiser´s Hände gewandert ist. Womöglich begünstigt dieser Umstand den Einfluss eben jener, die es augenscheinlich prächtig verstehen sich - einem Fähnchen gleich - im Wind zu drehen. Oder leide ich gar an Verfolgungswahn, was diesen Kerl betrifft?" Mit einer hilflos wirkenden Handbewegung und hochgezogenen Augenbrauen suchte Prisca nach einer Antwort, die womöglich die Sergia sehr gut liefern konnte. Schließlich hatte sie die Posse aus nächster Nähe miterleben "dürfen", die der Decimer damals auf ihrer Hochtzeit aufgeführt hatte.

    "Manius Flavius Gracchus. Ja genau DER …", bestätigte Prisca laut genug den Namen um mit innerer Genugtuung zu beobachten, wie die Neuigkeit auch bei den anderen Anwesenden an kam. So begeistert wie die Sergia klangen bei weitem nicht alle, oder zumindest nicht so überzeugend. Allen voran (wieder mal) die "liebe" Octava: "Oh, DEN Pontifex Flavius heiratet SIE also? Habt ihr das gehört? Dabei ist seine Frau - sie war eine echte Claudia - doch noch gar nicht so lange tot, oder….?", tuschelnd steckte die Faminia ihr Lästermaul mit ein paar anderen Damen zusammen, wobei sie damit bei Prisca leider nicht gewünschte Reaktion provozierte, sondern bestenfalls nur ein müdes Lächeln evozierte.


    "Siehe DA, liebste Venus! Deine Worte bestätigen sich sogleich. Neid! Purer Neid!. ... Und das aus dem Munde einer Flaminia"deren Göttergatte sein Einkommen als Latrinenaufseher verdient, provokant abfällig den nomen gentile betonend, warf Prisca einen gelangweilten Blick in Octavias Richtung, ehe sie sich wieder ganz den "schönen Dingen" (im übertragenen Sinne) widmete. Denn die Sergia war nicht nur ein wahrer Augenschmaus angesichts ihrer venushaften Erscheinung, nein, vielmehr versprach sie augenscheinlich eine "gute Freundin" werden zu können, sofern Prisca sich nicht völlig in ihr täuschte.


    Auf unsre edle Gastgeberin … Der Trinkspruch und das an ihre Person gerichtete Kompliment kam natürlich bei Prisca sehr gut an (zumal es die Flaminia dazu zwang, ebenfalls auf sie anzustoßen) und dementsprechend fühlte sie sich geschmeichelt: "Ich … Ich danke dir sehr für deine Worte und dafür, dass du mich derart unterstützt. Octavia kann manchmal wirklich ein Biest sein und jetzt, da sie weiß wen ich heirate, wird sie mich noch mehr hassen", sprach Prisca mit gesenkter Stimme und einem anerkennenden Nicken zu Fausta und gleichzeitig signalisierte sie ihre eigene Verbundenheit, indem sie der Sergia ganz persönlich, mit einem offenen Lächeln zu prostete: "Deshalb trinke ich nun allein auf DEIN Wohl, werte Sergia!"


    Damit es jedoch nicht nur beim gegenseitigen Zuprosten und dem Austausch von guten Wünschen bliebe, schnitt Prisca sogleich ein Thema an, dass ihr geeignet und interessant genug schien um ein wenig über die Sergia (und ihre "Sicht der Dinge") heraus zu finden: "Ich bin wirklich froh, dass die Geschicke Rom´s wieder in geordnete Bahnen gelenkt worden sind. Sonst wäre an eine unbeschwerte Hochzeit wohl kaum zu denken." Wer heiratete schon gerne vor dem Hintergrund eines neuerlich drohenden Bürgerkrieges, der noch bis vor kurzem - dem Schwert des Damokles gleich - über dem Reich geschwebt hatte. "Nicht auszudenken, was alles hätte passieren können, wenn der Senat kein Konsens bezüglich der ungeregelten Nachfolge Palmas´s gefunden hätte. Bleibt nur zu hoffen, dass der Friede im Reich von nun an von längerer Dauer sein wird" Spielte Prisca auf Palma´s Versäumnis an zu seinen Lebzeiten einen direkten Nachfolger/ Nachkommen zu bestimmen. Eigentlich unverantwortlich, zumal die "Haltbarkeitsdauer von Kaisern" - bezogen auf die (zum Glück recht kurze) Amtszeit des Vesculariers inklusive Palma´s plötzlichem Ablebens - zweimal in Folge gesunken war. Ob der neue Kaiser an diese Entwicklung anknüpfen wird? …


    Aber worauf wollte Prisca eigentlich hinaus? Kurz musste sie selbst überlegen, ob und - vor allem - wie sie es an- und aussprechen sollte, damit es nicht zu indiskret und direkt wirkte: "Andererseits, … wenn ich mir unsere Männer so ansehe, in deren Händen mit das Schicksal Rom´s ruht ...", womit sie natürlich insbesondere den Ehemann der Sergia inkludiert ohne sicher sein zu können, wie nah oder fern die Ansichten des Iuliers sich zu denen, ihres künftigen Gatten bewegten: "Dann bin ich eigentlich recht zuversichtlich, dass uns allen güldene Zeiten bevor stehen. Oder wie siehst du die aktuelle Entwicklung der Dinge?" Eigentlich ...mehr auch nicht. Oder sollten wir uns nicht eher Sorgen machen? Um unserer Männer? Und (oder) um Andere? Um all diejenigen, die durch die Wahl vor den Kopf gestoßen wurden und womöglich bereits konspirative Pläne schmiedeten. Oder aber um jene, die einst als Handlanger des Vesculariers gedient hatten und die man nun erneut in einflussreichen Positionen wieder fand. So wie diesen elenden Pathicus zum Beispiel! … Pah! Mit DEM hat Palma wahrlich den Bock zum Gärtner gemacht, fand Prisca unweigerlich wenig schmeichelnde Gedanken für den verhassten Decimer. Wegen all dieser Überlegungen hielt Prisca es für nötig, sich künftig ein wenig mehr mit Politik zu beschäftigen und - wenn nötig (und möglich) zu versuchen, die Geschicke ein wenig mit zu bestimmen. Das war natürlich Neuland für sie. Und dazu benötigte sie Verbündete und das Wissen über all jene, die ihr und ihrem Mann nicht wohl gesonnen waren.


    Genau darauf wollte Prisca hinaus und das war auch der Grund, weshalb sie die Sergia gerne als Verbündete sähe. So wie im übrigen auch den Duccier, dem sie mitunter bereits "gefällig" gewesen war, indem sie heimlich seine Wahl zum Konsul unterstützt hatte wohl wissentlich, dass homo novi bei Patriziern alles andere als angesehen waren. Man sieht es ja an dem Gerede wegen der Hochzeit der Tiberia. Aber wir Patrizier dürfen uns eben nicht völlig vor der Entwicklung verschließen. Sogar mein Onkel hat einmal gesagt, dass der patrizische Halbmond ein abnehmender Mond ist. Sonst hätte er wohl niemals ernsthaft in Erwägung gezogen, MICH mit einem Plebejer verheiraten zu wollen Zum Glück war Prisca diesem persönlichen Schicksal in letzter Sekunde entgangen, doch die Worte ihres Onkels hallten nachhaltig in ihren Gedanken. Ich bin ja nur gespannt, ob der Duccier zu Domitilla´s Hochzeit eingeladen ist. Wie sähe das denn aus? Erst verheiraten die Tiberer Eine aus ihren Reihen mit einem homo novus und dann schämen sie sich womöglich dafür? Dann wären die Tiberer ja noch dümmer als sie es ohnehin schon sind da sie es überhaupt zugelassen haben, ihre Blutlinie mit der eines Germanen zu kreuzen. Doch das Geschehene war nun mal unumkehrbar und abgesehen davon: In Bezug auf den Duccier als "Mann" kann sich die Tiberia sehr glücklich schätzen, einen so attraktiven Gatten an ihrer Seite zu wissen ... Das waren bloß einige (beinahe neidlose) Gedanken am Rande, die Prisca so durch den Kopf gingen während sie gleichzeitig aufmerksam auf jedes Wort, auf jede Geste und Mimik der Sergia achtete ….

    Der Wille, die Ehe mit Flavius Gracchus einzugehen, wuchs in Prisca mit jedem Schritt in Richtung des Eheofficiums. Gleichzeitig fühlten sich ihre Knie beim gehen immer weicher an und schlug das Herz immer schneller vor Aufregung. Zum Glück übernahm Gracchus das Reden, sodass Prisca noch etwas Zeit fand um sich zu sammeln. Du meine Güte, Warum bin ich eigentlich so aufgeregt?, überlegte Prisca, ohne eine Antwort darauf zu finden.


    Nur eines wusste Prisca (mit einem verstohlenen Seitenblick zu ihrem Mann), dass diese Aufregung mit einem wohligen Gefühl verbunden war und so wartete sie also (un)geduldig ab, bis "es" endlich offiziell wäre...