Beiträge von Aurelia Prisca

    Die Flavier und dekadent? Natürlich wusste Prisca was vielerorts über den Lebensstil des Adels geredet wurde - und nicht nur über den der Flavier. "So so, du hältst die Flavier also für dekadent?! Nun, dabei scheinst du zu vergessen, dass es meine Idee war bei deinem Besuch neulich die Sänfte durchs Haus zu nehmen", gab Prisca hinter vorgehaltener Hand kichernd zurück. Sogesehen hatte der Vescularier ihren scherzhaften Vorschlag von damals nunmehr (mehr als plump) in die Tat umgesetzt. "Wer weiß, vielleicht entwickelt es sich ja zu einer neue Sitte, per Sänfte direkt ins Haus des Gastgebers getragen zu werden. ... Was hältst du davon wenn wir nochmal unsere Kutsche besteigen und uns direkt ins Haus fahren lassen?! Damit würden wir seinen Auftritt bestimmt in den Schatten stellen, fügte die Aurelia leise scherzend hinzu.


    Dankend nahm sie dann den Becher mit Wein von Calvena entegegen und benetzte mit dem feinen Traubensaft ihren Gaumen, während ihre Freundin sich suchend um sah. Demlatica schien noch nicht da zu sein, aber ... "Da! Ist das dort drüben nicht Serrana ... mit ihrem Mann", glaubte Prisca die Iunia samt Gatten zwischen dein vielen Gesichtern ausgemacht zu haben. "Hast du Serrana eigentlich schon in unsere Pläne eingeweiht, Calvena?", wollte die Aurelia sicher gehen, die gemeinsame Freundin nicht durch eine unbedachte Äußerung in Verlegenheit zu bringen, wobei sie in Gegenwart des Ehemannes ohnehin kaum über ihr Vorhaben plaudern würden.


    "Mein Mann? ... Nun, die Pflicht ruft - leider! Er hat nämlich sehr viel zu tun, in seiner Eigenschaft als Ponitfex, ... trotzdem wollte er nachkommen sofern es seine Pflichten und Aufgaben zulassen, dass er Rom heute noch verlässt", antwortete Prisca eher beiläufig auf die Frage ihrer Freundin. Einerseits war sie traurig, dass sie bei einem so festlichen Anlass nicht an der Seite ihres Mannes sein konnte, doch andereseits kam es ihrem gemeinsamen Vorhaben gerade gelegen. Von daher ... "Ach, da du gerade auf meinen Mann ansprichst, ... was ist eigentllich mit deinem Gatten? Hat er Dienst, oder warum begleitet er dich heute nicht?", erkundigte sich die Aurelia schließlich bei ihrer Freundin, da diese ja ebenfalls ohne Ehemann angereist war.

    Du meine Güte! Wie schnell doch die Zeit vergeht (und ausgerechnet dann) wenn man sich gut unterhält. Prisca seufzte ergeben und sah entäuscht und gleichzeitig zuversichtlich ihrer Freundin in die Augen, als diese sich nunmehr von ihr verabschieden wollte. Oh ja, es hat wirklich gut getan mit dir zu reden, Calvena und ich bin sehr froh, dass du endlich wieder in Rom bist und wir uns wieder regelmäßig sehen können!", meinte sie es wirlich ernst mit ihren freundschaftlichen Gefühlen für die Germanica.


    Die Aurelia dankte ihrer Freundin für die aufklärenden Worte und unter diesen Gesichtspunkten hatte sie natürlich nichts dagegen einzuwenden, dass auch Romana und Serrana in die gemeinsamen Pläne mit eingeweiht würden. "Wir treffen uns dann also zum Fest wieder und besprechen alles weitere dort!", nickte Prisca zustimmend zu Calvenas Vorschlag und mit diesen Worten verabschiedete sie ihre Freundin mt einer innigen Umarmung, zum Zeichen ihrer Verbundenheit, ehe sie dann gemeinsam in Richtung porta zurück schlenderten.


    ~~ finis ~~

    Obwohl das Baden, Frisieren, Schminken, Parfümieren und Anziehen heute Morgen in Rekordzeit hatte erfolgen müssen, war Prisca am Ende mit dem Ergebnis und sich ganz zufrieden. Dem Anlass (und ihrem Vorhaben) entsprechend trug sie heute ein aufreizendes Kleid aus weißer Seide mit goldenen Stickereien, welches sowohl vorne wie auch am Rücken großzügige Einblicke gewährte, ohne jedoch den guten Geschmack zu überreizen. Gehalten wurde das Kleid von goldenen Fibeln und dazu passend trug die Aurelia breite Armreife aus Gold und eine dezente Perlenkette. Das Haar war penibel und kunstvoll zu einem Knoten geflochten und wurde gehalten von einem filigranen Haarnetz, um das Augenmerk potentieller Betrachter mehr auf das Gesicht der Aurelia zu lenken, welches dezent aber um die Augen herum betont geschminkt worden war - schließlich galt es besonders heute den Blickkontakt zu suchen, zu wem auch immer …


    Nachdem Prisca mit ihrer Freundin zusammen der Kutsche entstiegen war, schritten sie würdevoll durch die Menge der bereits anwesenden Gäste und dabei wurden sie prompt Zeugen der Ankunft des Präfekten. Du meine Güte, der hat vielleicht Nerven!, musste Prisca fast belustigt auflachen als sie mit ansah, wie der Vescularier sich demonstrativ auf der Sänfte in die Botschaft hineintragen ließ.


    "Ich sehe es, Calvena. Aber glaubst du wirklich, der Kaiser würde sich derart aufführen? Mit der Sänfte ins Haus! Puh,… naja, aber irgendwie imponiert er mir schon, mit seiner Art. Dir nicht?", flüsterte Prisca belustigt und scherzend zurück. Im Grunde fand sie so ein Gebaren erbärmlich für einen erwachsenen Mann, aber wenn es galt dem (zweit-)mächtigsten Mann im Reich näher zu kommen, mussten sie sich wohl oder übel mit dessen Eigenarten anfreunden. "Komm! Versuchen wir mal etwas näher an ihn heran zu kommen. … Hast du eigentlich Serrana schon irgendwo gesehen?, zusammen mit diesen Worten drängte sich Prisca weiter durch die Menge, um möglichst in Hörweite des Zielobjektes zu bleiben.

    Erneut nickte Prisca zu den Worten ihrer Freundin. Ja, sie müssten schon tief in die Trickkiste greifen und mit Bedacht jene Geheimnisse auswählen, um nicht ungewollt (oder zu früh) eine Lawine damit auszulösen. Außerdem war auch Prisca nicht völlig skrupellos, auch wenn es ihrer Meinung nach nicht weiter tragisch wäre, ein paar Strauchdiebe für ihre Sache ans Messer zu liefern. Unschuldige sollten natürlich verschont bleiben, wobei das leider nicht völlig ausgeschlossen werden konnte. Aber gut, so weit waren sie mit ihren Überlegungen ja noch kange nicht, denn zuerst bräuchten sie Informationen und eine geeignete Hetäre.


    Delmatica wäre sicher dafür geeignet und es wäre ihr auch zuzutrauen, den Präfekten zu umgarnen, nur vertraute Prisca ihr nicht weit genug um sie für diese Rolle in die engere Wahl zu ziehen. Sie aushorchen - ja - aber sie in ihre Pläne einweihen - niemals. "Wie ich Delmatica kenne, wird sie auf dem Fest mit Sicherheit nicht fehlen, genauso wenig wie die übrige Gesellschaft Roms. Vielleicht haben wir ja Glück und wir finden dort bereits die passende Person für unsere Zwecke" Die Gelegenheit erschien Prisca wirklich günstig und so huschte ein zuversichtliches Grinsen über ihre Lippen, ehe sie wieder eine nachdenkliche Miene aufsetzte. Serrana und Romana einweihen? Hm, grundsätzlich spräche nichts dagegen. " Natürlich können wir Serrana und Romana vertrauen - nur - glaubst du, dass die Beiden unser Vorhaben für gut heißen würden? Außerdem würde ich sie nicht zu früh einweihen wollen, um sie nicht unnötig in Gefahr zu bringen falls wir scheitern sollten. Schließlich wissen wir ja noch gar nicht in welche Richtung unser Vorhaben gehen wird. Aber wir können sie gerne fragen, ob sie mit uns zusammen nach Ostia reisen wollen", entgegente Prisca etwas zurückhaltend, da sie - anders als Calvena - nichts von den Gesinnungen der beiden Freundinnen gegenüber dem Präfekten wusste.

    Je mehr sie ins Detail gingen, umso mehr Punkte kamen hinzu, die es zu bedenken galt. "Eine Geliebte? .. Nein, bislang ist mir nichts darüber zu Ohren gekommen, dass es eine Frau länger als eine Nacht bei diesem Kerl ausgehalten hätte.", verneinte Prisca die Frage ihrer Freundin und konnte sich eine spöttische Bemerkung über den Präfekten nicht verkneifen. "Aber egal, ob er nun eine feste Gespielin hat oder nicht, wir müssen es irgendwie schaffen unseren Spitzel so interessant für ihn zu machen, dass er sie nicht sofort wieder fallen lässt, wenn er einmal von ihr bekommen hat was er wollte. Sie müsste für ihn einen sichtbaren Nutzen haben und das über längere Zeit. ... So etwas wie eine Informantin, die ihn zum Schein mit wichtigen Informationen über seine Gegner versorgt", Ein paar Bauernopfer wird es doch hoffentlich geben, die wir ihm guten Gewissens unterjubeln könnten,oder?! führte Prisca die gemeinsamen Überlegungen fort. Wenn sie da zum Beispiel an die vielen Wandkrizeleien dachte, die den Präfekten verunglimpften! Warum ihm nicht ein paar von diesen Schmierfinken ans Messer liefern? Zur Not müssten eben ein paar namenlose Taugenichtse dafür her halten, denen man die Taten ganz einfach in die Schuhe schieben würde. Prisca wunderte sich über sich selbst, dass ihr derlei Gedanken in den Sinn kamen, aber der Zweck heiligt eben die Mittel, wie es so schön heisst.


    Auf Calvenas Einwand hin nickte die Aurelia sogleich wieder zustimmend. "Du hast recht, zu stark dürfen die Gefühle nicht sein. Das würde alles nur zusätzlich gefährden." Fast zeitglichwie Calvena, seufzte auch Prisca leise auf, während sie sich weiter das Hirn darüber zermarterte wie und mit wessen Hilfe sie am besten an den Präfekten heran kommen könnten. Der Vorschlag mit dem ewigen Quell sprudelnder Klatschgeschichten fand sofort Anklang bei ihrer Freundin und über diese Bezeichnung musste auch Prisca schmunzeln. "Eine sehr treffende Bezeichnung, Calvena! ... Also gut, dann werden wir uns die Tage dort umhören und parallel dazu sollen unsere Sklaven die Ohren offen halten. … Ach da fällt mir ein, in ein paar Tagen findet ein Fest anlässlich der römisch - tylusischen Freundschaft statt. Gut möglich, dass wir dort Salinator antreffen. Das wäre doch DIE Gelegenheit, ihn zu observieren und vielleicht sogar ein bisschen mehr über ihn in Erfahrung zu bringen. … Du hast doch sicher auch eine Einladung bekommen?!"Das Fest in der tylusischen Botschaft war der Aurelia gerade eben noch eingefallen, da sie sich just an die Einladungen erinnerte, die sowohl in der Villa Flavia wie auch villa Aurelia eingegangen waren (und worüber man sie natürlich - seitens ihrer Sklaven - umgehend informiert hatte).

    Keine leichte Aufgabe wie es schien - und dennoch nicht unlösbar. Zumindest wollte Prisca nicht gleich wieder aufgeben, so lange sie nicht alles versucht hätten. Einflussreiche und angesehene Römerinnen (die zudem schön und gebildet waren) gab es schließlich zur Genüge. Die entscheidende Frage war nur, welche von diesen Frauen bereit wäre sich auf ein solch gefährliches Spiel einzulassen, wie Calvena es gerade bezeichnet hatte. Wobei es so gesehen erst dann richtig 'gefährlich' werden könnte, wenn sie handeln würden. So lange, wie sie lediglich Informationen über diesen Widerling sammeln würden, dürfte auch nicht viel passieren. Doch irgendwann müsste etwas geschehen! Und was die ultima ratio wäre, brauchten beide nicht laut auszusprechen um zu wissen, dass so eine Tat zwangsläufig Konsequenzen nach sich zog.


    Also galt es mit Bedacht jeden Schritt zu planen und insbesondere bei der Wahl ihrer Verbündeten sämtliche Unwägbarkeiten zu berücksichtigen. Nur leider kannte Calvena offensichtlich Niemanden auf den die Beschreibung zutreffen würde, wobei es nicht sehr verwunderte, war die Germanica ja lange Zeit nicht in Rom gewesen.


    Zu ihrer eigenen Schande musste Prisca gestehen, dass es ihr nicht viel anders ging, obwohl sie nun schon ziemlich lange in Rom lebte. Nein, so sehr sie auch nach dachte, ad hoc wollte ihr kein passender Name einfallen. "So spontan fällt mir leider auch Niemand ein, dem wir unseren Plan anvertrauen könnten. ... Am besten wäre es, wenn diese Frau Salinator bereits so sehr hassen würde, dass wir nicht mehr viel Überzeugungsarbeit bei ihr leisten müssten ", fügte Prisca mit ratloser Miene eine weitere Eigenschaft hinzu, die diese Frau erfüllen müsste und die es noch schwieriger machte die Passende zu finden. Verflixt, es ist aussichtslos, allerdings, … möglich wäre es ja, dass der Präfekt so manche Feindin hatte, von der er nichts ahnte (und aus welchem Grund auch immer).


    "Was hältst du davon, wenn wir uns mal in den Thermen umhören? Vielleicht finden wir da ein paar Anhaltspunkte, die uns bei der Suche weiter helfen", kam Prisca schließlich auf eine Idee, die ihre Stimmung schnell wieder aufhellte.

    'Gespenster-Geschichten', 'zu enge Kleider', 'Schwangerschaftsprobleme', 'Kinderspiele' … ach, es gab so vieles zu besprechen, dass ein Nachmittag gar nicht ausreichte um die Monate der Trennung wieder aufzuholen, in denen sie nur mit Briefen hatten kommunizieren können. Aber jetzt, da Calvena zurück war, würden sie wieder mehr Zeit zusammen verbringen, davon war Prisca überzeugt. Gesellschaftliche Ereignisse und Feiern gab es in der Hauptstadt zur Genüge und sicherlich würden sie ihre Kinder in Zukunft öfters gemeinsam spielen lassen. Langeweile käme da sicher nicht auf!


    Für die nötige Unterhaltung und Spannung sorgte im Moment jedoch ein viel ernsteres Thema das sie spontan angeschnitten hatten. Es war ja nur so ein spontaner Gedanke, ein albernes Gedankenspiel … oder war es alles andere als das?!


    Prisca warf ihrer Freundin einen musternden Blick zu als diese den Gedanken mit der Hetäre weiter spann. Meint sie das jetzt im Ernst, oder albern wir immer noch herum?, zweifelte die Aurelia kurz nur, um sich dann ganz sicher zu sein, dass dies nun kein Spiel mehr wäre. Calvena hatte sofort verstanden und stellte nun ihrerseits konkrete Überlegungen an. Tja, wie könnte es uns gelingen, den mächtigsten Mann Roms zu bespitzeln, überlegte Prisca fieberhaft und spürte wie es ihr gleichzeitig vor Aufregung kalt über den Rücken lief. Es war keine Angst, sondern mehr die Erkenntnis was sie damit auslösen, aber genauso gut erreichen könnten. Schließlich konnte es ihnen nicht völlig egal sein, dass dieser Präfekt offensichtlich schalten und walten konntewie es ihm passte und das anscheinend hinter dem Rücken des Kaisers (über dessen Gesundheitszustand die Gerüchteküche fast überquoll). Dieser Salinator schikanierte Calvenas Mann bis aufs Blut und sein Hass auf alle Patrizier war zudem kein Geheimnis, sodass es durchaus berechtigte Gründe zur Sorge gab. Die Geschichte hatte schließlich schon oft genug gezeigt, in welches Chaos ganze Völker gestürzt worden waren, durch machthungrige Männer wie diesem Vescularier. Die Frage war nur, ob und was sie dagegen ausrichten könnten? Gab es überhaupt eine reelle Chance mit Aussicht auf Erfolg? …


    Naja, Verdacht wird er schon nicht gleich schöpfen, denke ich mal, sofern wir vorsichtig vorgehen. Zunächst einmal wäre es sicher hilfreich zu wissen, welche Vorlieben er hat und nach welchen Kriterien er seine Gespielinnen wählt" Ebenfalls mit gesenkter Stimme machte Prisca eine kurze Pause und deutete auf eine alleinstehende Bank, auf der sie sich ungestört weiter unterhalten konnten. Der Stellvertreter des Kaisers war sicher kein Mann, an den man so leicht heran kommen könnte, doch machte ihn ein entscheidendes Makel quasi angreifbar: Er war eben "nur" ein Mann - mit gewissen Bedürfnissen. " Eine Adelige scheidet meiner Meinung nach aus, da der Präfekt uns Patrizier nicht sonderlich leiden kann. ... ", überlegte die Aurelia laut weiter, nachdem sie Platz genommen hatten. Eine loyale Sklavin wäre gewiss eine Alternative und zudem ein leicht zu ersetzendes "Werkzeug" um das es nicht schade wäre. "Hmm, so eine Sklavin wäre sicher hilfreich, aber allein würde sie uns sehr wahrscheinlich nicht lange genug von Nutzen sein, vermute ich mal, da dieser Kerl ihr womöglich zu schnell überdrüssig wird. … Nein es müsste idealerweise eine Plebejerin sein. Eine Frau mit Namen und einem gewissen Bekanntheitsgrad, sowie genügen Einfluss und Selbstvertrauen, dass sie auch einem Mann wie dem Präfekten die Stirn bieten kann wenn es sein muss. Zudem müsste sie skrupellos und loyal genug sein sich diesem Widerling für unsere Zwecke hinzugeben und am besten sollte sie noch Spaß dabei haben, ihm mit allen Künsten der Liebe den Kopf zu verdrehen " Hatte sie noch was vergessen? Prisca zog grübelnd die Stirn in Falten während sie gedanklich die Damen der Gesellschaft durch ging auf die eine solche Beschreibung zutreffen könnte. Was sie brauchten und suchten war 'die perfekte Frau'. Am besten eine Mischung aus Venus, Amazone und Nymphe … also ganz einfach, oder? ...

    Die Frage des victimarius riss Prisca aus ihren Gedanken, in die sie nur Sekunden versunken gewesen war. Ob das Opfer angenommen wird? Wann werde ich es fühlen können, dass mein sehnlichster Wunsch in Erfüllung geht - Oder auch nicht? So vieles beschäftigte die Aurelia in diesem Moment da es allein an ihr lag das Opfer zu vollziehen.


    Priscas Blick glitt flüchtig über die Anwesenden, deren Augenpaare wiederum auf ihr ruhten und nach einem tiefen Atemzug gab sie schließlich den entscheidenden Befehl:


    "Age!"


    Kaum, dass sie den Befehl ausgesprochen hatte war es um die Kuh auch schon geschehen. Der Opferdiener packte das Tier am Hals und schnitt ihm mit einer schnellen und fließenden Bewegung die Kehle durch. Ein letztes Aufbäumen, ein Zucken und Gurgeln, dann sank die Kuh tot in sich zusammen. Das Blut quoll nur so hervor aus der tiefen Wunde und benetzte alles in der Nähe stehende. Die Opferschale, den weißen Marmor des Altars, die Schürze des Schlächters und vieles mehr … sicher kein schöner (wenngleich ein gewohnter) Anblick für einen Römer, den Prisca entsprechend mit ausdrucksloser Miene wahr nahm. Sie wusste wie Blut aussah und sie hatte auch schon genügend Blutvergießen mit angesehen … im Kollosseum … wie könnte sie da der Tod eines einfaches Tieres beeindrucken?! Es zählte ohnehin nur das Ergebnis der Eingeweideschau, die just in dem Moment vollzogen wurde, kurz nachdem der Opferdiener die Bauchdecke des toten Tieres mit geschickten Schnitten geöffnet hatte. ...

    Nach einigen Minuten des Schweigens hielt Prisca den Zeitpunkt für gekommen, um ihre Bitte vorzutragen: "Iuno, du höchste aller Göttinnen, gewähre mir diese eine Bitte, ..."holte sie tief Luft, denn es lag ihr wirklich viel daran, dass ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung ginge. Die Aurelia führte ein unbeschwertes Leben, sie war reich und … sie hatte einen Mann gefunden, den sie liebte und der sie liebte und deshalb: "Segne meinen Leib, auf das ich meinem Mann starke und gesunde Söhne schenken möge. Er soll stolz auf mich sein und vielleicht … naja, vielleicht würde er sich auch über eine süße kleine Tochter freuen, so wie ich" eine ganze Schar Kinder zu gebären und das womöglich unter Einsatz ihres Lebens und ihrer Gesundheit … niemals hätte Prisca gedacht, dass ihr dieser Wunsch so leicht und mit einem versonnenen Lächeln über die Lippen kommen würde.


    Aber es war nun mal ihre Pflicht als gute Ehefrau und Römerin und deshalb hoffte Prisca auf den Segen der höchsten Göttin, der sie nun ein weiteres Opfer darbringen wollte. "Ehrwürdige Iuno, ich bitte dich nimm diese Geschenke und mein Opfer an das ich dir zu Ehren begehe. Sieh! Es ist ein Kuh, ein schönes und sanftmütiges Tier, dessen Bestimmung ich nun ganz in deine Händen lege." Nachdem sie ihre Bitte nun vorgetragen hatte stand Prisca auf, verneigte sich noch einmal und verließ den Tempel wieder, um auf dem Vorplatz das Opfer zu vollziehen.


    Die Sonne schien am diesen Tag von einem wolkenlosen und strahlend blauem Himmel herab und alle Vorzeichen ließen auf einen guten Ausgang des Opfers hoffen. Die Opferdiener hatten zwischenzeitlich die Kuh in Position gebracht, indem sie das Tier mit Seilen vor dem breiten Altar fixiert hatten. Der Kuh gefiel diese ungewohnte Position nicht sonderlich aber sie konnte auch nichts dagegen unternehmen. Also lag sie da und harrte der Dinge, die unweigerlich folgen würden.


    Prisca trat zu den Männern und grüßte mit einem leichten Nicken zum Zeichen, dass der Zeitpunkt gekommen war. "Hier bitte Herrin!", überreichte ihr einer der Männer den goldenen Zeremoniendolch, welcher sich schwer in den zarten Händen der Aurelia anfühlte. Prisca wog den Dolch kurz hin und her und schritt dabei langsam um den Alter herum. Beim Kopf der Kuh angekommen setzte sie Spitze des Dolches an der Nasenspitze an und ließ die Klinge sanft bis zum Schwanzende hin über das Fell gleiten. "Ehre sei Iuno, der höchsten und mächtigsten aller Göttinnen. Große Schöpferin und Mutter allen Lebens, nimm dieses Opfer an und lasse durch es dein heiliges Werk geschehen" Nachdem sie das Tier symbolisch entkleidet hatte, reichte sie den Dolch zurück an den victimarius, der heute dazu auserkoren war das Tier zu schlachten und trat danach ein paar Schritte zurück.


    Die übrigen Anwesenden taten es ihr nach, denn ein Sicherheitsabstand wäre gewiss nicht verkehrt wenn gleich das Blut spritzen würde. Je mehr desto besser - und deshalb hatte man extra eine große Schale aufgestellt, um möglichst viel davon aufzufangen. "Favete linguis", riefen die beiden Flötenspieler die Umstehenden nun zur Ruhe, wobei sie auf die zahllosen Hintergrundgeräusche der Stadt natürlich keinen Einfluss hatten. Also versuchten sie weiter mit ihrem Flötenspiel von den übrigen Geräuschen abzulenken, während der Schlächter konzentriert an die Kuh heran trat. Neben dem Kopf des Tieres ging er in Position und legte ihr seine Linke fast liebevoll tätschelnd an die Stirn. Nach einem kurzen prüfenden Blick entschied er sich kurzerhand den Opferhammer wegzulassen. Der Mann machte diese "Arbeit" im übrigen nicht zum ersten Mal und dementsprechend wusste er wie er ein Tier zu halten hatte, damit es sich nicht im entscheidenden Moment aus seinem Todesgriff entwand. So zahm und ergeben wie sich die Kuh selbst jetzt noch verhielt, hatte er allerdings keine Bedenken den Schnitt durch die Kehle schnell und präzise durchführen zu können. Der victimarius nickte zufrieden und richtete seinen Blick nunmehr abwartend auf die Aurelia …


    "Agone?"

    Nur ein Sklave? Sicher war es nur ein Sklave gewesen. Was sonst? "Ja du hast wohl recht. Sicher war es nur ein Sklave, ..oder, mmh, vielleicht war es auch ein flavisches Gespenst?!", stimmte Prisca nun wieder in normaler Lautstärke in das Lachen ihrer Freundin ein. Du meine Güte, was sind wir beide albern. So herrlich albern! Prisca seufzte tief. Ja, diese Ausgelassenheit war wirklich erfrischend und es tat gut, sich mal wieder ganz ungezwungen mit einer liebgewonnenen Freundin zu unterhalten. Und das, obwohl sie sich anfangs gar nicht so gut verstanden hatten, erinnerte sich Prisca wage an jenes erste Treffen in den Thermen zurück. Hatten sie sich damals nicht beinahe um einen Sklaven gestritten? Einem Masseur? So oder ähnlich hatten sie sich vor langer Zeit kennen gelernt, doch waren diese anfänglichen Differenzen längst vergangen und vergessen.


    Von daher war auch Priscas Mitgefühl für Calvena nicht gespielt sondern durchaus echt:"Oh je! Du musstest tatsächlich deine Kleider ändern? Wie ärgerlich. Das war wirklich schlimm! Vor allem, wenn man seine Kleider wirklich lieb gewonnen hatte. "Naja, aber ich muss sagen, … an so manchen Stellen hast du durchaus an Liebreiz hinzu gewonnen, finde ich!", ließ Prisca sogleich ein ehrlich gemeintes Kompliment folgen während ihr Blick genüsslich über Calvenas Rundungen glitt. Nicht, dass ihre Freundin nun dachte sie würde anzügliche Bemerkungen machen wollen, nein nein, aber Prisca fand durchaus Gefallen an weiblichen Reizen.


    "Wie bitte? Dein Mann hat tatsächlich seine Leute auf dich angesetzt?", machte die Aurelia gleich darauf wieder große Augen als sie das hörte. Das war wirklich ein starkes Stück! Andererseits fand sie es irgendwie rührend, denn ... "Naja, aber es zeigt doch wie sehr er dich liebt und, dass er sich große Sorgen um dich gemacht hat. Also ich finde das .. irgendwie .. süß" Prisca hatte Calvenas Mann ja kennen gelernt und so sympathisch wie er ihr damals erschienen war, passte das zu ihm. Gut möglich, dass ihr Mann Piso auf eine ähnliche Idee kommen würde, wenn es einmal bei ihr so weit wäre. Mutter würde mich bestimmt unter Hausarrest stellen, würde sie noch leben, musste Prisca schmunzeln wenn sie an ihre Reise nach Germanien dachte, für die ihre Mutter extra zwanzig Ex-Legionäre zu ihrer Bewachung angeheuert hatte.


    Ach ja, meine Mutter "Ich glaube, manchmal hat meine Mutter absichtlich ein bisschen übertrieben mit dem, was sie mir alles über die Risiken und Auswirkungen einer Schwangerschaft erzählt hat, nur, um mich zu beschützen. Sie hätte mich ohnehin am liebsten in Watte gepackt, schon als Kind, um alles Leid von mir fern zu halten, … hmm, aber letztendlich hat sie auch immer wieder betont, dass alle Schmerzen und Mühen - egal wie schlimm sie auch seien - vergessen sind, sobald man sein Kind in den Armen hält", plauderte die Aurelia mit überzeugter Stimme weiter über das Thema Schwangerschaft. Sicher gab es viele Unwägbarkeiten, doch wenn andere Frauen diese Zeit heil überstanden hatten, so würde sie es mit Sicherheit auch schaffen.


    Zumindest schätzte die Aurelia ihre Erfolgsaussichten bei einer Schwangerschaft höher ein als die, jemals den Senat von innen zu sehen. "Als Männer verkleiden und … in den Senat spazieren?, Prisca blickte ihre Freundin verdutzt an. Meinte sie das im Ernst? Nun ein denkbarer Weg war es. "Hmm, also unsere Rundungen könnten wir bestimmt gut zwischen den Falten der Togen kaschieren, nur … was machen wir mit unseren Gesichtern?! Sollen wir uns vielleicht Bärte ankleben??", überlegte Prisca laut und als sie sich dabei Calvena und sich selbst mit angeklebten Bärten vorstellte, musste sie prompt lauthals auflachen. "Du und ich, mit Bart!? …Ich glaube wir würden ziemlich albern aussehen und sofort auffallen, oder? Naja, vielleicht hätten wir aber Glück und die Wachen würden sich über uns tot lachen, anstatt uns zu verhaften. Oh je, unsere Männer wären bestimmt nicht sehr erfreut wenn sie uns so erwischen würden", endete Priscas Lachen schließlich in einem ergebenen Seufzer. Sie hatte keine Ahnung welche Strafe sie für ein derartiges Vergehen erwarten würde, doch würde eine solche Aktion sehr wahrscheinlich für Wirbel sorgen und möglicherweise negative Schlagzeilen nach sich ziehen. Nein nein, … so einfach in den Senat spazieren war keine gute - weil kaum realisierbare - Idee, auch wenn es die abenteuerfreudige Aurelia schon reizte, hatte sie doch schon so manche waghalsigen Unternehmungen unternommen (die sie besser nicht laut äußern sollte).


    Ebenso sollten sie das Gespräch über den Präfekten lieber nicht allzu laut führen, wenngleich es hier keineswegs um die konkrete Planung einer Verschwörung handelte. Vielmehr handelte es sich um das ausgelassene Scherzen zweier gut gelaunter Frauen, die man allerdings nicht unterschätzen sollte! "Genau Calvena! Er ist ein mächtiger Mann und er hat mit Sicherheit gewisse Bedürfnisse die er gerne befriedigen möchte, mit seinen Konkubinen. Also ist es möglich ihn zu kontrollieren, oder etwa nicht?!", spann Prisca deshalb eine spontane Idee fort, die ihr einfach so in den Sinn kam. Wobei sie sich innerlich schütteln musste, allein bei dem Gedanken daran, mit solch einem Widerling intim zu werden. Aber um sie beide ging es ja gar nicht. Ob Calvena ihr soweit folgen könnte?

    Diese Spiele zu besuchen, war für Prisca natürlich Ehrensache, wurde diese doch von ihrem Cousin Avianus höchstpersönlich ausgerichtet. Abgesehen davon waren solche Spiele jedesmal ein willkommenes gesellschaftliches Ereignis, bei dem man keinesfalls fehlen durfte. Sehen und gesehen werden lautete die Devise. Schade nur, dass Prisca ausgerechnet heute auf die Begleitung ihres Mannes verzichten müsste, wollte sie doch in aller Öffentlichkeit zeigen wie stolz sie war einen so einflußreichen Flavier geheiratet zu haben. Aber gut, ein Senator hatte natürlich viele Aufgaben und Pflichten zu erfüllen und wahrscheinlich würde es ihm deshalb nicht möglich sein, heute hier zu erscheinen.


    Die Hoffnung würde Prisca allerdings nicht aufgeben und sich so lange eben alleine amüsieren - oder in guter Gesellschaft (je nachdem auf wen sie heute treffen würde). Und lange musste die Aurelia auch nicht suchen, denn bereits am Eingang des theatrum traf sie auf eine gute alte Freundin - namens Aponia Prima. Mit dieser war sie sogleich so sehr ins Gespräch vertieft, dass sie beide darüber fast das Opfer in der Arena verpasst hätten. Erst durch die "Falvete linguis" Rufe wurden Prisca und die Aponia darauf aufmerksam und zusammen bahnten sie sich schnell einen Weg durch die Gänge, um wenigstens von einer der vielen Emporen aus die Opferung verfolgen zu können, ehe sie anschließend weiter zu ihren Logen gehen würden.

    An einem sonnigen Tag in den Iden des Aprilis führten ihre Schritte die Aurelia an die Stufen jenes Tempels, welcher der Höchsten aller Göttinnen geweiht war. Begleitet wurde sie von ihrer Leibsklavin, zwei Flötenspielern, drei Opferdienern und dem Opfertier - einer weißen Kuh, der man einen hübschen Blütenkranz mit vielen bunten Bändchen daran auf den Kopf gesetzt hatte. Treuherzig stapfte die sanftmütige Kuh ihrem Schicksal entgegen, während ihre dunklen Augen scheinbar gelassen das bunte Treiben und den Altar musterten, auf dem sie bald ihr Ende finden sollte. Nur ab und an wedelte das Tier mit den Ohren und dem Schwanz, um die lästigen Bändchen abzuschütteln, was ihm aber nicht gelang und worauf es seinen Unmut ab und zu mit einem lauten "Muuuh!" der Öffentlichkeit kund tat.


    Für Prisca war dies ein gutes Omen, ein so ruhiges Tier gefunden zu haben das selbst im Angesicht seines nahenden Todes gelassen blieb (wobei es mit Sicherheit nicht ahnte, was ihm bevor stand). Sie selbst war da schon viel aufgeregter und gleichzeitig wiederum frohen Mutes der höchsten Göttin heute gegenüber zu treten. Schließlich lag ihr schon lange etwas sehr am Herzen und entsprechend groß und schön sollte das Opfer für Iuno ausfallen. Doch vor dem eigentlichen Opfer galt es im Tempel die mitgebrachten Gaben darzubringen und deshalb wusch die Aurelia am Eingang ihre Hände und Füße, ehe sie das Innere des Tempels betrat. Sie trug an diesem Tag im übrigen ein schlichtes blütenweißes Gewand und die Haare offen, in die lediglich ein paar Blüten eingeflochten waren. Auf Schmuck und sonstigen Prunk hatte die Aurelia ebenfalls bewusst verzichtet, um der höchsten Göttin in aller Demut gegenüber zu treten.


    Vor einer der Statuen der Iuno ließ Prisca sich ehrfürchtig auf die Knie nieder, streckte Arme zur Seite und die Handflächen nach oben während sie leise ihre Begrüßungsformel sprach: "Sei gegrüßt, Iuno, allmächtige Mutter. Mutter allen Lebens, Glücksschenkerin und Beschützerin unseres Volkes. Oh heilige Iuno, sei gnädig und sieh auf mich herab, die ich heute demütig um deinen Segen bitte." Zusammen mit den letzten Worten wandte sich die Aurelia langsam nach rechts, wo sich ihre Leibsklavin niedergelassen hatte und ließ sich von ihr der Reihe nach die Gaben reichen, welche in einem großen Weidenkorb verstaut worden waren.


    Zuerst entzündete Prisca in einer Schale den Weihrauch, worauf es angenehm zu duften begann und als nächstes streute sie weiße Orchideenblüten auf dem Boden aus. "Sieh, heilige Mutter, diese Geschenke bringe ich dir, auf das du dich an ihnen erfreuen mögest.", pries die Aurelia die edlen Gaben an in der Hoffnung, die Göttin damit milde stimmen zu können. Dinkelkuchen, edlen Wein, frisches Obst, teure Gewürze und weitere Köstlichkeiten, die Prisca sorgfältig vor dem Antlitz der Statue ausbreitete, um anschließend einige Momente lang stumm und mit geschlossenen Augen zu verharren.

    Einbildung? "Hm, … ", vorsichtig lugte Prisca um die nächste Ecke und gab sogleich Entwarnung: "Scheint so. Ich kann auch niemanden entdecken. … [SIZE=7]Seltsam[/SIZE]", murmelte Prisca denn eigentlich war auf ihr Gehör stets Verlass. Aber gut, es konnte auch irgend ein Sklave gewesen sein, der längst wieder in irgendeinem Winkel des riesigen Anwesens entschwunden war, schließlich wuselten ständig irgendwelcher Diener irgendwo herum - in einem Haus wie diesem.


    Warum flüstern wir eigentlich?, dachte Prisca gerade als Calvena ihr die nächste Hiobsbotschaft unter die Nase rieb. Na toll! "Ja ja, ich weiß. Ich werde in keines meiner Kleider mehr passen", seufzte Prisca wehmütig auf. Sie strich sich demonstrativ über den flachen Bauch und nahm es aber mit Humor. Was blieb ihr anderes übrig angesichts der unzähligen Faktoren die mit einer Schwangerschaft zusammen hingen. Ihre Mutter hatte sie diesbezüglich schon früh aufgeklärt und so manches davon gefiel ihr ganz und gar nicht: " … Und mein Bauch und meine Haut werden faltig sein und, ... mein Busen wird sich verändern, ICH werde mich verändern … " und ich werde die Lust verlieren, worauf mein Mann wiederum das Interesse an mir verlieren wird und sich stattdessen lieber mit jungen Sklavinnen vergnügt, führte die Aurelia die lange Liste der Prophezeiungen gedanklich fort, von denen sie schon gehört hatte. "Hab ich noch was vergessen?", kicherte sie albern während sie innerlich jedoch tief durchatmete.


    Nein nein nein, soweit wird darf es niemals kommen!, wozu gab es schließlich all die wunderbaren Essenzen und Öle, mit denen man die Haut geschmeidig halten konnte?! Dazu Sport und ein paar Zaubermittelchen der Medici, das müsste doch helfen um die Spuren der Schwangerschaft nicht allzu gravierend ausfallen zu lassen, oder?. Zudem würden unzählige Sklavinnen sich allein um ihr persönliches Wohlergehen kümmern und sie sprichwörtlich in Watte packen und darüber hinaus machte es ihr unheimlich Spaß mit ihrem Mann zusammen immer neue Liebesstellungen auszuprobieren - wozu sich also so viele Gedanken machen.


    "Du glaubst also ich könnte Glück haben und nicht zu einer Kugel mutieren?! Na deine Worte in Iuno´s Ohr, Calvena", stupste Prisca ihre Freundin sanft zurück. Die Vorstellung schreckte die Aurelia nicht wirklich ab, sah man der Germanica die Schwangerschaft doch ebenfalls nicht an. Naja, …Calvena hatte sich seit ihrem letzten Treffen schon irgendwie verändert. Aber im positiven Sinne, wie Prisca fand, nämlich zu einer sehr eleganten Frau voller Ausstrahlung, auch wenn sie sich gerade eben so albern benahm wie früher, als sie alle samt noch jung und unerfahren gewesen waren.


    Prisca erinnerte sich kurz zurück an damals, als sie sich in den Thermen kennen gelernt hatten. Dann an die aufregenden Spiele, bei denen sie beinahe einem Bären zum Opfer gefallen waren und auch an die Geburtstagsfeier von Serrana, auf der sie sich gegen eine Gruppe junger Männer verschworen hatten. Eine Verschwörung? Hmm, in Priscas Kopf kreisten so viele Gedanken. Spielereien eben, die sie selbst nicht immer allzu ernst nahm und die doch ihren Reiz hatten, war das Leben doch eintönig genug. Abgesehen davon hatte die Geschichte ja durchaus gezeigt, dass auch Frauen Macht haben und ausüben konnten - warum also nicht sie auch??


    So ein Unsinn!, schalt sich Prisca selbst über ihre Gedankenspielereien, die genau so gut den Kaiser (oder irgend jemanden sonst) hätten betreffen können und doch war das Objekt der kollektiven Abneigung nun mal jener Präfekt, über den sicher halb Rom sprach in diesen Tagen. "Ich werde sehen was ich über meinen Mann in Erfahrung bringen kann, versprochen", schickte Prisca schnell zur Antwort voraus, um gleich darauf eine Frage folgen zu lassen, die ihr spontan auf der Zunge brannte: "Aber warum sollen wir eigentlich nicht mal das Mäuschen spielen können, hm?", sah sie die Germanica dabei verschwörerisch an. Sicher hätten sie genauso gut über profanere Dinge reden können, doch war das Thema gerade zu spannend, um es nicht weiter zu spinnen. "Sag mal Calvena, was weißt du eigentlich über die Gerüchte, die man in den Thermen so hört? Von wegen, dass dieser Vescularier sich gerne mit Konkubinen umgibt?!", wollte die Aurelia dann Gewissheit haben ob etwas dran wäre an den Geschichten, die sie in den Bädern aufgeschnappt hatte und die ganz sicher ihre Runde machten, in einer Stadt wie Rom. ...

    Mehr als ein ratloses Schulterzucken konnte Prisca den Worten ihrer Freundinnen nicht hinzufügen. Das Verhalten der Vestalin war wirklich seltsam. Zuerst diese innige Begrüßung von Romana und kurz darauf ihr überhasteter Abgang, weil sie angeblich noch viel zu erledigen hatte. Länger über die möglichen Beweggründe der Claudia nachzugrübeln brächte aber nichts und außerdem lenkten die Kleinen schnell wieder die ganze Aufmerksamkeit der Aurelia auf sich. Allen voran die kleine Laevina, die plötzlich lauthals zu protestieren begann. "Was .. ist denn mit ihr? .. Oh", wunderte sich Prisca kurz und im nächsten Moment musste sie leise auflachen. Serrana war das mit der Kette anscheinend sehr peinlich, während Calvena es ebenso locker wie sie sah. "Das macht doch nichts, … Calvena hatte mich ja vorgewarnt und deshalb habe ich heute extra die Perlenkette weggelassen", winkte Prisca schmunzelnd ab.


    "Allerdings hatte ich nicht gedacht, dass deine Tochter so stark ist", amüsierte sich die Aurelia weiter über das kleine Malheur und da kam ihr ganz spontan eine Idee. "Wenn du es erlaubst Serrana, so möchte ich den Aquila deiner Tochter gerne zum Geschenk machen. Als Glücksbringer sozusagen, auf das die Götter ihr stets so viel an Glück schenken mögen wie sie Kraft besitzt",zwinkerte sie ihren beiden Freundinnen gut gelaunt zu. Die Kette war zwar teuer gewesen, doch hingen keine allzu großen Erinnerungen daran und ein gutes Omen konnte schließlich nie schaden, weshalb Prisca in dem Verlust ihres Schmuckstücks ein positives Zeichen der Götter sah.

    Auch für Prisca war es eine Herausforderung die vielen Eindrücke der neuen Umgebung zu verarbeiten. Allerdings war ihr Auge an derlei überladenen Prunk so weit gewöhnt, dass sie es als eine Selbstverständlichkeit empfand. Mehr als die zahllosen Kostbarkeiten interessierten die Aurelia aber die Menschen, die darin lebten und im Augenblick ihre Freundin Calvena, mit der sie so herrlich beschwingt herum albern konnte. Hoffentlich nur begegneten sie nicht ausgerechnet jetzt einem Flavier, schließlich galt es doch von Anfang an einen guten Eindruck auf die neue Familie zu machen. Oh was war das? Waren da nicht gerade deutlich Schritte zu hören?


    Prisca wechselte etwas abrupt die Richtung, um die Quelle zu umgehen und zog Calvena einfach an der Hand mit sich. "Vorsicht! Wir müssen aufpassen, sonst hält man uns beide hier noch für zwei herum albernde Kinder", erklärte sie kichernd den Kurswechsel, wobei das natürlich nicht allzu ernst gemeint war. So schlimm wäre es nun auch wieder nicht ertappt zu werden (peinlich - ja - vielleicht), schließlich waren sie noch jung genug um das zu dürfen. "Wie ein Weinfass also? Oh je, damit du machst mir aber nicht gerade Mut, Calvena. Bestimmt werde ich mich jetzt genau so fühlen, wenn es bei mir soweit ist, nur wegen dir! ", entgegnete Prisca fröhlich glucksend und ihrer Freundin einen sanften Stups gebend, um gleich darauf wieder ernster zu werden.


    So sehr es auch Spaß machte albern zu sein und über die Kinder zu plaudern, so sehr beschäftigte die Aurelia die politischen Geschicke in diesen Tagen. Auch wenn sie als Frauen nicht mitreden durften ging es schließlich um das Wohl des Reiches und damit um die Heimat und die Zukunft ihrer Kinder. "Ja das sind sie wohl, nur hoffe ich, dass die Senatoren wenigstens bezüglich dieses Präfekten einer Meinung sein werden und hoffentlich das Richtige tun,", erwiderte Prisca mit gedenhter Stimme, wobei sie unausgesprochen ließ woran sie dachte. "Wenn man nur wüsste was genau da im Senat vor sich geht, oder wie wir die Geschicke dort zu unserem Vorteil nutzen könnten", fügte Prisca nachdenklich seufzend hinzu. Die letzten Worte klangen selbstverständlich eher wie ein Scherz, obwohl sie durchaus nachdenklich geäußert waren. Ach wenn ich doch einmal nur Mäuschen im Senat spielen könnte, …

    Es entsprach sicher nicht der Norm den Sklaven besondere Aufmerksamkeit zu schenken, oder sich gar Gedanken um sie und ihre Gefühle zu machen. Normalerweise tat Prisca das auch nicht, außer bei Tilla und Patraios - ihren beiden Leibsklaven. Diese Sonderstellung enthob die Beiden allerdings nicht von den üblichen Aufgaben und Pflichten und so war das Fehlen ihres "Schmuckstücks" bei der Hochzeit, der Aurelia durchaus aufgefallen. Schon längst hatte sie ihren cubicularius wegen seinem eigenmächtigen Handeln zur Rede stellen wollen, doch nun war Patraios von sich aus gekommen und seine Erklärung reichte aus um Priscas aufkommenden Unmut schnell wieder verfliegen zu lassen.


    Stattdessen wunderte sich die Aurelia nun über die distanzierte und gewählte Ausdrucksweise ihres Sklaven. War es wegen der neuen Umgebung, oder wegen der veränderten Situation in der sie sich beide befanden? Dieser Gedanke schoss Prisca zumindest durch den Kopf als sie den verzagten Blick ihres Sklaven auffing, denn sie kannte das sonst so feurige und ungezügelte Temperament ihres schönen Griechen (ihres Eros) nur zu gut. Einige Momente verstrichen, in denen Prisca ihren Sklaven lediglich mit einem gewissen Funkeln in den Augen betrachtete und die Erinnerungen an unzählige schöne Stunden vor ihrem geistigen Auge vorbei flogen, Stunden, in denen sie ihrem Schmuckstück geduldig Model gestanden hatte oder sich einfach von ihm hatte verwöhnen lassen (ohne dabei die Grenzen des gebotenen Anstands zu überschreiten).


    Schöne Stunden der Zweisamkeit, die sie nunmehr mit ihrem Liebsten verlebte, ohne einen Vergleich zwischen ihnen zu ziehen. Einen Flavier und einen Sklaven konnte (und wollte) die Aurelia auch nicht miteinander vergleichen. Es gab eben beide und jeder für sich faszinierte mit seiner eigenen besonderen Art und Weise: "Ich danke dir für deine Glückwünsche, Partaios, … obwohl ich es eigentlich nicht gut heißen kann, dass du mich an meinem schönsten Tag so einfach allein gelassen hast. Aber wie ich sehe hattest du gute Gründe dafür", bedankte sich Prisca schließlich mit meinem sanftmütigem Lächeln und nur wenig vorwurfsvoll klingend für die Glückwünsche ihres Sklaven.


    Leise seufzend lehnte sich die Aurelia zurück, bedachte Patraios dabei mit einem versonnenen Lächeln und stützte den Kopf auf einem Arm, während sie mit der Anderen gedankenverloren an ihrer Halskette herum spielte. "Ja ich denke mein Mann will bald schon Ergebnisse von dir sehen denn er ist ein Freund der schönen Künste, so wie ich es bin", ging Prisca nach einer weiteren kurzen Pause auf die Vermutung ihres Sklaven ein, wobei sie selbst schon sehr neugierig darauf war, welche Kunstwerke ihr begabter Grieche seit ihrer letzten Begenung fertig gestellt hatte: " Welche Resultate hast du denn bereits vorzuweisen? …Und … wann darf ich einen Blick darauf werfen?" Als seine Herrin bräuchte sie zwar nicht extra um Erlaubnis fragen, sie tat es aber um ihm zu zeigen wie sehr sie seine künstlerische Arbeit schätzte.

    Trotz der tragischen Ereignisse der vorangegangenen Wochen und Monaten, sowie den "kleineren Pannen" auf der Feier selbst, schwelgte Prisca noch Tage nach ihrer Hochzeit in der Erinnerung an diesen schönsten Moment in ihrem Leben. So saß sie da, in ihrem Korbsessel und träumte mit geschlossenen Augen vor sich hin, während durch das geöffnete Fenster angenehmes Vogelgezwitscher herein drang. Plötzlich vernahm die Aurelia jedoch Schritte und ein zaghaftes Klopfen, die sich störend zwischen den Gesang der Vögel mischten. Wer mochte das sein? "Herein!", rief Prisca seufzend über die unerwartete Störung, jedoch von guter Laune beschwingt und voller Neugier.


    Die Aurelia wandte den Kopf zur Türe und augenblicklich stahl sich ein sanftmütiges Lächeln auf ihr Gesicht. "Patraios! … ", nannte Prisca zunächst schwärmend den Eintretenden beim Namen und mit einer einladenden Geste bedeutete sie ihm näher zu kommen. "Setz dich zu mir! ...Was führt meinen getreuen Sklaven denn zu mir? … Und wo war er all die Tage geblieben, mein schöner griechischer Künstler,..hm?" In ihrer Stimme lag kein Vorwurf, eher ein leichtes Bedauern über das was sie im Grunde damit ausdrücken wollte. Prisca wusste selbst am besten, dass sich vieles verändert hatte seit dem Tag an dem sie die Frau eines Senators geworden war. Gleichwohl erinnerte sie sich an die vielen schönen Stunden, die sie zusammen mit ihrem "Schmuckstück" verbracht hatte und in denen er sie all ihre Sorgen hatte vergessen lassen. ...