Beiträge von Aurelia Prisca

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    Original von Caius Flavius Aquilius


    Oh nein! Ein Leben an der Seite eines Hohlkopfes, der sie nicht zu würdigen wüsste, konnte sich Prisca in der Tat nicht vorstellen. Eine Aurelia war stets anspruchsvoll und fordernd in Bezug auf ihre eigene Person! Andererseits war eine Aurelia ebenso natürlich und leidenschaftlich was ihre Gefühle und Empfindungen betraf und Prisca war in der Stimmung, diese auch offen zu zeigen. Und gerade was das Feuer der Leidenschaft betraf, loderte diese Flamme immer stärker in ihr. Nein, Flavius Aquilius war ganz sicher kein Hohlkopf. Dazu war seine ganze Art und sein Handeln einfach viel zu phantasievoll. Und dies machte ihn zu einem Mann, der es sicher verstand, einer Frau die Liebe zu geben die sie forderte. … Die Liebe? … Gerade in diesem Punkt ließen seine Worte Prisca zweifeln, ja sie enttäuschten sie soger ein wenig. … er hält die Liebe für trügerisch und überbewertet, kein Mensch sei auf ewig dafür geschaffen, denselben zu lieben ? … von welcher Liebe spricht er denn jetzt? … die Liebe hat doch so viele Gesichter!... kennt er sie am Ende gar nicht? … kann er am Ende gar nicht lieben? ...


    So wie er jetzt vor ihr stand und bei ihrem Anblick stammelte, wusste sie an welche Art von Liebe er dabei dachte. Ein Gedanke den sie gemeinsam teilten, obgleich diese Erfahrung Prisca noch gänzlich unbekannt war. Aber es ging doch nicht nur um diese reine körperliche Liebe. Es gab doch soviel mehr was zwei Menschen in Liebe miteinander verbinden konnte, als nur gemeinsame Interessen. Nein, Prisca wollte nicht nur die Gesellschaft eines Mannes, sie wollte seine ganze Liebe spüren! Aber war das jetzt der richtige Zeitpunkt, um dieses Thema weiter zu vertiefen? … Es war wohl auch der Grund für ihren spontanen Entschluss, sich statt einer Antwort vorerst in die Fluten stürzen zu wollen. ..


    Und es war so befreiend im Lauf die unendliche Weite des Meeres vor sich zu sehen, in der festen Absicht sich fallen zu lassen und sich augenblicklich darin zu verlieren. Alleine? - Nein, gemeinsam! Prisca spürte wie seine Hand nach der ihren Griff und ihre Finger schlossen sich vertrauensvoll um die seinen. Sie ließ sich von ihm mit ziehen, immer schneller einfach auf das Wasser zu. War das nicht auch eine Art der Liebe, jemanden zu vertrauen? "Ja die Liebe ist wundervoll! ...", keuchte sie etwas außer Atem, von ihm gezogen hinterher rennend und es mochte zusammenhangslos klingen, da sie erst seinen Worte von vorhin widersprechen konnte. "… aber … man muss sie leben und das jeden ...Tag! … sie gemeinsam aufs neue entdecken, sie ausprobieren … auskosten … sich ….lieben ….und vertrauen …." Priscas Worte verloren sich immer mehr im Wind, je näher sie dem Wasser kamen und letztendlich konnte sie gar nicht mehr weitersprechen. Mochten ihre Ansichten auch noch so naiv und unerfahren klingen, so war es doch Priscas feste innere Überzeugung, welche noch nie zuvor von einem Mann berührt worden war.


    Schon wurde sie von einer Welle erfasst und einfach umgerissen. Das eiskalte Wasser umspülte ihren ganzen Körper und Prisca hielt augenblicklich den Atem an, bis sie prustend zurück an die Oberfläche kam. Wie eine zweite Haut legte sich die nasse Tunika um ihren Körper und Priscas Lippen bebten vor Kälte. Sie bemerkte es nicht einmal, denn dieser Moment war es einfach nur herrlich erfrischend und belebend. Prisca warf den Kopf etwas zurück und strich sich die Haare aus dem Gesicht, um dann das dunkle Wasser nach ihrem Begleiter abzusuchen, den sie sogleich direkt neben sich erspähte. "….d d das …Wa Wa Wasser ist … herrlich! … ka ka kalt … nicht wahr? … wollen wir um die Wette … schwimmen?", rief Prisca bibbernd in seine Richtung und versuchte trotz der Kälte ein warmes Lächeln zu Stande zu bringen. Was sich um sie herum sonst noch in den Tiefen des Meeres verbergen mochte, entging ihrer Aufmerksamkeit völlig. Nur die nächste Welle sah Prisca auf sich zu rollen und mit einem erheiternden Aufschrei warf sie sich ihr entgegen, tauchte ein und wurde kurzzeitig von der Brandung einfach mitgerissen …

    Die neidvollen Blicke der Menge auf sich zu wissen, war ein erhebendes Gefühl und Prisca genoss es sichtlich. Flankiert von den zahlreichen Leibwächtern schritt sie würdevoll an den zahllosen Wartenden vorüber und ignorierte deren unflätige Worte geflissentlich. Es dauert ohnehin nicht lange, dann wurden sie über einen separaten Eingang weiter geführt. Auf dem Weg über die schmale Treppe empor zur Tribüne, spürte Prisca eine wohlige Gänsehaut auf ihrem Rücken. Die rauschende Geräuschkulisse wurde durch die schweren Vorhänge oben am Eingang noch stark gedämpft und es drang auch nur wenig Licht zu ihnen hindurch.


    Doch das änderte sich schlagartig, als die Vorhänge zur Seite geschoben wurden und sie in das Licht hinaus traten. Prisca musste mit ihrer Hand ihre Augen ein wenig abschirmen, bis sie die atemberaubende Atmosphäre die vor ihnen lag, in ihrer Gänze erfassen konnte. Das dumpfe Rauschen von eben war nun zu einem ohrenbetäubenden Stimmengewirr angeschwollen und überall um sie herum pulsierte die Menschenmenge, die ungeduldig auf den Beginn der Spiele wartete. Während Helena sich bei dem Tribun bedankte vergaß Prisca ganz ihre gute Manieren und schritt eilig die wenigen Stufen hinunter zur Brüstung, um einen ersten Blick hinunter in die Arena werfen zu können. Dort unten schickten sich gerade die letzten Requisiteure an, sich aus der Gefahrenzone in Sicherheit zu bringen ...


    Ein großes weißes Beduinenzelt stand fertig aufgebaut in der Mitte der Arena und wurde umgeben von Palmen und Büschen. Ein paar Dromedare trotteten gelangweilt durch die Kulisse oder tranken an der Wasserstelle, die man eigens für diese Szene angelegt hatte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Ovals befand sich das Tor, durch das gleich die Verurteilten herein getrieben wurden, nur von woher würde man die wilden Tiere herein lassen? … Prisca bemerkte eine Bewegung neben sich und drehte den Kopf nach links. Es war Helena, die direkt neben ihr stand, kurz in die Arena hinunter spähte und dann vorschlug, sich auf die vorderen Plätze zu setzen. … den besten Blick? … Prisca sah kurz zu den drei Bänken aus Marmor hin, auf denen viele weiche Kissen zum Verweilen einluden und dann zu dem Tribun hinüber, der gerade den Helm und den Waffengurt ablegte.


    "… den besten Blick? Hmmm, kommt ganz darauf an, ob du den Tribun oder das Spektakel meinst, liebe Cousine. ", flüsterte Prisca grinsend zu Helena und schickte sich im gleichen Augenblick an, die eine Stufe zu den Plätzen empor zu steigen, um sich mit einer eleganten Drehung auf dem Platz links außen nieder zu lassen. "Ja, von hier aus haben wir wirklich einen sehr guten Blick, Helena. … Komm setz dich doch! Ich frage mich gerade, von wo aus sie gleich die wilden Tiere herein lassen werden!? ...", antwortete Prisca nun etwas lauter gesprochen und zwinkerte Helena verschmitzt zu. Nun blieb ihrer Cousine wohl nur noch die Wahl des Platzes in der Mitte wenn sie nicht wollte, dass dem Tribun die Ehre zu Teil wurde gleich zwischen zwei Aurelia zu sitzen.


    Diesem warf Prisca nun auch einen Blick zu und sie erinnerte sich an seine Bemerkung über die Militärspiele. "…welche Disziplinen mochte es wohl geben? …" - " Wann finden denn die nächsten Militärspiele statt, werter Octavius und wirst du wieder daran teilnehmen? Ich würde zu gerne einmal bei diesen Spielen zusehen, wenn dies möglich ist.", fragte Prisca beiläufig aber mit echtem Interesse. Sie konnte sich nicht daran erinnern jemals bei solchen Spielen dabei gewesen zu sein, aber interessant dürften diese mit Sicherheit werden. Genauso wie die venatio, deren Beginn soeben mit Fanfaren angekündigt wurde."… oh ich glaube es geht los…hat schon jemand die Tiger gesehen?!", warf Prisca noch schnell ein und reckte sich etwas auf den weichen Kissen ihres Platzes hoch , um besser sehen zu können was dort unten in der Arena vor sich ging.


    Eines der Kissen zog sie dabei hinter ihrem Rücken hervor, ließ es vor sich auf die Stufe fallen und winkte Tilla zu sich. "Tilla, du darfst dich während der Vorstellung hierher zu mir setzen. Warst du eigentlich schon einmal bei solchen Spielen dabei?", wollte Prisca wissen, denn sie kannte ja die schreckliche Vergangenheit der kleinen Sklavin. "Es sind blutige Spiele, Tilla! Wenn du nicht hinsehen kannst oder möchtest, bleibst du einfach hier sitzen, ja?", warnte sie Tilla sicherheitshalber mit einem kurzen aber fürsorglichen Blick vor. Auf der Stufe sitzend würde Tilla zumindest nicht über die Brüstung sehen können, wenn gleich dort unten in der Arena Menschen bei lebendigem Leib zerfetzt würden.

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    Original von Caius Flavius Aquilius


    Aquilius Worte beruhigten Prisca wieder etwas. Sicher bedurfte es keiner großen Geschenke aber Prisca ärgerte sich trotzdem, denn an eine kleine Aufmerksamkeit hätte sie schon denken können. Umso mehr musste sie schmunzeln, dass sie ihm zur Strafe dafür heute Abend Gesellschaft leisten sollte. "Nun, wenn du meine Anwesenheit als Geschenk wählst dann nehme ich die Bürde, dich heute Abend ertragen zu müssen, selbstverständlich gerne auf mich.", scherzte Prisca zu seinen Worten und neigte leicht den Kopf zum Dank, als sie den Wein entgegen nahm und Aquilius zu prostete. … eine Menge mehr an Komplimenten dürfte er mir heute machen, die er sonst nicht sagen könnte? … interessant ... Während sie schon den Becher an ihre Lippen führte, hielt sie kurz inne."… und was wären das für Komplimente, die du mir sonst nicht sagen dürftest? … ", fragte Prisca neugierig nach und sah Aquilius dabei über den Rand des Bechers hinweg mit einem Augenaufschlag verführerisch lange an, bevor sie von dem süßen Wein kostete.


    Mittlerweile fand Prisca sichtlich gefallen an der Feier und verflogen waren die anfänglichen Gedanken an eine frühzeitige Verabschiedung . Auch Prisca ließ ihren Blick ein wenig umher schweifen und erkannte die beiden Gesichter von Claudia Antonia und Flavius Gracchus wieder, gerade als Aquilius vorschlug sich miteinander bekannt zu machen. … das waren also seine Schwägerin und ihr Gemahl … Endlich konnte Prisca die Gesichter zu ordnen, die sie schon auf der meditrinalia gesehen hatte. "Oh, sehr gerne würde ich die Bekanntschaft mit ihnen machen! Ich habe euch ja schon zusammen auf unserer Feier anlässlich dermeditrinalia gesehen. Doch leider ergab sich damals nicht die Gelegenheit, sich näher kennen zu lernen.", stimmte Prisca sofort mit einem freudigen Nicken zu und betrachtete die kleine Löwenfigur in ihren Händen, auf die Aquilius eben deutete. " Ja, die Figur hatte er mir eben vorhin geschenkt . Sieh mal, ein Löwe! Unser Wappentier.", bemerkte Prisca und hob stolz den kleinen Löwen hoch. "Ob das ein Zufall war? Oder hat mich dein Vetter gar als eine Aurelia wieder erkannt?", mutmaßte Prisca kurz, während sie langsam mit Aquilius auf die beiden anderen zu ging.

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    Original von Caius Flavius Aquilius
    *ein Posting nach oben guckt* Zu schade! Aber ich werde die Rückkehr mit Ungeduld und Sehnsucht erwarten ;) ...


    Das macht die Rückkehr doch gleich noch viel schöner =) *bezauberndes Lächeln schenkt*


    Melde mich wieder als anwesend und schreibwillig zurück und hoffe nur, dass das RL nicht gleich wieder voll zuschlägt. ;)

    Ich muss mich bis ca. 7.1. als abwesend melden. Versuche zwar trotzdem zu posten, aber RL und Feiertagsstress lassen mir im Augenblick kaum Zeit und Muse. Ich entschuldige mich bei allen die gerade auf eine Antwort von mir warten dafür, dass es sich etwas verzögern kann.


    Wünsche allen einen guten Rutsch und alles Gute für das neue Jahr!!

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    Original von Manius Flavius Gracchus


    Auf einen zweiten Becher unverdünnten Wein verzichtete Prisca freiwillig, denn schließlich war sie es nicht gewohnt zu trinken. Und unangenehm auffallen wollte sie auf keinen Fall. Das war sie schließlich ihrer Familie und vor allem ihrem Onkel schuldig, der gerade zu ihr herüber gesehen hatte. … ja ja, diese ewigen Zwänge … , dachte sich Prisca nur und wollte gerade zu ihm hinüber gehen um ihn ein schönes Fest zu wüschen, als sie eine Stimme neben sich vernahm. Prisca drehte den Kopf und erkannte den Mann wieder, den sie bereits auf der meditrinalia zusammen mit Flavius Aquilius gesehen hatte. … ein Verwandter?... Prisca war überzeugt davon, nur an einen Namen konnte sie sich nicht erinnern. Doch bevor sie danach fragen konnte bekam sie auch schon eine kleine Figur überreicht. "… Danke! ..." entfuhr es Prisca spontan und etwas überrascht. Noch ehe sie weitere Worte finden konnte, war der edle Spender aber auch schon weiter gegangen.


    … ein Löwe! Das Wappentier der Aurelier !… , stellte Prisca bei genauerer Betrachtung der kleinen Statue in ihren Händen fest und angesichts der schmeichelnden Worte mit der gerade ihr dieses Symbol überreicht wurde, bekam der kleine Löwe eine ganz besonders wertvolle Bedeutung für Prisca.


    Noch einmal blickte sie dem Flavier hinterher, der weiter die Geschenke verteilte und überlegte, ob sie noch etwas sage sollte. Dabei bemerkte sie auch Ursus und die anderen, die untereinander Geschenke verteilten. Und mit einem Mal wurde ihr etwas bewusst. … ich selbst habe ja gar keine Geschenke mitgebracht! … was mache ich jetzt nur? ... Wie peinlich! Am liebsten wäre Prisca im Boden versunken. … aber sollten heute nicht nur die Sklaven Geschenke bekommen? … Es half nichts. Sie hatte einfach nicht daran gedacht, denn so wie heute hatte Prisca die Saturnalien bisher nie gefeiert. Ein Grund mehr sich so schnell und unauffällig wie möglich von der Feier zu verabschieden, aber ...


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    Original von Caius Flavius Aquilius: "Bona Saturnalia, Du schönste Erinnerung an einen sonnigen Tag," ..."Ich hoffe, Du wirst heute abend eine schöne Feier erleben."


    … gerade als sich Prisca ein zweites Mal in Richtung ihres Onkels in Bewegung setzen wollte, wurde sie erneut angesprochen. Und diesmal war die Stimme nur zu vertraut. Wie unangenehm! Ausgerechnet mit der Erkenntnis, ohne Gastgeschenk auf der Feier erschienen zu sein, sprach sie ausgerechnet Flavius Aquilius an. Sichtlich verlegen begegnete Prisca seinem Blick. "Bona Saturnalia, mein Ritter mit dem edlen Ross!" In Anspielung auf ihren gemeinsam Ritt auf Lapsus, fand sie zunächst die Worte der Begrüßung und ihr herzliches Lächeln wieder. Prisca freute sich sehr Aquilius wieder zu sehen. Doch wie sollte sie ihm nur erklären, dass sie kein Geschenk für ihn hätte. "Ich freue mich sehr, heute Abend Gast im Haus der Flavier sein zu dürfen … nur … ich … ich muss mich bei dir entschuldigen, denn ich … ich fürchte, dass ich mit völlig leeren Händen da stehe…", so nun war es heraus und Prisca zuckte leicht mit den Schultern. Man konnte ihr deutlich ansehen wie unangenehm es ihr war dies einzugestehen , während sie Aquilius entschuldigend an sah. … ob ein Kuss ihn dafür entschädigen könnte? Ein flüchtiger Kuss auf die Wange vielleicht? ... zur Begrüßung? … Nein, nicht hier vor aller Augen ...

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    Original von Caius Flavius Aquilius


    Die angenehm wohlige Wärme im inneren des Zeltes empfing Prisca schon beim eintreten und lud augenblicklich zum verweilen ein. Der Gedanke fiel plötzlich schwer, sich nur wenig später in das eisige Wasser des Meeres stürzen zu wollen. Doch war es ebenso ein Ziel von vielen, welches sie erreichen wollte. Prisca gönnte sich dennoch die Zeit, um sich kurz auf einer der Klinen nieder zu lassen. Sie war allein und keine Sklaven störten den Moment, den sie für sich haben wollte. Den Blick einen Moment lang ihren Gedanken hinterher schweifend, ließ Prisca erst jetzt die Worte des Flaviers Revue passieren. Seine Einstellung gefiel ihr, genauso wie seine Worte und Taten mit denen er sich so um sie bemühte. Überhaupt, gefiel er ihr .... Doch was würde all dies nützen, wenn nicht der Wille stark genug wäre, dies auch auf Dauer und vor allem gemeinsam leben zu wollen.


    "Deine Ansichten über das Leben und die Ziele darin gefallen mir, Flavius Aquilius … ", rief sie ihm schließlich nach draußen zu, den Kopf dabei ein wenig zur Seite neigend um so besser die Haarnadeln lösen zu können, die ihr Haar zusammen hielten. "Auch ich würde sicher nicht das Leben einer alten verbitterten Ehefrau führen wollen, die sich nach langer Zeit der Ehe schließlich die Frage stellen muss, warum sie all die Jahre lang brav und fürsorglich ihren Pflichten nach gekommen ist und sich dann die Fragen stellen muss, was eigentlich von der Liebe zu ihrem Mann geblieben ist ." "… ja was bliebe mir? Wirklich nur Pflichterfüllung?… Prisca war über sich selbst verwundert, zog sie doch mit ihren innersten Gedanken und Befürchtungen gerade ganz unverhohlen von sich aus die Möglichkeit einer Ehe in Betracht. Doch was änderte es? Sie verriet mit Sicherheit kein Geheimnis wenn sie erkennen ließ, dass auch sie wusste aus welchem Grunde sie heute hier sein mochten. Ob es dadurch einfacher oder schwieriger werden würde eine Entscheidung zu treffen? Prisca wusste es für sich selbst nicht.


    Vielleicht hätte sie warten sollen, bis sie ihm wieder ins Gesicht blicken konnte. Vielleicht hätte sie so seine Gedanken lesen können, aber wollte sie das überhaupt? "… ist es uns Patriziern überhaupt vergönnt, gemeinsam ein glückliches Leben zu führen, das nicht nur von den Pflichten und Erwartungen vorher bestimmt ist, welche andere und die Gesellschaft uns auferlegen? Ist es denn unmöglich, einfach nur glücklich sein zu dürfen und können wir denn gar nichts dagegen tun? …" … wäre dann das Leben eines einfachen Sklaven nicht gar erstrebenswerter? …", sinnierte Prisca weiter vor sich hin. Sie erhob sich von der Kline und ihre Finger lösten geschickt die goldenen Fibeln, die das Kleid auf ihren Schultern zusammen hielten. Für den Hauch einer Sekunde strich der seidene Stoff des Gewandes ihren Körper entlang nach unten, umspielte ihn sanft und neckte die feinen Härchen auf ihrer Haut, bis es - viel zu schnell vorüber - zu ihren Füssen ruhte. Wie schön es sich doch anfühlte so gestreichelt zu werden.


    Einen Augenblick lang blieb Prisca mit geschlossenen Augen einfach in der Mitte des Zeltes stehen und kostete dieses befreiende Gefühl aus, bis das leichte Kribblen auf ihrer Haut verstrichen war. Glaubte oder hoffte sie gar, er würde ihren unverhüllten Körper durch einen verborgenen Spalt in der Zelthülle hindurch ungeniert betrachten? Der Gedanken allein reichte, um ihre Mundwinkel schmunzelnd leicht nach oben zucken zu lassen. Erst dann griff Prisca nach der sandfarbenenTunika, die für das Bad im Meer bereit gelegt war und streifte diese ohne Eile über. Ein einfacher Stoff nur, bei weitem nicht so schmeichelnd wie die Seide und doch völlig ausreichend für das gemeinsame Bad ...


    "Ich hoffe, ich habe dich nicht zu lange warten lassen ", kündigte sich Prisca beim Verlassen des Zeltes Aquilius an und konnte nicht umhin, die Rückansicht seines athletisch gebauten Körpers zu bewundern Erst als er sich ganz zu ihr hin umgedreht hatte, ruhte Priscas Blick und ihr Lächeln wieder auf seinem Gesicht. … soll ich einfach seine Hand ergreifen und ihn mit ziehen in das eisige Wasser? … oder soll ich mich von ihm tragen lassen, so wie vorhin? … Während Prisca noch überlegte, nickte sie zu dem was Aquilius zuletzt gesagt hatte und wirkte ernst, so wie es auch ihre Worte waren. " … Das Leben ist zu kurz, viel zu kurz … leider. Umso mehr sollte man sich der Ziele ganz bewusst sein, die man nicht alleine erreichen kann und möchte … sondern … nur gemeinsam ... " Prisca verstummte mitten im Satz und ließ ebenfalls einen Moment verstreichen, bevor sie ihr Lächeln wieder fand und spontan einen ganz anderen Entschluss fasste. " … wer von uns ist wohl zuerst im Wasser? …", grinste sie und sah Aquilus keck dabei an.


    Den Gedanken an die eisigen Fluten überwindend, lief Prisca auch schon los um sich einen Vorsprung zu verschaffen, bereit sich einfach in das Wasser zu stürzen. … was er jetzt wohl von mir denken mag … hält er mich zurück ? … oder folgt er mir einfach? …" Ohne sich umzudrehen lief Prisca weiter und hatte keinen Zweifel daran, dass er sie schon nach ein paar Metern einholen könnte, wenn er wollte ...

    Es war wirklich ein Glückfall, dass sie den Tribun getroffen hatten … na ja, genauer gesagt verdankten sie es wohl Helenas Dreistigkeit, ihn einfach an zu sprechen. Prisca war begeistert von ihrer Cousine, denn auf einen Platz auf den Rängen hätte sie sich freiwillig nicht gesetzt. Und es wäre zu schade gewesen, wenn sie diese Attraktion versäumt hätten. … eine Oase und eine Karawane … hm, ob zu der Jagdszene vorab auch eine Geschichte erzählt würde? … Prisca fand die Umschreibungen, mit denen manche Szenen angekündigt wurden immer besonders spannend "Ja Helena! Unsere Glücksgöttin meint es wirklich gut mit uns ... ich bin ja schon so neugierig! ...", bestätigte Prisca mit einem leisen Seufzer und drängte regelrecht darauf voran zu kommen.


    Und das Vorankommen war, angesichts der stattlichen Eskorte welche sie beschützte, glücklicherweise kein Problem. So fiel es Prisca auch nicht weiter schwer, die vielen neugierigen und manchmal neidvollen Blicke der übrigen Besucher zu ignorieren, während sie langsam aber stetig dem Aufgang zu den Tribünen entgegen strebten. Dass sie nicht den Haupteingang nahmen, bemerkte Prisca gar nicht, denn erwartungsvoll hörte zu was gesprochen wurde. Der Octavier erwies sich wirklich als sehr galant, nur leider wusste auch er nichts über diese parthischen Kostbarkeiten. Entweder gab es in diesem Land nichts, was es wert gewesen wäre nach Rom zu holen ,oder aber es waren wirklich solch seltene Stücke, dass sie nicht einmal bis auf die Märkte Roms gelangten.


    "Das mit den parthischen Besonderheiten ist nicht weiter tragisch, werter Tribun. Deine Gesellschaft und die glückliche Fügung, uns heute bei dem Spektakel als deine Gäste betrachten zu dürfen, entschädigt uns dafür weit mehr. Besucht ihr eigentlich oft die Spiele hier? Oder habt ihr euch ganz spontan dazu entschlossen uns einzuladen?"


    Prisca lies sich ihre Enttäuschung nicht anmerken sondern versteckte sie gekonnt hinter einem bezaubernden Lächeln und einem langen Blick, mit dem sie Octavius Dragonum bedachte. Die Tatsache ignorierend das Helena es war, die ihn einfach auf der Straße angesprochen hatte, hätte ja auch bedeuten können, dass er ganz etwas anderes vor gehabt hatte. Aber nun schien sein Interesse ganz auf ihnen beiden zu ruhen, wenngleich …. er wohl etwas mehr Interesse an Helena zeigte! … und Helena? … Auch ihre Cousine schien sehr angetan von dem Begleiter zu sein. Gerade errötete sogar, als der Tribun sich ihr leicht vor ihr verneigte. Prisca überlegte schon ob sie sich bereits geschlagen geben sollte, da schlug Helena doch glatt einen Besuch des Marstempels vor.


    Prisca erwiderte prüfend den Seitenblick von Helena und konnte sich schon denken, warum ihre Cousine ausgerechnet diesen Tempel vorgeschlagen hatte. … was soll ich dazu sagen? … Der Octavier hatte ja auch schon zugestimmt. Zum Glück erschallte gerade in diesem Augenblick eine Fanfare, die den Beginn der Veranstaltung ankündigte.


    "Ein Besuch des Marstempels? … warum nicht! Aber nun sollten wir uns beeilen, sonst versäumen wir noch den Anfang! Ist es noch weit bis zu den Plätzen?", drängte Prisca zur Eile an und hakte sich mit einem Augenzwinkern bei ihre Freundin unter, um sie ein wenig mit sich zu ziehen. "…und du wolltest du mir doch noch etwas erzählen, sobald wir auf unseren Plätzen sitzen …", flüsterte sie ihrer Cousine zu und grinste dabei so verschwörerisch als sei eine Widerrede zwecklos ...

    Kurz nur nahm sie seine wärmenden Hände wahr, dann entließ er sie auch schon wieder und ihre Füße setzten auf den weichen und kühlen Sand auf. Es war angenehm einmal nicht die harten Pflaster Rom´s oder die Marmorböden der villa unter sich zu spüren und so zog Prisca rasch die Sandalen aus, um mit ihren Zehenspitzen in den feinen Sand ein zu tauchen. Ein wohliger Seufzer der Erleichterung war zu hören, da sie nun ihr Ziel erreicht hatten. Ein Ziel von vielen, die es heute und in Zukunft wohl noch geben würde. "Hispania wäre mir eine Reise wert, auch wenn ich dazu meine Familie und Rom erneut verlassen müsste. Znd das obwohl ich mir nach meiner Heimkehr aus Germanien eigentlich geschworen hatte, Rom nie mehr zu verlassen. Doch wenn es dort wirklich so schön ist, wie mich deine Worte glauben lassen … so verschlafen und verträumt … warum nicht? Eine Zeit lang wäre es sicher angenehm die Ruhe und Abgeschiedenheit genießen zu können. "


    … aber können wir das nicht genau so gut hier? … , stellte sich Prisca dann selbst die Frage, als ihr nach Minuten des Staunens bewusst wurde, welch eine entzückende Oase hier vor ihnen lag. Fast erkannte sie den Strand nicht wieder, den sie aus ihrer Kindheit her in Erinnerung hatte. … wie lange ist das jetzt her, seit ich mit meiner Mutter und … mit Leonita … hier war … wir hier zusammen gebadet, gegessen, gescherzt und gelacht. Haben. Wie viel hat sich seitdem verändert? … Langsam drehte sich Prisca einmal um sich selbst und nahm die ganzen Eindrücke mit einem verklärten Blick in sich auf. Das Zelt, das ihnen später Schutz bieten sollte wenn es draußen zu kalt wäre, wirkte wie eine kleine Villa. Umgeben von einem Wassergraben mit Blüten darin und erleuchtet von den vielen Fackeln bot es ein so fremdes und bezauberndes Bild, dass Prisca sich kaum davon los reißen konnte.


    Erst die Bemerkung von ihrem Begleiter bezüglich des Bades, ließen sie schmunzeln und etwas überrascht, aber auch amüsiert zu Aquilius blicken. … hatte er wirklich angenommen, ich würde mich mit meinem seidenen Gewand einfach in die Fluten stürzen? … Die Vorstellung hatte sicher ihren Reiz genauso wie die, von ihm gehalten zu werden, umsorgt und vielleicht sogar …. … geliebt? … . Prisca mahnte sich selbst zu der Zurückhaltung, welche ihr von Kindheit an anerzogen … aufgezwungen … wurde. Mit allem was ihre Gefühle, Eindrücke und Hoffnungen betraf sollte sie stets vorsichtig sein. . "Das ist wirklich sehr aufmerksam von dir!", bedankte sie sich für die Badesachen mit einem Lächeln und bezweifelte kurz, dass ihre Sklaven an so etwas gedacht hätten. … sind heute überhaupt welche von unseren Sklaven hier? … wo sind überhaupt Hektor und Tilla? ... Zumindest die beiden hätte sie unter den vielen bedeutungslosen Gesichtern der Sklaven hier erkannt.


    Doch weiter kümmerte sich Prisca nicht um den Verbleib ihrer Sklaven, denn wie sie eben mit einem Blick in das Innere des Zeltes feststellen musste, war wirklich für alles gesorgt. Angenehme Wärme schlug ihr entgegen und die Klinen luden augenblicklich zum Verweilen ein. Doch zuerst das Bad! Prisca wollte schon hinein gehen, da hielten die Worte des Flaviers sie noch einmal zurück. Wieder waren es die Ziele und Wünsche, die er damit ansprach und um die so oft ihre Gedanken kreisten. … welche Wahl habe ich denn? … was können und dürfen meine Ziele und Wünsche als Patrizierin schon sein?. … Wollte er gar wissen, was er von seiner künftigen Frau zu erwarten hätte?


    " … Freiheit und Pflicht … Beides hat seinen Reiz und verliert im Überfluss zu schnell seinen Reiz. Aus Freiheit kann irgendwann Faulheit werden und aus der Pflicht erwächst vielleicht einmal die Erkenntnis, ein Leben lang nur falschen Zielen hinterher gejagt zu sein.", teilte Prisca etwas nachdenklich wirkend ihre Gedanken dazu mit. … was wohl seine Ziele wären? … gemeinsame Ziele vielleicht? ... Aber er fragte nach den ihren und Prisca musste nicht lange darüber nachdenken. "Ein Ziel in meinem Leben? … wäre es glücklich zu sein und das nicht alleine …" Mit diesen beschwingt klingenden Worten machte Prisca einen Schritt in das Zelt hinein und drehte sich dann noch einmal um.


    "Aber dies ist genauso gut nur ein Wunsch, der in Erfüllung gehen mag oder auch nicht. Was meine konkreten Ziele betrifft, so ist es mit denen doch eher so, wie du selbst sagst. … Was hat sich die Welt als Zielsetzung für eine Patrizierin wie mich vorstellt? … " … gut aussehen? … fürsorgende Ehefrau und Mutter vieler Kinder zu sein? … und hat nicht jede Art von Arbeit etwas anrüchiges aufgrund meines Standes? … Das wäre wohl eine eher scherzhafte Antwort auf eine ernste Frage gewesen. … hätte ich nicht einfach fragen sollen, was er von seiner künftigen Frau erwartete? … Prisca vermied es diese Frage so früh zu stellen und ihre Worte verloren nur wenig von ihrer anfänglichen Unbeschwertheit. " … ich habe durch meine Familie den Glauben an die Götter neu entdeckt. Unseren Götter zu dienen wäre eine Aufgabe, die mich erfüllen würde. … … oder wüsstest du ein Ziel für mich? … versuchten ihre Augen ihn zu fragen und einen Moment lang sah sie ihn so an. " … Ich denke ich werde mich jetzt umziehen, sonst wird aus unserem Bad heute nichts mehr ..", grinste Prisca schließlich und mit einem Zwinkern verschwand sie auch schon vor seinen Augen im Zelt, von wo aus sie seine Stimme genauso gut hören könnte.

    … warum nur musste ich auch weitere Fragen stellen? … stellte sich Prisca selbst die Frage, da immer mehr Schreckliches zu Tage kam, was sie eigentlich gar nicht zu interessieren hatte. Aber andererseits wurde ihr auch bewusste, wie nah oft Glück und Leid bei einander lagen. Wieder streifte ein kurzer Seitenblick das Mädchen neben ihr. … was hat sie in ihrem kurzen Leben schon alles erleiden musste und trotz allem ist sie meist so unbeschwert und fröhlich … stellte Prisca mit ein klein wenig Bewunderung fest. Nur heute schien alle über die kleine Sklavin herein zu brechen. Wieder seufzte Prisca leise, las das Geschriebene und wischte dabei mit ihren Fingern eine Träne von Tilla fort, die noch verloren auf der Tafel glitzerte.


    Ein Sklave würde wohl nie seinen Herrn lieben, aber durfte er ihn hassen? Es war wohl die Folge solcher Taten und Prisca musste zugeben, dass sie die Sklavin verstehen konnte. "Es ist gut, Tilla…" Mehr Worte des Zuspruchs fand Prisca nicht um Tilla zu zeigen, dass sie diesen Hass verstehen konnte. Stattdessen legte sie kurz ihre Hand auf Tillas Schultern und strich sanft darüber. "… aber nun ist diese Zeit des Leids für dich vorbei. So etwas wirst du hier nie mehr erleben müssen….", fügte Prisca hinzu und war sich dennoch nicht sicher, ob dies wirklich Trost genug für die kleine Sklavin sein konnte.


    Nicht einmal ihre Eltern kannte Tilla. Nur diese Worte der alten Frau und das Amulett. ...Dir fehlt die Mutter; drum such – ich befehl es dir, Römer – die Mutter… Diese Worte klangen so vertraut und Prisca erinnerte sich wieder an den Stein, der ihr irgendwie bekannt vor kam. … Römerin? … gab es da nicht irgendeinen Kult, der diese Worte verwendete … Auch wenn dies stimmen sollte, was änderte das an der Tatsache das Tilla eine Sklavin war? All diese Gedanken führten wohl momentan zu weit. Tillas Stirn glänzte vor Fieber und eigentlich dürfte sie gar nicht hier sein. Oder sollte sie bleiben?


    Prisca fühlte kurz mit ihre Hand die Stirn der Sklavin und zog sie dann zurück. "Du bist krank Tilla. Du weißt, dass du dann eigentlich nicht hier sein darfst. Geh jetzt und versuch möglichst schnell wieder gesund zu werden!" Auch wenn Prisca es sogar zugelassen hätte, dass Tilla in dieser Nacht bei ihr bliebe um Trost zu finden, durfte sie es nun nicht gewähren. "Was diesen Stein und deine Eltern betrifft ... hm, ich will versuchen dir zu helfen, um heraus zu finden was es damit auf sich hat. ", gab sie dann spontan ein Versprechen ohne zu wissen, was sie und Tilla sich davon erhoffen sollten. "Ich denke es kann nicht schaden wenn wir zuerst das Orakel befragen, sobald du wieder gesund bist. Überlege dir gut, welche Frage du der Sibylle stellen willst! Ich werde dich begleiten und für die Opfergaben sorgen ..." Zumindest ein Versuch war es wert und deshalb nickte Prisca der Sklavin mit einem aufmunternden Lächeln zu, was aber gleichzeitig bedeuten sollte, dass Tilla nun gehen musste.

    Eher widerwillig war Prisca der Einladung zur Feier der Saturnalien gefolgt. Nicht weil sie die Flavier nicht mochte - nein ganz im Gegenteil - sondern weil sie dieser Feierlichkeit an sich nichts abgewinnen konnte. Geheuchelte Verbundenheit mehr nicht, dabei gönnte Prisca es den Sklaven sogar, sich wenigstens einen Tag lang als Freie fühlen zu dürfen. Am wenigsten vermisste sie dabei die eigene Bequemlichkeit. Anziehen und frisieren konnte sie sich schliesslich auch alleine ... wer bin ich denn? ein patrizisches Püppchen vielleicht, dass sich alleine nicht zu helfen weiss? ... Nein, immer mehr lehnte sie sich gegen diese Zwänge und Erwartungen auf, die an sie gestellt wurden. Leben und geniessen wollte Prisca, was sonst sollte das Leben schließlich noch für sie bereit halten? ...


    ... Nichts! ... Um mit ihrer schlechten Laune den Anderen nicht die Lust am feiern zu verderben, hielt sich Prisca bewusst zurück. Sie trug eine einfache blaue Tunika, hatte absichtlich keinerlei Schmuck und Schminke angelegt und das Haar hatte sie sich selbst zu einem einfachen Zopf geflochten. ... Was schert mich heute mein Äußeres ... Ihrer Familie zu Liebe war sie mit gekommen und sobald als möglich, würde sie sich wieder zurück ziehen. Kopfschmerzen wären wohl die beste Ausrede und um sie zu möglichst rasch zu bekommen, gönnte sich Prisca gleich nach der Ankunft einen Becher mit unverdünntem Wein. Zwar musste sie sich an den ungewohnten Geschmack erst gewöhnen, aber tapfer trank sie den Becher in einem Zuge leer. ... schon sah die Welt ein wenig rosiger aus ...

    "Ja, Zufälle gibt es zumeist nicht…", bemerkte Prisca nur beiläufig auf die Tatsache hin, dass das Gut ihres Vaters dem Flavier wohl nicht bekannt war. Vielmehr dachte sie gerade daran, wie Aquilius ihr schon einmal von Hispania erzählt hatte. Zwar nur kurz auf der meditrinalia, aber jetzt bei seinen Worten überlegte Prisca ernsthaft, wie schön es dort sein musste und ob sie jemals die Gelegenheit haben würde, dieses Land bereisen zu können. Seltsam eigentlich, denn seit ihrer Reise nach Germanien hatte sie nie mehr solch ein Fernweh verspürt. Doch Hispania war mit Sicherheit wunderschön im Vergleich zu diesem unwirtlichen Barbarenland. Überhaupt, ... gab es nicht soviele schöne Orte auf dieser Welt? … und so viel Schöneres zu erleben? ...


    "So wie du es beschreibst, muss es sehr schön sein dort, wo du aufgewachsen bist. Hispania?! … ich könnte mir gut vorstellen dort zu leben. Das Meer hat mich schon immer fasziniert … wie schön wäre es doch, jeden Tag aufs Neue an der Weite und Unendlichkeit des Meeres begrüßen zu dürfen? … Manchmal frage ich mich, warum wir uns eigentlich diese Zwänge auferlegen und dort leben, wo wir uns eigentlich nicht wohl fühlen. So wie mit allem, was uns wünschen und ersehnen und doch nicht erfüllen. Was hindert dich, mich … uns eigentlich daran nicht einfach das zu tun, wonach uns der Sinn steht? … so wie heute, ganz ungezwungen? …


    Prisca gab sich ganz ihren Gedanken hin und als sie bemerkte, was sie da zusammen redete blickte sie den Flavier entschuldigend an, nur um diesen Wunsch, der sie gefangen hielt aufs Neue kund zu tun. Warum? Das wusste sie mittlerweile wohl selber nicht mehr. "Ja, lass uns diese Muscheln suchen, die einst Aphrodite schuf, um ihren Liebsten stets bei sich zu tragen …" Ein neuerliche Lächeln, berauscht von den Gefühlen, welche Prisca in sich verspürte. … was ist nur los mit mir? … Das Neue, Unbekannte, und Verlockende hielt sie gefangen und mahnte doch zur Mäßigung.


    Und diese währte nicht lange, waren doch die Eindrücke bei ihrer Ankunft einfach zu überwältigend. … wir sind da! … , wiederholte Prisca still für sich und konnte sich nicht entscheiden, ob es das Meer oder die wunderschön gestaltete Oase es war, die ihre ganze Faszination auf sich zog. Beeindruckt verfolgte Prisca wie sie den Ort betraten, der von nun an und für heute ihr gemeinsames Ziel darstellen sollte. Dass Aquilius vom Pferd stieg, nahm sie gar nicht wahr und erst als er sie zum absteigen aufforderte, richtete sie ihren Blick wieder bewusst auf ihn. … baden oder essen …essen oder baden …alea jacta est … "Wir gehen zuerst baden!", entschied Prisca mit einem Lächeln, denn nach dem Essen würde sie wohl eher müßig denn spontan entscheiden.



    Und ebenso spontan rutschte sie von dem Pferd hinunter in seine Arme. Genauer gesagt spürte sie eher seine Hände, die sie sicher auffingen und hielten. Doch wo lagen seine Hände genau? Prisca hing noch halb in der Luft und ihre Zehenspitzen konnten den Boden nur erahnen. Ihr Gesicht so dicht vor dem seinen, hätte nur einen kleiner Ruck genügt, um seine Nasenspitze zu küssen. Doch Prisca hielt still und wartete darauf, dass er sie ganz herunter lies. Kein unangenehmes Gefühl, so gehalten zu werden. "Willst du mich vielleicht zum Wasser tragen?", fragte Prisca verzagt und suchte mit ihren Augen seine Gedanken zu ergründen. ...

    Schon bei den ersten Worten die sie auf der Tafel las, bereute Prisca es die Sklavin gefragt zu haben. Es war wirklich nicht ihre Angelegenheit geschweige denn ihre Aufgabe, sich um das Schicksal und die Vergangenheit der Sklaven zu kümmern. Sklaven hatten zu funktionieren ... mehr nicht! Aber Tilla schien völlig verzweifelt und erschöpft. Zudem sah sie auch irgendwie recht blass um die Nase aus. … ist sie am Ende krank? … Prisca war versucht von der kleinen Sklavin ab zu rücken, denn kranke Sklaven durften auf keinen Fall mehr in die Nähe der Herrschaften. Was in einem solchen Fall weiter mit ihnen geschah, hing letztendlich wohl auch von der Art und Schwere ihrer Krankheit ab. Noch blieb Prisca sitzen und überlegte, was sie tun sollte. Am besten wäre es wohl gewesen ihren Onkel zu rufen und ihn zu bitten, sich darum zu kümmern. Er war schließlich das Familienoberhaupt und hatte über die Sklaven zu entscheiden. Doch wie sollte sie ihm das alles jetzt um diese Zeit erklären und was wäre womöglich die Folge?


    Immer wieder wurden Priscas Gedanken von den Grausamkeiten abgelenkt, die sie da lesen musste. Das Mädchen hatte in ihrem Leben wohl noch nie so etwas wie Liebe und Zuneigung erfahren dürfen. Kannte Tilla am Ende nicht einmal die Liebe einer Mutter? Nur eine alte Frau und ein Mann, schienen ihr jemals geholfen zu haben und auch sie waren …. …. Bei den Göttern, was schere ich mich eigentlich darum? … Vielleicht weil Tilla ihr leid tat? Mit einem Seitenblick auf das kleine Häufchen Elend neben ihr, musste es sich Prisca wohl eingestehen. Sklaven waren auch nur Menschen, mit ihren Gefühlen und Ängsten und das nicht nur zu den Saturnalien. Den Sinn dieses Feiertages hatte Prisca im übrigen nie ganz verstanden. Musste es für einen Sklaven nicht blanker Hohn sein, sich an einem einzigen Tag frei fühlen zu dürfen und schon am nächsten Tag sein Leben wieder in den Händen seines Herrn zu wissen? ...


    Das war ihre Meinung, auch wenn sie sich täuschen konnte. Es war zumindest nicht der Grund, warum sie stets so streng zu den Sklaven war und es brachte überhaupt nichts, sich weiter darüber Gedanken zu machen. Seufzend legte Prisca die Tafel zur Seite und rieb sich mit ihrer Hand über die Augen. Erst jetzt merkte sie, wie ihre Finger zitterten. "Dein alter Herr hat also immer gesagt 'wer an den Tod denkt ist dem Tod höchst willkommen'? … wieso bist du dir so sicher, dass er damit recht hat? ...", begann Prisca leise zu sprechen obwohl sie sich selbst noch nicht im klaren war, ob es überhaupt eine befriedigende Antwort auf alle Fragen geben würde und es Tilla trösten könnte." … hätte ihn nicht schon längst der Tod holen müssen, so grausam wie er selbst ist?" Zumindest hoffte Prisca, dass dieser Mann bereits tot wäre oder es bald sein würde, zweifelte sie doch nicht an Tillas Worten. Eher zweifelte sie an sich und das was sie von sich gab. Konnte das Tilla wirklich helfen? "Trotz all der schrecklichen Dinge, die dir in der Vergangenheit widerfahren sind, jetzt bist du hier und trägst das Zeichen meines Onkels. Damit genießt du den Schutz der gens Aurelia, auch wenn du nur eine einfache Sklavin bist. " Prisca seufzte erneut und schüttelte kaum merklich den Kopf. So wie Tilla da saß und vor sich hin weinte, schienen all ihre Bemühungen und Versprechen umsonst.


    Ob sich Tilla nicht einfach nur nach etwas Zuneigung sehnte? … Prisca war versucht, dies zu glauben und rang mit sich selbst, nicht einfach den Arm um das weinende Mädchen zu legen. Aber das konnte und durfte sie wegen ihres Standes nicht. Oder redete sie sich das Ganze nur ein? "Tilla, gibt es jemanden, der dir nahe steht? " Vielleicht hatte Tilla ja Eltern oder Geschwister Irgend jemand, den sie sehr vermisste. Wenn ja, wollte sich Prisca zumindest dafür einsetzen, dass sie sich wieder sehen konnten. ...

    Zufrieden nahm Prisca zur Kenntnis, dass die Erfrischungen umgehend bereit gehalten wurden. Ob nun hungrig, durstig oder auch nicht - für was sonst schleppten sie den Tross an Sklaven und Leibwächter mit sich herum, um nicht stets für ausreichend Privatsphäre sorgen zu können. Und einfach nur die Hand nach etwas Essbaren oder einem Becher Wasser ausstrecken zu müssen, um das Gewünschte sogleich gereicht zu bekommen empfand Prisca nur als standesgemäß. … an welchen Orten und bei welchen Gelegenheiten werden wohl die Menschen in tausenden Jahren überall speisen? … dachte sich Prisca und mit einer einladenden Geste an die Anderen, gönnte sich hier und jetzt eine Traube, welche sie von dem dargereichten Tablett pflückte und genüsslich zwischen ihren Lippen verschwinden ließ . Ein flüchtiger, aber lobender Blick streifte Tilla, die sich dezent bemerkbar gemacht hatte. … na also, das gefällt mir! … Prisca war sichtlich zufrieden mit dem Service und nahm sich vor, bei Gelegenheit einen Blick auf die Tafel und die Fragen der Sklavin zu werfen. Vielleicht in einer der kurzen Pausen, wenn die Arena für das nächste Spektakel gesäubert wurde.


    Im Moment jedoch gehörte ihre ganze Aufmerksamkeit Octavius Dragonum und ihrer Cousine. ... wie Helena gerade den Octavier angesehen hat und jetzt mich. Das kann ja nur bedeuten, dass … Priscas Mundwinkel umspielte ein ebenso flüchtiges wie kaum sichtbares Schmunzeln. So ein kleiner Wettstreit wäre sicher amüsant, auch sie ihrer Freundin den Erfolg von Herzen gönnte. Zeit dazu hätten sie genügend, bot sich ja der überaus charmante Tribun gerade an, ihnen die Stadt zeigen zu wollen. Nur was sollten sie sich alles ansehen?


    "Nun, wie meine Cousine bereits erwähnt hat, sind wir beide erst vor kurzem wieder nach Rom zurück gekehrt. Ich selbst war davor in Griechenland und im Moment wirkt alles in Rom so völlig neu und fremd auf mich. Aber ich bin mir sicher, mit deiner Hilfe wird auch das bereits Bekannte ein neuerliches Erlebnis werden...", erwiderte Prisca dem Tribun und schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln, bevor sie kurz zu Helena hinüber blickte. Ob Helena eine Idee hätte, was sie heute noch alles unternehmen wollten … und ob da ein Tag ausreichend wäre? " … Mich persönlich würde ja brennend interessieren, ob und wo es bereits Kostbarkeiten aus dem fernen Parthien zu bestaunen gibt. Man hört und liest so vieles über den erfolgreichen Feldzug unserer tapferen Truppen, aber bisher habe ich noch nichts von den vielen Kostbarkeiten zu Gesicht bekommen, welche dieses exotische Land zu bieten haben soll.", fügte Prisca noch als Vorschlag an und wartete nun gespannt darauf, was Helena oder Octavius Dragonum darauf erwidern wollten. In der Zwischenzeit nahm sich Prisca eine weitere Traube von dem Tablett und verspeiste sie genüsslich im gehen , da hörte sie eine bekannte Stimme, die langsam immer lauter wurde.



    "… [SIZE=7]dominae[/SIZE] … dominae … ", rief Trautwini den beiden Aurelia schon im Näherkommen ganz aufgeregt zu, auch wenn er leider keine guten Nahrichten mit brachte. Schließlich erreichte er die Gruppe und wandte sich räuspernd mit den Worten: "Verzeih, domina! …" direkt an Helena. Diese Herrin war ihm irgendwie sympathischer, denn die Launen der domina Prisca kannte er bereits zur Genüge. "… Es gab leider keine guten Plätze mehr in den vorderen Reihen, Herrin. … Es sind nur noch Plätze auf den Rängen vorhanden, denn heute gibt es etwas ganz Besonderes zu bestaunen!", flüsterte er ganz aufgeregt, denn er hatte die Aufbauarbeiten bereits mit eigenen Augen gesehen. "Gerade wird in der Arena die Kulisse für eine fernöstliche Szene aufgebaut. …Eine Oase und eine Karawane, sollen gleich von wilden Tieren überfallen werden." Nun wartete Trautwini gespannt, wie sich die beiden Herrinnen entscheiden würden. Die domina Prisca zumindest rollte sichtlich genervt mit den Augen, nachem sie seine Worte mit an gehört hatte. Hmm??? Von dem Angebot des Tribuns wusste Trautwini ja nichts.

    Was war es nur, was sie an dem Flavier so anziehend fand? Immer wieder nutzte Prisca die kurzen Momente, in denen Aquilius seine Aufmerksamkeit der Umgebung widmen musste, um ihn verstohlen an zu blicken. Nur, wie und vor allem zu wem hätte sie dabei einen Vergleich ziehen können? Was wusste sie eigentlich über diesen Mann, seine Charaktereigenschaften und ob er sich ihr gegenüber so offen und ehrlich benahm, wie sie sich selbst geben wollte? … ob er nach Ruhm und Macht strebt, in der Politik? … Die Vorstellung, einen erfolgreichen und einflussreichen Mann an ihrer Seite zu wissen, gefiel Prisca insgeheim und doch war es nicht alles - nicht das - was sie wirklich zu erwarten hoffte… … vielleicht liebt er mehr die Freiheit und das Leben so wie ich? … und genießt es mit mir gemeinsam … jeden Tag aufs neue … so wie jetzt? … Was nützte schon alle Macht und Ruhm der Welt, wenn dafür keine Zeit mehr für das Leben bliebe und man nur noch, durch die Gitterstäbe des selbst gewählten Käfigs hindurch, auf die längst verlorene Freiheit blicken konnte. So nah und unerreichbar, wie … die Liebe und das Vertrauen zu einander?! … War das nicht vielleicht sogar das Wichtigste? …


    Was nützten Prisca all die gut gemeinten Ratschläge ihrer Mutter und ihrer Freundinnen, die eigenen Regeln und die anerzogenen Erwartungshaltungen was nützten sie ... jetzt!?, da sie glaubte dem Mann gegenüber zu stehen, der sovieles von all dem versprach, was sie sich immer erhoffte. … war das möglich? … Er wäre der Erste und das in jeder Hinsicht! … aber bin ich bereit dafür? … Prisca wusste es in dem Moment nicht und erschrak über ihre eigenen Gedanken. Ein unbeschwerter Tag sollte es doch werden ... und ja, das war er auch, viel mehr noch! Aber dennoch wusste sie, welche Bedeutung er vielleicht für sie und auch für den Flavier haben würde. Doch noch hatten sie die Zeit … alle Zeit der Welt …, an diesem einen Tag, um es heraus zu finden. .. Genug gegrübelt, Pirsca! … ermahnte sie sich selbst und besann sich wieder auf die Worte und die Frage von Aquilius, der sie eben wieder anlächelte. Sehnsuchtsvoll mochte ihr Blick schon länger auf ihm geruht haben, doch nun sah sie ihm tief in die Augen. Ein Augenblick nur, dann rief Prisca ihre Gedanken wieder zur Ordnung und sich den Namen des Landgut wieder ins Gedächtnis.


    "Das Gut meines Vaters hieß villa luscinia. Mein Vater hatte sich dort bis zu seinem Tod ganz seinen geliebten Olivenbäumen gewidmet." Zumindest hatte ihr das ihre Mutter immer erzählt. Als Kind war sie dann oft allein durch die Olivenhaine gegangen, in der stillen Hoffnung dort einmal ihrem Vater zu begegnen. ... wie dumm ich doch damals war, so etwas zu glauben. Aber wie mochte es wohl heute dort aussehen, ob sich vieles verändert hat? … Fast hatte Prisca etwas Angst davor die schönen Erinnerungen könnten verblassen, sollte sie je den Ort ihrer Kindheit wieder sehen. "Marcus wollte sich eigentlich um das Gut kümmern aber wenn ich ehrlich bin, habe ich ihn gar nicht mehr danach gefragt. Es wäre wirklich Zufall, wenn du die villa kennen würdest, oder Marcus sie dir am Ende sogar zum Kauf angeboten hat", schmunzelte Prisca, obwohl es durchaus denkbar wäre, kannten sich die beiden doch recht gut. "Zieht es dich eigentlich oft hierher ans Meer? Ich zumindest war schon viel zu lange lange nicht mehr hier. Aber ich spüre nun ganz deutlich, wie sehr ich den Anblick der Weite des Meeres und das Rauschen der Wellen vermisst habe."


    Prisca war dankbar, dass Aquilius das Tempo des Pferdes etwas anzog. Auch wenn das Wasser mit Sicherheit recht kühl sein würde war doch ihre Vorfreude auf das Bad im Meer bereits sehr groß. Ob sie dort auch seinen Nähe und Wärme spüren könnte? Der Ritt und damit die Gelegenheit sich so ungezwungen nahe zu sein war ja nun bald vorüber und so klammerte sie sich noch etwas enger an ihn, um die verbleibende Zeit zumindest aus zu kosten.

    … Cahlda? … Zopf flechten, singen … Siv, Caelyn … Fest im hortus … Tod?!? … Gleich nachdem Prisca die ersten Worte auf der Tafel entziffert hatte, bereute sie es fast, die Sklavin herein gelassen zu haben. Was gingen sie die anderen Sklaven und das was sie taten eigentlich an? …nichts! … Herren und Sklaven gehörten nicht an einen Tisch und ebenso wenig sollten sie ihre Gefühle und Ängste mit einander teilen. Prisca hätte es eigentlich besser wissen müssen, nachdem sie einst von ihrer eigenen Leibsklavin so schändlich hintergangen worden war. Trotzdem saß sie hier und sorgte sich um die kleine Sklavin die, in Tränen aufgelöst, neben ihr auf dem Bett saß. Prisca verstand sich selbst nicht mehr, hatte sie bisher doch stets die Distanz zu den Sklaven wahren können. … bis heute? …


    Prisca seufzte leise und nahm die Tafel aus Tillas Händen, sobald diese mit schreiben fertig war. Immer noch hoffte sie, dass sie sich verlesen hatte. Nein! … Ausgerechnet der Tod ist es, vor dem sie Angst hat … wer ängstigt sich nicht vor ihm? … ich habe auch Angst! … Doch Gefühle zeigt man nicht ... Prisca betrachtete die Tafel immer noch, obwohl sie längst schon alles gelesen hatte und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger müde die Nasenwurzel. Was sollte sie darauf antworten, wie konnte sie da helfen … wollte sie das überhaupt? Prisca wandte etwas den Kopf zur Seite und sah der Sklavin vielleicht zum ersten Mal direkt in die Augen. … es waren ihre Augen! … gleich denen von Leonita … längst vergessen ...


    Wieder seufzte Prisca und drehte die Tafel zwischen ihren Fingern hin und her. " … hat nicht jeder Mensch, ob nun frei oder unfrei, Angst vor dem Tod? …", stellte Prisca für sich diese Frage fest und blickte gedankenverloren zu Boden. "Der Tod begleitet uns unser ganzes Leben lang und nur die Götter wissen unser Schicksal zu bestimmen. Ich glaube, sie lassen sich dadurch auch nicht beeinflussen, ob wir nun viel oder wenig über den Tod reden." Wieder musste Prisca darüber nachdenken, was sie da sagte. Ein Priester könnte helfen, war sie sich selbst doch so unsicher in all diesen Fragen. Konnte sie Tilla damit trösten? … fürchtete sie gar ihren eigenen Tod? - sie war doch noch so jung! … oder vielleicht den eines anderen Menschen? - nur wer mochte das sein, war sie nicht ihr ganzes Leben … allein? … "… Wovor genau hast du Angst? ...", fragte Prisca leise und sah wieder zu der kleinen Sklavin hin. ...

    ... was denn? ... was ist denn? ... Prisca konnte nur schwer den Blick von dem Fremden abwenden, bis sie dann doch den Kopf zu Tilla drehte und ausgerechnet in die freudig funkelnden Augen der kleinen Sklavin blickte, die ganz aufgereget vor ihr herum hüpfte. Verärgert riss Prisca ihr die Tafel aus der Hand und behielt sie erst einmal für sich. "Nicht jetzt!", zischte Prisca und sah Tilla dabei eindringlich an. "Besorge uns etwas zur Erfrischung! ... Obst, Wasser, Wein, was auch immer gewünscht wird, du serviert es SOFORT! Beeil dich und dann bleibst du an meiner Seite! ...VERSTANDEN?!" Knappe und unmissverständliche Anweisungen, welche Prisca eilig dem Sklavenmädchen zu zischte. Dazu ein Blick, der keine Widerreden zu lies, denn Prisca war sehr verärgert. Welchen Eindruck würden sie dadurch auf den Fremden machen, wenn die Sklaven hier einfach so froh und munter herum hüpften?!


    Mit einer Handbewegung schickte Prisca die Sklavin fort und widmete ihre ganze Aufmerksamkeit wieder dem Tibun. Ob es ihr wohl gelang ihre unverhohlenen Blicke geschickt genug zu verstecken? ... Doch war das überhaupt beabsichtigt? Prisca hielt sich etwas zurück, war es doch Helena gewesen, die die Initative ergriff. Und darüber staunte Prisca noch immer.


    Ebenso, wie sie über die vielen Leibwächter staunte, die sich - auf den Wink von Octavius Dragonum hin - zwischen ihre eigenen Beschützer mischten. ... sind wir hier in einem Manöver, oder was passiert jetzt genau? ... Verwundert blickte sich Prisca um. Überall formierten sich die Männer um Helena und sie herum. Prisca warf ihrer Freundin einen fragenden Blick zu ... was bleibt uns anderes übrig, als mit zu kommen? ... aber das wollen wir doch ohnehin, oder? ... Prisca zuckte fast unmerklich mit den Schultern wandte sich dann wieder an den Octavier. ...Sollte sie etwas sagen, oder wollte Helena gerade antworten? ... Zu spät ...


    "Es ist uns ebenso eine Ehre und eine besondere Freude, durch eine solch ansehnliche Eskorte geschützt zu werden. Unser Dank gilt dir allein werter Tribun, dass du dich so um unser Wohlergehen sorgst. ... Wo sonst, als in deiner Obhut, könnten wir uns also in Sicherheit wissen?!"


    Prisca neigte etwas den Kopf und betrachtete den Mann mit sichtlichem Interesse. Seine Erscheinung war ohne Zweifel tadellos und so etwas war keineswegs eine Selbstversändlichkeit in all dem Trubel, der sie hier umgab. Doch Prisca ermahnte sich selbst, etwas zurückhaltender zu sein. Hatte doch Helena die Initative ergriffen. "Nun Helena, was hatten wir so alles geplant an diesem schönen Tag? ... das Kolosseum war zumindest unsere erst Anlaufstelle, nicht wahr?", leitete Prisca, mit einem Augenzwinkern und einem Grinsen, die Frage an ihre Cousine weiter.

    ... was ist denn nur mit dem Mädchen los? ... Prisca schalt sich selbst, dass sie sich soviel Gedanken um eine einfache Sklavin machte und noch dazu Eine, die ihrem Onkel gehörte. Andererseits gab sich die kleine Sklavin sichtlich Mühe mit allem was sie tat. Auch wenn sie manchmal mit ihrer Unbeschwertheit und lockeren Art negativ auffiel. Vielleicht war es aber gerade das, was Prisca unbewusst an Tilla mochte. ...mögen? ... nein, nein, nein! ... Prisca schüttelte insgeheim den Kopf, während sie hinter Tilla in das Zimmer zurück ging. Seit dem Verrat, den sie durch Leonita erlitten hatte, zeigte Prisca keinerlei Gefühle mehr für Sklaven. Zumindest dachte sie das...


    "Herrje, Tilla? was ist denn nur los mit dir?", fragte Prisca nun doch besorgt und blieb vor dem Mädchen stehen, dass eben zitternd auf dem Boden zusammen sackte. Sollte sie ihr auf helfen? ...Nein! ...soweit konnte Prisca nicht gehen. Stattdessen versuchte sie die Handzeichen zu begreifen und mit Mühe konnte sich Prisca etwas darauf zurecht reimen. "Es ist nicht schlimm, dass du nicht geklopft hast!", versuchte sie die Kleine zumindest jetzt etwas zu beruhigen, auch wenn sie es sonst nie dulden würde. Prisca rang sichtlich mit sich. ... wo hatte denn Tilla ihre Tafel? ... "Setz dich auf mein Bett.", gab Prisca die Anweisung und ging selbst zu dem Tisch, auf dem ihre Schreibutensilien lagen.


    Mit einer Hand die Schreibtafel haltend und mit der anderen die Decke, trat Prisca wieder zu der Sklavin und hielt sie ihr hin. "Jetzt beruhige dich erst einmal und schreib mir auf, was dich bedrückt! ... und lass dir Zeit, hörst du?! ... du braucht keine Angst zu haben. Ich tue dir nichts." Prisca konnte es fast selbst nicht glauben, wie sie da gerade eben mit einer Sklavin sprach. Und mehr noch, da sie sich nun neben Tilla auf das Bett setzte und - im Schein der wenigen Öllampen - neugierig auf die Tafel starrte und das, was Tilla vielleicht darauf nieder schreiben würde ...

    Es war den Männer schon an zu merken, dass sie mit diesem Gesprächsthema nicht sehr viel an zu fangen wussten und so das Reden Helena und ihr überlassen wollten. Eigentlich kein Wunder, angesichts der Tatsache, dass die Riten der Bona Dea ein gut gehütetes Geheimnis der Frauen war. Schade nur, das weder ihre Cousine noch sie selbst etwas über die diesjährige Zeremonie erfahren konnten. Priscas stille Hoffnung war es ja gewesen, dass einer der Männer die Frau des Consuls kannte und sie ihnen vielleicht vorgestellt hätte. … aber war die Frau des Consuls überhaupt heute her? … Prisca musste zugeben, dass sie dies gar nicht wusste. Und das, obwohl sie die Gästeliste ein paar Mal selbst in Händen gehalten hatte.


    Wie dem auch sei, fast hätte sie über dies sogar die anderen Gäste vernachlässigt. Erst Helenas erschrockener Blick und ihre Worte ermahnten sie wieder an ihre heutigen Pflichten. … so spät schon? … in der Tat, einige der Gäste verabschiedne sich sogar schon … Mit einem Nicken zu ihrer Cousine hin, erhob sich Prisca nun ebenfalls. Elegant und ohne Eile, zupfte ihr Gewand zurecht und neigte den Kopf, um sich mit einem Lächeln zu verabschieden.


    "Auch mir war es eine Freude euch kennen zu lernen. Ich hoffe doch, dass es die Gelegenheit geben wird unser Gespräch von heute einmal fort zu setzen. Doch für den Moment müsst ihr uns leider entschuldigen."


    Mit diesen Worten schloss sich Prisca ihrer Freundin an, um dann gemeinsam mit Helena ihren Gastgeberpflichten nach zu kommen.

    … So viele Gedanken! … In dieser Nacht wollte und konnte auch Prisca einfach keinen Schlaf finden. Unruhig schritt sie in ihrem cubiculum auf und ab, trat immer wieder an das Fenster. Müde und doch neugierig blickte Prisca empor zu den Sternen, als könne sie dort oben die Antworten auf all ihre Fragen finden. Und der Glaube allein plagte sie, diese Antworten von alleine vielleicht nie finden zu können … So viele Nächte ohne Schlaf und nur die Hoffnung und der stille Wunsch nach Geborgenheit … Liebe? … ja vielleicht sogar danach! Prisca wusste nicht, was sie in diesen dunklen Stunden wachend suchen ließ. … ist es so einfach? zu vertrauen … in das was ich tue und dabei empfinde? …,fragte sich Prisca immer wieder selbst, wenn sie mit glänzenden Augen in die Dunkelheit der Nacht hinaus starrte und sich zurück wünschte, was sie schon vor langer Zeit verlor.


    … ein Scharren .. Ein Kratzen … was war das? … Prisca zuckte zusammen und wandte sich abrupt zur Türe um. …wie lange habe ich schon am Fenster gestanden? …. Keine Antwort, nur die Gewissheit, dass da etwas oder jemand vor der Türe war. Prisca zog die Decke, welche sie um ihren nackten Körper geschlungen hatte vor der Brust zusammen … Angst? … Nein! Die hatte sie nicht, während sie auf blanken Füssen zur Türe hin schlich und lauschend den Kopf zur Seite neigte. "Ist da wer?" Die Frage entglitt ihren Lippen ungewollt, verzagt und nun gab es kein Zurück. … wer auch immer es wagt, sich vor meinem Schlafgemach herum zu treiben der kann was erleben !!!!... Prisca holte tief Luft und riss im nächsten Moment wütend die Türe auf.



    Die Worte hatte sie sich schon zurecht gelegt um den Störenfried zu verscheuchen. Jedoch starrte sie nun ungläubig vor sich auf den Boden. "Tilla? …" War das wirklich die kleine Sklavin, die da vor ihrem cubiculum kauerte? Verflogen war die Wut genau so schnell, wie sie gekommen war. Das Verhalten der Sklavin war so ungewöhnlich wie das von ihr selbst. Keine Härte schwang in Priscas Stimme mit, nur Verwunderung und Neugier. Am Ende gar … Mitgefühl? … …"Tilla?! … Was ist los, was machst du hier um diese Zeit?" … ob sie mich hört? … herrje, sie weint! … Etwas hilflos stand Prisca da und überlegte was sie nun tun sollte. ...Was schere ich mich eigentlich um eine Sklavin? Meine ganze Autorität ist dahin, wenn das jemand erfährt. Ich habe es mir geschworen, aber … was ist mit Tilla? … "Tilla! hörst du mich nicht? Komm, steh auf!", befahl Prisca zwar knapp und abwartend. Gleichwohl klang Priscas Stimme eher sanft und als sie dann einen Schritt zur Seite machte, war dies wohl die Aufforderung an Tilla, ihr ins Schlafgemach zu folgen.