Beiträge von Fiona

    Das traurig dreinblickende Gesicht von Fiona erstrahlte wieder ein wenig, als sie hörte, daß Kassandra wieder gesund werden könnte.
    "Es gibt noch Hoffnung für sie?", fragte sie aufgeregt.
    Aufmerksam hörte sich Fiona die Anweisungen des Medicus an.
    "Ich werde die Herrin davon in Kenntnis setzen."
    Dann nahm sie die Wachstafel, auf die er nochmals seine Verordnungen notiert hatte.

    Als er endlich von Fiona abgelassen hatte, sackte sie ermattet zusammen. Entmutigt blieb sie auf der Platte des Schreibtisches liegen. Zwar war sie heilfroh, des befürchteten Mißbrauchs entgangen zu sein, doch hatte er es geschafft, sie völlig aus der Reserve zu locken. In der Tat, sie war nur noch ein Häufchen Elend. Nur noch ein leises Schluchzen war von ihr zu hören. Tränen tropften auf die Tischplatte und bildeten dort einen kleinen See. Völlig von ihrem Schmerz übermannt, bemerkte sie ert nichts von dem, was sich nun im diesem Raum anzubahnen schien.
    Menecrates hatte sich in der Zwischenzeit, Minna zugewandt. Er hatte ihr geboten, aufzustehen.
    Dann drangen Minnas Worte an Fionas Ohr. Sie verstand nichts, von dem was sie sagte, doch der Ton, den sie anstimmte, klang kalt und bedrohlich.
    Sie drehte ihren Kopf zu Minna hin, um zu beobachten. Sie war zu kraftlos, um einzugreifen. Zu schwach!
    Jetzt hatte sie wirklich alles verloren!

    Fiona nickte dem Mädchen freundlich zu. Sie gingen wieder zurück zum Feuer und setzten sich.
    Severus begann, den Met in die Becher zu füllen und reichte sie weiter, bis er dann selbst die Toten ehrte und schließlich den Met kostete.
    Fiona reichte einen der Becher weiter an Tilla.
    "Hier, für dich! Koste mal, das ist Met!"
    Doch das Mädchen schaute sie nur fragend an. Sicher hatte sie noch nie zuvor Met gekostet.
    "Met ist Honigwein. Er schmeckt so ähnlich wie Mulsum. Hier probier ruhig! Der schmeckt gut! Und bediene dich ruhig auch bei den Speisen. Es ist genug für uns alle da! "
    Dann nahm Fiona selbst einen Becher und trank einen Schluck. Anschließend nahm sie sich noch ein wenig von den lecker aussehenden Süßspeisen, die Cadhla mitgebracht hatte.

    Fiona beobachtete den Medicus, wie er seine Untersuchung begann. Er versuchte Kassandra anzusprechen, fühlte ihre heiße Stirn und machte sich einige Notizen.
    "Sie klagt seit einigen Tagen über den Husten und die Schmerzen. Doch das hohe Fieber muß über Nacht gekommen sein. Sie glüht förmlich. Außerdem hat sie mich heute Morgen nich erkannt. Sie erkannte in mir ihre Mutter.", berichtete Fiona besorgt.
    Ob es einen Landsitz am Meer gab? Ja, den gab es. Genaugenommen sogar zwei. Einen in Baiae, dort wo Ofella wieder weilte und der zweite in Ostia. Die Casa, die Deandra gehörte. Wenn sie die Wahl zwischen den beiden Häusern gehabt hätte, hätte sie sich sofort für Ostia entschieden. Kassandra, in diesem Zustand noch den Roten Drachen
    zumuten zu müssen, wäre schliechtweg einer Folter gleichgekommen.
    "Ja, es gibt ein Haus in Ostia, Herr!",gab Fiona zur Antwort.

    Als er seine Hand langsam an ihrem Oberkörper bis hin zur Brust gleiten ließ, erdschauerte sie. Der Ekel, den sie erst empand, wandelte sich immer mehr in das Gefühl der Übelkeit. Nur ihre Angespanntheit verhinderte, daß sie würgenkonnt. Immer noch hielt sie die Augen geschlossen. Doch plötzlich ließ er von ihr ab und entfernte sich ein Stück weit von ihr. Nach einer Weile öffnete sie wieder die Augen und wollte erst nicht glauben, was ihr da geboten wurde. Er war im Begriff sich selbst zu entkleiden. Angeekelt schaute sie ihm dabei zu. Auch ihr war seine Erregung nicht entgangen und sie fand es einfach widerwärtig, wie er sich an ihr ergötzte. Der Gedanke, was er mit ihr vorhaben könnte, ließ sie erzittern.
    In ihrem Kopf blitzten wieder die Bilder auf. Von dem Tag, an dem sich alles geändert hatte in ihrem Leben. Ihre Mutter, die sich schützend vor sie stellte. Die dann vor ihren Augen immer und immer wieder geschändet wurde. Ihre Mutter, der man schließlich die Kehle durchgeschnitten hatte und die dann leblos zu Boden sank.
    Plötzlich stieß er sie in Richtung des Schreibtisches, packte sie im Genick und presste sie nach unten auf die Schreibtischplatte. Gerade noch rechtzeitig konnte sie einen direkten Aufprall ihres Gesichtes mit ihren Händen noch abfangen. Ihr Herz raste mittlerweile. Sie begann zu schreien und sich zu wehren. Sie versuchte sich vom Schreibtisch abzustoßen. Doch das gelang ihr nicht. Der Druck seiner Hand in ihrem Genick war zu stark.
    Dann spürte sie erneut den Knauf der Peitsche auf ihrem Rücken. Tränen schossen in ihre Augen. Langsam erstarb ihr schreien. Nur noch ein leises Wimmern war zu hören.
    Sie wünschte sich, sie wäre auch an jenem Tag gestorben. Doch diesen Gefallen hatte man ihr verwehrt.

    Unverändert stand sie vor ihm. Es schien, als sei sie versteinert. Versteinert war auch ihre Miene. Sie war an einem Punkt angekommen, an dem es kein Zurück mehr gab. Warum war es aber so weit gekommen? War es das alles wirklich wert? Die Lage, in der sie sich befand, war nur deshalb zustande gekommen, weil sie sich für ihre Mitsklavin eingesetzt hatte. Warum hatte sie das getan? War es nicht besser, das eigene Überleben zu sichern? Aber was hatte sie denn noch zu verlieren? Nichts! Außer das Leben selbst uns das letzte bißchen Selbstachtung. Zu tief waren die Wunden, die man ihr zugefügt hatte. Zu sehr hatte man ihr bereits zugesetzt. Alles hatte man ihr genommen! Da keine Aussicht bestand, je das wieder zu erlangen, was sie einmal war und hatte, wollte sie wnigstens noch das verteidigen, was sie noch besaß. Das dieser Kampf auf lange Sicht aussichtslos war, wußte sie. Doch einfach aufgeben und sich zu ergeben, nein! Das wäre das größte Verbrechen, daß sie sich selbst antun könnte! Er müßte sich schon sehr anstrengen, sie jemals ganz brechen zu können.


    Mit einer gewissen Genugtuung, sah er zu, wie langsam die Tunkia von ihren Körper rutschte. Seine Augen, lechzend, gierig, lüstern, verlangten nach mehr. Sie glitten über ihren Körper und saugten förmlich alles auf, was ihnen da geboten wurde. Dieses Grinsen und sein Atem in ihrem Gesicht. Es war einfach widerlich! Fiona versuchte, durch ihn hindurchzusehen, so, als wäre er gar nicht da. Sie wollte ihn einfach nicht mehr wahrnehmen. So, als wäre sie an einem anderen Ort. Ganz weit weg von hier. An einem schöneren Ort. So entging es ihr völlig, was weiter passierte, wie er sich in Bewegung gesetzt hatte und wie er begann, sie zu umrunden, sie anstarrte. Auch die Worte, die er an Minna gerichtet hatte, waren ihr entgangen ihr. Sie war gedanklich ganz weit weg. Die Frage, was wohl passieren würde, wenn er jetzt noch herausfände, daß man ihn wegen Minnas Sprachdefizit getäuscht hatte, stellte sie sich in diesem Augenblick nicht mehr.
    Fast wäre sie gänzlich der Wirklichkeit entflohen. Erst als seine Hand über ihren Rücken glitt, zuckte sie zusammen. Damit hatte er sie wieder in die Realität zurückgeholt. Es war, als sei sie aus einem tiefen Schlaf erwacht. Ihr Atem ging schneller, ihr Herz begann zu rasen und ihre Muskulatur spannte sich an und versteifte sich. Krampfhaft hielt sie ihre Kleider in Händen. Krallte ihre Finger hinein. Es widerte sie an, seine Berührung zu spüren.
    Schließlich hatte er sie ganz umrundet und blieb vor ihr stehen. Dann plötzlich drehte er sich zu seinem Schreibtisch hin, öffnete eine Schublade und holte einen Gegegenstand heraus. Damit trat er erneut an sie heran. Sie erkannte schließlich, was er in Händen hielt. Es war eine Peitsche! Völlig emotionslos nahm sie es zur Kenntnis. Doch innerlich wurde sie noch mehr aufgewühlter. Die Angst begann sich breitzumachen. Angst, die bevorstehenden Schmerzen nicht zu überstehen, Angst, zusammenzubrechen.
    Als er damit über ihren Körper zu streichen begann und ihr damit andeutete, sie solle die Kleider die sie noch immer vor sich hielt, entfernen, schloß sie schließlich ihre Augen und ließ es geschehen.
    Sie ließ die Tunika neben sich auf den Boden gleiten. Völlig entblößt stand sie jetzt vor ihm, immer noch mit geschlossenen Augen. Diese widerlich lüstern dreinblickende Fratze, die sich ihr jetzt bieten würde, wollte sie nicht sehen. Diesen Triumph wollte sie ihm nicht gewähren.

    Endlich begann das Mädchen, herunterzuklettern. Wie alt mochte sie sein? Vielleicht fünfzehn?
    Plötzlich fiel etwas vom Baum herab und blieb unweit von Fionas Standort liegen. Sie bückte sich und hob es auf. Es war ein kleines Töpfchen in dem sich Honig befand. Indiesem Moment kam dann auch noch Bridhe herbei, die das Mädchen mit Namen nannte: Tilla.
    Freundlich lächelte sie Tilla an.
    "Sei uns willkommen, Tilla! Möchtest du mit, an unser Feuer kommen? Dort ist es schön warm!"
    Sie deutete auf die anderen Teilnehmer des kleinen Festes, die es sich am Lagerfeuer gemütlich gemacht hatten.
    "Hier das gehört dir!
    Mit diesen Worten hielt sie ihr das Honigtöpfchen entgegen.

    Fiona hatte schon den Medicus erwartet. Als sie ein Klopfen an der Tür hörte, eilte sie schnell zur Porta.
    Sharif hatte dem Medicus bereits die Tür geöffnet.
    Sofort wendete sie sich an ihn.
    "Herr, bitte komm schnell! Es eilt!"
    Mit einer Handbewegung bat sie ihn ins Haus. Sie eilte voran und hoffte, der Medicus würde ihr zügig folgen.

    Fiona, die sich gerade angeregt mit Aintzane unterhalten hatte wurde durch das Rufen Bridhes aufgeschreckt. Ängstlich schaute sie sich um. Das Schlimmste, was an diesem Abend noch passieren konnte, war,daß man sie hier entdecken würden. Sie wollte sich erst gar nicht ausmalen, was mit ihnen allen dann passieren würde.
    Doch etwas oder jemand mußte da in der Baumkrone sitzen. Durch Minnas ängstliche Bitte angespornt, jemand solle doch bitte einmal nachsehen gehen, stand sie auf und lief zu dem Baum hin.
    Tatsächlich! Ganz oben in der Baumkrone saß- ein Mädchen!
    "Hey du, komm besser runter! Na komm schon! Hab keine Angst!"
    Mit etwas weniger drohenden Worten sprach sie das Mädchen an und hoffte, sie würde vertrauen fassen und tatsachlich herunter kommen.

    Vielleicht hätte sie in diesem Fall einmal die Worte ihres Vaters beherzigen sollen, nicht immer so hitzköpfig zu sein! Doch das hatte sie leider nicht. Jetzt einen Rückzieher zu machen und sich ihm vor die Füße zu werfen, stand außer Frage! So blieb sie weiterhin, trotzig dreinblickend, stehen. Erst als sein Zeigefinger sie traf, geriet sie ins schwanken und mußte einen Schritt zurücktreten.
    Was hatte er da mit eisiger Stimme gesagt? Ausziehen? Sie mußte erst mal schlucken. Hier und jetzt ausziehen? Innerlich begann sie zu beben. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, was nun passieren würde. Offensichtlich wollte sich der Herr heute seine Hände selbst schmutzig machen, dachte sie.
    Nein, kein Pardon erbitten! Haßerfüllt sah sie ihn an.
    Schließlich begann sie, langsam mit zitternden Händen, die Tunika zu lösen und sich auszuziehen. Schützend hielt sie ihre Kleider vor ihren Körper. Es war ihr unangenehm, völlig nackt vor ihm stehen zu müssen. Was würde jetzt mit Minna geschehen? Sie war mittlerweile in sein Blickfeld geraten, was ihre Angst und ihr Zittern noch verstärken mußte. Was in diesem Augenblick in ihr vorgehen mußte, als sie zusehen mußte, wie sich Fiona auszog? Schließlich verstand sie nicht das geringste, von dem, was er sagte. Was hatte er mit ihr vor? Müßte sie sich auch ausziehen? Wollte er seine Wut auch an ihr auslassen?

    Fiona mußte grinsen, als sie sah, wie Minna eifrig ihren Hunger stillte. Sie selbst hätte auch noch einige verdrücken können. Niemal hätte sie gedacht, daß ihr die Kringel so gut gelingen würden.
    "Wenn sie noch warm sind, schmecken sie am Besten! Aber man sie auch kalt zu Wein oder Met essen."
    Fiona überlegte, ob es wohl klug wäre, Minna mit einzuweihen. Was wohl Cadhla und Bridhe sagen würden, wenn sie ihre Freundin mitbrächte? Auf der anderen Seite, müßte sie dann nicht alleine zur Aurelianischen Villa gehen. Dann könnte sie sogar noch mehr Proviant mitnehmen.
    "Ja also, all diese Sachen habe ich für ein Fest gebacken. Für ein Fest, das Cadhla, Bridhe und ich im Garten der Aurelier feiern wollen, morgen Abend!"
    So jetzt war es raus! Fiona beobachtete Minna, wie sie wohl darauf reagieren würde.
    "Du kennst doch Cadhla und Bridhe? Das sind die Beiden, mit denen ich mich auf diesem Fest unterhalten habe.", fügte sie erklärend hinzu.
    "Also wenn du möchtest, kannst du mir gerne helfen!"
    Schließlich wären sie zu zweit noch schneller fertig.

    Fiona strich ihr sanft durchs Haar, nachdem Kassandra Hustenanfall sich wieder gelegt hatte. Sie hatte mit den Tränen zu kämpfen, denn sie sah, wie schlecht es um sie stand. Kassandra hatte sie nicht erkannt. Sie hielt sie für ihre Mutter. Das Fieber vernebelte gänzlich ihre Sinne.
    "Ja, ich bin bei dir, mein Liebes!", sagte sie sanft zu ihr, tätschelte liebevoll ihre Wange und erhob sich dann.
    Fiona ging zur Tür. Sie wußte, draußen wartete Epicharis darauf, endlich zu erfahren, wie es Kassandra ginge.


    Man konnte Fionas Gesicht entnehmen, daß es nicht gut um die Sklavin stand. Sorgenvoll und mit Tränen in den Augen, trat sie Epicharis gegenüber.
    "Es sieht nicht gut aus Herrin! Das Fieber will nicht sinken, sie hustet nur noch Blut und..."
    Fiona zögerte einen Moment. Es schmerzte sie selbst, zu wissen, wie es um Kassandra stand. Auch wußte sie, wie sehr es Epicharis bedrücken mußte.
    "Sie ist nicht recht bei sich. Sie hat mich nicht erkannt, als ich mit ihr sprach. Sie glaubt, ich sei ihre Mutter!"
    Betrübt senkte sie ihren Kopf. Ob es noch ein Fünkchen Hoffnung für Kassandra gab?

    Zitat


    Original von Aintzane:
    Es gab ein paar gallische Gottheiten, die sie mochte... doch lieber würde sie ihren eigenen Göttern opfern. Vorsichtig fragte sie in die Runde: "Sollte ich lieber gallischen Gottheiten opfern oder kann ich das auch mit meinen eigenen Göttern tun?"


    Fiona hatte sich wieder auf ihren Platz niedergelassen. Wortlos doch respektvoll, beobachtete sie Bridhe, als sie zum Feuer schritt und den Göttern opferte. Sie nannte die Götter bei ihren hibernischen Namen, doch wußte sie wohl, welche Gottheiten gemeint waren.
    Gerade wollte sie sich ein Stück des Gebäcks greifen, als sie Aintzanes Frage hörte. Schließlich wandte sie sich der Freundin zu.
    "Aintzane, sei völlig ungezwungen! Wir sind hier unter Freunden und es ist kein Druide anwesend. Opfere, wem du willst. Tu das, was du möchtest!"
    Freundlich lächelnd schaute sie zu Aintzane.

    Sim-Off:

    Darf ich?


    Fiona ging noch einmal zur Unterkunft zurück. Es war dunkel, sie konnte nichts sehen, doch hörte sie ein Röcheln. Sie versuchte zu erspähen, woher es kam, doch sie konnte erst nichts erkennen. Nach einer Weile hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Jetzt erkannte sie plötzlich, daß es Kassandra war, die immer noch da lag. Von ihr ging auch das Röcheln aus. Fiona ging zu ihr und beugte sich zu ihr hinunter.
    "Kassandra, was ist mit dir?" Mit der Hand strich sie über ihre Stirn. Sie war kochendheiß! Dann erblickte sie ein weißes Tuch, das von Blut rot gefärbt war. In ihrem Fieberwahn wisperte sie etwas vor sich hin. Allerdings verstand Fiona nichts von dem, was sie sagte. Doch sie hatte erkannt, wie schlecht es um Kassandra stand.
    Sie ergriff ihre Hand. Alles glühte an ihr. sie wollte versuchen, sie anzusprechen.
    "Kassandra, sag doch was! Soll ich einen Medicus rufen? Kassandra, was soll ich tun?"
    Es lag große Sorge in ihrer Stimme und sie hoffte, Kassandra, würde sie hören können.

    Diese Zeit des Wartens im Arbeitszimmer ihres Herrn, schien nicht enden zu wollen. Minna und Fiona standen da und konnten nichts anderes tun, als zu warten. Warten auf ihre Bestrafung.
    Fiona würde die ganze Schuld auf sich nehmen. Nicht etwa, weil Minna so angsterfüllt neben ihr stand und am ganzen Körper zitterte. Auch nicht, weil sie sie an ihre kleine tote Schwester erinnerte, sondern nur deshalb, weil alles ihre Idee gewesen war. Alles was sie getan oder gesagt hatte, tat sie, um Minna zu schützen. Wenn Fiona darüber nachdachte, warum sie das getan hatte, hätte sie bestimmt keine plausible Erklärung abgeben können. Sie hatte es einfach getan, vielleicht aus Trotz, vielleicht aus Mitleid. Sie wußte es selbst nicht so genau.
    Sie hatte nicht gewollt, daß die Situation derart eskaliert war. Doch jetzt fühlte sie sich stark genug, dem Römer gegenüberzutreten. Mit Stolz und Würde, wollte sie alles auf sich nehmem. Sie würde ihn, ihre ganze Verachtung spüren lassen. Koste es, was es wolle!


    Endlich öffnete sich die Tür. Eiligen Schrittes trat Menecrates ein. Man konnte förmlich seine Wut riechen. Mit einem lauten Knall schlug er seine Hand auf die Platte seines Schreibtisches, was die beiden Sklavinnen unbeabsichtigt aufschrecken ließ.
    Er trat auf Fiona zu und schrie sie an. Sie konnte seinen weinhaltigen Atem spüren und riechen. Er verlangte eine Erklärung für die Vorkommnisse im Atrium.
    Schützend baute sie sich vor Minna auf und erhobenen Hauptes antwortete sie.
    "Es ist alles meine Schuld! Sie kann nichts dafür! Also laß sie bloß in Ruhe! Wenn du jemanden bestrafen willst, dann bestrafe mich, Römer!"
    Sie ließ sich nicht durch seinen strengen Blick verunsichern, sondern sah ihn unvermindert mit ihrem herausfordernden Augen an.

    Fiona schien aus allen Wolken gefallen zu sein, als sie hörte, daß sie sich jetzt auf die Schnelle ein Gedicht ausdenken sollte.
    "Ich?"
    rief sie, mit weitaufgerissenen Augen erschrocken.
    "Aber ich kann doch...ähm, ja Herr, ich werde es mal versuchen!"
    Da hatte sie sich ja vielleicht eine Suppe eingebrockt! Krampfhaft begann sie nachzudenken. Sie mußte Wörter finden, die sich reimten.
    "fort...Ort...Mord? Nein! Lieber nicht!"
    Leider fiel ihr gar nichts ein. Auf Befehl dichten, das ging nicht!
    Mit welchen Gedichten hatte Allwan , sie einst beglückt.
    Denk nach Fiona! Erinnere dich! Und endlich. Ihr fiel etwas ein.
    "Ähm, ich hätte da was!"
    Zaghaft meldete sie sich. Sollte sie es gleich zum Besten geben?


    "O, wer nimmt mir meine Sehnsucht ab?
    Es macht mich so traurig, das Rauschen des Windes.
    Ich fürchte, du weißt nicht, daß die Segel dich fort von mir tragen.
    O, wer nimmt mir meine Sehnsucht ab?
    Es schmerzt mich so sehr, zu Haus' und auf der Heide,
    die Spuren deiner Schuh' zu sehen, die der Regen langsam auswäscht.
    O, wer nimmt mir meine Sehnsucht ab?"

    Verunsichert schaute sie sich um. Ob das wohl ankam?


    Sim-Off:

    Ein Teil eines Gedichtes aus Schottland, anonym verfasst ;)

    Fast hätte Fiona so etwas wie Mitleid mit ihrem Herrn gehabt, wie er händeringend nach einer passenden Gabe für seine Gemahlin suchte. Sie konnte zwar nicht recht verstehen, was an diesem Hausdrachen so begehrenswertes war, doch er mußte wohl tatsächlich irgendetwas für sie empfinden. Doch leider fehlte ihm die nötige Phantasie, um sich selbst eine eigene Strategie festzulegen.
    So strengte sie sich weiter an, nachdem die Vorschläge der Sklavinnen, sich als nicht durchführbar erwiesen hatten.
    Was hätte Allwan,der Mann den sie einst heiraten wollte, getan?
    Diese Frage spukte in ihrem Kopf herum. Was wünschte sich jede Frau, besonders dann, wenn man sie um etwas bitten wollte? Kein Gold, kein Silber, keine edlen Stoffe! Nein! Poesie! geschmückt mit einer einzigen roten Rose! War das nicht der Inbegriff der Romantik?
    Sehnsüchtig mußte sie über solch romantische Gedanken lächeln. Ein Mann, der vor seiner Angebeteten kniend, ein Gedicht voll der Liebe vorträgt und ihr eine rote Rose überreicht. Ach ja!
    Eigentlich wollte sie ihre Idee schon groß hinaus posaunen, doch dann kam sie ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Er hier würde es sicher niemals fertig bringen, auch nur eine Sekunde lang romantisch zu sein! Eher würde es schneien, im August!
    Doch was sollte sie nur machen, ihr fiel nichts besseres mehr ein.
    "Ähm, ich hätte da vielleicht noch was!"
    Fiona sprach zögerlich, denn eigentlich bereute sie schon wieder, überhaupt den Mund aufgemacht zu haben. Doch jetzt war es zu spät!
    " Da, wo ich herkomme, beglückt man eine Frau mit Poesie! Ein Liebesgedicht, welches die Liebe wiederspiegelt, die man für sie empfindet. Und, ähm, eine Rose, eine rote Rose, am Besten!"
    Vorsichtshalber zog sie schon einmal den Kopf ein, denn sie rechnete damit, daß ihr Vorschlag sicher nur auf Wut und Zorn bei ihrem Herrn stoßen würde.