Das war ja wirklich interessant, was Minna da alles aus ihrem Korb zu Tage förderte. Aber das, was Fiona mitgebracht hatte, hätte wahrscheinlich in dieser Runde niemand zu glauben gewagt.
Sie tat etwas geheimnisvoll, als sie ihr Körbchen nahm und das Tuch beiseite zog, welches den Inhalt des Körbchens verborgen gehalten hatte. Darin befand sich ein Kannenartiges Gefäß, das allerdings mit einem Pfropfen verschlossen war. Sie nahm die Kanne heraus, öffnete sie und stellte sie zu Minnas Sachen. "Ich hab ein wenig Wein mitgebracht!" sagte sie ganz beiläufig. "Honigwein! Echter Met!" Rief sie schließlich und strahlte dabei. Sie wußte, wie gerne Minna den Met mochte und ihn gut und gerne dem römischen Wein vorzog.
Minnas Aufforderung ließ sie sich nicht zweimal sagen und setzte sich. Mit der Kerze in der Hand, lauschte sie Minnas Erklärungen zu dem Fest. Sie hatte sich aus dem letzten Jahr alles gut merken können.
"Ja, die Ahnen werden geehrt. Wir gedenken den Toten, die uns einmal viel bedeutet haben. Die Kerzen oder das Feuer sollen den Ahnen den Weg weisen und die bösen Geister vertreiben." Fiona wußte, sie müsse an diesem Abend ein besonderes Dankesgebet sprechen. Sie mußte ihren Göttern danken, daß sie ihren Liebsten verschont hatten und mit etwas Glück, würde sie ihn bald wieder in die Arme schließen können. Doch davon wußte hier niemand etwas.
Beiträge von Fiona
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Fiona beobachtete den fremdartigen Mann und lachte, als er seinen Scherz machte. Auf eine Weise faszinierte er sie. Als sie jedoch bemerkte, wie sehr sie ihn anstarrte, errötete sie und schaute stattdessen zu Minna, die geschickt die Frage des Fremden abfing. Sie war sich nicht sicher, ob man ihm trauen konnte. Eines wußte sie, sie würde ihm nicht freimütig von ihrem abendlichen Vorhaben im Garten erzählen. "Ja, ja, bring uns erst die Kerzen und dann erzählen wir dir auch vielleicht, wozu wir sie brauchen!" pflichtete sie Minna bei.
"Wenn du Aristides gehörst, wieso habe ich dich dann noch nicht in seiner Nähe gesehen? Was machst du, ich meine, welche Aufgaben hast du?" Fiona und Minna konnten zwar auch nicht gerade behaupten, ständig in Aristides Nähe weilen zu müssen, aber mindestens einmal am Tage sahen sie ihn, wenn er zu Hause war. Den fremden Sklaven aber hatte Fiona noch nie zuvor gesehen. Auch nicht auf der Hochzeit, wenn sie sich recht erinnerte. -
"Ja, das mache ich, Herr!" sagte sie eine Spur zu freundlich und wußte genau, daß sie es nicht tun würde.
Im Nachhinein hatte es ihr wieder Leid getan, ihn so schnell abgefertigt zu haben, denn er machte eigentlich einen recht freundlichen Eindruck auf sie. Wahrscheinlich lag dies darin begründet, weil er blind war. Wäre er sehend gewesen, hatte er sie wahrscheinlich mit der gleichen Verachtung behandelt, wie die anderen Claudier und Flavier. Claudier, Flavier, alle waren sie doch gleich! Dieses verdammte Römerpack! Wieder kochte der Zorn in ihr hoch und sie wollte schon wortlos davon eilen, als sie von einem wilden Hundegebell aufgeschreckt wurde. Ganz in ihrer Nähe stritten sich zwei Hunde um eine Wurst, die einem Passanten unbemerkt abhanden gekommen war. Der größere Hund von den beiden, hätte sich leicht gegen den Kleineren durchsetzen können, wäre der kleinere Hund nicht dich etwas gewitzter gewesen. In einem unachtsamen Moment, packte der kleine Hund die Wurst mit seinen Zähnen und rannte davon, so schnell er nur konnte. Dabei huschte er zwischen den Passanten hindurch und brachte einige davon ins Straucheln. Als hätte Fiona es geahnt, kam der Hund direkt auf sie zu gerannt. Sie wollte ihm ausweichen, verlor das Gleichgewicht und stürzte, dem Claudier entgegen. Beinahe hätte sie ihn mit sich gerissen. Gerade noch rechtzeitig gelang es ihr, wieder auf die Füße zu kommen und Halt zu finden. Mittlerweile war die kleine Promenadenmischung über alle Berge. Fiona war das überaus peinlich gewesen und sogleich begann sie, sich, aufs heftigste, wild gestikulierend, bei dem Claudier zu entschuldigen, was allerdings völlig sinnlos war, da er sie ja sowieso nichts sehen konnte. "Oh, bitte entschuldige vielmals! Das war überhaupt nicht meine Absicht! Es tut mir so schrecklich Leid! Hoffentlich habe ich nicht.. Bist du verletzt?" -
Fiona stellte es sich vor, wie schwierig es sein mußte, zu schwimmen wenn man blind war. Blind waren für sie immer hilflose Geschöpfe, die nicht alleine machen konnten, die ständig jemanden um sich haben mußten, der ihnen half. Bei dem blinden Claudier schien das ganz anders zu sein. Für ihn war schwimmen wohl eine Selbstverständlichkeit. Oder vielleicht war er noch gar nicht so lange blind und konnte sich noch gut an die Zeit erinnern, als er noch sehend war. Man konnte es ihm ja nicht ansehen. Genauso wenig, wie man es Fiona ansah, daß sie eine Sklavin war.
Fiona war niemals in Ravenna gewesen doch sie konnte sich sehr wohl vorstellen, wie der Geschmack dieses Wassers war. Oft war sie früher am Meer gewesen. Dort wo der Fluß, der an ihrem Dorf vorbei floß, ins Meer mündete. "Ja, das kann ich mir vorstellen. Das war bei… ach herrje!" Der Anblick des herannahenden schwarzen Sklaven, der normalerweise immer an der Seite des Claudiers zu finden war, nahte mit großen Schritten. Am liebsten wäre Fiona auf der Stelle im Boden versunken. Der Sklave kannte sie und würde nicht zögern, ihre Identität Preis zu geben. Das tat er dann auch, ganz beiläufig und wahrscheinlich sogar ohne böse Hintergedanken. Wie hätte er denn auch ahnen können…
Sie verfolgte dem kleinen Gespräch zwischen Herrn und Sklaven und errötete dabei immer mehr. Warum hatte sie immer nur so ein Glück? Wäre sie doch nur weiter gegangen!
Trotzallem blieb der Claudier unverändert ruhig und ärgerte sich nicht wegen Fionas ignoranten Verhalten. Wäre sie ncht so furchtbar wütend an diesem Tag gewesen, wäre sie sicher die Freundlichkeit in Person gewesen. "Salve Tuktuk! Ja, ich bin´s, Fiona und es tut mir leid, daß ich dich nicht erkannt habe, Herr!" Das entsprach zwar nicht ganz der Wahrheit, aber irgendwie mußte sie ja wider aus der Situation herauskommen. "Uns geht es gut dort und ja, es war allerhand los, nach der Hochzeit!" Sie bemühte sich, in ihren Worten nicht wieder das widerhallen zu lassen, weswegen sie so zornig war. "Aber ich fürchte, ich muß noch weiter. Ich habe noch einiges zu erledigen!" Sie versuchte, das frischerwachte Pflichtbewußtsein so gut zu spielen, wie sie nur konnte. -
Die Keltin bewegte sich keinen Schritt mehr weiter. Auch Hannibal blieb zwangsläufig stehen. Für einen Moment schweifte ihr Blick zu den spielenden Kindern hinüber, die ganz hingebungsvoll in ihrem Murmelspiel vertieft waren. Wie sehr sich doch die Kinderspiele glichen, dachte Fiona. Eine der Murmeln rollte auf Hannibal zu und traf einen seiner Schuhe. Er hob sie auf und behielt sie.
Statt einiger plausibler Antworten, auf die Fiona förmlich brannte, erntete sie nur eine Gegenfrage, die Göttin betreffend. "Wie bitte? Die Göttin, ach ja. Sie hat eine große Bedeutung für uns ja, nicht nur für die Brigantes im Norden. Mein Vater sagte immer, die große Boudicca sei der Göttin sehr ähnlich gewesen, obwohl sie eine Dienerin Andrastes war. Aber warum willst du das wissen?" Das ganze wurde immer verworrener. Zuerst hatte sie ja geglaubt, Hannibal wollte ihr nur einmal die Schattenseiten der Stadt aufzeigen und ihr damit sagen, daß es in Rom auch ganz normale Menschen gab, die fernab der großen begüterten Stadtvillen lebten.
Endlich begann Hannibal zu reden und was er sagte, versetzte Fiona noch mehr ins grübeln. Zwischenhändler, ha! Fiona konnte sich gut vorstellen, was für eine Art Zwischenhändler das war! Die Keltin kam zum Schluß, daß dieser Decius einfach nur ein Gauner war, der sich zusätzlich mit krummen Geschäften über Wasser hielt."Du hast einmal in der Suburba gelebt? Zusammen mit deinem Herrn?" Fiona konnte das kaum glauben. Dieser Flavier würde sich doch niemals herablassen und in einer solch schäbigen Gegend wohnen! Oder gab es da noch ein weiteres Geheimnis in Hannibals früherem Leben?
Als der Sklave ihr schließlich den Sinn und Zweck ihres Besuches darlegte, fühlte sie sich mit einem Mal doch ziemlich schlecht, weil sie so mißtrauisch gegenüber Hannibal gewesen war
"Ja, das habe ich mir schon gedacht! Ich fand es auch sehr aufschlußreich. Mit Epicharis wäre ich hier wahrscheinlich niemals hin gekommen." Sie lächelte wieder versöhnlich und war dem Sklaven auf eine Weise dankbar, daß er sie hatte diese Seite der Stadt sehen lassen.
Nachdem sie diese andere Seite Roms zurückgelassen hatten und eine größere Straße erreicht hatten, sah sich Fiona noch einmal um. Wie wäre ihr Leben verlaufen, wenn sie damals hier gelandet wäre, als Sklavin eines einfachen Händlers, Wirts oder Handwerkers, der in der Suburba lebte und arbeitete?
Hannibals Frage kam unvermittelt. Natürlich mußten sie zurück, aber ob sie es wollten war eine andere Frage. "Ich weiß nicht…, eigentlich..., hätten wir noch etwas Zeit?" -
Das freundliche Lächeln des Mannes, seine dankenden Worte und die kurze Berührung ihrer Hände, waren es, die Fionas gereizte Stimmung schon wieder besänftigen wollte. Beinahe hätte es der Claudier auch geschafft, sie wieder zu erweichen. Sie begann bereits darüber zu zweifeln, ob es wirklich angebracht war, was sie vor hatte. Mit Erschrecken stellte sie fest, je länger sie darüber nachdachte, umso mehr Verständnis hatte sie für Epicharis. Nein! Das mußte aufhören! Sie wollte sich nicht mehr länger einlullen lassen. Der Zorn gegenüber ihrer Herrin hatte seine Berechtigung und auch das, was sie vor hatte, war gerechtfertigt! Sie waren doch alle gleich, diese Römer, selbst dann, wenn sie blind und hilflos waren, wie dieser Claudier. Zuerst waren sie freundlich und zuvorkommend und dann, wenn man es am wenigsten erwartete, schlugen sie zu.
Fionas Gesicht, das durch die freundlichen Worten des Claudiers noch sanfte Züge erhalten hatte, verhärtete sich zusehends. Sie sollte endlich weitergehen, bevor sie noch ganz schwach wurde und bevor der Sklave des Claudiers auftauchte, denn dann konnte es unangenehm werden. Der Sklave würde Fiona mit Sicherheit sofort erkennen und sie somit auch entlarven, dann wäre der Claudier mit Bestimmtheit nicht mehr ganz so nett.
Doch dann sagte der Mann etwas Seltsames. Wahrscheinlich sagte er es nur zu sich selbst, da er wohl glaubte, Fiona sei längst weiter gegangen. "In einem Fluß schwimmen? Wie meinst du das? Bist du jemals in einem Fluß geschwommen, blinder Mann? Hast du keinen Begleiter bei dir?" Noch ehe sie die letzte Frage vollendet hatte, bereute sie es bereits, sie gestellt zu haben. Warum sie nicht die Gelegenheit genutzt hatte, um weiter zu gehen, war ihr schleierhaft. -
Zitat
Original von Tilla Romania
.... Gehen wir zusammen los? Ich will dich nicht verlieren. gebärdete Tilla mit einer Hand. Zuerst die Eier? Und was noch? Sie zog die Ältere mit sich oder liess sich von ihr zu einem Stand lenken, der die Waren anbot. An einem Tuchhändlerstand entdeckte sie etwas, was ihr Herz höher schlagen liess. Ein blaues Tüchlein mit grau eingestickten Delphinen! Mit großen Augen sah sie zu, wie es im Wind flatterte und von anderen Menschen befühlt und in die Hand genommen wurde. Ein tiefer Atemzug verliess ihre Brust. Sollte sie es mit ihren Münzen erwerben? Guck mal.. stupste sie Fiona an.Fiona nickte lächelnd und sie gingen zusammen los. "Nein, die Eier besorgen wir zum Schluß, sonst gehen sie wieder zu Bruch! Wir sollten zuerst die Gewürze besorgen und das Brot, dann noch das Fleisch, die Eier dann noch das Gemüse." Im Gedanken ging sie noch einmal die einkaufsliste durch. Hoffentlich hatte sie jetzt nichts vergessen! Aber noch ehe sie weiter darüber nachdachte, zog Tilla sie zu einem Stand. Es war ein Tuchhändler, der allerhand schöne Stoffe feil bot. Unter anderem fand sich dort ein blaues Tüchlein, das offensichtlich Tillas Aufmerksamkeit erregt hatte. Zwei Delphine waren darauf eingestickt. Fröhlich flatterte es im Wind.
Tilla mußte nicht erst Fiona an stupsen, damit sie wußte, was in ihrem Kopf vor ging. Natürlich wollte Tilla das Tuch. Es war ja auch wunderschön und wirkte sehr edel. "Schön, nicht?", erwiderte Fiona.
"Ich frage den Händler mal, was es kosten soll, ja?", bot sie an und sah sich sogleich nach dem Händler um.
"Entschuldigung! Was soll das Tuch hier kosten?" Der Händler der bereits ein gutes Geschäft witterte, wandte sich mit einem freundlichen Lächeln an Fiona. "Für dich 20 Sesterzen, meine Schöne! Das ist echte Seide, weißt du!" Zwanzig Sesterzen! Das war sehr viel, wenn man kein Geld besaß! Unschlüssig sah sie zu Tilla, um ihre Reaktion zu sehen. -
Aha! Das war ja jetzt mal wieder was ganz neues, dachte Fiona, während sie in das freudestrahlende Gesicht ihrer Freundin schaute, als diese Nordwin erkannte. Sonst tat sie immer so mädchenhaft, wenn man mal einen Scherz über sie und ihren herzallerliebsten Germanen machte und nun war sie ja sooooo froh!
Fiona war natürlich nicht neidisch! Auf wen denn auch? Nordwin war ja ein ganz netter Kerl und sie hätte sich über ihn auch schon einige male schief lachen können, doch der Germane war definitiv nicht ihr Typ! Sie hatte sich für Minna gefreut, daß er sich für sie interessierte, auch wenn Minna dies früher stets abgestritten hatte. Aber mit Nordwin würde dieser Abend noch einiges mehr an beabsichtigter und wahrscheinlich auch an unbeabsichtigter Komik gewinnen.
"Das ist eine tolle Idee, Norwin! Dann frieren wir uns wenigsten nicht den A… Allerwertesten ab, wenn es heute Nacht kalt wird!" Fiona wunderte sich selbst etwas über ihre lose Ausdrucksweise, war sie doch sonst immer darauf bedacht, dem vulgären keinen Zugang zu ihrem Sprachgebrauch zu gewähren. -
Zitat
Original von Minna
.... Dies war der Teil der Hochzeit, der nicht nur für die Braut eine besondere Bedeutung hatte, sondern auch für sie, Fiona und Minna, eine entscheidene Rolle spielte. "Wir sollten allmählich wieder zur Herrin zurückkehren. Sieh nur, das Festmahl hat schon begonnen." meinte sie daher zu Fiona und wandte sich anschließend wieder zu ihrer Landsfrau um diese aufzuklären. "Weißt du Siv, die wichtigste Neuigkeit haben wir dir noch gar nicht erzählt. Wir beide werden die Braut nämlich auf dem Hochzeitszug begleiten und schließlich mit in die Villa der Flavier einziehen." Dass die beiden Sklavinnen als lebende Hochzeitsgeschenke dienten, ließ sie außen vor. Siv kannte die Römer sicherlich gut genug um zu wissen wie der Einzug in die flavische Villa zu deuten war. Mit einem warmherzigen Lächeln verabschiedete sie sich schließlich von ihr. "Es war schön dich einmal wieder gesehen zu haben. Vielleicht sieht man sich ja an den Saturnalien oder gar bei einem kleinen Julfest wieder." Verschwörerisch blinzelte sie ihr dabei zu. Selbstverständlich hatte sie den letzten Satz auf Chattisch ausgesprochen, schließlich musste niemand vom Julfest erfahren. Außerdem hatte Minna nicht oft die Gelegenheit sich in ihrer Muttersprache zu unterhalten. "Kommst du?" rief sie zu Fiona und verschwand danach in der Menge.Die beiden Germaninnen hatten sich so einiges zu erzählen. Es war ja schon so lange her, seit man sich das letzte Mal gesehen hatte. Fiona ließ währenddessen ihre Blicke schweifen und beobachtete die Hochzeitsgäste, die sich zu dem Mahl begeben hatten. Erst als Minna von den Neuigkeiten erzählte, wandte sie sich wieder den beiden Sklavinnen zu. "Ja, sozusagen ist heute Nacht unsere erste Nacht in der Villa Flavia! Ich kann es kaum noch erwarten. Es war so schön dort an den Saturnalien." Natürlich war Fiona sich im Klaren darüber, daß nun die Saturnalien längst vorbei waren und daß der Alltag sie dort schon erwartete.
"Ja, wir sollten nun wirklich zu Epicharis gehen. Wir haben nämlich noch eine besondere Aufgabe zu erledigen!", antwortete Fiona nicht ganz ohne Stolz. Minna war nicht mehr zu halten. Sie verabschiedete sich bei Siv und verschwand dann.
"Man sieht sich Siv! Ganz bestimmt! Mach´s gut!" Nachdem sich auch Fiona verabschiedet hatte, folgte sie Minna und suchte sich ihren Weg durch die Menge.Kaum hatten die beiden ihren Weg zu Epicharis gefunden, wurden die Vorbereitungen für den Brautzug getroffen. Fiona und Minna hatte man eine Spindel und einen Spinnrocken in die Hand gedrückt und ihnen mitgeteilt, wohin sie sich im Brautzug zu begeben hatten. Das alles war unglaublich aufregend. Fiona zumindest konnte es kaum erwarten, ihr neues Heim zu sehen. Hatte sie doch die Hoffnung, daß nun alles besser würde. Schlimmer als die Villa Claudia konnte es dort auch nicht sein.
Als schließlich auch die Braut und der Bräutigam Aufstellung genommen hatten, konnte es beginnen! -
Endlich sah Fiona auf und erschrak! Den Kerl, der sie so scheinbar rüpelhaft angerempelt hatte, kannte sie doch! Natürlich, in der Villa Claudia hatte sie den Mann schon ein oder zweimal flüchtig gesehen, zwar hatte sie nie mit ihm gesprochen, aber wußte sie doch,wer er war. Ein Claudier! Ausgerechnet auch noch ein Claudier! Womit hatte sie das verdient? Mit Claudiern oder auch ehemaligen Claudiern, die nun Flavier waren, hatte sie ein für alle mal genug! Aber dieser hier war ein blinder Claudier! Und genau darin sah sie jetzt ihre Chance, einigermaßen glimpflich aus der Sache heraus zu kommen.
Der Stock des Claudiers war aus seiner Hand geglitten und zu Boden gefallen. Eigenartig, er war offenbar ganz ohne Sklaven unterwegs gewesen. Umso besser, die Sklaven hätten sie womöglich erkannt und ihr somit ihren Vorteil zunichte gemacht.
Nichts ahnend, mit wem er zusammengerempelt war, entschuldigte er sich bei ihr. Was doch das nichtvorhandene Augenlicht aus einer Sklavin machen konnte, dachte Fiona in diesem Moment spöttisch. Daß diese Entschuldigung wohl aus reiner Freundlichkeit kommen konnte, wollte oder konnte Fiona nicht mehr glauben.
Seine Hand lag auf Fionas Schulter. Völlig entgeistert, blickte sie ihn an. Ihr fehlten die Worte, um sich zu äußern. Jetzt nur nichts Falsches sagen, dröhnte es in ihr.
"Ach nicht schlimm", gab sie schließlich klein bei und wollte schon das Weite suchen, was allerdings durch die Hand an ihrer Schulter unterbunden wurde. "Nein, nein, nichts passiert!" Für einen Moment kam ihr der Gedanke, den Mann um seinen Geldbeutel zu bringen. Der Blinde würde das nie im Leben bemerken! Sein Geld konnte sie gut auf der Flucht gebrauchen.
Sie erschrak über ihre eigenen Gedanken. Nein, zu einer Diebin würden sie sie nicht auch noch machen!
Der Claudier ließ seine Hand von ihrer Schulter sinken. sie war wieder frei, hätte gehen können, tat es aber nicht. Stattdessen bückte sie sich, hob seinen Stock auf und drückte ihm ihn in seine Hand. "Hier hast du deinen Stock wieder!" -
Einige Tage waren vergangen, nach dem schönen Herbstnachmittag, der auf so unglückliche Weise für Fiona zu Ende gegangen war. Seitdem waren nicht nur die meisten Blätter von den Bäumen gefallen und kündigten somit den bevorstehenden Winter an, auch Fionas Stimmung war auf einem Tiefpunkt angelangt.
Sie hatte jede Möglichkeit genutzt, um Epicharis aus dem Weg zu gehen. Meistens hatte sie Minna vorgeschickt. Warum sie lieber im Hintergrund bleiben wollte, hatte sie ihrer Freundin nicht verraten. Das irgendetwas nicht mit ihr stimmte, wäre sogar einem völlig Fremden, der Fiona nicht kannte, aufgefallen. Doch sie schwieg beharrlich und gab nichts von dem Gespräch, das sie geführt hatte, preis. Nur Wut und Zorn wuchsen in ihr, Tag für Tag und eine Erkenntnis! Nämlich die, daß sie nur durch ihre eigene Kraft ihr Glück finden konnte. Sie wollte sich nicht mehr auf die Almosen einer Römerin verlassen. In Zukunft wollte sie sich einfach nehmen, was sie wollte. Das beinhaltete auch ihre Freiheit! Nächtelang sann sie über einen Fluchtplan nach und kam immer wieder zu dem gleichen Schluß: ohne Hilfe ging es nicht! Woher sie diese Hilfe bekommen sollte, war ihr noch schleierhaft.Auf dem Weg in die Stadt beschäftigte sie genau diese Frage. Fiona sollte verschiedene Sachen für Epicharis besorgen. Eigentlich war Minna mit diesem Auftrag los geschickt worden. Doch Fiona redete solange auf die Sklavin ein, bis sie schließlich einwilligte, ihr diese Aufgabe zu überlassen.
Froh endlich einmal wieder hinaus in die Stadt zu kommen, ließ sie sich heute extra etwas mehr Zeit, um wieder nach Hause zu kommen.
Schade nur, daß es in Rom so viele Römer gab, dachte sie sich, als ihr einige Togaträger entgegen kamen. Für die hatte sie im Augenblick nur Verachtung übrig. Sie waren alle nicht viel besser als Epicharis und all die anderen Römer, die sie kannte. Deswegen schenkte sie ihnen nur wenig Beachtung, sondern richtete ihr Augenmerk vielmehr auf die Auslagen der Stände. Sie hatte einige Münzen in einem Lederbeutel mitbekommen, mehr als sie eigentlich benötigt hätte. Es juckte sie in den Fingern, diese Münzen in etwas Brauchbares einzulösen.
Langsam schlenderte sie weiter und hatte längst nicht mehr die Aufmerksamkeit die sie dringend nötig gehabt hätte, um nicht mit einem der ihr entgegenkommenden Passanten anzurempeln. Doch dies geschah schneller, als erwartet. Ausgerechnet auch noch einer von der Toga tragenden Sorte! "Kannst du nicht aufpassen!", entfuhr es ihr aufbrausend, noch ehe sie realisieren konnte, mit wem sie kollidiert war. -
Wie schön, selbst Minna freute sich für sie, obwohl sie gar nicht ahnen konnte, was Fiona soeben erfahren hatte. Als sie sie verständlicherweise danach fragte, was ihr der Druide verraten hatte, zögerte sie einen Moment. Sollte sie ihrer Freundin wirklich alles verraten? Auch das mit Owain? Die logische Konsequenz daraus war, daß sie ab jetzt versuchen wollte, ihre Freiheit wieder zu gelangen, um nach Hause zurück zu kehren. Wie würde das Minna aufnehmen? Faktisch würde das bedeuten, daß sie sich trennen müßten! Nein, Fiona brachte es nicht über ihr Herz, ihr die ganze Wahrheit zu sagen.
"Oh, er sagt, das nicht alles verloren ist! Einige von uns haben überlebt, sagt er." Sie lächelte freudig. "Einige, von denen ich es nicht geglaubt hätte…" fügte sie dann noch nachdenklich hinzu.
Owain- wie lange hatte sie um ihn getrauert! Und jetzt diese Überraschung! Fiona versuchte ihre unbändige Freude zu zügeln, damit sie bei Minna nicht noch Verdacht schöpfte. Was war eigentlich mit Minna auf einmal los? Sie war ja ganz bleich geworden! "Ist was? Ist dir nicht gut?" Aber sie verstand bald. Das Wort Druide mußte Minna mächtig Ehrfurcht eingeflößt haben. "Ähm, ich glaube, er versteht nicht so viel, nein! Es ist sowieso ein Wunder, wie er es bis hierher geschafft hat! Aber ich kann ihm ja sagen, daß es dir leid tut!" -
Von dem Sklaven wurde sie freundlich begrüßt und als er einen Blick auf ihren Korb geworfen hatte begann er zu lachen. Was war denn in aller Welt so witzig daran? Sie verstand nicht. Es hatte viel Mühe gekostet, den Inhalt zu beschaffen. Doch nach seiner Frage verstand sie. Sie begann zu kichern."Nein, die nicht!" Es hatte anderer Fähigkeiten bedurft, um an den begehrten Inhalt zu kommen.
Kurz darauf kam auch schon Minna, ebenfalls bepackt! Na, dann konnte die Fete ja steigen. "Wein?" das gespielte Entsetzen, konnte man Fiona ansehen und es für ein echtes Entsetzen halten. "Na dann warte mal ab, was ich hier habe!" Sie tat ganz geheimtuerisch. Schließlich war ja allgemein bekannt, man sollte das Beste bis zum Schluß aufheben!
Nachdem sie nun alle da waren, konnte es los gehen. Sie folgten Chimerion in den Garten und Fiona zumindest verschwendete keinen einzigen Gedanken daran, was passieren könnte, wenn man sie erwischte. Sie verließ sich ganz auf Chimerions Orientierungssinn, der sie zielstrebig durch den Garten führte. Ihr eigener hatte sie in der Dunkelheit längst im Stich gelassen. Im Schein der Lämpchen konnte sie ein wenig ihre nächste Umgebung erkennen, aber das half ihr auch nicht viel weiter. Als sie zu einer Gruppe von Stechpalmen kamen, wunderte sich Fiona. Hier sollte es sein? Aber Chimerion führte sie zu einer Lichtung, die anscheinend recht günstig lag. Plötzlich hörte sie ein Rufen hinter sich. Sie blieb erschrocken stehen, stellte aber bald fest, daß sie diese Stimme kannte. Es war Nordwin! Sie sah grinsend zu Minna. "Ich habe nichts verraten! Wirklich nicht! Ich habe geschwiegen, wie ein… genau ein Grab!" Fiona konnte nicht anders. Das war einfach zu komisch. Sie begann wieder zu kichern. -
Auf das Wichtigste kam sie gar nicht! Minna zählte alles auf, was man denn so an einem schönen Abend wie diesem gebrauchen konnte. Aber das Allerwichtigste war nicht dabei gewesen… Ob sich Fiona deswegen Sorgen machen mußte? Nein, Minna hatte bestimmt auch an den Met gedacht, ihn aber nicht erwähnt, weil er ja sowieso unerreichbar war. Fiona aber hatte schon konkrete Vorstellungen, wie und wo sie das edle Gesöff beschaffen konnte. "Ja, ja, ja, mhm, ja!", bestätigte sie nickend Minnas Aufzählung und kicherte daraufhin wieder. Die Freude auf den gemeinsamen Abend war schier riesig. Fiona stellte sich kurz die Frage, ob sie nicht auch Nordwin einweihen sollte. Es war ja unschwer zu übersehen, daß der Germane ein Auge auf die Germanin geworfen hatte, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Aber sie verwarf den Gedanken gleich wieder, denn sie wollte die Freundin nicht in eine für sie unangenehme Situation bringen.
Kurzzeitig wich das Lachen aus Fionas Gesicht, als jemand sie ansprach und sie als 'Damen' bezeichnete. Neugierig wandte sie sich der fremden Stimme zu und erblickte den fremden Mann, der mit einem Teller in der Hand vor ihnen Stand uns offensichtlich nach einem freien Platz suchte. Der Mann sah fremdländisch aus. Definitiv kein Germane, dachte Fiona scherzhaft, als sie grinsend zu ihrer Freundin sah. "Ich denke schon! Bitte setz dich doch!" antwortete sie.
Still beobachtete sie ihn aus ihrem Augenwinkel, bis sie sich schließlich vorstellte. "Ich bin übrigens Fiona und das da ist meine Freundin Minna." Sie deutete dabei leicht auf die Germanin und sah den Fremden dann erwartungsvoll an. -
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Wie jeden Abend, nach getaner Arbeit, verschwand Fiona in der Sklavenunterkunft. Doch an diesem Abend, gab es einen gravierenden Unterschied! Diesmal ging sie nicht sofort zu Bett. Nein, sie kramte aus ihrer Truhe einige Decken heraus, die sie sich über Tage von den anderen Sklavinnen ausgeliehen hatte und griff nach dem Körbchen, das neben ihrem Lager gestanden hatte und nur darauf wartete, mit in den Garten genommen zu werden. Bestimmt würde Minna auch gleich da sein. Doch um nicht so viel Aufsehen zu erregen, ging sie schon einmal vor. Minna konnte ja nach kommen. Sie wußte ja, wo der Treffpunkt mit Chimerion vereinbart worden war. Hoffentlich dachte sie an die Kerzen, fiel es Fiona ein. Aber natürlich, Minna hatte sicher an alles gedacht! Sie freute sich schon auf den heutigen Abend. Endlich mal wieder eine Abwechslung im schnöden Sklavendasein!
Auf leisen Sohlen schlich sie durch die halbdunklen Gänge der Villa. Eigentlich stand es außer Frage, daß man sie um diese Uhrzeit noch erwischen würde, jetzt, da alle schliefen oder gerade zu Bett gingen.
An der Tür, die zum Garten hinaus führte, sah sie schon Chimerion stehen. Ein wenig kannte sie sich in der Villa schon aus. Einiges war ihr noch von dem letzten Saturnalienfest vertraut.
"Hallo, da bin ich! Minna kommt sicher auch gleich! Wollen wir hier auf sie warten?
Natürlich fiel der Skavin sofort das Päckchen auf, das Chimerion bei sich trug. Was da wohl drin war? Nun, das würde sie sicher bald erfahren!
Oh, wie sie sich auf das Fest freute! So etwas hatte es wirklich schon lange nicht mehr gegeben! -
Fiona nickte voller Vorfreude. "Gut, wir sehen uns im Garten, nach Einbruch der Dunkelheit!"
Das hätte sie bis vor kurzem gar nicht für möglich gehalten! Kaum waren sie hier, schon hatten sie ihre erste Verabredung! Wenn das kein Grund zum feiern war!
Sie sah Chimerion noch nach und wandte sich dann wieder Minna und ihrem Essen zu.
"Eine Wucht ist diese Pampe ja nun nicht! Aber gut, wenigstens ist sie eßbar!" Lustlos stocherte sie in ihrem Essen herum und schob die Schale schließlich von sich weg. Doch dann sah sie Minna an und strahlte über beide Ohren. "He Minna, hast du eine Idee, was wir für unser Fest heute Abend beisteuern könnten? Außer warmen Decken, versteht sich!" Mit ihrem schelmischen Blick sah sie die Germanin an, so als ob sie bereits etwas im Schilde führte. Aber natürlich verriet Fiona nicht gleich, was da in ihrem Kopf herum geisterte. Vielleicht hatte ja Minna auch eine gute Idee! -
Fionas Erleichterung war wohl nicht zu übersehen. Sie war noch einmal diesem grässlichen Rattenbeißen entgangen, vor dem sie sich so ekelte. Obwohl sie nie einer solchen Veranstaltung beigewohnt hatte, konnte sie doch getrost darauf verzichten. Ihre Abscheu, diesen Nagern gegenüber war einfach zu stark. Zu ihrer Freude lenkte dann auch noch Decius´ Frau ein, was die Sklavin doch sehr beruhigte, denn sie fand die beiden eigentlich ganz nett.
Hannibals Worten folgend, machte sie sich bereit zum Gehen. Für nichts in der Welt wollte sie zu spät kommen und dadurch Epicharis beunruhigen. Doch der Sklave erbat sich noch einen Moment, um das zu erledigen, weswegen er eigentlich gekommen war, was immer das auch war. "Ja, natürlich! So viel Zeit werden wir noch haben!", erwiderte sie lächelnd.
Er verschwand mit Decius und ließ Fiona bei Fabubla zurück. Sie setzte sich zu ihr an den Tisch, während Fiona ihrem Begleiter noch nach sah und sich unweigerlich fragte, um welche geheime Sache es denn dabei ging. Eine Antwort darauf bekam sie nicht. Selbst Fabula blieb schweigend bei ihr sitzen und musterte sie nur. Ein Königreich für ihre Gedanken! Fiona lächelte verlegen. Sie wußte nur eins, sobald sie dieses Haus verlassen hatten, gab es eine ganze Liste mit Fragen, die sie Hannibal stellen wollte.Es dauerte nicht lange, bis die beiden Männer zurückkamen. Natürlich entdeckte sie sofort das Päckchen, das Hannibal bei sich trug. Sie erhob sich, erwiderte das Nicken des Römers. Dann wandte sie sich noch einmal zu Fabula, bevor sie ging. Ihr finsterer Blick war unübersehbar. Trotzdem bedankte Fiona sich bei ihr. "Vielen Dank für den leckeren Kuchen!" Dann folgte sie Hannibal und Decius zur Tür. Sie verstand nicht, worüber Decius mit Hannibal sprach, als er sie hinaus ließ. Das war alles sehr mysteriös, dieser Besuch, das Päckchen und nun ..diese Gerüchte, von denen Decius gesprochen hatte.
Sie nahmen den gleichen Weg wieder zurück, den sie gekommen waren. Eine Weile ging sie schweigend neben ihm her, krampfhaft überlegend, wie sie ihm ihre Fragen stellen könnte, die ihr auf der Zunge lagen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, begann Hannibal. Als ob die offenen Fragen, die sie beschäftigte nicht schon ausreichend waren, gesellte sich nun noch eine weitere dazu. Sie sah überrascht auf das Päckche, das Hannibal nun aufzuwickeln begann. Eine Statuette kam zum Vorschein. Das Bildnis einer Frau in Rüstung mit Speer und Helm. Keine Frage, dieses Abbild der Göttin kam ihr bekannt vor. Es war eines von unzähligen, die es besonders oft in ihrer Heimat gegeben hatte. Hierzulande hatte sie Brigantias Bildnis noch nicht gesehen. Der römische Einfluß auf denjenigen, der diese Statuette erschaffen hatte, war unverkennbar, obschon der Künstler seine keltischen Wurzeln nicht verleugnete. Doch wäre es ein rein keltisches Kultobjekt gewesen, hätte er sich die lateinischen Lettern gespart, die zum Teil noch am Sockel noch erkennbar gewesen waren. "Ja, ich denke schon! Das ist die Göttin Brigantia. Sie wird besonders von einem Stamm im Norden verehrt, den Brigantes, aber natürlich auch von uns. Die Römer haben.. Sag mal, woher hast du das eigentlich und was sollte das gerade eben? Ich meine, was wolltest du von den beiden? Ich verstehe überhaupt nichts mehr! Du solltest mir jetzt mal einiges erklären!" Fiona blieb stehen und wartete auf eine Erklärung.
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Der Zorn glühte in ihr, wie ein heißes Eisen. Eingeschnappt wollte sie davon stapfen. Niemals hätte sie gedacht, Epicharis würde ihr nach laufen, sie am Arm packen und sie aufhalten. Doch sie tat es, mit einem unerwarteten festen Griff packte sie sie und zwang sie, stehen zu bleiben in ihr ins Gesicht zu schauen. Die Sklavin erntete dabei einen nie da gewesenen Blick, den sie nie wieder vergessen würde. Entbrannte Wut traf auf glühenden Zorn. Fiona entgegnete nichts, sie sah sie nur an. Niemals hätte sie geglaubt, eines Tages in Epicharis eine Feindin sehen zu müssen. Doch in diesem Augenblick wurde sie es. Wie konnte sie sich in all den Jahren nur so in ihr täuschen? Sie hatte sie vergöttert, ja sie sogar eine Freundin genannt und in der Zeit, da sie glaubte, ihren Verlobten verloren zu haben, hatte sie ihr beigestanden und ihr Trost gespendet. Und jetzt das! So dankte sie es ihr!
Aus dem Blick der Sklavin sprach nur noch Verachtung. Sie waren doch alle gleich, dröhnte es wieder und wieder in ihrem Kopf.
Epicharis ließ von ihr ab und schenkte ihr keine weitere Beachtung mehr. Schweigend wandte sich Fiona wieder um und verließ fast rennend den Garten.
Ihr erster Weg war die Sklavenunterkunft, in die sie mit feuerrotem Kopf und zorniger Miene, halb weinend stürzte. Alles und jeder, der ihr auf dem Weg dorthin dabei in die Quere kam, rempelte sie an, ohne Rücksicht auf Verluste, bis sie sich schließlich auf ihr Bett warf. Heulend entlud sich ihr Zorn. Dieses Gespräch an diesem scheinbar so schönen Nachmittag, es hatte ihre innere Zerrissenheit noch verstärkt. Der Augenblick in dem Epicharis Minna erwähnt hatte, war es ihr wieder mehr denn je bewusst geworden. Wenn sie fort ging, dann musste das ohne die Freundin geschehen. Davor hatte sie sich immer gefürchtet. Aber Fiona musste eine Entscheidung treffen und sie hatte sich entschieden. An dem Tag, an dem der Alte ihr erzählt hatte, Owain hätte überlebt. An diesem Tag hatte sie sich entschieden. Nun schwor sie sich, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. -
Epicharis beantwortete ihre Frage mit einer Gegenfrage. Fiona blickte auf. Natürlich, sie hatte ihr nichts von der Begegnung mit dem alten Druiden erzählt. Das würde sie auch nicht tun, denn sonst gefährdete sie den alten Mann am Ende noch. Für Fiona wäre es ganz einfach gewesen. Sie hatte es sich im Geiste bereits ausgemalt, wie es sein würde, wäre sie erst einmal ihre unsichtbaren Ketten los, die sie hier festhielten. Sie wäre zurück nach Britannia gereist, an den Ort ihrer Jugend und Kindheit. Dort hätte sie ihn wieder gefunden und nie mehr wieder hergegeben. Jetzt, im Nachhinein klang das wie ein Märchen, letztendlich war es nichts anderes gewesen, als ein Märchen. Denn Epicharis verstand sie nicht und was noch viel schlimmer war, sie traute ihr nicht! Du erwartest von mir, daß ich dir blind vertraue! Das war für sie, wie ein Peitschenhieb, der fürchterlich wehtat. Fiona sah sie fassungslos an. Diese Frau, für die sie alles getan hätte, der sie vertraut hatte und die sie im Laufe der Zeit sogar lieb gewonnen hatte, verletzte sie nun so sehr, mir dem was sie sagte!
"Ja, ich verstehe! Einer dahergelaufenen Sklavin glaubt man nicht! Vergiß es einfach, worum ich dich gebeten habe!" , antwortete sie kalt. Jetzt stand Fiona doch auf und sie war im Begriff zu gehen. In ihr begann in diesem Moment ein Entschluß zu keimen, woran sie zwar schon einige Male gedacht hatte, aber diesen Gedanken immer wieder verworfen hatte. Nun begann er zu wachsen und je länger Fiona sich grämte, desto kräftiger wuchs er in ihr.