Beiträge von Fiona

    "Oh, das mit Minna tut mir leid, wirklich! Ich fand immer, ihr paßt sehr gut zueinander, nicht nur weil sie auch Germanin ist." Fiona seufzte. Warum konnte es auf dieser Welt nicht viel einfacher zugehen?


    Offenbar waren die Heldentaten, die einst Britanniens großartige Krieger vollbracht hatten, bis hin in das Land des kleinen Braunen, den sie jetzt Tessi nannten, gedrungen.
    "Ja genau! Allerdings ist das Blaue in ihrem Gesicht nicht mehr die Farbe. Es ist die Blässe des Todes! Die Römer ersticken jeden Aufstand im Keim. Nur noch oben im Norden, bis wohin sie noch nicht vorgedrungen sind, leben die Menschen noch frei." Wenn es ihr tatsächlich gelingen sollte, bis nach Hause zu kommen, dann wollte sie Owen dazu überreden, mit ihr nach Caledonia zu gehen.


    "Jetzt fangt ihr auch noch an!" fauchte sie die beiden Sklaven an. "Verdammt! Es gibt einen wichtigen Grund, weshalb sie mich gehen lassen muß! Und es ist mir so was von egal, ob ich dafür ans Kreuz komme oder nicht! Wenn ich hier nicht weg darf, dann ist mein Leben sowieso nichts mehr wert!" Sie hatte sich schon wieder so in Rage geredet, daß die Farbe ihres Gesichtes sehr der ihrer Haare ähnelte. "Du weißt schon, dass ich länger ihr Sklave bin als du?", äffte sie Nordwin nach. "Na und!? Wie würde es dir an meiner Stelle gehen, wenn du erfahren hast, daß derjenige noch lebt, den du liebst? Hä? Dann wäre es dir doch auch völlig schnuppe, ob einer schon langer Epicharis Sklave ist, oder nicht! Sie ist einfach so gemein!" Mittlerweile gesellten sich zu ihrer Zornesröte die ersten Tränen. Fiona war so verzweifelt und immer mehr kam sie zu der Überzeugung, etwas tun zu müssen, was sie womöglich ins Unglück stürzen konnte.

    Leone ließ Fiona eintreten. Allerdings hatte sie auch keine genaue Erklärung, weshalb diese Kerle ein einfaches Sklavenmädchen entführt hatten, das noch stumm dazu war.
    "Heute Vormittag, ich habe sie heute Vormittagauf dem Markt getroffen. Da war noch dieser Junge dabei gewesen, der anscheinend auch etwas mit diesen Männer zu tun hatte. Ich habe gleich gewußt, daß etwas nicht mit ihm stimmt. Er hat mir meine ganzen Einkäufe zerdeppert. Deshalb mußte ich alles noch einmalneu kaufen. Tilla begleitete mich dabei. Dann kamen wir an einen Stand mit schönen Tüchern. Dort ist dann auf einmal dieser Kerl aufgetaucht, dieser Ma… Maduk oder so ähnlich. Der hat uns in eine Seitenstraße gelockt und seine Männer haben uns dann überwältigt. Tilla und mich haben sie in Säcke gesteckt und uns auf einen Wagen geladen. Ich glaube, die wollten nach Ostia. Mich haben sie dann vom Wagen herunter genommen. Einer von den Kerlen sollte mich töten. Aber bevor er das machen konnte, ist er in sein eigenes Messer gefallen und war bald darauf tot. Bevor erstarb, hat er noch so etwas Komisches gesagt. Ein Name von einer Göttin oder so was in der Art. Neith. Kennst du eine Göttin, die Neith heißt?" Vielleicht kannte der Nubier eine solche Göttin. Eines wußte sie, eine keltische Gottheit war Neith nicht.
    "Ich weiß nicht, warum sie sie entführt haben. Aber ich glaube, wenn sie wirklich nach Ostia gefahren sind, wollen sie bestimmt zum Hafen!"

    Die großen Unruhen, von denen Cassivelaunus sprach, hatte Fiona nicht mehr oder wenn, dann nicht bewußt erlebt. Dafür war sie einfach zu jung gewesen. Sie kannte ihren Stamm, der einst ein stolzer Stamm von Kriegern gewesen war, nur als befriedeten, romanisierten Stamm, in dem es hin und wieder brodelte. Doch jede kleinste Auflehnung wurde sofort im Keim erstickt.
    "Vor gut drei Jahren, ungefähr um diese Jahreszeit, wurde das Gut meiner Familie von römischen Soldaten überrannt und alle außer meiner Schwester und mir, wurden abgeschlachtet. Sie nahmen weder Rücksicht auf Frauen noch auf Kinder. Meine Schwester und ich wurden verschleppt. Unterwegs wurde sie krank und weil sich niemand um sie gekümmert hat, starb sie. Es war ein sehr schlimmer Tod." Fionas Kehle schnürte sich bei jedem Wort weiter zu. Niemals würde sie vergessen können.
    Wenigstens war Cassivelaunus´ Geschichte etwas erfreulicher. Dieser Piso mußte ja tatsächlich ein wahrer Wohltäter sein, auch wenn er schwierig war. Sie war gespannt darauf, ihn einmal kennenzulernen. Piso schien auch viel in der Welt herumzukommen. Britannia, Hispania und nun Rom. Dadurch hatte auch Cassivelaunus einiges erlebt.
    Fiona sagten die Namen der Städte, die er aufzählte, nicht viel. Sie war niemals in Hispania gewesen und doch hatte die Erwähnung eine seltsame Wirkung auf sie gehabt. Richtig hellhörig wurde sie, als der Sklave die Basken erwähnte. "Ich kannte mal eine Baskin! Ich weiß gar nicht, was aus ihr geworden ist.", kam es aus ihr herausgeschossen. Seine Anmerkung über die düsteren Geschehnisse, die er dort erlebt hatte, hatten sie jetzt richtig neugierig gemacht. "So? Was ist denn dort geschehen?"

    Endlich tat sich etwas an der Tür! Sie erkannte Leone, der sie auf eine ungewohnt unwirsche Artbegrüßte. Als er sie aber erkannt hatte, klang seine Stimme wesentlich freundlicher und besorgt.
    "Etwas schlimmes! Etwas Schlimmes ist geschehen! Schnell, ihr müßt etwas tun! Ihr müßt sie aufhalten!", brach sie los. Angst und Verzweiflung klangen in ihrer Stimme mit. Zwischen den einzelnen Sätzen versuchte sie nach Luft zu ringen."Tilla! Sie haben Tilla entführt!"

    Sim-Off:

    nettes Städtchen mit einer tollen Burganlage! :)


    Fiona glaubte, so etwas wie Trauer in Cassivelaunus´ Augen zu sehen. Was hätte aus ihm werden können, hätten die Römer seinem Stamm nicht so übel mitgespielt? Das gleiche hätte sie auch sich selbst fragen können. Wenigstens hatte er das Glück, zusammen mit seiner Familie leben zu können, für eine Zeit zumindest, wenn auch in Sklaverei.
    Durch Cassivelaunus Erklärungen, wie er die wertvolle Haarsträhne der großen Königin wartete, wurde es Fiona klar, warum sie noch nach mehr als vierzig Jahren so lebendig aussah. Wachs war sein Geheimnis!
    Es war gut zu wissen, wie Boudicca nun tatsächlich gestorben war. Sie war weder an einer schlimmen Krankheit noch in Gefangenschaft gestorben. Nein, sie war so gestorben, wie es einer großen Königin gebührte, in Freiheit!
    "Das ist schön! Ich wünschte, das könnte ich von meiner Familie auch behaupten!" Fiona hatte nach all den Jahren nicht die schrecklichen Szenen vergessen, die sich damals, als man sie zur Sklavin gemacht hatte, vergessen.

    "Du warst in Hispania?", fragte sie plötzlich. Bei dem Gedanken an Hispania mußte sie unweigerlich an eine baskische Sklavin denken, die sie einmal gekannt hatte, früher, als sie und Minna noch in der Villa Claudia gearbeitet hatten. Mit ihr zusammen hatten sie Pläne geschmiedet, wie sie fliehen konnten. Doch eines Tages war die Baskin verschwunden. Sie war zusammen mit ihrer Herrin nach Hispania gereist. Was aus ihr geworden war, wußte sie nicht.
    Fionas Gedanken wegen der Baskin wurden durch Cassivelaunus Frage zerstreut. "Wie heißt dein Herr? Flavius Piso? Nein, den kenne ich nicht! Tut mir leid."

    Fiona nickte ihm freundlich zu. Sie fühlte sich gleich etwas heimischer, wenn sie auch noch die Möglichkeit hatte, ihre eigene Sprache zu sprechen.
    "Dann stimmt es also nicht, was uns die Römer über sie erzählt haben! Das konnte man sich ja denken!", sagte sie verächtlich. Beinahe hätte die große Königin den Römern die größte Niederlage in Britannia beigebracht. Danach hatten sich die Besatzer gnadenlos an den Überlebenden gerächt. Sie hatten beinahe den ganzen Stamm ausgerottet. Diejenigen, die nicht getötet wurden, hatte man in die Sklaverei geführt.
    "Das ist wirklich eine Schande!", empörte sie sich. Cassivelaunus mußte als daher bereits seit seiner Geburt Sklave sein. Das Schicksal der Icener war wirklich sehr traurig!
    Cassivelaunus gestattete ihr, die wertvolle Haarsträhne anzufassen. Voller Ehrfurcht fuhr sie mit ihrem Finger darüber. "Danke! Vielen Dank! Das bedeutet mir sehr viel! Es sieht so neu, so frisch aus.", bemerkte sie schließlich, als sie langsam wieder ihren Finger zurück zog.
    "Aber du bist noch nicht lange hier, nicht wahr? Haben sie dich erst neu gekauft?", wollte Fiona dann wissen.

    Fiona hatte sich dankend von Vestinus, dem netten Fuhrmann, der sie auf der Straße nach Ostia aufgelesen und bis zu den Stadttoren Roms mitgenommen hatte, verabschiedet. Den Rest des Weges mußte sie zu Fuß machen, da es den Fuhrwerken bei Tage verboten war, die Stadt zu befahren. Vestinus nutzte die Stunden, die er bis zum Einbruch der Nacht warten mußte, um sich in einem Gasthaus zu stärken.


    Die Sklavin indes rannte durch die ganze Stadt. Mittlerweile kannte sie sich in Rom so gut aus, daß sie sich nicht einmal verzettelte. Kurz bevor es zu dämmern begann, hatte sie endlich die porta der Villa Aurelia erreicht. Mit letzter Kraftanstrengung pochte sie mehrmals an die Tür und blieb wartend und nach Luft ringend, stehen.

    Fiona lief um ihr Leben. Sie wagte es nicht, sich noch einmal umzudrehen. Was geschehen war, war einfach unfassbar! Irgendwann fiel sie erschöpft zu Boden und blieb einfach liegen. Keuchend rang sie nach Luft, doch die Angst, die sie noch immer gefangen hielt, mahnte sie dazu, wieder aufzustehen. Das Geräusch eines nahenden Gefährts brachte sie ganz schließlich schnell wieder auf die Füße. Sie mußte sich verstecken! Aber es gab keinen Baum und keinen Busch, hinter dem sie sich schnell verstecken konnte.
    Auf dem nahenden Ochsenkarren saß ein rundlicher Mann mit spärlichem Haar. Er pfiff eine Melodie vor sich hin und machte auch sonst einen gutmütigen Eindruck.
    Als er Fiona sah, zog er die Zügel an. "Hooo! Bleibt stehen, ihr störrische Ochsen!" Das Gefährt kam direkt neben Fiona zum stehen. "Kann ich dir helfen? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!", fragte er sie besorgt.
    Fiona, immer noch nach Luft ringend, schaute sicherheitshalber gleich zur Ladefläche des Karren. Doch diese war voll mit Getreidesäcken beladen, die der Fuhrmann in Ostia abgeholt hatte, um sie nun nach Rom zu schaffen. Die Sklavin fasste Vertrauen zu dem Mann. "Ja, du könntest mich ein Stück mitnehmen. Ich muß so schnell wie möglich nach Rom zurück!" Von Tillas Entführung wollte sie ihm vorerst nichts erzählen. Man konnte ja nie wissen!
    Der Fuhrmann nickte freundlich. "Du hast Glück, ich fahre nach Rom! Komm, steig auf!" Er rutschte etwas zur Seite, um für Fiona Platz zu machen. Als sie sich neben ihn gesetzt hatte, trieb er seine Ochsen wieder an. Der Karren setzte sich in Bewegung und rollte gen Rom.

    "Oh, ich heiße Fiona!" Vor lauter Begeisterung hatte sie sich ihm gar nicht vorgestellt. Sie konnte es einfach gar nicht glauben, was sie da hörte! Hier war ein Mann, dessen Großvater die große Königin noch persönlich gekannt und mit ihr Seite an Seite gekämpft hatte! Andächtig hing sie an Cassivellaunus´ Lippen und sog alles auf, was aus seinem Mund kam. Offenbar hatte sein Großvater sogar die letzten Stunden Boudiccas miterlebt und konnte daher auch sagen, wie sie wirklich gestorben war.
    "Aha, also die Römer haben sie dann gar nicht zu fassen bekommen! Sie ist also noch in Freiheit gestorben! Mein Vater hat mir immer erzählt, die Römer hätten sie gefangen genommen und wollten sie anschließend nach Rom schaffen. Um dem zu entgehen, hätte sie sich dann das Leben genommen."
    Fionas Vater hatte diese Geschichte von seinem Vater gehört und sein Vater war damals nicht dabei gewesen. Er hatte nur gehört, was man sich damals erzählt hatte. Es waren damals sehr unruhige Zeiten in Britannia gewesen, in denen die Silurer selbst alle Hände voll zu tun hatten, um sich die Römer vom Hals zu halten, was allerdings letztlich nicht gelungen war.


    Wie sie es sich fast schon gedacht hatte, war dies eine Strähne von Boudiccas Haar! Voller Ehrfurcht betrachtete sie das immer noch rot leuchtende Stück Haar, das nun schon über 45 Jahre alt war, aber aussah, als wäre es erst gestern abgeschnitten worden. "Oh, darf ich es einmal berühren? Bitte!"

    Fiona bemerkte den verächtlichen Ausdruck im Gesicht des Mannes, als sie meinte, er könne vielleicht ein Catuvellauner sein. Das mußte für ihn eine richtige Beleidigung gewesen sein! Tatsächlich! Ein waschechter Icener! Fiona staunte nicht schlecht, als er dann auch noch meinte, zu einer der ältesten Familien seines Stammes zu gehören.
    "Das ist ja interessant! Ich kenne die Geschichten um deinen Stamm! Ich habe sie als Kind regelrecht verschlungen, wenn mein Vater sie mir erzählte."


    Dieses Etwas, was er gefunden hatte, ließ er erst wieder verschwinden, entschloß sich dann aber doch, es Fiona zu zeigen. Was verbarg sich denn nur in diesem alten vergammelten Lederumschlag? Langsam öffnete er es und holte den Inhalt heraus. Fiona hielt es kaum noch aus vor lauter Spannung. Ein Büschel roter Haare war es, was er darin verborgen gehalten hatte. Was war denn an diesen Haaren so besonders, daß er ein solches Tramborium darum machte? Vielleicht waren es ja ganz besondere Haare!
    Fiona hörte ihm weiterhin aufmerksam zu, als er von seinem Großvater zu erzählen begann. Langsam begann ihr zu dämmern, wer einst der oder die Eigentümer(in) des Haarbüschels gewesen sein konnte.
    "Dein Großvater kämpfte an der Seite der großen Königin? Das ist ja unglaublich! Natürlich kenne ich die Geschichten um ihren Aufstand gegen die elenden Besatzer! Sie hätte es beinahe geschafft, diese römische Pest von unserer Insel zu vertreiben!" Glücklicherweise bediente sich Fiona ihrer eigenen Muttersprache, sonst hätte sie sich nicht getraut, solche Reden zu schwingen.

    Sim-Off:

    wrth gwrs :D


    Endlich fand er heraus aus seiner Lethargie und registrierte Fiona. Ja, sie hatte sich nicht getäuscht, der Mann sprach eindeutig die Sprache, die man in ihrer Heimat sprach. Allerdings hörte sich sein Dialekt so an, als komme er eher aus dem südöstlichen Teil der Insel.
    "Ja, genau! Und du bist, Moment laß mich raten, äh Catuvellauni nein, Trinovantes, nein nicht wirklich, du mußt Icener sein, oder irre ich mich da?" Fiona fühlte sich auf einmal so froh, einen Landsmann getroffen zu haben. Einen von den Iceni auch noch! Solch einen hatte sie noch nie persönlich zu Gesicht bekommen. Sie erinnerte sich wohl sehr ehrfürchtig an die Geschichten, die ihr Vater ihr einst erzählt hatte. Das waren Gesichten, die ihm bereits sein Vater erzählt hatte, denn Fionas Vater war einfach zu jung gewesen, um die große Königin noch persönlich gekannt zu haben.
    In voller Ehrfurcht sah sie zu dem eigenartigen Mann mit der komischen Nase. Aber noch immer wußte sie nicht, was er hier eigentlich gesucht hatte.
    Plötzlich sprang er auf und las etwas vom Boden auf. Etwas was sie nicht richtig deuten konnte, was es genau war. Eines war sicher, es hatte im Dreck gelegen und er konnte von Glück sagen, daß die flavischen Sklaven heute etwas nachlässig mit dem Ausfegen der Räume gewesen waren.
    "Was hast du denn da? Darf ich mal sehen?" Es mußte sich um etwas furchtbar wichtiges handeln. Weshalb hätte er sonst Lyr gedankt und dieses Etwas auch noch geküsst?

    Fionas Weg führte durch das Atrium. Sie hatte es eilig und nahm deshalb nur wenig Notiz von dem merkwürdigen Individuum, das die ganze Zeit schon suchend umher wuselte. Eswar nicht ersichtlich, was der seltsame Mann suchte. Nur hatte er seine ganze Aufmerksamkeit aufbringen müssen, um den gesuchten Gegenstand zu finden. Schließlich ließ er sich entmutigt auf einer Bank nieder. Erst als einige recht derbe Worte an ihr Ohr drangen wurde sie aufmerksam. Moment mal, war das nicht? Doch das war es! Das war ihre Sprache! Auch wenn es ganz ungeheuerlich war, was die Bedeutung der Worte anging. Das war aber die Sprache, die sie schon lange nicht mehr gehört hatte, und noch länger nicht mehr gesprochen hatte.
    Fiona blieb stehen. Ihre Augen folgten dem seltsamen Mann, der so nierdergeschlagen da saß und sie immer noch nicht registriert hatte. Er schien einfach dabei ganz seine Umgebung vergessen zu haben. Denn selbst als Fiona direkt vor ihm zum stehen kam, rührte er sich nicht.
    "Äh, suchst du was?"Ach herrje, der sah ja eigenartig aus, dachte sie, als sie das Gesicht des Mannes erkennen konnte. Das war keine Nase, das war.. Keine Ahnung was das war. Es sah jedenfalls schlimm aus.

    Fiona konnte Hannibals Aversion gegenüber dem Meer überhaupt nicht nachvollziehen. Es hatte schon immer ein Stückchen weit zu ihrem Leben gehört und sie sehnte sich so nach dem Tag, an dem sie wieder zu ihrer Küste zurückkehren konnte. Noch machte sie sich Hoffnungen, daß es nicht mehr allzu lange dauerte.


    Glücklicherweise ging Hannibal nicht näher auf den Namen ein, den so gedankenlos ausgesprochen hatte. Vielleicht konnte er damit ja auch gar nichts anfangen, hielt ihn sogar für einen Ausdruck aus Fionas Sprache. Stattdessen berichtete er ihr , wie man mit einem Schiff oder einem Boot von hier fort kam. Was er aber zu sagen wußte, war mehr als enttäuschend. Auf eigene Faust mit einem Segelboot nach Britannia zu kommen, war so gut wie ausgeschlossen. Außerdem war sie mit Booten unerfahren. Es gab nur eine Möglichkeit, ein Handelsschiff. Dann warmanaber wieder auf anderer Leute Wohlwollenangewiesen. Wenn man erst Mal auf einem Schiff ist, das womöglich sogar nach Britannia segelt, dann hat man schon bessere Chancen. Insbesondere, wenn niemand erfährt, daß man auf das Schiff gegangen ist, hatte Hannibal gesagt. Diese Worte hallten ihr noch nach. Das klang fast so, als würde er ihr zutrauen, fliehen zu wollen. Und nicht genug! Letztendlich erkundigte er sich doch noch nach der Bedeutung von Owen.
    "Nein, kein Gott. Owen war… ist der Mann, den ich liebe und dem ich versprochen habe, seine Frau zu werden. Erst kürzlich habe ich erfahren, daß er lebt." Fiona lächelte, doch der fahle Nachgeschmack ihrer Situation zwang sie dazu, wieder eine sorgenvolle Miene aufzulegen.
    "Ich glaube, wir sollten langsam wieder den Rückweg antreten, ehe man uns vermißt." Es war besser, sich nicht zu lange solchen gefährlichen Gedanken hinzugeben. Fionas Zuversicht kehrte wieder zurück. Alles würde so werden, wie sie es sich erhoffte. Ganz bestimmt!

    Der kleine Braune ließ sich einfach nicht beirren. Nicht mal durch Fionas Übelläunigkeit, die immer größere Auswüchse annahm, seit diesem verheerenden Gespräch mit Epicharis im Garten. Er blieb einfach nett und freundlich.
    Jetzt, da sie wußte, daß Chimerion geflohen war, war sie noch miesepetriger. Er hatte sie nicht mitgenommen! Na gut, so eng waren sie nun auch nicht befreundet, daß er sie auf seiner Flucht hätte mitnehmen können. Außerdem war sein Ziel wohl auch nicht Britannia gewesen. Sie selbst hatte ja in den letzten Wochen auch an eine Flucht gedacht, nachdem ihre Herren ihr ein für alle Mal jegliche Hoffnung genommen hatte, sie freizulassen. Der Ruf nach Freiheit, er wurde täglich stärker. Doch nun hatten ihre Pläne einen Dämpfer bekommen. Wenn nun ein Sklave flüchtig war, dann würde man sich gegenüber den anderen noch misstrauischer verhalten. Wenn sie doch nur einen guten Plan gehabt hätte!


    "Aus Parthien bist du also! Aha! Kriegsgefangener, mhm? Ich komme aus Britannia und ja, mein Name ist Fiona. Entschuldige, wenn ich dich so angefahren habe. War nicht meine Absicht. Mir geht momentan nur alles ziemlich auf die Nerven, weißt du." Fiona schob die Schüssel mit dem Brei von sich. Sie hatte genug und zwar nicht nur von dem Brei! "Soll ich dir mal sagen, was deine lammfromme Herrin zu mir gesagt hat, als ich siefreundlich darum gebeten habe, mich gehen zu lassen? Sie ist so, so…ach einfach so selbstsüchtig! Ja, genau das ist sie!", klagte sie, wieder zu Nordwin gewandt.

    Schrecklich, diese widerliche gute Laune! Fiona konnte das überhaupt nicht nachvollziehen. Aber so war er halt, der gute alte Nordi!
    Fiona löffelte lustlos in ihrem Brei herum, konnte sich aber nicht überwinden, einen Löffel davon zu essen. Seufzend sah sie wieder auf und ihr fiel wieder der Neue auf, der sie so komisch anstarrte. Wollte das braune Männchen etwa etwas von ihr? "Ist irgendwas? Warum klotzt du denn so?" Fiona war wirklich nicht besonders gut drauf, was sich auch in ihrem Umgangston widerspiegelte. Der Neue blieb aber trotzdem nett. Er nannte ihr sogarseinen Namen, was Fionaaber falsch verstanden haben mußte.... :D" Genau, du sagst es! Das ist ein Fraß hier! Einfach widerlich!"
    Nordi nannte sie wieder Finchen! Finchen! Normalerweise hatte sie nichts gegen diese Bezeichnung, doch heute konnte sie das einfach nicht abhaben. Aber noch ließ sie Nordwin gewähren. Stumm aber mit sich und der Welt grollend, hörte sie den beiden Männern zu. Sie hatte keine Ahnung worum es ging. Nur als Nordwin meinte sie hätten die gleiche Herrin, die lammfromm sei, begann Fiona laut aufzulachen. "Das glaubst aber auch bloß du! Von wegen, fromm wie ein Lamm! Das ich nicht lache!" Vor lauter Zorn nahm sie einen großen Löffel Brei und ließ ihn im Mund verschwinden. Angeekelt verzog sie ihr Gesicht. "Minna? Nein, hab ich nicht? Wieso, was war denn? Läuft´s nicht, wie es laufen soll?" Natürlich wußte die Sklavin was zwischen den beiden lief. Da mußte man wirklich blind oder völlig weltfremd sein, um das nicht zu wissen. Irgendetwas mußte aber zwischen den beiden passiert sein. Minna würde aber ihre Freundin bestimmt schon noch aufklären.
    "Das Schnäuzerl? Du meinst Chimerion! Was? Der ist abgehauen? Glückwunsch! Das war das Beste, was er machen konnte! Der Mann hat einen Orden verdient!" Das war ihr voller ernst! Fiona träumte auch nur noch von Freiheit! Schade, daß er sie nicht mitgenommen hatte.

    Der Junge schritt voran und führte Herrn und Sklaven direkt ins Atrium. Dort bot er Piso an, doch Platz zu nehmen, bis dominus Gracchus erschien.
    Er war mächtig stolz darauf, daß er es diesmal war, der die Herrschaften ins Haus führen durfte.
    "Was kann ich noch für dich tun, Herr?", piepste der Kleine. Etwas mitleidig schaute er zu dem Sklaven hinüber, der den Neuankömmling begleitet hatte. Der Kerl mit der komischen Nase konnte einem richtig leid tun, dachte er sich. So einen Zinken im Gesicht zu haben, wünschte man nicht mal seinem ärgsten Feind!


    Acanthus war sich durchaus der Ernsthaftigkeit der Lage bewußt und verzog auch kein bißchen das Gesicht zu einem Grinsen. Auch nicht, als der Sklave begann, auf seine Frage zu antworten. Erst als er das sogenannte Schönheitsmal aus seinem Gesicht entfernte, sah er den Sklaven entgeistert an. "Junge, Junge!", war sein einziger Kommentar.
    Glücklicherweise verharrte Acanthus´ Blick nicht lange an der cassivellaunischen Nase.
    Bei der Erwähnung seines Herrn, versuchte der Ianitor ein Blick auf den Flavier zu werfen.
    "Äh, aber natürlich! Bitte tretet ein! Salve Herr! Äh soll ich die Herrschaften von deiner Ankunft berichten Herr? Wünschst du jemand zu sprechen?"
    Nervös winkte Acanthus einen Sklavenjungen herbei, der den Herrn und seinen Sklaven zunächst einmal ins Atrium führen sollte.
    "Bitte Herr, folge dem Jungen! Er begleitet dich ins Innere der Villa und wird dir dort weiterhin zur Verfügung stehen." Der Kleine verbeugte sich ganz artig und ging voraus.

    Je näher die polternden Schritte dieses Hünen nahten, desto kleiner versuchte sich Fiona zu machen, damit er sie auch ja nicht hinter dem Busch entdecken konnte. Sie fragte sich, ob es nicht Klüger gewesen wäre, einfach wegzulaufen. Aber was wäre da aus Tilla geworden? Nein, das ging nicht! Sie mußte mehr über diesem Marduk und sein Vorhaben erfahren. Was wollte er nur mit Tilla in Ostia?
    Als der Mann ihr schon ganz nah war uns nach ihr rief, zückte sie ihr Messer. Sie war zu allem bereit, sogar um zuzustechen. Wenn der Kerl geglaubt hatte, sieeinfach so abmurksen zu können, da hatte er sich aber getäuscht.
    Der Mann kam immer näher. Fiona konnte schon seinen stinkenden Atem riechen. Und da war er! Seine kalten Augen blickten in Fionas Gesicht. Gleich würde er sie packen und dann töten. Aber sie…
    …wollte eigentlich jetzt aufspringen und dem Kerl ihr Messer in den Bauch rammen. Dazu kam es aber nicht mehr. Etwas ganz eigenartiges geschah. Der Mann strauchelte, fiel zu Boden und blieb liegen.
    Verwundert erhob sich Fiona. Vorsichtig lugte sie über den Busch und sah den Mann am Boden liegen. Er regte sich nicht. Ober tot war, geisterte es in Fionas Kopf umher. Langsam und vorsichtig, das Messer fest in der Hand, wagte sie es, sich dem Hünen zu nähern. Jetzt erst bemerkte sie das Messer in seinem Bauch. Wieder war es Panik, die sie ergriff. "Das war ich nicht! Ich...ich, nein!" Ihre Augen schnellten auf ihre Hand, um nachzusehen, ob es ihr Messer war, was im Bauch des Mannes stak. Aber nein, sie hielt ihr Messer noch immer fest in ihrer Hand.
    Auf einmal begann der Mann etwas zu röcheln. Sie beugte sich über ihn und versuchte herauszufinden, was er ihr sagen wollte. "Neith? Göttin? Ich verstehe nicht! Wer ist.." Die ersterbenden Worte des Mannes machten für Fiona wenig Sinn und bevor sie noch fragen konnte, wer oder was Neith war, starb er und nahm sein Geheimnis mit sich.
    Angstgeladen schluckte Fiona. Nur ein Gedanke kreiste in ihrem Kopf, sie mußte sofort hier weg!
    Sie stellte sich wieder auf die Füße und rannte was das Zeug hielt!
    Bald gelangte sie an eine Straße. Da sie nicht wußte, wo sie war und wohin sie gehen sollte, entschied sie sich für eine Richtung, in der Hoffnung, daß es die Richtige nach Rom war.


    Einmal mehr saß Acanthus auf seinem Bänkchen und dachte über sein Leben nach und wie es im Kontext zur Welt stand. Das war ganz schön knifflig, dachte er.
    Zum Glück klopfte da jemand! Klopfen war eigentlich zu milde ausgedrückt. Jenes Individuum vor der Tür, schlug beinahe die Tür ein und schrie dann etwas Seltsames hinterher.
    Das war seine Welt, ja! Seine Bestimmung!
    Er stand auf und öffnete die Tür, um dann diesem merkwürdigen Schrat ins Gesicht zu blicken. Schon wollte er zu seinem üblichen Spruch ansetzen, doch etwas hinderte ihn daran. "Du äh..ähm… du hast da was, im Gesicht." Das war gar nicht Acanthus´ Art, weswegen ihm das auch sehr peinlich war. Er räusperte sich und ging dann endlich zum Ritual seiner Aufgabe als Türöffner über.
    "Wer bist du und .. Wer?" Moment, der Schrat sagte was von Flavius irgendwas. Mhm, Flavius Piso den Namen hatte er noch nie gehört. Vielleicht hatte er sich aber auch verhört.
    "..äh was willst du?"

    Sim-Off:

    Ich hoffe, ich darf doch zu euch stoßen? :D


    Die Nach war mal wieder viel zu kurz gewesen, befand Fiona, als sie langsam, sehr langsam über den Boden schlürfend, den Speisesaal erreicht hatte. Ihr Gesicht sah sehr zerknirscht aus, von den Haaren gar nicht zu sprechen. An einemder Tische erkannte sie Nordwin, der auch wie sie vor einigen Wochen mit ihrer Herrin in die Villa Flavia gekommen war.
    "Morgen! Was gib´s heut? Ähh, schon wieder diese Pampe! Ich wette, das ist noch die Pampe von letzter Woche!" Für den Neuen, der mit Nordwin am Tisch saß, hatte sie gar kein Auge. Auch hatte sie es nicht wahrgenommen, daß die beiden sich unterhielten. Eigentlich war es ihr auch egal! Fiona war so vieles egal geworden in letzter Zeit, was wohl auch der Grund war, weswegen sie sich zunehmend gehen ließ.
    Im gleichen Schritttempo schlürfte sie zur Essensausgabe und holte sich eine Schüssel Brei. Anschließen kehrte sie wieder zu Nordwins Tisch zurück und pflanzte sich neben ihn hin. Bevor sie zu essen begann, sah sie kurz auf. "Wer bist du denn? Dich hab ich hier noch gar nicht gesehen!" Zu Nordwin gewandt, meinte sie nur: "Schon wieder ein Neuer, was?" Sie war doch sehr über die Anwesenheit dieses unbekannten Sklaven verwundert, vor allem deshalb, weil er wie aus dem Nichts aufgetaucht war. :D