Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    "Danke", sagte Valerian zu der aufmerksamen Sklavin, die ihm sogleich seinen Becher füllte auf seine Geste hin. Er lächelte ihr aufmunternd zu. Sicher war Balbus sehr zufrieden mit ihr.


    "Du mußt Dir keine Sorgen machen. Mogontiacum ist sehr römisch. Du bekommst dort ganz sicher Speisen, die Dir zusagen. Und die Küche der Duccier hat auch nichts zu wünschen übrig gelassen, als ich damals auf einem Fest bei ihnen eingeladen war. Auch, was das Barbarentum angeht, so ist das in dem Teil Germaniens, der römisch ist, eher nicht mehr vorhanden. Es geht dort recht zivilisiert zu und ja, der Austausch funktioniert eigentlich sehr gut. Es gibt regen Handel zwischen den Völkern." Ob sie wirklich befürchtete, in ein wildes Barbarenland zu kommen? Nach all den Jahren, in denen die Römer dort schon gewirkt hatten? "Du brauchst nicht zu befürchten, daß Du in eine Wildnis kommst. Oder darben mußt. Oder Dir irgendwelche Gefahren drohen. In Mogontiacum bist Du sicher. Die Legio II ist eine gute Truppe und sorgt dort zuverlässig für Sicherheit."

    Ja, das wäre vermutlich besser gewesen, wenigstens für die Hälfte der Ware den Landweg zu wählen. Doch hinterher war man immer klüger und damals schien der Seeweg vermutlich der sicherere zu sein. Valerian wollte Marhabal keinesfalls unterstellen, dumm oder leichtsinnig zu sein. Bestimmt war die Entscheidung damals klug gewesen. Wer konnte schon einen Sturm vorhersehen? "Du scheinst ein Kaufmann mit Leib und Seele gewesen zu sein. Warum nutzt Du dann nicht das Geld, das eine Adoption kosten würde, um Dir ein neues Geschäft aufzubauen? Nur so als Frage. Denn in der Legion wird man nicht reich, das kann ich Dir versichern." Dafür mußte er nur in seinen eigenen mageren Geldbeutel schauen. Und sparte er sich mal ein bißchen was zusammen, dann waren die Steuern so hoch, daß er für fast nichts sein Leben riskierte.


    "Ja, Stolz hast Du, das ist nicht zu übersehen." Valerian lächelte. Die Einstellung des Mannes war gut. Wenn er doch nur zehn Jahre jünger wäre! "Auf... Deine Zukunft, Marhabal. Möge sie so verlaufen, wie Du es Dir wünschst." Er hob ebenfalls seinen Becher und stieß mit Marhabal an.

    Es schien so, als hätte sein Patron nichts gegen den bisherigen Verlauf des Gespräches einzuwenden. Er lächelte erleichtert und nickte der jungen Sklavin zu und hob gleichzeitig seinen Becher ein wenig, um sie so zu bitten, ihm nachzuschenken. Das viele Reden machte die Kehle doch ziemlich trocken. Noch immer fragte er sich, ob er zu sehr ins Schwätzen geriet. Seine Schwester behauptete ja gelegentlich, daß er dazu neigte.


    "Es ist tatsächlich eine große Genugtuung, zumal ich auch schon einige male den Kaiser direkt beschützen durfte. Du kannst Dir sicher vorstellen, daß wir da untereinander eine große Konkurrenz haben. Längst nicht jedem wird diese Ehre zuteil. Und das ist ein weiterer Ansporn, beim täglichen Training alles zu geben und sich immer weiter zu verbessern. Denn nur die Besten werden für diese Aufgabe ausgewählt." Seine Augen verrieten, daß ihm seine Arbeit bei aller Mühe auch große Freude bereitete.


    "Speisen? Ich muß gestehen, ich fand die typisch germanische Küche eher fad. Sie kennen nur wenig Gewürze und würzen mit Kräutern und Zwiebeln. Richtig gut ist der germanische Schinken, aber der wird ja auch hier in Rom gehandelt. Das Wild ist gut. Der Fisch auch. Aber die Germanen geben selbst zu, daß wir Römer ihren Speiseplan sehr bereichert haben, da wir Obst und Gemüse dort angebaut haben, das sie früher nicht kannten. Auch Wein kannten sie nicht, kannst Du Dir das vorstellen? Nur ihr Bier und ihren Met. Getreidebrei und Eintöpfe, oft mit Ackerbohnen, bestimmen ihren Speiseplan, und seltener Wildbraten. Ihr Brot ist auch grober als unseres, aber vielleicht kam mir das nur so vor. Ihre Würste allerdings sind schmackhaft, die solltest Du mal probieren." Valerian zog römische Küche eindeutig vor, vielleicht, weil er sie von Kindheit an gewöhnt war.

    Aufmerksam hörte Valerian zu. Und beobachtete Marhabal während seiner Erzählung ganz genau. In den letzten Jahren hatte er auch gelernt, Lügen zu erkennen. Natürlich gab es immer gewiefte und geübte Lügner, bei denen das schwer bis unmöglich war, doch normalerweise gab es Anzeichen, wenn jemand die Unwahrheit sagte. Schon wenn man die Augen beobachtete. Und die Hände. Das Schluckverhalten. Augenzwinkern. All das konnte viel verraten. Doch an Marhabal sah er nichts dergleichen. Er machte einen offenen und ehrlichen Eindruck. Und es fiel ihm sichtlich schwer, über sein Schicksal zu sprechen. "Das war wirklich Pech. Alles auf eine Karte gesetzt und dann verloren." Was lernte man daraus? Niemals nur eingleisig fahren.


    Als Marhabal dann auf sein Angebot antwortete und die Frage stellte, die eigentlich zu erwarten gewesen war, mußte Valerian unwillkürlich lachen. "Das ist eine sehr gute Frage." Er zuckte mit den Schultern. "Es beeindruckt mich, wieviel Willen Du aufbringst, um Dein Ziel zu erreichen. Und daß Du trotzdem Deine Prinzipien hast. Zum Beispiel, dafür keinem Partrizier in den edlen Hintern zu kriechen. Naja. Und dazu könnte ich wirklich jemanden brauchen, der im Haus nach dem Rechten sieht."

    Ihr schüchternes Lächeln war wirklich reizend. Valerian lächelte unwillkürlich zurück und empfand fast Neid, daß es da einen Mann gab, dem so ein liebenswertes Wesen einfach so an die Hand gegeben wurde. Hoffentlich war es ein guter Mann und sie wurde glücklich. Natürlich schweiften seine Gedanken zu Philogena, die ihm sein Herz geraubt hatte und der er wohl auf immer nachtrauern würde, da sie unerreichbar für ihn war.


    Da sein Patron schon so lange schweigsam geblieben war, schaute Valerian fragend zu ihm herüber. Redete er zuviel? War das, was er sagte, in Ordnung?


    "Bei den Praetorianern? Sehr gut. Es ist eine große Ehre, den Kaiser und seine Familie schützen zu dürfen. Und es ist eine interessante Aufgabe, das Reich vor Verrat zu schützen. Der Dienst unterscheidet sich sehr von dem Dienst bei der Legion. Und doch habe ich das Gefühl, noch mehr Soldat zu sein als vorher." Was sie wohl daran besonders interessierte? Wieder warf Valerian einen Blick auf Balbus.

    Valerian runzelte die Stirn. Marhabal setzte alles auf eine Karte. Das war zum einen ziemlich unklug und kurzsichtig, zum anderen aber auch ausgesprochen mutig. Und was wäre er für ein Soldat, wenn er Mut nicht zu schätzen wissen würde? "Und was wärest Du dann, in Deiner Heimat meine ich? Hast Du so etwas wie einen Beruf?" Immerhin mußte man überall seinen Lebensunterhalt verdienen, egal wo man lebte.


    Mit einer nachdenklichen Miene nahm er einen tüchtigen Schluck aus dem Becher. "So ganz die netten sind die Tiberier also nicht? Naja, das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Ich kann verstehen, wenn Dich da nicht unbedingt viel bindet." Was konnte ein Freigelassener schon großartig tun? Wenn er nicht ein Handwerk beherrschte oder ein ordentliches Startkapital für ein Geschäft hatte? Soldat zu werden, war da gar nicht so schlecht. Wenn er nur ein wenig jünger wäre. Valerian war sich nicht so sicher, ob die Legion Marhabal wirklich nehmen würde


    "Weißt Du, Marhalbal. Ich habe hier in der Stadt ein kleines Häuschen. Es ist etwas heruntergekommen und ich wohne auch nicht drin. Aber ich habe bereits ein Unternehmen mit der Renovierung beauftragt. Und... naja, ich könnte jemanden brauchen, der die Arbeiten im Auge behält. Dafür könntest Du dort erst einmal wohnen. Wie hört sich das für Dich an?" Immerhin kannte er den Mann erst seit eben. Er fand, das war schon ein großer Vertrauensbeweis. Aber er war eben doch irgendwie beeindruckt von dem Mann.

    "Aber dann solltest Du das unbedingt noch nachholen. Denn es gibt hier wirklich gute Aufführungen", riet Valerian ihr lächelnd. Wer in Rom war, sollte doch wenigstens einen Teil der vielfältigen Kulturangebote nutzen. "Gerade wenn Du erst seit kurzem in der Stadt bist und bald schon wieder fort mußt." Zumal ja Balbus etwas von einer eventuellen Heirat angedeutet hatte. Das konnte bedeuten, daß sie in Germanien bleiben würde. Und dann war es fraglich, wann sie das nächste mal hier in Rom sein würde. Wenn überhaupt noch einmal. Aber sie schien ja noch nichts zu wissen von Balbus' Plänen. Und Valerian würde sich hüten, sich in der Beziehung zu verplappern.


    "Entschuldige, wenn ich zu schnell mit meinen Ausführungen war. Du kannst auch gerne nochmal nachfragen, wenn ich etwas nochmal erzählen soll, das ist kein Problem. Und die Reise... naja, es hängt natürlich stark davon ab, wie Du reist und wie das Wetter ist." Er nahm ja mal an, daß sie keine allzu schnelle Reise antreten würde. "Mit drei Wochen würde ich an Deiner Stelle schon rechnen. Ich bin auf der Hinreise auch mit einem Wagen gereist. Ein Händler war so freundlich, mich mitzunehmen. Auf dem Rückweg war es deutlich ungemütlicher. Wir haben einen Gewaltmarsch gemacht. Wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht mal, wie lange wir gebraucht haben, aber wir waren so schnell, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte." Er mußte unwillkürlich lachen. "Mein Wechsel zu den Praetorianern war wahrhaftig stürmisch. Am Morgen noch nichtsahnend Puls gelöffelt und am Abend schon auf dem Weg nach Rom."

    Auch Valerian mußte grinsen, als Marhabal ihm die Götter aufzählte. Auch wenn sie ihm fremd waren, so sprach schon die Tatsache, daß er mehrere angerufen hatte, für sich. Anscheinend war er wirklich fest entschlossen. "Daß Du lesen kannst, ist auf jeden Fall gut. Das eröffnet Dir viele Wege. Die besser bezahlten Arbeiten sind alle mit Lesen und Schreiben verbunden. Was würdest Du denn tun, wenn sich wirklich kein Weg zum Bürgerrecht findet? Hast Du für den Fall auch einen Plan?"


    Ein Anflug von einer Idee stieg in Valerian auf. Doch bevor er davon sprach, wollte er erst hören, was Marhabal noch so zu berichten hatte. "Ein Patron? Würde sich da nicht einer der Tiberier bereiterklären? Dieser Senator Tiberius Durus zum Beispiel muß doch Geld wie Heu haben. Und den Freigelassenen eines Verwandten nimmt er ja vielleicht gern als Klienten an? Allerdings weiß ich nicht, ob der eine großartige Affinität zum Militär hat." Wohl eher nicht, wenn Valerian da so an den Aufstand dachte, den Durus vor sehr langer Zeit mal am Palasttor gemacht hatte. "Adoptieren wird er Dich aber bestimmt nicht. Der ist ein Patrizier durch und durch."

    Sim-Off:

    Hatte noch was auf Halde :)


    "Da hast Du Dir wirklich was vorgenommen. Das Bürgerrecht im Schnelldurchgang erlangen und dann auch noch in die Legion aufgenommen werden, trotz Deines Alters. Welche Götter hast Du bestochen, um das hinzubekommen?" Manche schafften es ein ganzes Leben nicht, das Bürgerrecht zu erlangen. Das war gar nicht so leicht - und das war ja auch richtig so. Was wäre es noch wert, wenn man es mal einfach so nebenher erlangen könnte?


    "Wenn ich ehrlich bin, wüßte ich überhaupt niemanden, der einfach so jemanden adoptieren würde. Das sollte Dich nicht wundern, denn das ist ja ein erheblicher Schritt. Derjenige würde Dich zu seinem Sohn machen. Auch erbrechtlich zum Beispiel. Und die Familienehre will ja auch niemand herabwürdigen, indem er wie wild Leute adoptiert. Ganz abgesehen davon, daß es eine Menge Geld kostet, so etwas zu tun." Eine ziemliche Menge. Wer blätterte das schon für einen Wildfremden hin? "Gut bezahlt wird die Arbeit beim kaiserlichen Postdienst. Kannst Du lesen?" Das wäre wenigstens schon einmal eine Möglichkeit, das nötige Geld schnell zu beschaffen. Sicher standen die Chancen besser, wenn er wenigstens die Kosten selbst tragen könnte.

    Valerian nickte. "Ja, ich finde auch, daß es für eine Stadt in dieser Größe ganz erstaunlich ist, was es alles gibt. Natürlich sind die Vorstellungen im Theater und im Circus seltener als hier und die Aufführungen in der Qualität nicht so ausgereift. Aber dafür bringt das Publikum eine Menge Stimmung mit und das macht es wieder wett." Er lächelte, hoffentlich hatte er nicht zu große Erwartungen geweckt? Aber er hatte es tatsächlich so empfunden. Vielleicht, weil er damals praktisch nichts erwartet hatte?


    "Ich hoffe, ich habe Dich nicht in Grund und Boden geredet? Aber ich habe versucht, alle Deine Fragen zu beantworten, so gut es geht. Natürlich wirst Du dort überall auch germanischen Traditionen begegnen. Gerade auch bei den Ducciern, denn sie halten ihre germanische Herkunft weiterhin hoch. Aber Du brauchst keine Angst zu haben, Dich irgendwie zu blamieren. Bleib einfach offen und ehrlich, dann kann gar nichts schief gehen." Das war zumindest seine Erfahrung. Wenn er irgendwo angeeckt war, hatte man es ihn nicht spüren lassen. "Weißt Du denn schon, wann die Reise losgehen wird?"

    Valerian lachte auf. "Dann solltest Du Dich aller Intrigen gegen den Staat, hohen Staatsbediensteten oder gar den Kaiser enthalten", scherzte er, denn solche Untaten waren es hauptsächlich, mit denen sie sich befaßten.


    Anscheinend hatte der Gast genug gesehen und strebte wieder hinaus. Das konnte Valerian gut verstehen, denn gemütlich war es hier wahrhaftig nicht. Er führte ihn also wieder den Gang entlang, den sie hereingekommen waren. "Der Dienst ist sehr abwechslungsreich. Natürlich ist Wachestehen eben Wachestehen. Und Drill ist Drill. Aber wir haben ja auch noch ein paar andere Aufgaben, die weit interessanter sind und auch Ideenreichtum fordern. Und selbst beim Wachestehen lernen wir noch die höchsten Personen des Staates kennen." Wobei die Frage war, ob das so erstrebenswert war, denn so mancher war arg von sich überzeugt. "Und wie ist der Dienst als Vigintivir so? Mußtest Du schon jemanden hinrichten?"

    Valerian lächelte. "Das kommt darauf an, wen Du fragst. Die Römer bevorzugen zumeist Wein wie hier. Den kannst Du dort auch überall kaufen, wenn auch nicht in der Auswahl und auch etwas teurer als hier. Der dort hergestellte Wein allerdings ist günstiger und einige Sorten sind sogar gut trinkbar. Die Germanen trinken gerne Bier. Es ist ein bitteres Gebräu, dem ich persönlich nie etwas abgewinnen konnte. Aber viele meiner Kameraden mochten es sehr gern. Zu besonderen Anlässen trinken die Germanen auch Met. Das ist ein weinartiges Getränk, das sie aus Honig herstellen. Das kann sehr unterschiedlich schmecken, von recht herb bis zu sehr süß. Und den fand ich auch recht schmackhaft. Davon mochte ich allerdings am liebsten die herbere Sorte." Eigentlich schade, daß er davon nichts hatte mitbringen können. Aber sein Aufbruch war damals ja auch sehr überstürzt gewesen.


    "Ich bin sicher, Du wirst schnell nette Menschen kennenlernen. Deine Ausbilder werden gewiß dafür sorgen, daß Du Kontakt findest. Die Duccier, ja sie sind eine sehr große Familie. Und viele ihrer Angehörigen haben inzwischen wichtige Positionen in Mogontiacum inne. Ich hatte nur selten mit ihnen zu tun, mein Dienst ließ da gar nicht so viel zu. Doch wie schon erwähnt, wir sind über viele Ecken miteinander verschwägert und meine Cousine und meine Schwester waren längere Zeit bei den Ducciern zu Gast. Sie sind gastfreundlich und herzlich. Und blond und blauäugig sind tatsächlich viele Germanen. Nicht alle natürlich, aber sehr viele. Ich habe allerdings gehört, daß das Blond nicht bei allen natürlich ist, einige bleichen sich auch die Haare." Er mußte unwillkürlich grinsen. Für ihn war es unvorstellbar, sich die Haare hell zu färben.


    Callistas Fragen schienen unerschöpflich zu sein, jedenfalls hatte sie schon wieder so viele auf einmal hervorgesprudelt, daß er einen Moment überlegen mußte, was sie noch alles hatte wissen wollen. Achja, was es so gab. "Ja, Tempel sind vorhanden. Und auch eine Therme, ein Bühnentheater und ein Circus. Das alles natürlich nicht so groß, wie Du es von hier gewöhnt bist, aber für die Größe der Stadt durchaus ausreichend. Eigentlich ist alles vorhanden, was das Herz begehrt. Nur eben kleiner und nicht mit der Auswahl wie in Rom. Bestimmte Früchte sind natürlich nur schwer oder gar nicht zu bekommen. Exotische Sklaven sind ebenfalls Mangelware, so wie auch speziell ausgebildete. Es gibt aber immerhin eine Markthalle, wo bei schlechtem Wetter und im Winter Handel getrieben wird. Es wird Dir bestimmt gefallen in Mogontiacum. Im Frühjahr, wenn alles blüht, fand ich es sogar besonders schön dort. Durch den häufigen Regen ist das Grün der Wiesen und Bäume viel satter als bei uns hier. Ich finde, auch das hat seinen besonderen Reiz."

    Valerian lächelte, als er sah, wie gespannt sie zuhörte. Da erzählte es sich doch gleich doppelt gut, wenn man merkte, daß Interesse an dem Gesagten bestand. "Die Germanen begrüßen sich mit Heilsa. Und wenn man einen Begrüßungstrunk gereicht bekommt, muß man ihn vollständig leertrinken, sonst beleidigt man den Hausherrn. Ich weiß allerdings nicht, ob dies auch für Frauen gilt. Eburnus wird es Dir genau sagen können. Vielleicht kommt er sogar heute noch, er wollte es zumindest, wurde aber noch aufgehalten. Seit er zum Schreiber der Einheit ernannt ist, habe ich auf seinen Dienstplan keinen direkten Einfluß mehr, sonst hätte ich schon dafür gesorgt, daß er heute hier sein kann." Da konnte er leider nichts machen, dafür war er die Karriereleiter noch nicht weit genug hochgekrabbelt.


    "Ersparen ist das richtige Wort", lachte Valerian, als sie davon sprach, um den germanischen Winter wohl herumzukommen. "Ich drücke Dir fest die Daumen, daß Du Deine Ausbildung rechtzeitig beenden kannst, um noch vor dem ersten Schnee über die Alpen zu kommen. Glaube mir, es ist hier weit angenehmer. Auch wenn es vermutlich nicht so arg ist, wenn man keinen Wachdienst hat." Unwillkürlich mußte er daran denken, wie er oft frierend am Tor gestanden und den Schneeflocken zugesehen hatte. "Meine Schwester würde sich bestimmt freuen, wenn sie Dir bei der Eingewöhnung helfen könnte. Und ich bin sicher, die Duccier werden Dir auch gerne helfen. Sie sind eine hilfsbereite und freundliche Familie. Eburnus kann Dir sicher Kontakt zu ihnen verschaffen. Kennst Du überhaupt niemanden in Mogontiacum? Weißt Du schon, wo Du wohnen wirst?"

    Valerian winkte der Bedienung und bestellte dann Wein und Wasser für sie beide. Dazu Oliven Brot und Käse. Dann wandte er sich wieder dem Gespräch zu. "Streng ist doch nicht verkehrt, wenn Gerechtigkeit im Spiel ist. Bei den Truppen herrscht auch große Strenge. Und dabei geht es nicht immer gerecht zu." Ob sich Marhabal darüber bewußt war?


    "Dein Geld ist demnach wohl aufgebraucht. Aber Du hast eine Unterkunft? Und das nötigste zum Leben? Hast Du keine Arbeit finden können? Auch für Freigelassene gibt es doch einige Möglichkeiten." Man brauchte nur bei den Anschlägen am Forum schauen, da war doch meistens etwas dabei.


    "Reiten ist also das Problem. Das verstehe ich gut, ich bin auch nicht gerade auf dem Pferderücken geboren. Ich kann zwar reiten, aber nur gerade so. Was ist mit der Flotte? Auch die würden Dich vielleicht nehmen. Für die Legion brauchst Du erst das Bürgerrecht. Und dann ist noch fraglich, ob Du ihnen nicht doch zu alt bist. - Auch wenn Du jünger bist, als Du scheinst." Er grinste ein wenig frech und zwinkerte dem Mann zu, denn gar so jung konnte er wirklich nicht mehr sein. Er schätzte ihn miindestens so um die vierzig.


    Die Getränke und das Essen wurden aufgetragen. Valerian schenkte sich und Marhabal ein, dann hob er den Becher, um mit ihm anzustoßen. "Auf Dein Wohl."


    Sim-Off:

    Wi-Sim :)

    "Danke, ich bin noch versorgt", sagte Valerian freundlich zu der Sklavin und hob lächelnd seinen Becher leicht an. Ein aufmerksames Mädchen. Sein Patron war wirklich zu beneiden um sein gutes Personal. Ob er selbst jemals dahin kam, eigenes Personal zu haben? Er wagte, dies zu bezweifeln. Aber hoffen und träumen, das dufte man ja wohl.


    Nachdem sein Patron erklärt hatte, warum er dieses Treffen arrangiert hatte, sprudelten die Fragen auch schon aus Callista heraus. Es mußte für eine junge Frau schon schwer sein, allein so weit zu reisen und in einer fernen Stadt ohne die eigene Familie leben zu müssen. "Germanisch kann ich leider nicht. Zumindest nichts, was über normale Grußformeln hinaus geht. Aber da kann Eburnus Dir ganz sicher weiterhelfen, er stammt ja aus einer germanischstämmigen Familie." Er mußte grinsen. "Über ein paar Ecken bin ich sogar auch mit dieser Familie verwandt. Oder vielmehr verschwägert. Mogontiacum ist, verglichen mit Rom, extrem provinziell. Doch für eine Stadt in Germanien widerum ist sie schon recht ansehnlich. Sie ist ganz klar römisch geprägt, germanische Bauweise findest Du kaum. Gerade in der Gegend um das Forum herum merkst Du kaum, daß Du nicht in einer italischen Stadt bist. Nur das Wetter, das ist deutlich anders als hier. Viel mehr Regen. Im Winter gibt es Unmengen Schnee, das kann man sich kaum vorstellen, wenn man nur die paar Krümel von hier kennt. An die Kälte dort habe ich mich nie recht gewöhnen können."


    Valerian überlegte, was sie noch gefragt hatte und nahm noch einen Schluck aus seinem Becher. Achja, die Leute. "Hm, wie sind die Menschen dort? Laut und auffällig? Nein, eigentlich nicht. Sie können mitunter recht stur sein, aber eigentlich sind sie offen und herzlich. Manche sind sehr mißtrauisch uns Römern gegenüber. Wobei ich da vielleicht ein etwas subjektives Bild habe, denn als Soldat wurde ich natürlich doppelt mißtrauisch beäugt. Aber auch das trifft eigentlich mehr auf die Menschen auf dem Land zu. In der Stadt habe ich derlei Probleme kaum gehabt. Es leben ohnehin auch viele römische Familien in Mogontiacum. Meine Schwester zum Beispiel auch. Du brauchst nicht zu fürchten, in die Wildnis zu geraten. Mogontiacum mag nicht groß sein, aber es lebt sich dort ganz gut."

    Sie betraten die Taberna, die um diese Zeit noch nicht so stark besucht war und Valerian setzte sich an einen der freien Tische. "Was möchtest Du trinken? Mir ist nach verdünntem Wein und Dir?" Er wollte nicht über Marhabals Kopf hinweg etwas bestellen.


    "Ich bin in Rom geboren und aufgewachsen. Ich kenne jeden Stein in der Stadt beim Namen. Und jede Taberna sowieso." Er lachte, denn das war tatsächlich nichts als die Wahrheit, auch wenn er gar nicht so oft in eine Taberna hineinging. Weniger oft als die meisten seiner Kameraden auf jeden Fall. "Tiberius Iuvenalis? Oh, das war ein prachtvoller Mann, eine Stütze der kaiserlichen Verwaltung, wie ich gehört habe. Der war Dein Herr? Und hat Dir keine Geldmittel vererbt? Das hätte ich ja nicht erwartet, daß er seinen Sklaven unversorgt läßt." Tatsächlich kannte er Iuvenalis von vielen Tagen, an denen er am Palasttor Wache gestanden hatte und Iuvenalis an ihm vorbei zur Arbeit gegangen war.


    "Warum gerade die Legion? Und nicht die Hilfstruppen? Und ... bitte verzeih mir die übergroße Offenheit. Aber bist Du für einen Eintritt in die Truppen nicht fast schon ein bißchen alt? Der Drill i... soll ja höllisch sein. Und zwanzig oder bei den Hilfstruppen gar fünfundzwanzig Jahre können sehr lang werden, wenn man keine 17 mehr ist."

    "Ja, das stimmt zwar. Aber was denkst Du, wenn Du einen Mann mit einem Fleck auf der Tunika siehst? Also ich denke da: Was ist dem armen Burschen wohl schiefgegangen, ist wohl nicht sein Tag. Also... was ist schon dabei?" Er lachte und deutete in eine Richtung. "Ein Stück da weiter ist eine nette, kleine Taberna." Und schon setzte er sich in Bewegung.


    Er lachte. "Nein, nicht immer. Aber manchmal." Immerhin hatte er den Zusammenstoß ja herbeigeführt. Aber das brauchte Marhabal ja nicht zu wissen. "Was bringt einen Freigelassenen der Tiberier, der ja ausgesorgt haben sollte, dazu, so in Gedanken versunken durch die Stadt zu irren?" Er schlug dabei einen lockeren Ton an, als wäre es eine nur beiläufige Frage, doch eigentlich interessierte sie ihn brennend.

    Valerians Augen weiteten sich vor Erstaunen, als er das Lob seines Patrons hörte. Einer der vielversprechendsten jungen Männer, die ich in Rom kenne. Entweder kannte sein Patron nicht viele junge Männer oder er schätzte ihn viel besser ein, als er selbst es tat. Zum Glück war auch die junge Dame sichtlich verlegen und schaute zu Boden, so daß sie seine ebenfalls offensichtliche Verlegenheit hoffentlich nicht bemerkte. Und zum Glück verschluckte er sich nur beinahe und nicht richtig, so daß er ohne Hustenanfall durch die Situation kam.


    "Ich bin ebenfalls sehr erfreut, Deine Bekanntschaft zu machen, Prudentia Callista." Ach, verdammte Floskeln, das klang so steif und unpersönlich. Hoffentlich machte der freundliche Ton das wieder wett. Aber was sonst sollte man sagen, wenn man einander vorgestellt wurde?


    Als die junge Dame sich setzte, nahm auch Valerian wieder Platz. Wie gut, daß er den Becher in den Händen hielt, sonst hätte er unter ihrem Blick nicht mal gewußt, wohin mit den Händen. Auf einmal fühlte er sich in dieser vornehmen Umgebung wieder ein wenig fehl am Platz. Dabei war das natürlich Unsinn. Er war doch nur hier, um ihr etwas über Germanien zu erzählen und warum sollte das nicht eine ganz angenehme, lockere Unterhaltung werden?

    Hübscher Fleck, dachte Valerian, als er die Tunika seines Gegenübers betrachtete. Und bemerkte danach erst, daß seine eigene Tunika ebenfalls etwas abbekommen hatte. Sein Blick war ziemlich verdutzt, als er das bemerkte. So war das ja eigentlich nicht beabsichtigt gewesen. Dann mußte er unwillkürlich lachen. "Apfel macht keine Rotweinflecken", scherzte er. Das sollte doch wohl rausgehen beim Waschen. Was nicht mehr sein Problem war, da er seine Wäsche seit er Optio war zum Waschen weggab und es nicht mehr selbst machen mußte.


    Gerade setzte er dazu an, noch etwas zu sagen, als ein weiterer Mann knapp an ihnen vorbeirauschte, offenbar in großer Eile und auch kaum auf seine Umgebung achtend. Valerian stimmte in Marhabals Lachen ein. "Heute liegt wohl irgendwas in der Luft."


    Als Marhabal sich vorstellte, wurde offensichtlich, daß er ein Freigelassener war. Von den Tiberiern, was ja wieder ausgesprochen interessant war. "Lucius Quintilius Valerian. Erfreut, Dich kennenzulernen, Marhabal. Auch wenn das Aufeinandertreffen etwas heftig war." Er lachte wieder. "Also, ich könnte jetzt einen Becher Wein vertragen. Wie sieht das mit Dir aus?"

    Auch bei solch einem Anlaß waren die Praetorianer natürlich mit dabei. Der Kaiser in der Öffentlichkeit, das bedeutete für sie besonders viel Arbeit. Viele von ihnen waren in zivil vor Ort, gerade weil es sich um eine Opferzeremonie handelte. Zuviele Rüstungen wirkten da etwas fehl am Platze. Trotzdem waren auch genug Männer in Rüstungen anwesend. Immerhin sollte niemand sich eingeladen fühlen, etwas gegen den Kaiser - oder die Consuln - zu unternehmen. Valerian stand mit seinen Männern dem Altar so nahe, wie es eben möglich war. Als die Prozession ankam und der Kaiser vor den Altar trat, hieß es für ihn, die Augen und Ohren überall zu haben. Mit Sorge bemerkte er den Hustenanfall seines hochstehenden Namensvetters. Anscheinend hatte sein Opfer damals keine Wirkung erzielt. Vielleicht war es doch zu klein gewesen. Nur hatten seine Mittel für mehr einfach nicht ausgereicht. Doch diese Gedanken mußte er nun entschlossen beiseite schieben. Seine Konzentration mußte in diesem Moment allein der Sicherheit des Kaisers gelten.