Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    "Hauptsache, später im Leben stimmt dann auch das Geld, sonst nützt einem die Zeit gar nichts." Valerian lachte. Er bezweifelte ganz stark, daß er jemals zu Geld kommen würde. Doch allzu sehr störte ihn dieser Gedanke auch nicht. Er war an sich rech zufrieden mit seinem Leben. Wenn nur die Sorge um Valentina nicht wäre. "Außerdem weiß man ja nie, wieviel Zeit einem noch bleibt. Eigentlich finde ich, man sollte jetzt leben und damit nicht auf ein später warten, das vielleicht nie eintritt. Das einzige, was mir fehlt, ist Familie. Es ist wirklich schade, daß man als Soldat nicht heiraten darf, auch wenn ich den Sinn natürlich einsehe."

    Natürlich war auch Valerian mit zum Training angetreten. Das Training mit dem Gladius war ihm das liebste. Es war nun einmal seine Königsdisziplin, alles Training an den anderen Waffen hatte daran nichts geändert. Nach den üblichen Aufwärmübungen, suchte sich Valerian einen Trainingspartner und sie begannen einen harten, unnachgiebigen Kampf. Wie immer ging es dabei ganz schön zur Sache, sie gaben alles, das wurde ja auch von ihnen erwartet. Vom Können her waren sie in etwa auf dem gleichen Level, so daß es eher Glück denn Überlegenheit war, das Valerian schließlich siegen ließ. Lachend klopften sie sich gegenseitig auf die Schultern und blickten sich dann nach anderen Trainingspartnern um.


    Valerian erblickte dabei Eburnus. Mit ihm würde er es gerne auch einmal versuchen. Eine Weile lang beobachtete er den laufenden Übungskampf. Sobald dieser beendet war, würde er nach einem Partnerwechsel fragen.

    Valerian stimmte in das Lachen mit ein. "Ja, das kann natürlich genauso gut sein. Vor allem, wenn sie sich allzu ähnlich sein sollten. Das soll gerade bei Frauen ja das schlimmste sein. Valentina ist eigentlich total lieb und herzensgut, aber sie kann zur Furie werden, wenn sie glaubt, man wolle ihr etwas aufzwingen, dessen Zweck sie nicht einsieht." Man konnte seinem Tonfall schon anhören, daß er seine Schwester sehr liebte.


    "Nein, das Haus ist natürlich nicht völlig verfallen und gewiß auch nicht unbewohnbar. Es steht einfach schon lange leer und ist daher heruntergekommen. Sicher könnte man es Zimmer für Zimmer renovieren, wie das Geld es gerade hergibt. Doch was dann? Sollte sie dort allein mit ihrem Sklaven leben? Dann müßten die beiden auch noch das ganze Haus sauberhalten. Was wäre das denn für ein Leben? Nein, solange es nicht mehr Familienmitglieder nach Rom verschlägt, macht das keinen Sinn. Unsere Familie ist wahrhaftig klein geworden. Wir hatten eine Menge Todesfälle in den letzten Jahren. Ich beneide Dich um Deinen großen Familienclan, Eburnus." Duccier schien es wie Sand am Meer zu geben, zumindest hatte Valerian in Mogontiacum den Eindruck.

    Valerian war wirklich erleichtert, daß der Senator es einfach geschehen ließ. Eine Diskussion wäre jetzt wirklich unerquicklich gewesen und hätte unweigerlich dazu geführt, daß der Centurio mit hineingezogen werden mußte.


    So respektvoll wie möglich kam Valerian seiner Aufgabe nach, ohne jedoch die Gründlichkeit zu vernachlässigen. Natürlich war alles in Ordnung, wie nicht anders erwartet. "Wenn Du mir bitte folgen würdest?", forderte er Hungaricus dann höflich auf und führte ihn zum Consilium.

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Auch Hungi war eingeladen zum Consilium und erreichte zu gegebener Stunde den Palast. So ging er zur Wache und stellte sich - wieder einmal - vor.


    Salve, Senator Vinicius Hungaricus. Ich wurde zum Consilium principis eingeladen. begrüßte er die Wache und wartete darauf, daß er eingelassen wurde.


    Kaum war Valerian an das Tor zurückgekehrt, da tauchte auch schon der nächste auf. Vinicius Hungaricus. Verflixt und zugenäht! Jetzt saß er aber verdammt in der Zwickmühle! Durchsuchen oder nicht durchsuchen? Als Praefectus Urbi war er von der Regel ausgenommen gewesen. Doch was jetzt? Hilfesuchend blickte Valerian seine Kameraden an, doch sie blickten genauso ratlos drein. Also blieb es an ihm hängen, die Entscheidung zu fällen. Schöne Kameraden hatte er!


    Nun, lieber zuviel Vorsicht walten lassen, als den Kaiser im Zweifelsfall zu gefährden. Das war zumindest ein Standpunkt, den man gut vertreten konnte. Nicht, daß Valerian dem Senator ernsthaft zutraute, dem Kaiser etwas antun zu wollen, er hatte eigentlich eine gute Meinung von dem Vinicier, auch wenn das niemanden interessierte. Doch wie konnte man sich schon sicher sein? Man schaut den Menschen immer nur vor die Stirn, man weiß nie, was dahinter vor sich geht, hatte seine Mutter immer gesagt. Und sie hatte recht. Wer konnte schon wissen, ob der ehemalige Praefectus Urbi nicht schrecklich wütend war über den Verlust seiner Stellung?


    "Salve, Senator Vinicius", grüßte Valerian also höflich und hoffte, daß man ihm seine Nervosität nicht ansah. "Wenn Du erlaubst?", fragte er und trat nun entschlossen auf den Senator zu, um ihn auf Waffen abzuklopfen.


    Edit: Fehlerteufel

    Kurz nach dem Praefecten und Senator Germanicus tauchte auch schon Senator Purgitius auf. Valerian kannte ihn mittlerweile. Genau wie die meisten der einflußreicheren Senatoren. "Salve, Senator Purgitius. - Wenn Du erlaubst?" Er führte die übliche Durchsuchung nach Waffen durch, dann sagte er höflich: "Wenn Du mir bitte folgen würdest?" Er ging voran und führte den Senator zu dem Raum, in dem das Consilium stattfand.

    Valerian lächelte. "Ja, das erinnert mich sehr an Valentina. Obwohl sie durchaus verantwortungsbewußt ist, solange man nicht ihren Sturkopf herausfordert. Deine Idee ist gut, doch das Problem ist, sie ihr zu verkaufen. Zumal sie sich mit der Tante nicht so schrecklich gut versteht. Die alte Dame kann recht anstrengend werden. Mir wäre es ja auch eigentlich am liebsten, sie würde nach Rom ziehen. Ich habe sogar schon eine erstklassige Wohnung für sie gefunden, da unser Haus ja so heruntergekommen ist. In der Villa Sergia. Dort hätte sie auch gleich Gesellschaft und vor allem eine sichere Umgebung. Ich schrieb es ihr... Aber sie hat noch nicht zurückgeschrieben. Ich hoffe immer noch, sie entscheidet sich für Rom. Zwingen kann ich sie ohnehin zu nichts." Genau das war ja das Problem. Das sie so verflixt eigensinnig war.


    "Ich glaube, unsere Schwestern würden sich gut verstehen", grinste er schließlich.

    Duccius Marsus? Valerian blickte nachdenklich drein. Nein, von dem wußte er nichts, da mußte er doch glatt Valentina bei nächster Gelegenheit nach fragen. Eigentlich hatte doch Duccius Lando das eine oder andere Auge auf Valentina geworfen. Auch wenn daraus anscheinend nichts geworden war. Und auch Drusus war anscheinend nicht ganz uninteressiert. Es war wirklich nicht gut, daß sie allein dort war. So umschwärmt von all den Männern ohne den Schutz ihres Bruders.


    "Flava. Ja, sie ist eine entfernte Cousine von mir. Leider hat sie Mogontiacum wieder verlassen und ist wieder zu unserer alten Tante aufs Land gezogen. Das schlimme ist, daß ich für beide verantwortlich bin und die Entfernung für meinen Geschmack einfach zu weit ist. Flava weiß ich ja an einem sicheren Ort. Aber Valentina? Sie ist allein mit ihrem Sklaven und schon mit dem war ich nicht einverstanden. Ausgerechnet ein Parther! Auch wenn er einen ganz zuverlässigen und ordentlichen Eindruck macht. Sie ist immerhin eine hübsche junge Frau und ihm im Grunde hilflos ausgeliefert, wenn er es darauf anlegt." Das waren seine großen Sorgen und er wußte selbst nicht so genau, warum er Eburnus sein Herz ausschüttete. Vielleicht mußte er es einfach mal loswerden. "Wenn Du auch zwei Schwestern hast, dann verstehst Du sicher, daß ich mich sorge. Das schlimmste ist ihr entsetzlicher Dickkopf. Je mehr ich sie dränge, nach Rom zu kommen, umso weniger wird sie es tun. Doch wenn ich zuwenig dränge, dann schmollt sie, weil sie meint, ich wollte sie nicht hier haben." Frauen, ein ewiges Mysterium. Man konnte es ihnen niemals recht machen.

    "Mein Aufbruch aus Mogontiacum war sehr überstürzt. Der Praetorianer, der uns ausgesucht hat, verlor nicht die geringste Zeit. Und so blieb mir keine Gelegenheit, mich von ihr richtig zu verabschieden oder gar ihre Reise hierher zu organisieren. Sie ist noch in Mogontiacum, erwähnte aber in ihrem letzten Brief, daß sie überlegt, zurück nach Rom zu kommen." Daß Valentina nun so allein in dieser rauen Provinz hockte, gefiel ihm überhaupt nicht. "Sie hat schon sehr lange nicht mehr geschrieben, ich mache mir inzwischen richtig Sorgen. Allerdings hätte mich Drusus längst informiert, wenn etwas geschehen wäre. Ich bat ihn, ein Auge auf sie zu haben und darauf kann ich mich auch verlassen. Er ist ein sehr guter Freund. Iulius Drusus. Er war zum Optio befördert worden, kurz bevor ich nach Rom zurückkehrte. - Hast Du noch Geschwister?"

    "Salve", hatte Valerian schon den Gruß über die Lippen gebracht, als der Senator ihn ansprach, dann aber kam der Praefectus dazu und winkte einfach ab. Keine Untersuchung nach Waffen? Obwohl der Mann dem Kaiser selbst gegenübertreten würde? Nun, Befehl war Befehl und sicher würde der Praefectus schon für die Sicherheit garantieren. Also trat er beiseite und ließ die beiden passieren. Allerdings tauschte er noch einen verwirrten Blick mit seinen Kameraden. "Salve, Praefectus. Zu Befehl", sagte er dann aber noch schnell, da er das vor lauter Erstaunen beinahe vergessen hätte.

    "Das kannst Du wohl laut sagen. Die Möglichkeiten waren dort wirklich extrem begrenzt." Es war ihm anzuhören, wie sehr das von Herzen kam. Anscheinend hatte Valerian durchaus einigen Nachholbedarf. "Rom ist eben doch der Nabel der Welt. Es gibt nichts, was es hier nicht gibt. Und vor allem gibt es hier alles im Überfluß. Nur Geld braucht man dafür. Gut, davon habe ich nicht viel, aber für die Grundbedürfnisse reicht's dann doch." Breit grinsend nahm Valerian noch einen Schluck Wein. Zum Glück waren keine Damen anwesend, sonst hätte er solche Dinge ganz sicher nicht erwähnt.

    Valerian nickte ernst. "Manchmal hat man das Gefühl, die scheißen da sogar Gold und Marmor. Nein, ernsthaft, es ist einfach nur prachtvoll. Nicht nur der Bau selbst mit all seinen herrlichen Verzierungen. Auch die Statuen, Malereien, die Stoffe und Teppiche, die kunstvollen Möbel, sogar die Kerzenständer und Kohlebecken sind die reinsten Kunstwerke. Schade eigentlich, daß man sich sogar an solch einen Anblick gewöhnt. Mit der Zeit ist das alles einfach nichts besonderes mehr. Aber ein Labyrinth ist die Palastanlage. Es braucht seine Zeit, bis man sich dort wirklich auskennt. Man kann Stunden darin herumirren, ohne den Ausgang zu finden. Na, Du wirst das ja bald sehen." Er konnte sich schon denken, daß Eburnus es für Übertreibungen hielt. Doch es war tatsächlich die Wahrheit. "Weißt Du, Rom hat seine häßlichen Seiten. Vor allem ist in einigen Gegenden der Gestank schier unerträglich. Doch der Palast... Wie gesagt: Du wirst es ja sehen." Valerian lachte, er würde sich wohl selbst nicht glauben, wenn er noch nie so etwas gesehen hätte.

    Mit gebanntem Blick sah Valerian zu, wie das Opfer vollzogen wurde. Das tiefrote Blut tränkte das schneeweiße Fell des Lammes und der starke Kontrast war schon tief berührend. Der alte Priester war sehr gründlich und besah sich alles auf das genauste. Zum Schluß die Leber. Valerian hielt unwillkürlich den Atem an. War es nicht so, daß es sich meistens an der Leber zeigte, ob ein Opfer angenommen war? Gespannt wartete er auf das Urteil des Priesters, gab es einen Makel?

    Solch ein Augenaufschlag sollte eigentlich als unzulässige Waffe deklariert werden. Wer könnte diesem Blick schon widerstehen? Valerian sicherlich nicht. Und er war sich ziemlich sicher, daß keiner seiner Kameraden es schaffen würde. Was für ein süßes Mädchen! Aber natürlich mußte er sich jeden Gedanken daran aus dem Kopf schlagen. Immerhin war er Soldat. Aber ihre Gesellschaft genießen, das konnte er.


    "Du willst damit sagen, daß Du Dich scheust, den Sklaven Arbeiten zu übertragen?", fragte er ungläubig. Bisher hatte er gedacht, daß gerade Kinder aus reichem Hause das mit quasi mit der Muttermilch einsogen. "Aber es ist doch ihre Arbeit? Schau, meine Arbeit ist es, den Kaiser und seine Familie zu beschützen und den Palast zu bewachen. Dafür muß ich den ganzen Tag vor irgendwelchen Türen oder an Toren stehen und mich mit uneinsichtigen Besuchern streiten. Das ist meine Arbeit. Und glaub, mir, gerade an heißen Tagen ist das kein Vergnügen, in dieser Rüstung regungslos herumzustehen. So ist das eben. Jeder hat seine Aufgabe, bei dem einen ist sie leicht, bei dem anderen schwer. Und wenn Du einen Sklaven mitnimmst in die Stadt, dann ist es eben seine Aufgabe, Deine Einkäufe zu tragen. Dafür wird er von Deiner Familie versorgt. Das ist ganz normal. Der Lauf der Dinge. Du tust ihm nicht weh damit." So sah er das wenigstens. Sklaven waren zum arbeiten da, also sollten sie arbeiten. Das hieß ja noch lange nicht, daß man sie unmenschlich behandeln mußte.


    "Sehr gern würde ich Dich mal auf die Märkte begleiten", log er glatt, ohne rot zu werden. Nicht, daß er sie nicht gerne begleiten würde, ganz im Gegenteil. Nur das Einkaufen störte dabei. Er hatte eine Schwester. Er wußte nur zu gut, was es hieß, mit einer jungen Frau zusammen über die Märkte zu gehen. Doch natürlich konnte er ihr das so nicht sagen. "Allerdings habe ich nur sehr selten Ausgang. Das hier heute ist auch schon erschlichen auf dem Rückweg zur Castra. Nein, mach Dir keine Sorgen. Ich bekomme deswegen keinen Ärger." Noch eine Lüge. Wenn er an den falschen geriet am Tor, dann konnte das sehr wohl Ärger geben. Doch er vertraute darauf, daß er mit den meisten Kameraden auf gutem Fuß stand. "Ich habe ein paar Kleinigkeiten besorgt, um das Essen etwas aufzuwerten. Und da hat auch niemand etwas dagegen. Zur größten Not kann ich ja berichten, daß ich eine schöne Dame retten mußte. - Würdest Du denn als Zeugin für mich fungieren?" Ganz spontan war ihm das eingefallen. Würde sie für ihn einstehen? Nicht, daß das nötig wäre, doch die Frage war nicht uninteressant. Und auf die Antwort war er mehr als gespannt.

    Valerian seufzte und nickte. "Ja, wer kann schon sagen, wie es sich wirklich verhält mit den Göttern? Deine Vorgehensweise klingt jedenfalls ziemlich klug, das muß ich wirklich sagen. Allerdings hätte man viel zu tun, wenn man wirklich allen Göttern opfern wollte. Naja, es genügt vermutlich, sich auf die wichtigsten zu beschränken. Und verärgern sollte man sie auf keinen Fall, da hast Du recht." Vielleicht sollte er sich auch wieder mehr um die Götter bemühen. Naja, er arbeitete ja daran. Das Opfer für Minerva war da kein schlechter Anfang.


    "Colonia Agrippina habe ich nicht kennengelernt. Gibt es da solch prachtvolle Bauten wie hier in Rom? In Mogontiacum jedenfalls gab es nichts, was auch nur annähernd herangekommen wäre, obwohl es dort ja auch durchaus einige Gebäude gibt, die sehenswert sind. Schade, ich hatte gehofft, Dich mit den römischen Bauwerken ein wenig beeindrucken zu können." Er grinste breit. Ja, er war stolz auf seine Heimatstadt, auch wenn er zu ihrer Pracht wohl das wenigste beigetragen hatte.


    "Aber der Circus Maximus wird Dich ganz sicher beeindrucken! Allein die Wagenrennen! Ich sage Dir, das ist ein Anblick, den man so schnell nicht vergißt!" Er kannte keinen Römer, der vom Wagenrennenfieber nicht erfaßt war.

    "Also entspricht er wohl in etwa Mars, nicht wahr? Ich frage mich, ob nicht tatsächlich die gleichen Götter gemeint sind, nur mit unterschiedlichen Namen. Aber das wäre ja eigentlich ungünstig. Denn für welche Seite sollten sie sich dann im Zweifelsfall entscheiden?" Nein, das war eindeutig kein Thema für einen gemütlichen Abend! "Entschuldige, manchmal denke und rede ich zuviel." Er grinste ein wenig verlegen.


    "In sehr alten Zeiten haben auch unsere Vorfahren Menschenopfer gebracht. Aber ich muß wirklich sagen, daß ich froh bin, daß so etwas heutzutage nicht mehr üblich ist. Nur sich selbst kann man opfern. So mancher Feldherr verspricht sich einem Gott, um zu siegen. Überlebt er trotzdem, ist er praktisch nicht existent für die Umwelt. Für alle anderen ist er tot. - Kennt ihr sowas auch?" Man sollte immer gut aufpassen, was man einem Gott versprach.


    "Ja, wir Römer sind bauwütig, da hast Du recht. Aber wenn Du durch die Stadt gehst, wirst Du nicht nur Prachtbauten sehen. Es gibt schon echt schmutzige und stinkende Elendsviertel. Bei einer Stadt dieser Größe ist sowas wohl nicht zu vermeiden. Doch es gibt Bauten, die sind so prachtvoll, daß es kaum von Menschenhand erschaffen sein kann. Und doch haben die Baumeister es vollbracht. Natürlich zum Ruhm des edlen Spenders, der sich damit unsterblich macht." Er war schon gespannt auf Eburnus' Gesicht, wenn er auf das Forum Romanum kam und all die prachtvollen Bauten rundherum zu sehen bekam. Hoffentlich konnte er dabei sein, wenn der Duccier all das zum ersten mal zu Gesicht bekam.


    "So, die Wilde Jagd ist also doch nur eine Schreckensgeschichte für die Kinder? Und was ist mit diesem Fenrir? Ist das auch eine Schreckensgeschichte für Kinder oder gehört er für euch zu den Göttern?"

    Valerian war eigentlich auch schon lange satt. Doch bei solchen Köstlichkeiten konnte er nicht anders und naschte immer wieder hier und da. Immerhin würde er vermutlich sehr lange nicht mehr so gut verköstigt werden, das mußte man doch ausnutzen! Er lächelte, als sein Patron nach seiner eigentlichen Planung fragte. "Nein, das bringt gar nichts durcheinander. Ich habe überhaupt nichts geplant, weil ich hier ja eingeladen war. Vielleicht gehe ich später noch.. naja, etwas weibliche Gesellschaft suchen." Er errötete leicht und nahm schnell einen Schluck von dem verdünnten Wein, um damit seine Verlegenheit zu überspielen. Immerhin war er auch nur ein Mann und hatte nur sehr selten Gelegenheiten. Balbus würde da gewiß Verständnis für haben.

    "Ja, ich habe ziemliches Glück gehabt, ausgewählt zu werden", antwortete Valerian noch auf die Bemerkung über die steile Karriere hin. "Doch Deine Karriere läßt sich ja durchaus auch sehen. Du warst doch Quästor in der letzten Amtszeit, oder habe ich das falsch in Erinnerung?" Er wußte zwar nicht mehr wo und wie, aber Quästor, das wußte er noch.


    Auf den Dank hin nickte er nur grinsend. "Das ist ohnehin meine Pflicht. Aber ich habe es auch gern gemacht. Ich werde Dich später auch wieder zurückführen zum Tor." Es sollte ja niemand unbeaufsichtigt im Palast herumirren, zumal man dabei alt werden konnte, wenn man sich nicht auskannte.


    Valerian zog sich bis zur nächsten Ecke zurück, er wollte weder lauschen noch stören, und stellte sich dort auf.

    "Ich weiß nicht, wer Teiwatz ist, doch ich bin sicher, Mars war mit uns." Er verstummte und blickte eine Weile ins Leere. Merkwürdigerweise kam ihm als erstes die allesdurchdringendes Kälte in den Sinn. Erst danach kamen die anderen Bilder. Er schüttelte sich. "Mars hat hier in Rom einen großartigen Tempel." Vielleicht sollte er auch ihm mal wieder ein Opfer darbringen. Doch sein Geldbeutel war leer. Er hatte immerhin gerade erst der Minerva geopfert und sparte für den Fall, daß sie seine Bitte erfüllte. Denn für diesen Fall hatte er ihr ein großes Opfer versprochen.


    "Was opfert ihr euren Göttern? Und wie? Ich muß zugeben, daß ich eigentlich überhaupt nichts über germanische Götter weiß. Nur von der Wilden Jagd in den Raunächten habe ich mal erzählen hören." Genau gesagt hatten die älteren Jungen in der Straße ihm damit Angst einzujagen versucht. Und tatsächlich hatte er in den folgenden Nächten nach den Saturnalien furchtsam in den Sturm hineingehorcht. Da aber nichts geschehen war, hatte er das ganze als Ammenmärchen abgetan. Zudem waren die Stürme in Rom ja auch in keinster Weise mit einem germanischen Wintersturm zu vergleichen. Als er einen solchen zum ersten mal erlebte, hatte er sich an die Geschichte erinnert. Und gar nicht mehr für unmöglich gehalten.

    "Es soll Menschen geben, denen sich die Götter auf solche Weise mitteilien", sagte er in respektvollem Ton. Solche Menschen waren sehr selten und Valerian war bisher noch keinem solchen begegnet. "Es ist eine ehrenvolle Sache, den Göttern zu dienen. Er wird Deiner Familie sicher keine Schande machen. Dann hat er sich also noch nicht auf einen bestimmten Gott festgelegt? Sicher wird er bald wissen, in welchem Tempel er am richtigen Platz ist. Komisch. Ich habe nie an die Möglichkeit des Tempeldienstes gedacht. Als es mit der Verwaltung nichts war, bin ich gleich zur Legion gegangen. Mir kam der Gedanke nicht mal." Er grinste und zuckte mit den Schultern. "Vielleicht war das ja auch ein Wink der Götter."


    Er nahm sich noch einen Becher Wasser und trank erstmal einen Schluck. "Dein Vetter hat sich den besten Ort der Welt ausgesucht für seine Ausbildung: Rom. Nicht nur daß es hier praktisch für jeden römischen Gott einen Tempel gibt, hier werden auch viele ausländische Kulte gepflegt. Nirgends kann man mehr über Religion lernen als hier, wo alles zusammen kommt. Möchte er nach der Ausbildung nach Germanien zurück? Oder hat er sich da noch nicht festgelegt?"