Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Sorgfältig klopfte Valerian seinen ehemaligen Vorgesetzten ab, musterte auch kurz das Geschenk prüfend, die Form war aber völlig unverdächtig. "Ja, das ist richtig. Ich hatte einmal die Ehre, mit Dir zusammen mit dem Pilum zu trainieren. Du hast mir einige wertvolle Tips gegeben. Ich bin erst seit einem Jahr bei den Praetorianern." Ein ganzes Jahr. Unglaublich, wie die Zeit verging.


    "Wenn Du mir bitte folgen würdest? Ich bringe Dich zum Eingangsbereich des Wohntraktes der Gens Aelia." Er ging voran und führte Sedulus durch die etwas unübersichtliche Palastanlage.

    Da kam jemand so direkt auf das Tor zu, daß er wohl tatsächlich herein wollte. Bisher war es so ruhig gewesen, daß sich Valerian schon gefragt hatte, ob er einen Feiertag verpaßt hatte. Doch dem schien nicht so zu sein. Germanicus Sedulus erkannte er natürlich sofort. Immerhin war er Tribun bei der Legio II gewesen, als Valerian noch bei der Truppe gewesen war.


    "Salve, Tr... ähm Germanicus Sedulus. Nun, ich bin verpflichtet, Dich auf Waffen zu untersuchen, danach führe ich Dich selbstverständlich hin. Du erlaubst?" Er trat auf den ehemaligen Tribun zu, um ihn kurz abzuklopfen, wartete aber auf die Genehmigung, dies zu tun.

    Valerian grinste ein wenig schief. "Ich habe ihn ein paar mal gesehen. Im Palast. Und sein Humor scheint sich ziemlich in Grenzen zu halten. Ich werde zusehen, daß ich keinen Ärger bekomme." Bisher war er den Kameraden der Cohortes Urbanae kaum begegnet. Warum sollte das ausgerechnet heute anders sein? Valerian nahm das Tuch und wickelte die edle Waffe sorgfältig darin ein. Als er damit fertig war, sah man wirklich nicht mehr, daß dies ein Schwert war.

    "Du solltest mal das Haus meiner Familie sehen. Es lebt ja schon lange niemand mehr darin. Es ist echt heruntergekommen. Aber ich kann es mir nicht leisten, es renovieren zu lassen. Immerhin habe ich noch meine Schwester mit zu unterhalten. Und so viel Sold gibts ja nun auch wieder nicht." Er seufzte, eigentlich war es eine Schande, das Haus so zu vernachlässigen. "Natürlich komme ich gerne mit, schon weil ich die germanische Gastfreundschaft durchaus zu schätzen weiß. Ich kann Dir bei der Gelegenheit ja auch mal unser Haus zeigen. So weit liegt es nicht von eurem entfernt." Er lächelte zurück. Eburnus schien wirklich in Ordnung zu sein.


    "Dein Vetter? Ist das der, der mit am Tor war? Und der wird Priester? Welchem Gott möchte er dienen?" Anscheinend waren die Duccier doch schon so römisch, daß sie sich den römischen Göttern zugewandt hatten.

    "Das große Problem wird sein, regelmäßig Ausgang zu erhalten, wenn Du ihn im Haus Deiner Familie unterstellst", meinte Valerian, denn so oft wurden sie hier nicht einfach so herausgelassen. Gerade am Anfang waren sie ausgesprochen geizig mit Ausgang. "Es ist nicht weit. Wobei Du bedenken mußt, daß nah oder weit hier in Rom echt relativ ist. Da wir uns hier ja am Stadtrand, oder eigentlich auch schon außerhalb der Stadt befinden, ist von hier aus eigentlich alles weit, wenn man an die Verhältnisse in Mogontiacum gewöhnt ist. Aber es ist näher als der Palast und da wirst Du in Zukunft wohl nahezu täglich hinmarschieren. Von daher ist es nah." Valerian lachte über seine eigenen Worte. Wie sollte da einer durchsteigen? "Ich erkläre Dir gerne den Weg, es ist nicht schwer zu finden."


    Er war mit seiner Ausrüstung ebenfalls fertig, wischte aber nochmal mit einem weichen Tuch über alles, damit es auch wirklich glänzte. Hier in Rom kam es eben auch auf das Aussehen an und nicht nur auf Sauberkeit und Gebrauchsfähigkeit. Dann verstaute er alles ordentlich. Man mußte schließlich immer mal mit einer Stubenkontrolle rechnen. "Deine Familie unterhält hier in Rom also ein Haus? Leben denn Familienangehörige von Dir in Rom?" Ganz arm schienen die Duccier ja wirklich nicht zu sein, wenn sie sich das leisten konnten. Gut, er hatte hier auch ein Haus. Es gehörte sogar ihm. Doch der alte Kasten war verlassen und in schlechtem Zustand.

    Valerian hatte von den Aktionen der Ala nicht viel mitbekommen, weil er einfach an ganz anderer Stelle gekämpft hatte. Bisher hatte er nur gehört, daß es enorme Verluste bei den Eques gegeben hatte. Jetzt diesen persönlichen Bericht zu hören, ließ auch die eigenen Erinnerungen wieder vor seinen Augen aufsteigen. Es schauderte ihn sichtlich. So hatte Eburnus also zu allem Unglück auch noch Verwandte verloren. Das mußte entsetzlich sein zu wissen, daß sie gestorben sind, ganz in der Nähe, und man hatte ihnen nicht helfen können. Für einen Moment schloß Valerian die Augen, um die Bilder wieder loszuwerden. "Wir Soldaten... wir haben in gewisser Weise einen Vertrag mit dem Tod. So richtig bewußt geworden ist mir das dort. Wir werden ihm noch oft ins Auge blicken müssen, fürchte ich. Ich hoffe, daß ich niemals so abstumpfe, daß es mir egal ist." Er hatte das bei älteren Soldaten erlebt. Sie töteten so ganz nebebei und kamen einem dabei vor wie beim Blumenpflücken. Es störte sie nich zu töten oder zu sehen, wie die eigenen Leute getötet wurden. Nein, so wollte er niemals werden. Er würde niemals gerne töten, sondern nur aus der Notwendigkeit heraus. Und es würde ihm nie egal sein, wenn ein Kamerad starb.


    "Du liebst Pferde so richtig", stellte Valerian fest und lächelte. Das Lächeln des Kameraden sprach deutlicher als alle Worte. "Eigentlich bist Du darum zu beneiden, daß Du solch einen Freund hast. Er wird Dich sicher niemals betrügen oder enttäuschen. Naja, ich habe zu Pferden einfach keinen Bezug. Ich bin hier in der Stadt aufgewachsen und die Stadt ist kein guter Ort für Tiere. Wir hatten Katzen, die das Ungeziefer wegfingen. Und wir Kinder spielten natürlich auch mit ihnen. Aber eine richtig enge Beziehung habe ich zu Tieren nie aufbauen können. - Darfst Du Dein Pferd hier in der Castra halten?"

    Valerian lachte. "Ja, das wäre tatsächlich etwas ungünstig. Obwohl die Urbanen bestimmt viel Spaß daran hätten." Das wäre sogar ein ziemlich gefundenes Fressen für sie, wenn sie einen Praetorianer einbuchten könnten. Er konnte sich das Gelächter gut vorstellen, daß es verursachen würde. "Aber ich habe meine Marke dabei. Und wenn Du erlaubst, würde ich das Gladius gerne wieder in das Tuch einschlagen. Dann wird es schon nicht auffallen."

    "Das werde ich ganz gewiß." Valerian war fest entschlossen, seinen Patron nicht zu enttäuschen. "Dein Vertrauen in mich ehrt mich ungemein. Ich werde Dich nicht enttäuschen und Dir und dieser edlen Waffe Ehre machen." Er blickte Balbus dankbar an, ersparte ihm aber weitere Worte des Dankes, die ohnehin nicht hätten ausdrücken können, was er fühlte.

    "Oh, so schlecht fand ich die germanische Küche wahrhaftig nicht. Vor allem der Schinken war der beste, den ich je gegessen habe. Allerdings muß ich auch zugeben, daß ich relativ leicht zufrieden zu stellen bin." Er lachte. Meistens hatte er einfach zu viel Hunger und dann schmeckte nahezu alles gut.


    "Ja, Borbetomagus war der reine Horror. In jeder Beziehung. Ich bin froh, es hinter mir zu haben und hätte auf diese Erfahrung auch gerne verzichtet. Verluste hatten wir auch einige. Zum Glück nicht aus unserem Contubernium. Aber ich habe auch davon gehört, daß eure Verluste wesentlich herber waren." Er schüttelte den Kopf. Da war einiges geschehen, was er lieber nicht miterlebt hätte. Zu viele Unschuldige waren betroffen gewesen. Doch als Soldat hatte man zu gehorchen und nicht zu hinterfragen.


    "Das Reiten wird Dir sicher fehlen, was? Ich bin kein guter Reiter. Ich kann mich zwar oben halten und meistens tut das Pferd auch, was ich will, aber ich fühle mich da oben alles andere als wohl. Und ich glaube, die Pferde sind auch froh, wenn sie mich wieder los sind. Von daher bin ich bei der Infanterie schon ganz an der richtigen Stelle."

    "Halt es mal in die Sonne, dann siehst Du die Flecken ganz sicher, wenn Du nichts machst." Ganz so tief schwarz waren die Sachen ja schließlich nicht. Doch da Eburnus das Salz schon auftrug, würde er derlei Probleme nicht haben. Außerdem lag es Valerian fern, dem Kameraden irgendwelche Vorschriften zu machen.


    "Naja, mit dieser Köchin kann von uns sicher niemand mithalten. Jedenfalls ist es beruhigend zu wissen, daß Du auch kochen kannst, so werden wir die Tage, an denen Du dran bist, wohl überleben." Er lachte, das war schließlich nicht bei allen Kameraden so. Es gab immer noch zwei, deren Kochkünste mehr als mäßig waren. "Wenn die Leckereien damals auf dem Fest von dieser Marga stammten, dann kann ich Dir allerdings nur zustimmen. Das war alles absolut köstlich. Ich habe mir den Wanst ganz schön vollgeschlagen, muß ich zugeben. Naja, wann bekommt man als Soldat schon so etwas gutes?" Auch ihm lief beim Gedanken daran das Wasser im Munde zusammen. "Aber so schlecht leben wir hier auch wieder nicht. Wir legen regelmäßig etwas vom Sold zusammen und kaufen davon Gewürze, Garum, Speck und sonstige Kleinigkeiten, um das Essen etwas aufzuwerten. Und Obst und kleine Leckereien kaufen wir auch regelmäßig."

    Oje, da hatte er ja was angerichtet. Als Eburnus sich so schlimm verschluckte und hustete, klopfte ihm Valerian wohlmeinend auf den Rücken. "Verzeih, ich hätte Dich erst trinken lassen sollen." Doch der Kamerad schien sich schnell zu erholen und die Sache von der humorvollen Seite zu nehmen. Jedenfalls lachte er, nachdem er wieder Luft bekam.


    "Seine Worte haben mich an jenem Tag sehr beeindruckt. Und vielleicht waren sie auch einer der Gründe, warum ich ihn bat, mich als Klienten zu akzeptieren. Ich wollte einen Patron, dem ich wirklich vertrauen kann und hinter dem ich mit gutem Gewissen stehen kann. Bei ihm bin ich sicher, daß ich das kann." Er hatte sich das lange und gut überlegt, bevor er es gewagt hatte, den Princeps zu fragen. "Ja, ich freue mich auch, mit jemandem dienen zu können, der denselben Idealen folgt. Ich bin wirklich froh, daß Du diesem Contubernium zugeteilt wurdest." Vielleicht fand er in Eburnus ja einen Freund, wie er ihn in Drusus gehabt hatte?


    "Salz. Mach als erstes Salz drauf. Am besten sofort. Mit etwas Glück bleiben dann keine Flecken zurück." Da der Wein ohnehin stark verdünnt gewesen war, sollte das eigentlich gehen. "Eine Marktfrau gab mir diesen Tip. Sie war es auch, der ich meine Kochkünste zu verdanken habe. Ich hatte mal eine ganze Woche Kochdienst, weil ich beim Würfeln verloren hatte und ich kaufte immer bei dieser Frau ein paar Zutaten. Sie sagte mir, wie ich das beste daraus machen konnte und es hat auch alles funktioniert und gut geschmeckt." Er lachte unwillkürlich. Damals hatte er die "Tradition" eingeführt, daß jeder Neue im Contubernium eine Woche lang kochen mußte. Die meisten konnten es dann nach dieser Woche. Schon aus Selbsterhaltung. Ob die anderen diese Tradition wohl fortgeführt hatten?

    Als der Name fiel, bekam Valerian große Augen. So war das also. Auch Eburnus war der Klient des Princeps Praetorii. Eigentlich hätte er es sich fast schon denken können, es lang in gewisser Weise nahe. Dennoch überraschten in die Worte des Kameraden ungemein. Es war eben doch ein unglaublicher Zufall, daß sie im gleichen Contubernium gelandet waren.


    Dann lachte er und ohne darauf zu achten, daß Eburnus gerade etwas trank, platzte er damit heraus. "Das gibt es doch gar nicht! Er ist auch mein Patron. Prudentius Balbus. Das hier sind seine Worte, die er mir auch an meinem ersten Tag hier eindringlich ans Herz legte." Er deutete auf die Worte, die in das Metall geätzt waren.

    Ohne zu ahnen, daß sie beide den gleichen Patron hatten, nickte Valerian ernst. "Ich hoffe, daß ich seines Vertrauens und dieses kostbaren Geschenkes würdig bin. Auf jeden Fall werde ich alles tun, um mich dessen würdig zu erweisen." Er nahm sein Schwert entgegen und ließ den leicht öligen Lappen darüber gleiten.


    "Mag sein, daß er den Anstoß dazu gegeben hat. Doch wenn Du die Fähigkeiten nicht hättest, dann wärst Du nicht hier, egal, wer Dein Patron ist." Davon war Valerian fest überzeugt. Auf dem Campus hatte er nicht einen einzigen Mann gesehen, dessen Fähigkeiten ihn nicht überzeugt hätten. "Darf ich fragen, wer Dein Patron ist?"

    Erfurchtsvoll nahm Valerian das Schwert entgegen und betrachtete es eingehend. "Dein Vater muß Großes geleistet haben, wenn er dieses Schwert erhielt. Wer weiß, warum darüber nicht gesprochen wird. Das muß nicht unbedingt negative Gründe haben. Manchmal geht es einfach um Geheimhaltung. Er hat die Ehrung sicher verdient. Und Du wirst ihm sicher auch Ehre machen." Er reichte das Schwert zurück. Es war wirklich eine hervorragende Waffe.


    "Dein Vater war ein weiser Mann. Ja, die schönste und beste Waffe ist nichts wert, wenn sie nicht in den richtigen Händen liegt." Er seufzte und nahm sein eigenes Schwert hervor. Es war ebenfalls eine edle Waffe mit Elfenbeingriff und einer Gravierung auf der Klinge. LOYALITÄT, PFLICHT, EHRE stand darauf geschrieben. Die Waffe war nagelneu, er besaß sie erst ein paar Tage. "Mein Patron schenkte mir vor einigen Tagen dieses Gladius. Ich hoffe, ich kann daraus eine besondere Waffe machen." Er reichte es an Eburnus weiter.


    "Mein Vater hatte mit dem Militär nichts am Hut. Und er wollte mich eigentlich in der Verwaltung sehen, damit ich mich dort ganz nach oben arbeiten kann. Ich habe es versucht. Wirklich. Aber Listen, Karteien und solcher Kram ist einfach nicht das richtige für mich. Ich habe kläglich versagt. Als mein Vater starb, war ich nichts als eine Enttäuschung für ihn." Er hatte auch selbst nicht mehr wirklich an sich geglaubt. "Als ich mich zur Legion meldete, war es eigentlich so etwas wie eine Verzweiflungstat. Aber ich denke, es war die richtige Entscheidung, auch wenn ich mir nicht sicher bin, wie mein Vater darüber denken würde."

    Valerian grinste noch immer. "Am Palasttor hast Du es mit den höchsten der Hohen zu tun und sie wissen auch, wer sie sind. Dementsprechend von oben herab sind die meisten dann eben. Nicht alle, es gibt auch ein paar wenige positive Ausnahmen. Am besten ist man höflich und zuvorkommend, auch wenn manche Kameraden meinen, es sei besser, kurzab und grimmig zu sein. Aber ich bin bisher mit Höflichkeit am besten zurecht gekommen. Allerdings mußt Du auch bestimmt auftreten, damit sie merken, daß sie keine Sonderrechte haben, sondern die Regeln auch für sie gelten. Zum Beispiel muß jeder Besucher auf Waffen untersucht werden, bevor er den Palast betritt. Das ist keine große Sache. Du klopfst sie einfach ab, durch die dünnen edlen Stoffe würde man Waffen ja zum Glück sehr schnell bemerken. - Naja, das gilt natürlich nicht für die Angehörigen der Gens Aelia, denn die wohnen da und wenn sie Waffen haben, dann sind die eh schon im Palast. Und bisher galt es auch nicht für den Praefectus Urbi. Doch da haben wir jetzt einen neuen. Hm, ich muß direkt mal fragen, ob wir den nun durchsuchen müssen oder nicht. Er ist ja ein enger Freund des Kaisers." Nachdenklich wusch Valerian sein Eßgeschirr aus, stellte es ins Regal und nahm sich dann ebenfalls seine Ausrüstung vor.


    "Sklaven und Peregrini dürfen nicht in den Palast. Bis auf die, die dort arbeiten, versteht sich. Besonders ersteres hat schon für Diskussionen geführt, weil ja mancher hoher Herr nichts selbst macht, sondern alles von seinen Sklaven erledigen läßt. Es sei denn, einer von denen hat eine persönliche Vorladung, kommt schon mal vor, wenn einer im Palast arbeiten will. Naja, die Bestimmungen hängen im Palast in der Kommandantur aus, Du wirst sie zu lesen bekommen, wenn Du dort eingesetzt wirst."


    Sein Blick fiel auf das prächtige Gladius, das Eburnus gerade bearbeitete. Er beugte sich etwas darüber, denn er sah Schriftzeichen auf der Klinge. Und las die Worte: "Für besondere Verdienste..." Erstaunt blickte er den neuen Kameraden an. "Was für ein edles Schwert! Wofür hast Du es erhalten? Darf ich es mal näher ansehen?"

    Da kam auch schon ein junger Sklave in den Raum, der einen länglichen Gegenstand hereinbrachte, der aber noch in ein Tuch eingewickelt war. Der Sklave überreichte Balbus den Gegenstand und der ließ sich Zeit dabei, das Tuch aufzuschlagen. Mit großen Augen betrachtete Valerian das prachtvolle Gladius, das nun zum Vorschein kam. Balbus betrachte es kurz, dann reichte er es ihm. Valerian zögerte einen Augenblick, bevor er es entgegennahm. Konnte, durfte er so etwas kostbares annehmen?


    Nun war es an Valerian, die Waffe andächtig zu betrachten. Er ließ seine Finger über den Elfenbeingriff gleiten, dann faßten sie um den Griff und er hielt das Schwert so, daß das Licht über die Klinge wanderte. "Loyalität, Pflicht, Ehre", las Valerian und es klang bei ihm fast wie ein Schwur. Er streckte den Arm mit dem Schwert aus, natürlich nicht in die Richtung, in der Balbus saß. Es lag gut in der Hand und war gut ausgewogen. Eine hervorragende Waffe. "Noch nie in meinem Leben habe ich eine solch edle Waffe in der Hand gehabt", sagte er in bewunderndem Tonfall. "Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Das... das ist ein ungemein großzügiges Geschenk. Ich danke Dir... ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr." Er stammelte ein wenig hilflos herum.

    Valerian nickte. "Ich verstehe, was Du meinst. Ein älterer Kamerad bei der Legio II hat mit mir trainiert, mit zwei Waffen zu kämpfen. Überhaupt übe ich mit allen Waffen auch mit links. Ich bin mit rechts besser, aber ganz schlecht bin ich mittlerweile auch mit links nicht mehr. Im Kampf kann es immer mal passieren, daß man mit außergewöhnlichen Mitteln kämpfen muß. Gerade hier in der Stadt, wo die Platzverhältnisse anders sind als auf dem Schlachtfeld. Und nicht zuletzt kann man hier eher selten in Formation kämpfen. Der Einzelkampf oder Kampf in sehr kleinen Einheiten hat hier Priorität." Das war ein deutlicher Unterschied zur Legion.


    "Na, dann kennst Du Dich ja mit Wachestehen aus", lachte Valerian, "und brauchst nur noch den Umgang mit den Politikern lernen. Also, wie sieht es mit Deien diplomatischen Fähigkeiten aus?" Das war nur ein halber Scherz, doch er grinste sehr breit dabei.

    Anscheinend hatte der Tribun seine Fassung wiedergefunden. Valerian entging es trotzdem nicht, daß Avitus tief getroffen war. Wofür er vollstes Verständnis hatte.


    "Jawohl, Tribun. Dieser Miles wird Dich hinbringen." Er winkte einen jüngeren Kameraden heran, der vortrat und Haltung annahm. "Wenn Du mir bitte folgen würdest, Tribun?", sagte der Mann und ging dann voran zum officium des Praefecten.

    Valerian trank ebenfalls von seinem Wein und griff sich dazu noch etwas Käse, der paßte ja immer, als es zu einer Gesprächspause kam. Man konnte ja auch nicht pausenlos schwätzen. Allerdings blickte er auf, als Balbus ihm eröffnete, er hätte etwas für ihn. Das machte ihn natürlich ausgesprochen neugierig. "Für mich?", fragte er nochmal nach, nicht weil er eine Antwort erwartete, sondern weil er einfach viel zu erstaunt war.


    Gespannt blickte er zur Tür, denn was immer es war, würde ja wohl da durch kommen. Er hatte nicht die geringste Idee, was es sein könnte.

    So kam der letzte Rest Wein doch noch zu besonderen Ehren. Valerian schenkte ein und verdünnte sich den Wein dann ebenfalls. Betrinken wurde hier noch weniger gern gesehen als bei der Legio II und man tat gut daran, sich daran zu halten. Gerade in der ersten Zeit. "Das mit den Waffen ist ja ohnehin eine heikle Sache. Innerhalb der Stadt darf niemand Waffen tragen. Bis auf uns und die Cohortes Urbanae. Wir sind angewiesen, die Waffen nicht zu offen zu tragen, man muß ja niemanden auf dumme Gedanken bringen. Es hat niemand ausdrücklich verboten, zusätzliche Waffen zu tragen. Aber ich denke nicht, daß unsere Vorgesetzten es tolerieren." Er kratzte die letzten Reste Puls aus seiner Schüssel und stellte sie dann mit einen leisen, wohligen Grunzen beiseite.


    "Wache stehen wirst Du sehr oft müssen. Wir stehen praktisch überall. Im Palast an allen wichtigen Türen. Und vor allem da, wo der Kaiser sich gerade aufhält. Ja, und am Palasttor und am Tor hier. Im Palast haben wir ein gewisses Rotationssystem, wobei das nicht so sehr systematisch ist. Keiner steht die ganze Schicht nur am Tor oder nur vor des Kaisers officium oder patrouilliert nur durch die Gänge. Wir wechseln uns da ab. So ist nichts davon langweilig. Und was nicht langweilig ist, macht auch nicht unaufmerksam. - Mir persönlich macht es sogar Spaß, Wache zu halten. Am Palast ist immer was los. Und Du glaubst nicht, was für schräge Figuren da manchmal vorsprechen."