Beiträge von Lucius Quintilius Valerian

    Jeden Abend hatte Valerian sich ein paar Jungs seiner Centuria herausgerufen, um mit ihnen auf Patrouille zu gehen. Er erhoffte sich davon, sie kennenzulernen. Und nicht nur das. Auch die Art und Weise, wie sie bisher gearbeitet hatten. Während die anderen Männer zu anderen Diensten verdonnert wurden, rief Valerian die heutige Auswahl vor die Barracke. Ein Tiro war auch dabei, das konnte nur gut für ihn sein.


    "Miles Kaeso Tiburtius Limetanus*! Miles Aulus Iunius Seneca! Tiro Iullus Octavius Ofella! Venite**!"



    Sim-Off:

    *NSC **Antreten!


    Ad
    Aulus Hadrianus Fontinalis
    Legio II Germanica
    Mogontiacum
    Germania



    Salve, Fontinalis!


    Wir sind nach langer, nicht gerade angenehmer Reise gut in Rom angekommen. Leider kann ich mich vorerst kaum um meine Familie kümmern, doch es sind alle gesund und munter. Der Dienst besteht hier nun wieder hauptsächlich aus der Ausbildung neuer Rekruten, nunja, das kenne ich ja schon zur Genüge.


    Hier in Rom ist zur Zeit alles relativ ruhig. Der Frühling hält Einzug, überall blüht und grünt es. Dementsprechend sind die Leute einfach zu gut gelaunt, um sich über irgend etwas zu ärgern. Verbrechen gibt es natürlich trotzdem, die machen irgendwie nie Pause. Zu tun haben wir also mehr als genug.


    Auf jeden Fall tut es gut, wieder in Rom zu sein. Wie sehr ich es vermißt habe, das habe ich erst bei meiner Rückkehr gemerkt. Ich habe alte Freunde wiedergetroffen, liebgewonnene Orte aufgesucht und mich einfach ruckzuck hier wieder eingelebt.


    Doch genug von mir. Wie geht es Dir? Beginnt bei euch auch langsam der Frühling? Wie läuft es bei der Secunda? Ich hörte, Claudius Menecrates hat nun das Kommando? Mit ihm habt ihr sicher nicht den schlechtesten Griff getan, nach allem, was ich von ihm gehört habe. Bitte berichte mir, was in Mogontiacum so los ist und scheue Dich nicht, mir zu sagen, wenn Du meine Unterstützung benötigst.


    Mögen die Götter Dir stets zur Seite stehen,


    vale,


    Valerian



    Sim-Off:

    Familienwertkarte

    "Wir sind nicht die einzigen, die das erkennen." Auch wenn Valerian nicht wußte, wer derartige Gedanken hegte, so war er doch sicher, daß es derartige Personen in höheren Positionen gab. "Sie sind offenbar nur entweder zu feige, etwas zu tun - oder aber schlau genug, es so heimlich zu machen, daß wir es nicht mitbekommen. Ich bin sicher, wenn wir die Augen und Ohren aufmerksam offen halten, dann werden wir entsprechende Kontakte schließen können. Und erfahren, was... möglich ist." Wenn gar nichts anderes half, dann mußte er eben selbst dem Dicken die Klinge ins Herz jagen. Damit wäre sein Leben allerdings verwirkt.

    "So? Es weiß also niemand von euch, was eine Hasta ist?" Seine Augen verengten sich ein wenig, zwar brüllte er nicht allzu laut, aber seine Stimme verriet unterdrückten Zorn über so viel Unwissenheit - oder noch schlimmer, Sturheit. "Ihr seid für die Übungen mit dieser Waffe demnach noch nicht reif. Bis morgen wißt ihr einfach alles über die Hasta! Ich werde mir einen von euch herauspicken, der den Vortrag hält!" Natürlich war das noch nicht alles! Er erwartete, daß Rekruten immer und ständig so viel lernten, wie es nur möglich war. Sie waren alle schon lange genug dabei, um über jede Waffe schon etwas gehört zu haben.


    "Durchzählen! Immer von eins bis drei! Die Gruppe eins stellt sich dann hier rechts in einer Reihe auf, die Gruppe zwei hier vorne und die Gruppe drei hier links!" Er würde ihnen schon beibringen, daß dies hier kein Erholungsurlaub war, sondern eine harte Ausbildung zum Soldaten! Diejenigen, die sich seiner Meinung nach nicht schnell genug bewegten, wurden mittels vitis ein wenig "aufgemuntert". Und eigentlich bewegte sich keiner von ihnen schnell genug.


    "Eure geistige Leistungsfähigkeit scheint mir noch weit hinter eurer ebenfalls nicht gerade nennenswerten körperlichen Leistungsfähigkeit zu liegen! Aus diesem Grund werden wir den Rest des heutigen Tages damit verbringen, beides gleichermaßen zu trainieren. Gruppe eins: Eine Runde um den Platz! Gruppe zwei: Eine Runde um das Intervallum. Gruppe drei: Einmal bis zum Stadttor und zurück! Und zwar mit Tempo! Wenn ihr zurück seid, werde ich euch nach dem befragen, was es unterwegs zu sehen gab! Pergite!" Die Strecken waren unterschiedlich lang, er würde also Zeit haben, eine Gruppe zu befragen und auf den nächsten Weg zu schicken, bevor die nächste Gruppe zurück kam.

    Valerian nickte ernst. "Ich sage es ungern, aber ja." War nun die Frage, was der Kollege von der I. mit diesen Informationen anfing. Hoffentlich war er kein Speichellecker des Vesculariers. Denn dann hatte Valerian nun völlig verloren. Aber wer nicht wagte, der konnte nicht gewinnen. "Ich fürchte, wir sitzen alle auf einem echt heißen Vulkan. Jeden Moment kann er hochgehen."



    Das war eine weitere kluge Äußerung. Valerian nickte dazu. "Ja, es ist längst überfällig, den Jungen als klaren Nachfolger zu bestimmen und ihn in das öffentliche Leben einzuführen, in das politische und kultische ebenso wie in das militärische. Wie soll er sich je behaupten können, wenn man ihm die Möglichkeit nimmt, Kontakte zu schließen? Gerade in der Jugend kann er wertvolle Freundschaften gründen, die ihm später nützlich sein können." Hoffentlich passierte dem Jungen nichts, Valerian hatte so seine Vermutungen, warum er immer noch nicht zum Nachfolger erklärt worden war. Da sorgte schon jemand für, der selbst nach der Macht strebte.

    Es war nicht zu übersehen, daß die Kräfte der Männer recht bald nachließen. Valerian wollte es heute nicht übertreiben. Sie mußten es eben immer und immer wieder üben, damit die Arme das Scutum länger zu halten vermochten. "Das genügt! Scuta dorsum*!" Er schritt zwischen den beiden Reihen langsam hindurch. "Was immer euch erzählt wird, was immer für Lieder gesungen werden. Schlachten dauern nie lange. Ihr seht selbst, ewig hält man das nicht durch. Mit dem täglichen Training werdet ihr natürlich besser, ihr werdet eure Waffen länger halten, länger anwenden können. Aber die Kräfte sind niemals unendlich. Eure nicht und die des Gegners nicht! Und hier liegt das Geheimnis: Seid besser trainiert als euer Gegner! Dafür quäle ich euch hier: Damit ihr besser werdet als jeder Gegner, der euch je gegenüber stehen mag!" Diese Übung war eine der besten, um diese Lektion in die Hirne der Jungen hinein zu bekommen. Besonders in die der Drückeberger vom Vortag.


    "So, heute lernt ihr eine weitere Waffe kennen: Die Hasta. Wer kann mir etwas über diese Waffe erzählen?" Sein Blick glitt langsam von einem der Männer zum anderen.




    Sim-Off:

    *Schilde ab!

    "Natürlich. Ich weiß ja, wie es dort läuft. Trotzdem kann es leicht sein, daß Du mal einen Blick erhaschen kannst." Als er noch im aktiven Dienst gewesen war, hatte er den Kaiser immer mal wieder zu sehen bekommen. Ab und an hatte er ihn sogar direkt bewachen dürfen. Das war aber hier in Rom gewesen, nicht in Misenum. "Ich traue den Ärzten nicht, die ihn behandeln..."

    "Mann! Heul nicht los, wegen einer blutenden Nase! Was tust Du, wenn Du ernsthaft getroffen wirst? Kühl es mit einem feuchten Tuch! Und hol Deine Waffen da vorne weg, sonst fallen Deine Kameraden darüber!" Valerian konnte es nicht fassen, wie man sich so anstellen konnte.


    Dann trat er von hinten an Ofella heran. "Von oben zuzustoßen sollte eher die Ausnahme sein, aber wenn der Gegner natürlich so unvorsichtig über den Schild guckt, ist das völlig in Ordnung. Normalerweise öffnen wir die Deckung so wenig wie möglich und stechen durch die Lücke zwischen den Schilden. Das muß sehr schnell gehen. Versuch es noch einmal! Das Scutum schön hoch halten, damit Dir nicht das Gleiche passiert wie dem Gegner. Nur so gerade drüber gucken."

    "Ein blindes Huhn findet auch einmal ein Korn." Valerian lachte und zwinkerte Antoninus zu. Bei ihm hatte er das richtige Händchen bei der Auswahl bewiesen. Der Iulier hatte sich bewährt und war noch dazu einer der wenigen, die befördert worden waren. Diese Tatsache erfüllte Valerian nicht gerade mit wenig Stolz.


    "Hm. Schau ihn Dir an, Antoninus. Und sag mir dann bitte, was Du gesehen hast. Weißt Du, am liebsten würde ich den Kaiser entführen, ihn von ordentlichen Ärzten behandeln lassen an einem ruhigen, erholsamen Ort. Mit gutem Essen und ein wenig leichter Unterhaltung. Und einigen netten, schönen Frauen, die ihn liebevoll umsorgen. Ich wette, es ginge ihm dann bald wieder gut." Konnte natürlich auch sein, daß er sich irrte. Aber wenn, dann war der Kaiser verloren, als wäre er schon gestorben.

    Valerian nickte bedächtig und trank einen Schluck Met. "Also morgen, sehr schön. Ich werde diejenigen auswählen, die meiner Meinung nach gut genug sind, um bei euch noch mehr zu lernen. Wie schon gesagt, sehr gut kenne ich sie noch nicht. Bist Du ab und an in Misenum eingesetzt? Hast Du den Kaiser in der letzten Zeit mal zu Gesicht bekommen? Wie geht es ihm?" Es war Jahre her, daß Valerian den Kaiser gesehen hatte. Und es wäre hilfreich mal von einem Augenzeugen zu hören, wie es um dessen Gesundheit bestellt war. Zumal Antoninus sicherlich wußte, daß Valerian sich nicht auf das Forum stellen und es herausposaunen würde.

    Es dauerte, bis die Männer mit den Übungswaffen zurück waren. So bepackt, wie sie waren, boten sie auch durchaus einen amüsanten Anblick. Dennoch grinste Valerian nicht. Und duldete auch bei den anderen Männern kein noch so leichtes Verziehen der Mundwinkel. Schon erste Anzeichen wurden mit einem Schlag mit dem Rebstock geahndet.


    Sie standen sich nun gegenüber, die beiden Reihen. Das leichte Überlappen der Schilde klappte schon ganz gut. Blieb abzuwarten, wie lange sie das durchhalten würden, denn die Übungsscuta waren schwerer als die normalen. Mit den Holzschwertern konnten sie sich wenigstens nicht ernsthaft verletzen. "Kämpft, Männer!"

    In nullkommanix traten die Männer vorbildlich an. Na bitte, es ging doch! "Guten Morgen, Männer! Für den Anfang lauft ihr zwei Runden um den Platz, dann tretet ihr hier wieder an! Pergite!" Valerian beoachtete seine Jungs, wie sie um den Platz liefen, dann ließ er sie wieder in einer Linie antreten.


    "Für heute benötigen wir für jeden ein Übungsscutum, ein Übungsgladius und eine Hasta. Ihr wißt ja, wer von euch dafür zuständig ist, die Waffen zu holen. Der Rest macht zum Ausgleich 20 Liegestützen." Nicht, daß irgendwer dachte, er könnte hier ein bequemes Leben haben!


    Kaum waren die Übungswaffen da, erklärte er die erste Übung. Die Hasta blieb dabei erstmal außen vor, die würden sie später zur Hand nehmen. "Wie man Gladius und Scutum handhabt, habt ihr bereits gelernt. Heute werdet ihr gegeneinander antreten. Bildet zwei Gruppen! Stellt euch einander gegenüber in zwei Reihen auf! Denkt daran, einen Schildwall zu bilden! Schützt einander! Wer getroffen wird, gilt als kampfunfähig und zieht sich zurück! Scuta premite! Gladios stringite! Pergite!"

    Valerian lachte leise. "Natürlich nach dem Dienst. Offiziell haben wir ja nichts miteinander zu tun. Wobei ich das ziemlich albern finde. Von einer engen Zusammenarbeit könnten beide Einheiten profitieren. Also, ich würde mit etwa 10 Mann anfangen wollen. Wenn sich die Übungen bewähren, können wir auch gerne mal größere Übungen ausprobieren. Wie wäre es mit morgen Nachmittag? Oder wie liegt Dein Dienst zur Zeit?" Noch kannte Valerian seine Männer nicht besonders gut. Aber er wußte schon ein paar, die in Frage kamen für solch eine Übung.

    Die letzte Runde schafften die Jungs nur mit Ach und Krach. Die letzten Liegestützen waren sichtlich eine große Qual. Und die Niedergeschlagenheit, als sie davonschlichen, war übermäßig. Dennoch durfte Valerian kein Mitleid haben. Letztendlich würde es ihnen helfen, auch wenn sie das heute noch nicht sehen konnten.


    Am nächsten Morgen war Valerian vor den Männern auf dem Übungsplatz. Hoffentlich würden sie dies zum Anlaß nehmen, eiligst und ordnungsgemäß in einer Reihe anzutreten.

    Valerian genoß den guten Schluck und lächelte. "An so eine große Aktion dachte ich nicht einmal. Nur daß die besonders begabten meiner Männer die Chance erhalten, sich noch weiter zu verbessern. Und natürlich ich selbst brauche auch ein anständiges Training. Hier hatte ich noch nicht so die Möglichkeiten." Er zuckte mit den Schultern. Er wollte so gut bleiben, wie er bei den Praetorianern geworden war. Und das konnte er nur mit den richtigen Trainingspartnern. "Ich kann ja mal mit dem alten Haudegen sprechen. Aber Du kennst ja seinen Dickkopf. Ob ich da unbedingt so viel mehr ausrichten kann? Er ist aber auch kein Dummkopf. Wenn er es wirklich nicht mehr packt, dann wird er von sich aus zum Kommandanten gehen."

    "Darauf, daß ich wieder in Rom bin. Das ist auf jeden Fall ein Fortschritt. Und auf viele Treffen." Valerian prostete Antoninus zu und hoffte, daß er in Zusammenarbeit mit ihm etwas tun konnte, um die Tyrannei durch Salinator zu beenden. Sie mußten unbedingt herausfinden, wer ebenfalls daran arbeitete.


    "Siehst Du, das dachte ich mir, daß es Dir schmeckt. Paß auf, man merkt erst gar nicht, wie schnell er zu Kopf steigt." Vermutlich glaubte Antoninus ihm das nicht, aber er würde es schon noch feststellen. "Was meinst Du, können wir mal zusammen trainieren? Vielleicht findest Du auch den einen oder anderen Kameraden, der an einem gemeinsamen Training interessiert ist?" Die alten Verbindungen aufrecht erhalten, das war wichtig. Gerade in diesen Zeiten.

    "Drei Runden! Nach jeder zwanzig Liegestützen! Und für die nächsten zwei Wochen kümmert ihr Witzfiguren euch täglich darum, daß für die gesamte Ausbildungsgruppe alle Übungswaffen griffbereit sind und ihr bringt sie selbstverständlich gereinigt und in Ordnung gebracht nach dem Training ins Magazin zurück! Pergite!" Dieses mal würde Valerian nicht weggehen, sondern genau beobachten, ob alle Männer diese Schleiferei ordnungsgemäß hinter sich brachten. Es war hart, sehr hart und irgendwo taten sie ihm auch leid, denn das Training heute war eh schon hart gewesen. Trotzdem mußte es sein. Sie mußten lernen, daß sie nicht für ihn, sondern für sich und ihre Kameraden trainierten. Schaffen können sollten sie es, denn sie waren keine blutigen Anfänger mehr, die damit sicherlich überfordert wären. Aber sie würden vermutlich fertig sein wie selten in ihrem Leben.

    "Und warum um der Götter Willen tut ihr es dann nicht?", brüllte Valerian, daß den Jungs die Ohren wackelten. "Von eurer Form hängt es ab, ob ihr überlebt! Und nicht nur das! Davon hängt auch ab, ob eurer Kamerad neben euch überlebt! Was ihr hier getan habt, ist Verrat an euren Kameraden!" Gut, ein klein wenig übertrieben war es schon, aber es traf den Kern der Sache. "Und da Du es so gut weißt, Octavius: Womit, glaubst Du, könnt ihr diesen Verrat wieder gut machen?"