Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Cimon heißt also der Bursche
    dachte der decurio.
    Das war doch der Riese mit der Glatze, den er des öfteren in der pabula gesehen hatte und der sich um das Pferd des legatus kümmerte.


    Dann beantwortete er die ihm gestellte Frage.
    "Cimon ist mir mehrmals in der pabula begegnet und da er sich eingehend deines Pferdes annahm, ging ich davon aus, daß es sich um einen deiner Sklaven handelt. Da Du ihn mit nach Rom mitzunehmen gedenkst, bitte ich mir eine Frage zu erlauben, legatus."


    Er mußte wissen, wie er mit diesem Sklaven, der seinem Vorgesetzten als Leibwache diente, vertrauen konnte.

    Kaum lag das erste Brett, hatte es der decurio bereits in Besitz genommen. Gerade noch rechtzeitig hatte er es geschafft und stöhnend gab er das, was er zu sich genommen hatte, wieder von sich. Dann sah er die beiden tirones mißbilligend an.


    "Ist es hier üblich, daß statt Stock und Schwamm ein tiro den rückwärtigen Reinigungsdienst verrichtet? Oder wie ist euer Aussehen zu deuten?"


    Und wieder fuhr dieser stechende Schmerz durch seine Därme.


    "Wo habt ihr das Zeug? Ich will hier nicht Wurzeln schlagen."


    Ächzend preßte er seine Arme in den Bauch. Schweißperlen standen auf seiner Stirn.

    Eiligen Schrittes näherte sich der decurio der latrina. Seit ein paar Tagen hatte er mit Bauchschmerzen zu kämpfen und das, was er zu sich genommen hatte, verließ nur in flüssiger Form seinen Körper. So blieb es nicht aus, daß er einen gewissen Ort mehrmals am Tage und auch in der Nacht aufsuchen mußte.


    Er riß die Tür zur latrina auf und stieß auf ein paar tirones, die ihrem Aussehen nach die Aufgabe hatten, den Reinigungsdienst durchzuführen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht fuhr er den Erstbesten an.


    "Was ist hier los? Kann man hier nicht mal mehr in aller Ruhe zum Sch ... gehen?"

    Überrascht sah der decurio seinen Vorgesetzten an. Er hatte mit vielem und allem Möglichen gerechnet, jedoch nicht mit einer derartigen Auszeichnung.


    "Dich nach Rom zu eskortieren ist nicht nur für mich sondern besonders für meine Männer eine besondere Auszeichnung. Die in Aussicht gestellten freien Tage in der Hauptstadt werden das Übrige dazu tun, um über die unseligen letzten Wochen hinwegzukommen.


    Was meine turma, oder genau gesagt den Rest davon betrifft, so werde ich Dich mit 13 equites begleiten, da 2 Männer das valetudinarium noch nicht verlassen dürfen.


    Wann sollen wir marschbereit sein, legatus?"


    Der decurio wollte seine Männer so schnell wie möglich in ihren nächsten Auftrag, der zugleich sowohl eine willkommene Ablenkung als auch Abwechslung bot, einweisen.

    Mit versteinertem Blick sah der decurio seinen Vorgesetzten an.


    "Meine Männer verstehen dies alles nicht. Innerhalb der contubernia hatten sich viele Freundschaften gebildet, ein jeder konnte sich auf den anderen verlassen und Kameradschaft steht für sie an erster Stelle. Sie wollen nicht begreifen, daß ihre Kameraden und Freunde nicht im Feld getötet oder ihren dort empfangenen Wunden erlegen sind, sondern daß sie, so wie sie das sehen, einem unsichtbaren Feind ohne Gegenwehr ausgeliefert waren. Und nun ist das eine oder andere Bett neben oder über einem leer.


    Entgegen einem harten Soldaten heulten manche wie die Schloßhunde. Ich ließ sie heulen. Einer ließ seine Wut an seinem Bett aus indem er es mit seiner spatha regelrecht zusammenhieb. Sie alle haben sich beruhigt. Und dann haben wir uns zusammengesetzt und geredet, geredet wie einem jeden der Schnabel gewachsen ist. Und ich habe sie reden lassen.


    Du fragst nach der Moral meiner Männer, legatus?"


    Der decurio stand auf und hieb seine rechte Faust auf die Brust.


    "Wir sind die turma I der legio I. Wir stehen und fallen wann immer es uns befohlen wird, legatus."

    Der decurio erhob sich und überreichte dem legatus die Bestandsmeldung seiner turma.


    Bestandsmeldung turma prima





    Stand : PRIDIE ID IUN DCCCLXI A.U.C. (12.06.2011/108 n.Chr.)
    iussu
    Titus Decimus Cursor


    Er setzte sich wieder und wartete darauf bis sein Vorgesetzter erneut das Wort an ihn richtete.

    Der decurio dankte, zog sich den Stuhl zurecht und nahm Platz. Dann wandte er sich an seinen Vorgesetzten.


    "Du hast mich nicht rufen lassen, aber ich halte es für meine Pflicht, Dich über den derzeitigen Stand meiner turma zu informieren."


    Er sprach von "seiner" turma, war sich aber dessen bewußt, daß er damit mit einer Rüge zu rechnen hatte.


    "Wir haben mit Hilfe der Götter die Pest besiegt. Aber dieser Sieg hat 15 meiner Männer das Leben gekostet. Alle waren gute equites, dem Kaiser treu ergeben und mit der legio eng verbunden und keiner war dabei, der jemals einen Grund geliefert hätte, ihn zur Meldung zu bringen. Nun fehlen mir zur Sollstärke fünfzehn equites.


    Ich bin nicht hier, um Dir etwas vorzujammern. Ich bin hier um Dich zu bitten, mich bei der Rekrutierung neuer milites mitzuberücksichtigen, da damit zu rechnen ist, daß die Meldungen unserer anderen Einheiten genauso wenn nicht noch schlechter ausfallen als die meiner turma. Und dann kommt noch hinzu, daß ein eques eine Zusatzausbildung zu absolvieren hat. Und das kostet Zeit.


    Darf ich Dir die aktuelle Bestandsmeldung meiner turma vorlegen, legatus?"


    Er wußte, daß der legatus keine neuen milites aus dem Ärmel schütteln konnte, vor allem nicht aus dem Stegreif. Aber er ging davon aus, daß er, da equites eine längere Ausbildung benötigten, nicht bevorzugt, jedoch schneller mit Ersatz rechnen konnte.

    Der decurio war mit sich selbst im Zweifel, ob ihn der legatus ohne vorherige Aufforderung empfangen würde. So nickte er dem scriba dankend zu, rückte noch einmal seine spatha zurecht und betrat das officium. Nachdem er die Tür geschlossen hatte, nahm er Haltung an, grüßte und meldete.


    "Decurio Decimus, turma I, legatus."


    Er beließ es bei der kurzen Meldung und wartete darauf, daß ihn sein Vorgesetzter ansprach. Dieses Verhalten hatte er sich seit jenem Zwischenfall angeeignet, wo er der Ansicht war, gleich zu Beginn sein Vorhaben vortragen zu müssen, bevor ihm das Wort erteilt war.

    Der decurio betrat das officium legati. Er ging auf den scriba, der so in die Akten vertieft war, daß er sein Eintreten nicht bemerkt hatte, zu. Nach seinem kurzen Räuspern fuhr jener auf und sah ihn fast vorwurfsvoll an.


    "Decurio Decimus, turma I, mit einer Meldung bittet zum legatus vorgelassen zu werden."

    Die erste Handlung in seinem neuen officium war die Erstellung der Bestandsmeldung seiner turma. Der decurio legte eine vorbereitete Aufstellung zur Seite, nahm die neuen tabulae, die ihm die Stubenältesten der einzelnen contubernia gebracht hatten, zur Hand und machte sich an die Arbeit. Jedes Mal, wenn er einen Namen aus seiner ersten Liste ersatzlos strich, fixierte er das nun verbleibende leere Feld.


    Er hatte sie alle gut gekannt. Die meisten hatte er selbst ausgebildet. Mit seinen Unterführern hatte er ein besonders gutes Verhältnis. Vexillarius Caius Claudius Cunctator, der als Pferd auf die Welt gekommen zu sein schien und der immer gute Laune hatte. Duplicarius Flavus Germanicus Honorius, der, wenn nichts mehr ging, immer einen Ausweg wusste und sesquiplicarius Severus Albius Scaevola mit seinem Organisationstalent.



    Bestandsmeldung turma prima





    Stand : PRIDIE ID IUN DCCCLXI A.U.C. (12.06.2011/108 n.Chr.)
    iussu
    Titus Decimus Cursor


    Der decurio legte die Meldung zur Seite. Er dachte nach. Die Hälfte seiner turma wurde von einem Feind, gegen den es kein Entrinnen gab, aufgerieben. Wie sollte es weitergehen? Er nahm sich vor, sich morgen beim legatus zum Rapport zu melden.

    Der decurio hatte die beiden Reden über sich ergehen lassen. Das war nun mal bei Appellen so und dem war nicht auszukommen. Im Prinzip hatte nichts gegen einen Appell, im Gegenteil, der förderte nicht nur die Disziplin, wenn nur die Reden nicht wären.


    Der legatus hatte, so wie er es von ihm erwartete, zwar nur kurz gesprochen, aber seine Rede ließ wie immer einen hohen Bedeutungsgehalt nicht verkennen.


    So hoffte er darauf, daß sich der tribunus an die Bitte des legatus hielt, an paar Worte an die Truppe zu richten. Doch es kam anders. Statt der paar Worte wollte dessen Rede nicht enden. Der tribunus redete viel und als schließlich erkennbar war, daß das meiste Gesagte nichts Unbekanntes war, hörte er nicht mehr hin.


    Sein Blick ging ins Leere und er wartete auf die Belohnungen, die der legatus noch aussprechen wollte und auf das Ende des Appells.


    Er hatte sich viel vorgenommen ... und es gab viel zu tun!

    Am linken Flügel stand der decurio mit seiner turma. Es war einmal eine turma in ihrer vollen Sollstärke, nun waren es noch gerademal fünfzehn equites, die ihm geblieben waren.


    Die Ausrüstung war poliert, die Felle der Pferde spiegelten in der Sonne, aber die Mienen der equites waren ernst und ihre Blicke starrten in der befohlenen Richtung in die Ferne.


    Auch der decurio saß abwartend im Sattel. Was sie alle in Kürze zu hören bekommen würden, er konnte es sich denken. Seine Leute hatten daran glauben müssen. Zugegeben, sie waredn Soldaten und sie hatten zu gehorchen; wem, wann und wo auch immer. Aber daß sie nicht im Kampf gefallen waren, sondern nichts gegen den hintertückischen Feind tun konnten, das war schwer zu verdauen.

    Ungerührt sah der decurio dem Treiben der Fremden zu. Aber er ließ sie gewähren. Er wollte nur eines, er wollte sich diese Leute vom Halse schaffen und das so schnell wie möglich. Er beabsichtigte durchaus nicht, diese über seine weiteren Pläne in Kenntnis zu setzen. Was ging es sie an, was er vorhatte.


    Kalt wandte er sich an die seiner Meinung nach unbelehrbare und bereits auf ihrem Pferd aufgesessene Frau.


    "Vier meiner equites werden euch bis an den Ortsrand von Mantua begleiten. Mehr können wir für euch nicht tun. Vale bene!"


    Er beorderte vier seiner equites zu sich.


    "Nacca, Quirinalis, Camillus und Regillensis, ihr begleitet die Fremden bis an den Ortsrand von Mantua. Laßt euch auf keine verfänglichen Gespräche ein und versucht, ob ihr aus deren Unterhaltungen etwas entnehmen könnt, was den ominösen Unfall betrifft. Dann kommt ihr wieder hierher zurück. Abite!"


    Ungeduldig wartete er den Abritt seiner equites mit den Fremden ab.

    Der decurio besah sich die Wunde und besann sich unwillkürlich über das ihm von Sontje von dem Gespräch mit Uwe berichtet hatte. Er nickte.


    "Besieht man die Wunde und beleuchtet man die Beobachtung von Uwe genauer, so könnte es sich wirklich um einen Unfall gehandelt haben. Nach einem Verbrechen sieht es auf jeden Fall nicht aus."


    Er nahm das Kleidungsstück mit dem Wappen zur Hand.
    "Mhm. Bei dem Toten handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Aurelier."


    Mehr sagte er nicht. Statt dessen wandte er sich an Sontje.
    "Danke, daß du dir den Toten angesehen hast."


    Dann sah er sie eindringlich an.
    "Nun gut. Wenn ihr mit uns reisen wollt, ich kann euch nicht daran hindern. Daß in Mantua die Pest grassiert, ist euch bekannt. Seid ihr soweit, daß ihr reisen könnt?"

    "Dann sieh` dir den Toten an. Wenn du irgendetwas feststellen kannst, das aussieht wie Beulen, Flecken unbekannter Art oder dergleichen, sag`mir Bescheid. Vielleicht findest du auch einen Anhalt, um wen es sich bei dem Toten handelt,"


    erwiderte der decurio.


    "Und dann überlegt es euch, mit nach Süden nach Mantua zu reisen. Wenn ich dir einen Rat geben darf, dreht um und reitet nach Norden, und das am besten gleich. Wir müssen zurück nach Mantua, ihr nicht!"


    Dann wartete er ab, bis Sontje außer Hörweite war und besprach sich mit seinen equites.

    Der decurio wartete bis Rupus mit dem Karren vor ihm hielt. Der kam noch nicht zum Stehen, als Rupus meldete.


    "Nuntio. Eques Rupus mit dem angeordneten Karren zurück. In Mantua herrscht die Pest, decurio."


    Verwundert gab der decurio zurück.
    "Wie kommst du darauf. Wie soll das geschehen?"


    "Der Wachposten am Tor hat es mir gesagt. Des weiteren trug er mir auf, nachdem ich ihm von dem Toten, den wir in die castra bringen wollten, berichtet hatte, daß wir auf alle Fälle sicher gehen sollten, mit ihm nicht die Pest in die castra zu tragen."


    Der decurio ließ sich trotz der fast schlaflosen Nacht nicht aus der Ruhe bringen.
    "Dann werden wir uns eben den Toten einmal näher besehen."


    Während des Redens vernahm er hinter sich das Schnauben eines Pferdes. Er drehte sich um. Es war die kleine Sonne. Und die blonde Strähne fiel ihr wieder ins Gesicht. Verdammt, dachte er, wenn nur diese Strähne nicht wäre! Aber er ließ sich nichts anmerken.


    Zitat

    Original von Duccia Vera
    "Moin! Können ich oder die anderen irgendetwas tun oder mithelfen?" rief sie ihm mit fragender Miene zu und beendete ihre Frage mit einem kleinen Lächeln.



    Freundlich gab er zurück.
    "In Mantua herrscht die Pest. Aber zunächst. Wir müssen den Toten genauer ansehen. Kennst du dich mit Krankheiten und dergleichen aus?"


    Insgeheim hoffte er auf ihre Hilfe.

    ... der nächste Morgen



    Die Nacht war ohne Zwischenfälle verlaufen. Die Wache wurde eingezogen und während der eine Teil der equites damit beschäftigt war, das Frühstück zu bereiten, begannen die anderen mit dem Abbau des Lagers.


    Die Laune des decurio war an diesem Morgen nicht die beste. Er hatte sehr schlecht geschlafen und als er noch mit sich selbst zu Gericht ging, mußte er sich eingestehen, daß er sich am Lagerfeuer eine Blamage eingefahren hatte, die alleine auf sein Konto ging und die er nicht nötig gehabt hatte. Was war nur in ihn gefahren?


    Während er mit seinen Gedanken beschäftigt war bemerkte er den auf ihn zukommenden und nach vorne deutenden Constantius nicht.


    "Nuntio. Rupus kommt bespannt zurück. decurio".


    Er zuckte kaum erkennbar zusammen und sah in die angegebene Richtung.


    "Das ist gut. So erreichen wir noch heute die castra. Parate vos ad iter!"

    Und wieder zuckte der decurio mit der linken Schulter.


    Es war nicht das erste Mal, daß er einen schönen Frau gegenüber saß. Zugegeben, an einem Lagerfeuer noch nicht, aber das tat im Wesentlichen nichts zur Sache. Aber jedes Zusammensein glich dem anderen. Und ein jedes konnte er in drei Teile teilen. Zuerst verlief die Unterhaltung oberflächlich, dann wurden gegenseitige Komplimente ausgetauscht und schließlich endete die Vorstellung damit, daß es sein weiblicher Gesprächspartner geschickt so einzurichten wußte, die Unterhaltung in eine entgegengesetzte Richtung zu lenken. Warum mußte es ausgerechnet dieses Mal wieder so weit kommen?



    Zitat

    Original von Duccia Vera
    Womit machte sie diese angebliche Beleidigung jetzt wieder gut? "Ich schätze deine Ehrlichkeit." versuchte sie die Unterhaltung noch zu retten.


    Enttäuscht sah er die junge Frau an und in seiner Stimme schwang der Anflug von Sarkasmus mit.


    "Meine von dir geschätzte Ehrlichkeit hat mir nichts eingebracht. Im Gegenteil!"


    Dann stand er auf.


    "Es ist spät. Wir sollten uns zur Nachtruhe niederlegen. Kann ich noch etwas für dich tun?"


    Abwartend blieb er stehen.

    Der decurio sah sie verständnislos an.


    "Jetzt beleidigst du mich. Wie käme ich dazu, unsere Begegnung zu bedauern. Und das dann ein paarmal. Ich schätze mich glücklich, dich kennengelernt zu haben. Und das ist mein voller Ernst."


    Er wollte noch mehr sagen, hielt es aber für besser, für den Moment zu schweigen.

    Endlich lachte sie. Der decurio sah ihr direkt ins Gesicht, fixierte sie eingehend und mit gespielt ernster Miene meinte er.


    "Nun, so über den Daumen gepeilt, sagen wir so um die 20. Und, vorausgesetzt, ich liege damit richtig, dann bist du kein Mädchen mehr, du bist eine junge Frau. Schade, daß wir uns nicht früher begegnet sind."


    Bedauernd zuckte er mit der linken Schulter. Das tat er immer dann, wenn ihm etwas wirklich leid tat. Er wartete ab, ob die kleine Sonne auf seine Bemerkung eingehen würde.