Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Es klopfte.
    Der decurio sah von seinen Listen auf.
    Ein knappes "Intra" und schon wurde die Tür geöffnet.


    Alienus, der duplicarius, trat ein und grüßte.
    "Du hast mich rufen lassen, decurio".


    "Der veterinarius will in den nächsten Tagen eine allgemeine Überprüfung der Pferde vornehmen. Ich brauche eine Aufstellung der turma, geordnet nach Namen des eques, dessen contubernium und den Namen seines Pferdes. Noch Fragen?"


    "Bis wann, decurio?"


    "Am besten gestern. Und jetzt raus!"


    Fluchtartig verließ der duplicarius das officium seines Vorgesetzten.

    Die Stallungen seiner turma hatte er in Augenschein genommen. Soweit schien alles in Ordnung zu sein. Bei den Pferden hatte er sich sehr viel Zeit gelassen, jedes einzelne hatte er sich angesehen, mit jedem einzelnen hatte er "gesprochen", mit Advocatus, Ferox, Latro, Maculosus und wie sie alle hießen. Er nahm sich aber trotzdem vor, demnächst sämtliche Pferde dem veterinarius zur Kontrolle vorführen zu lassen.


    Der decurio nahm sich die Bestandsmeldung seiner turma, die er bereits im Konzept gefertigt hatte, zur Hand und sah sie sich zur Kontrolle noch einmal durch, dann erstellte er sie zur weiteren Vorlage.



    Bestandsmeldung turma quarta






    Stand : ANTE DIEM III ID AUG DCCCLXVIII A.U.C. (11.8.2018/115 n.Chr.)
    iussu
    Titus Decimus Cursor

    In verhältnismäßig kurzer Zeit hatte er sein officium eingerichtet. Es bot sich raummäßig an, den Schreibtisch einerseits der Tür entgegen aufzustellen und andererseits das Fenster zu seiner Linken zu haben.


    Er lehnte sich in seinen Feldstuhl aus Aegyptus zurück und streckte die Beine von sich.
    Vor sich hin sinnierend fiel sein Blick auf eine kleine Inschrift an der Tür.


    Velle suum cuique est.


    Der decurio grinste. Aha, ein Denker. Schade, daß er den Vorbesitzer seines officium nicht mehr kennenlernen konnte.


    Irgendwie aufgemuntert verließ er sein officium, um die Stallungen zu besichtigen.


    Eine Bestandsmeldung, an die er zuerst gedachte hatte, wollte er anschließend erstellen.





    Sim-Off:

    Des Menschen Willen ist sein Himmelreich.
    Persius, Saturae 5,53

    Er mußte sich beherrschen, um sein Lächeln zu unterdrücken.


    Der decurio hatte verstanden, daß er nicht verstanden wurde. Doch damit hatte er gerechnet.
    Im übrigen tat das aber nichts zu der Tatsache, da seine Versetzung alles Wesentliche enthielt, ohne Rücksicht darauf, was ihr ein Lesender entnehmen mochte.


    Er wandte sich an den tribunus.


    "Ich habe mich bereits im Vorfeld umgesehen und fast alle Männer aus meiner ehemaligen turma in der Prima entdeckt. Dein Einverständnis vorausgesetzt werde ich sie in der mir von dir übertragenen turma V zusammenfassen, da sie meiner Meinung nach voll ausgebildet sind und ihnen alle Eigenarten, die equites zu eigen sind, bestens vertraut sind. Daß ich mich voll auf sie verlassen konnte, brauche ich nicht besonders zu erwähnen. Dein Befehl, tribunus."


    Nun fehlte nur noch das Placet des Vorgesetzten.

    Ohne langes Zögern kam die Antwort.


    "Ich will jetzt nicht auf den bereits an anderen Stellen mehrfach angesprochenen höheren Stellenwert als decurio bei den Prätorianern, auch nicht auf die bessere Löhnung und auch nicht die Einbuße des vielleicht schwindenden Ansehens eingehen.
    Aber ich komme von der Truppe und möchte dorthin wieder zurück. Bei der Vicesima Secunda in Nikopolis ging ich zu den Adlern. Als ich dann in einem Feldzug gegen die Nomaden schwer verwundet wurde und mir ägyptische medici mit ihrem Wissen und Können das Gift der feindlichen Pfeile im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Körper herauszogen, hielt ich dem afrikanischen Wüstenklima nicht mehr stand und musste zur Prima nach Mantua versetzt werden.Bereits im Zuge der Auflösung dieser legio stand mein weiterer Dienst bei der Secunda in Option. Stattdessen ließ ich mich vom damaligen praefectus praetorio dazu überreden, zu den Prätorianern zu gehen. Während der Reise von Mantua in die Hauptstadt blieb mir Zeit die Umgebung in Augenschein zu nehmen. Außer natürlich während meiner Aufenthalte zur Pferderast. Ich unterhielt mich mit Leuten aus allen Schichten. In der Gegend von Mantua war die Meinung über den Augustus eher uninteressiert, je näher ich zur Hauptstadt kam, wurde sie zurückhaltener. Das Interesse im Allgemeinen kann man, wer eben gerade befragt wurde, dementsprechend bezeichnen. Bei meinen Fragen über die praetoriani stieß ich in den meisten Fällen auf eisernes Schweigen. Kaum einer wollte seine Meinung über sie abgeben. Ich hatte das Gefühl, keiner wollte etwas Falsches sagen, irgendwie konnten sie ihre Angst nicht verhehlen.Das, was der decurio jedoch in einem fornix gehört hatte, behielt er für sich. Wie hatte doch dieser aufgebrachte Mann gesagt?

    … und dann wirst du Soldat und bist ein gemachter Mann, vor allem in jener Werde-schnell-reich-Truppe, den praetoriani …
    Und wie schimpfte jener in einer popina?
    Wenn du irgendwo den praetoriani begegnest, solltest du sie wie die Pest meiden. Im Zweifelsfalle ist die Pest das kleinere Übel.


    Aber mein Befehl lautete, mich bei den praetoriani zu melden.


    Jedoch ist die Truppe eben die Truppe. Sowohl zu meiner Stammeinheit als auch zur Prima ist die Rückkehr aus den genannten Gründen nicht mehr möglich, so dass letztendlich alternativ nur die Secunda in frage kommt, selbst mit einem vielleicht auch berechtigten Hintergedanken, dass ein Verwandter nun deren legatus ist oder nicht.


    Und um deine Frage zu beantworten, warum auf eigen Wunsch? Ich mußte und ich wollte endlich wieder frei sein."


    Der decurio hielt inne. Ob sein Zuhörer das "Freisein" richtig interpretieren würde?

    Lange sah der Posten den decurio an. Er druckste herum, wollte etwas sagen und dabei blieb es.


    Der decurio wurde ungeduldig. Warum ließ ihn der Posten warten? Was sollte das?


    Fast barsch fuhr er den Posten an.
    "Was ist los? Warum läßt du mich nicht passieren?"


    Der Posten fuhr zusammen, gerade so, als wäre er bei etwas erwischt worden.
    "Ver - verzeih`, de - decurio", fing er zu stottern an, aber dann brach es aus ihm heraus
    "bist du nicht der decurio von der Vicesima Secunda, der im carcer jegliche Nahrung verweigerte?"


    Staunend und zugleich etwas amüsiert entgegnete der decurio
    "Stimmt, der bin ich. Wie kann es sein, daß du mich kennst, obwohl dieser unfreiwillige Besuch im carcer doch einige Zeit zurückliegt?"


    Ohne lange zu überlegen kam die Antwort.
    "Ich kann mir sehr gut Gesichter merken, decurio. Und zudem war ich damals dazu eingeteilt, dich auf besonderen Auftrag hin zu versorgen."


    Der decurio grinste. Er konnte sich noch gut an diese Geschichte erinnern und ihm war sehr wohl bewußt, wer sich damals um seine Versorgung kümmerte.


    "Und nun bin ich zur Secunda versetzt."


    Der Posten nickte.
    "Du kannst passieren, decurio. Melde dich am besten bei einem unserer tribuni. Den Weg kennst du bestimmt noch."


    "Danke. Und wie war dein Name?"


    "Sisenna Mamilius Proculus, decurio."

    Wie lange er unterwegs war, der decurio dachte darüber nicht nach. Die Tage waren wie im Flug vergangen, er hatte auf der Reise viel erlebt und noch mehr gesehen. Vielleicht konnte er manches zu einem späteren Zeitpunkt einmal verwenden.


    Aber das Wichtigste war für ihn das unbeschreibbar schöne Gefühl der Freiheit, das ihm wohl niemand nachempfinden und das ihm niemand mehr nehmen konnte.


    Nun ritt er auf das Haupttor des Lagers der Secunda zu und meldete dem Wachposten.


    "Decurio Titus Decimus Cursor zur Leg II Germ versetzt."


    Weitere Erklärungen hielt er zunächst für noch nicht angebracht.

    "Weder das eine noch das andere"
    entgegnete der decurio, nachdem er die Papiere aufmerksam durchgelesen hatte. Sein Hauptaugen merk lag auf dem letzten Eintrag, den er für sehr wichtig erachtete, sollte vielleicht gerade der einmal an Bedeutung gewinnen.


    Da für ihn, wie es den Anschein hatte, der princeps praetorii keine weiteren Anordnungen oder Befehle hatte, verstaute er seine Papiere.


    "Vale. Decurio Cursor meldet sich in die Germania ab."


    Dann verließ er das Vorzimmer des princeps.

    Er hatte die XIX. turma ordnungsgemäß an seinen Vertreter, die dieser während seiner Abwesenheit geführt hatte und der mit ihr bestens vertraut war, übergeben. Für seine Abreise hatte er alles vorbereitet und seine Stube geräumt.


    Im Vorzimmer des princeps praetorii wandte er sich an den cornicularius.


    "Salve.
    Decurio Titus Decimus Cursor.
    Kannst du mir meine Versetzungspapiere aushändigen oder, wenn dies der praefectus persönlich vornehmen wird, bitte ich dich, mich bei ihm anzumelden."

    Noch immer verharrte der decurio in Grundstellung.
    Noch einmal hörte er die Argumente des tribunus bei den Prätorianern zu bleiben.


    … höherer Stellenwert … zu verlierendes Ansehen … und schließlich weniger Sold.


    Gerade darüber hatte er lange nachgedacht bevor er sich zu dem Schritt seiner Versetzung entschloß. Aber der stand unumstößlich fest. Eine andere Möglichkeit gab es nicht, vielleicht auch nicht mmehr.


    "Ich danke dir. Decurio Curor meldet sich ab."


    Er grüßte und verließ das officium des tribunus.

    Der decurio hatte mit derartigen Argumenten des tribunus gerechnet. Deshalb ließ seine Antwort nicht lange auf sich warten.


    Tribunus.


    Mein derzeitig höherer Stellenwert als decurio bei den Prätorianern ist mir bewusst, auch die bessere Löhnung. Und auch die Einbuße des schwindenden Ansehens ist mir klar.


    Aber ich komme von der Truppe und möchte dorthin wieder zurück. Bei der Vicesima Secunda in Nikopolis ging ich zu den Adlern. Als ich dann in einem Feldzug gegen die Nomaden schwer verwundet wurde und mir ägyptische medici mit ihrem Wissen und Können das Gift der feindlichen Pfeile im wahrsten Sinn des Wortes aus dem Körper herauszogen, hielt ich dem afrikanischen Wüstenklima nicht mehr stand und musste zur Prima nach Mantua versetzt werden.


    Bereits im Zuge der Auflösung dieser legio stand mein weiterer Dienst bei der Secunda in Option. Stattdessen ließ ich mich vom damaligen praefectus praetorio dazu überreden, zu den Prätorianern zu gehen.


    Jedoch ist die Truppe eben die Truppe.


    Sowohl zu meiner Stammeinheit als auch zur Prima ist die Rückkehr aus den genannten Gründen nicht mehr möglich, so dass letztendlich alternativ nur die Secunda in frage kommt, selbst mit einem vielleicht auch berechtigten Hintergedanken, dass ein Verwandter nun deren legatus ist oder nicht.


    Der decurio hielt kurz inne und fuhr dann fort.


    Ich bitte um meine Versetzung zur LEG II GERM, tribunus.

    Der decurio trat ein, nahm Haltung an und wandte sich an den tribunus. Er hielt dem forschenden Blick des Vorgesetzten stand, begann


    Decurio Titus Decimus Cursor, Turma XIX, meldet sich nach längerer Abwesendheit ohne Geld- und Sachbezüge zurück ...


    und bat, zunächst ohne große Umschweife,


    ... und bittet um seine Versetzung zur LEG II Germanica, tribunus.


    Noch in Grundstellung erwartete er die Reaktion seines Gegenüber.