Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Der decurio grinste.


    "Wissenschaftlich reflektiert? Deine gewählte Ausdrucksweise gefällt mir. Nun denn!"


    Er wandte sich erst an einen der bei den Pferden stehenden equites ...


    "Gib` dem probatus ein Pferd!"


    ... und dann an den probatus.


    "So. Jetzt zeige uns, daß du einmal das Reiten gelernt hast und vor allem wie! Bis in die erste Ecke des campus im Schritt, dann quer durch den campus im Trab. Nach Erreichen dieser Ecke im schnellen Trab bis zur nächsten Ecke und ab da im Galopp nochmals quer durch den campus. Nach Erreichen dieser Ecke im Schritt bis zur nächsten Ecke und ab da im gestreckten Galopp zum Ausgangspunkt. Hier parierst du dein Pferd zum Stand durch. Ausführung!"

    Mit einem Anflug von Mitleid sah der decurio den probatus, der nicht lernen oder nicht begreifen wollte, wie er Gespräche jedweder Art mit Vorgesetzten zu beenden hatte, an.


    "Du sprichst von Animieren und einem Schenkeldruck. Ich nehme mal an, daß du mit Animieren sagen willst, daß du ein Pferd mithilfe deines Körpers durch Schenkeldruck anregst, daß es angallopiert. Du drückst also den Ober- oder auch den Unterschenkel irgendwo an das Pferd ... und schon galoppiert es? Das mußt du mir näher erklären!


    Und denke dabei darüber nach, wie du deine Erklärung beendest. Wie ich sehe, hast du dich von den Runden um den campus bereits bestens erholt, probatus!"

    Daß der probatus doch noch eine Meldung zuwege brachte, rechnete ihm der decurio an. Zwar nicht hoch, aber dennoch. Halbwegs besänftigt wandte er sich anden nach Luft Ringenden.


    "Für die Zukunft: die Meldung, die ich von dir erwartet hätte, wäre gewesen:
    Probatus Artorius meldet sich zurück, decurio.
    Aber für dererlei Nachhilfeunterricht haben wir keine Zeit. In diesem Teil der Grundausbildung steht das Reiten an der Tagesordnung. Bei der Reiterei steht Disziplin an erster Stelle und die beginnt mit einer korrekten Meldung.


    Du behauptest reiten zu können. Nun, dann laß` mal hören wie du ein Pferd angaloppierst?"


    Prüfend sah der decurio den probatus an.

    Während die probati von der einen Seite die Holzpferde heranzogen näherte sich von der anderen Seite ein sichtlich erschöpfter probatus.


    Der decurio sah ihn teilnahmslos an. Ihm ging es nicht darum, diesem probatus die Grundbegriffe einer militärischen Ausbildung beizubringen. Wenn schon, dann wollte er ihm zumindest das Reiten beibringen und zwar so, daß er ihn als Nachwuchs rekrutieren konnte.


    Fast freundlich sah er den Mann an ... und wartete.

    Als der decurio die zur Verladung bereiten Schiffe sah konnte er sich eines verhaltenen Grinsens nicht erwehren.


    Er dachte nach. Die wievielte Verladung in den vergangenen Monaten kam auf ihn zu? Nur zu gut erinnerte er sich an die Transporte mit eigenen und mit fremden Pferden. Seine equites waren eingespielt, jeder wußte, wann er was zu tun hatte. Und die Tiere hatten sich, von einigen "Seekranken" abgesehen, mustergültig verhalten. So gesehen: auch dieses Mal müßte der Transport reibungslos verlaufen.


    Dem Befehl sich bei seinem Patron zu melden kam er in der ihm eigenen Schnelligkeit nach.


    "Decurio Decimus meldet sich zur Stelle, praefectus."

    Dem Stab folgten die turma I und II. Der decurio führte seine I. und Dasius die II., während Sisenna mit der III. und Venox mit der IIII. die Nachhut bildeten. Sämtliche turmae hatten ihre Sollstärke und, wären sie nicht Reiter gewesen, extra Verpflegung gefaßt.


    Der decurio war mit seinen Gedanken bei der Wüstenmission gegen diesen Adherbal, wie sie ihren damaligen decurio aus der Arena in dieser Wüstenstadt befreiten und wie sein bester Freund umkam.


    Dann überdachte er die gestraffte Ausbildung der turmae nach der Rückkunft aus der Germania und das verschärfte Training mit ihren Spezialwaffen. Er hatte seine equites in alles eingewiesen, sie wußten um was es in diesem Feldzug ging ...


    ... und sie drängten darauf, dies unter Beweis zu stellen.

    Um die Zeit auf den rundendrehenden probatus nicht nutzlos verstreichen zu lassen und den übrigen probati nicht Gelegenheit zur Langeweile zu geben rief der decurio einen seiner equites und flüsterte diesem etwas in sein Ohr.


    Der wiederum grinste.
    "Dein Befehl, decurio"
    und wandte sich an die probati.
    "Probati, in Reihe folgen!"


    Dann verließ der kleine Trupp den campus.

    Die Legionsreiterei hatte ihre befohlenen Plätze eingenommen. Das Schnauben ihrer Pferde und das Klirren der Geschirre hatten die Eliteeinheit der LEG XXII von weitem angekündigt.


    Nun standen die turmae marschbereit nebeneinander. Die equites hatten die von ihre farbigen focales angelegt:


    turma I: blau
    turma II: rot
    turma III: grün
    turma IIII: violett


    Die Pferde scharrten ungeduldig mit den Füßen. Wann kam endlich das Kommando zum Abmarsch?

    Der decurio sah den probatus mitleidig an.


    "Hat man dir nicht beigebracht, wie du einem Vorgesetzten korrekt zu antworten hast, p r o b a t u s ?


    Und hat man dir nicht beigebracht wie deine Antwort zu lauten hat, wenn du nach deinem Namen gefragt wirst, p r o b a t u s ?


    Dann gebe ich dir Gelegenheit darüber nachzudenken. Fünf Runden um den campus. Cursim, pergite!"

    Noch nie war er nach so schneller Zeit beendet und noch nie gab es trotz verschäfter Durchsicht der decuriones keine Beanstandungen.


    Die versprochene Sonderration von Fleisch und Wein sowie die zusätzliche Freizeit hatten unverkennbar einen Einfluß auf den Ausgang des Appells.


    So meldeten die decurions II - IIII.


    "Appell durchgeführt. An Pferden, equites und Ausrüstung keine Beanstandungen, decurio."


    Diesen gab Anweisung, ihre jeweilige turma abrücken zu lassen. Seiner turma befahl er.


    "Turma I, aufsitzen. In die Quartiere abrücken. Anschließend Empfang der Sonderrationen und Zeit zur freien Verfügung. Wegtreten!"


    ... und dann verbrachten sie nacheinander ihre Pferde in die pabula: turma I, II, III und IIII ...

    Der decurio grüßte den praefectus, hielt dann seinen rechten Arm hoch und wirbelte mit der gespreizten Hand. (*)


    Nachdem sich die decuriones II - IIII bei ihm gemeldet hatten, wies er sie an.


    "Wir werden für längere Zeit vom castellum abwesend sein. Equites, Pferde und Ausrüstungsgegenstände dürfen nicht die kleinsten Mängel aufweisen. Hautaugenmerk ist auf unsere Spezialgeräte zu richten."


    Er wandte sich an den decurio der turma quarta und zwinkerte mit dem Auge.


    "Hast du auch dein Spezialgerät am Mann, decurio Venox?"


    Der grinste zurück und deutete auf sein rechtes hinteres Sattelhörnchen.


    "Nicht am Mann, aber am Pferd, decurio Decimus."


    Der decurio nickte, so mußte es sein! Dann befahl er.


    "Appell beginnen! Unregelmäßigkeiten mir sofort melden!"


    Er selbst nahm den Appell bei seiner turma ab.



    Sim-Off:

    (*) unterstellte decuriones zu mir!

    Der decurio winkte dem centurio zu und wandte sich dann an die angetretenen probati.


    "Ich bin Titus Decimus Cursor, decurio der turma prima der LEG XXII DEIOTARIANA."


    Seine Augen musterten die probati bevor er fortfuhr.


    "Irgendwann muß einmal jeder miles auf ein Pferd steigen, aus welchem Grund auch immer. Diesem Umstand wollen wir begegnen und euch beibringen ein Pferd zu reiten.


    Dies hier",
    er klopfte Incitatus den Hals,
    "ist nicht nur ein Pferd. Das ist euer Kamerad, genau wie jene in eurem contubernium. Und so wie es euch in Fleisch und Blut übergegangen ist, auf euere Kameraden zu achten und euch auf sie zu verlassen, so muß auch euer Verhältnis zu euerem Vierbeiner sein. Wenn es ihm gut geht, geht es euch gut! Denkt immer daran!"


    Und wieder wanderte der Blick des decurio die Reihe der probati entlang.


    "Wir werden euch die Angst vor den Pferden nehmen und euch beibringen, wie man auf- und absitzt und das in voller Rüstung, wir zeigen euch die Gangarten des Pferdes und lehren euch die Hilfen, damit die Tiere wissen, was ihr von ihnen wollt. Und noch eines:"
    der decurio grinste,
    "das Glück aller Pferde ist der Reiter auf der Erde!"


    Dann sah er die Reitaspiranten an.


    "Wer von euch ist schon einmal geritten und wer von euch kann reiten? Überlegt euch die Fragen gut bevor ihr antwortet."

    Der decurio war den Worten des praefectus gefolgt. Und das mit gemischten Gefühlen. Was ihnen zu entnehmen war, war nicht viel und das wenige war nicht gerade verheißungsvoll.


    Als sein Vorgesetzter auf die Sonderzuteilung von Wein und Fleisch zu sprechen kam mußte er schmunzeln. Irgendwann hatte er von einem Handbuch für höhere Truppenführer gehört und von Tätigkeiten, die diese vor Beginn eines Feldzugs zu absolvieren hatten. Die Ansprache hatten sie hinter sich und nun die Sonderzuteilung an Verpflegung.


    Der decurio sinnierte. Ein gesunder Appetit ist aus zwei Gründen eine gute Sache. Man kommt in eine Phase, in der man einen erhöhten Kalorienverbrauch haben wird und außerdem ist es der sicherste Weg, Vorräte ins Feld mitzunehmen, wenn man sie als zusätzlichen Speck um die Hüften transportiert. Schließlich kann man gleichzeitig fett und fit sein, und auch ein eques sollte alles daran setzen, beides zu werden bevor er für längere Zeit ausrückt.


    Er sah auf den praefectus. Wird er sich an dem angesetzten Appell beteiligen oder würde er abrücken lassen?

    Die equites hatten der Rede des praefectus zugehört. Währenddessen studierte der decurio die Gesichter der Männer. Aus ihnen war nichts zu lesen. Sie standen regungslos da und hörten zu.


    Für alle stand fest: sie standen hinter dem praefectus.


    Und dann kam das, was sie zur Elite der legio machte: Sie antworteten nicht. Statt dessen brandete abermals der Schlachtruf der XXII. Reiterei über den campus.


    OPTIMI SUMUS


    Der decurio wußte, daß er sich auf sie alle verlassen konnte, bedingungslos!

    ... ist der Reiter auf der Erde!



    Die Abordnung der turma prima kam mit ihren Pferden auf den campus. Jeder eques hatte ein gesatteltes Pferd bei sich. Es waren ältere Tiere, die schon manchem zum Reiten verholfen hatten.


    Der decurio stieg von seinem Incitatus ab und gab dessen Zügel an einen eques. Während er zu centurio Trebellius ging richteten seine Männer die Pferde aus.


    "Salve centurio, dann wollen wir versuchen deinen Lieben das Reiten beizubringen ."


    Er sah sich kurz die angetretenen probati an und runzelte nachdenklich die Stirn.

    Die Aufstellung der turmae war zu seiner Zufriedenheit ausgefallen und der decurio schickte sich an von seinem Incitatus abzusitzen als er Equitanus rufen hörte.


    "Der praefectus, decurio."


    Der decurio nahm die Zügel wieder auf und einen korrekten Sitz ein. Dann hallte sein Befehl über den campus.


    "Equites diligentia! (*) Optimi sumus!"


    OPTIMI SUMUS


    Wie ein Sturm brandete der Schlachtruf von 120 Reitern, mit dem sie ihren paefectus begrüßten, über den campus. Dann wandte sich der decurio an den praefectus und meldete.


    "Nuntio. Turmae I bis IIII vollzählig zum Appell angetreten. Die Marschbereitschaft ist hergestellt, praefectus."



    Sim-Off:

    (*) Achtung!

    Nach mehrmaligen vergeblichen Bemühungen brach der decurio seine verwandtschaftlichen Kommunikationsversuche ab und verließ, einerseits irgendwie enttäuscht, andererseits aber dennoch sichtlich erleichtert, die domus tribuni um sich wieder seinen vorrangingen Pflichten zu widmen.


    Wohl oder übel mußte er eben zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal darauf zurückkommen um den tribunus zu sprechen.

    Das letzte Dunkel der Nacht lag über dem großen Exerzierplatz des castellum der LEG XXII.


    Noch war die hora prima nicht angebrochen und noch herrschte hier Stille und der Platz lag leer und verlassen da.


    Noch… bis das Dröhnen der Hörner die Stille durchdrang.


    Dann kamen sie angeritten. Die Kommandos der decuriones und der Unterführer hallten über den campus. Außer dem Schnauben der Pferde und dem Klappern ihrer Geschirre war sonst nichts zu hören.


    Dann reihten sie sich ein: turma I, daneben die II., die III. und schließlich die turma IIII. Alles lief wie am Schnürchen ab, so wie sie es gelernt und oft durchexerziert hatten. Und da standen sie wie zur Parade.


    ... und keiner hatte gepatzt!


    Der decurio ließ sich nichts anmerken, aber er strahlte innerlich. Das waren seine equites, das war die Elite der legio, auf die der praefectus stolz sein mußte!


    Dann meldeten die jeweiligen decuriones.


    "Turma vollzählig angetreten. Marschbereitschaft hergestellt!"

    Zitat

    Original von Appius Terentius Cyprianus
    ... Wenn es von euch nichts mehr gibt, könnt ihr Wegtreten."


    Der decurio stand den Berichten des praefectus Aegypti mit einer nicht zu verdenkenden Skepsis gegenüber. So blieb es nicht aus, daß ihm einige Fragen auf den Lippen lagen. Zudem gab es, so wie er es sah, Ungereimtheiten. Beides hielt er für besser mit seinem praefectus zu besprechen. Von ihm würde er ohnedies seine weiteren Anweisungen erhalten.


    Das Kommando zum Wegtreten war für ihn wichtiger. Es gab noch genügend zu tun um die volle Einsatzbereitschaft seiner equites zu gewährleisten.