Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Equitanus war wieder einmal derjenigen, die vor dem allgemeinen Dienstbeginn ein paar Runden um den Block zu laufen pflegte. Er hatte es sich so angewöhnt, und dabei wollte er es auch belassen.


    Als er am Schwarzen Brett vorbeikam stutzte er. War das das Vorspiel auf das, wovon der decurio so beiläufig gesprochen hatte?



    B]

    A P P E L L



    Für A.D. XIII KAL IUN DCCCLX A.U.C. (20.05.2010/107 n.Chr.) wird für die turmae I – IIII zur hora prima des Tages auf der ostwärtigen Seite des campus ein Appell angesetzt.


    Pferde und equites befinden sich in allgemeiner Marschbereitschaft.


    Jeder eques führt sein Pferd vor. Auffälligkeiten sind zu melden.


    Leitung: decurio I - IIII
    Aufsicht: decurio Decimus

    iussu
    Titus Decimus Cursor
    decurio


    Der decurio hatte sich durch den Wust von Schriftlichem jeglicher Art durchgearbeitet. Es war vieles liegengeblieben, das meiste noch aus der Zeit vor dem Pferdekauf in der Germania.


    Was er bis jetzt aber schwer vernachlässigt hatte war die immer wieder aufgeschobene Begrüßung seines Cousins, des neuen tribunus der legio. Jedes Mal kam etwas dazwischen und der Dienst in der letzten Zeit ließ kaum eine Möglichkeit zum näheren Kennenlernen zu. Zu mehr als einem kurzen Zunicken hatte es nie gereicht.


    In korrekter Adjustierung stand er nun vor der Tür der domus tribuni.


    *** Poch *** Poch *** Poch ***

    ... und nun wurde der decurio nachdenklich.


    Wie hatte der praefectus Aegypti berichtet? Von einer von Räubern aufgespürten Patrouille, die dann niedergemacht worden sein soll. Anscheinend hatte von den Niedergemachten doch einer überlebt und der hatte dann berichtet? Oder von wem sonst stammen die Berichte? Und wo soll sich das Ganze abgespielt haben? Fragen, die im Raum standen.


    Der decurio sah sich in der Runde um. Es gab keine diesbezüglichen Fragen. Und schon gar nicht von ihm!

    Der decurio hatte dem praefectus Aegypti zugehört, interessiert, aber dennoch nicht mit der vielleicht gebotenen Aufmerksamkeit. Was sollte er mit Kopflosen anfangen? Ob nun der Gegner einen Kopf hatte oder keinen, wenn es zum Kampf kommen würde, es wäre nicht von Bedeutung.


    Die Frage seines Patrons ließ den decurio aufhorchen.


    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum
    "Nur eine Praefectus, willst du das ich dir vier Turmae hierlasse die dich dann nach Theben begleiten und nach Syene?"


    Dann besser noch Wesen mit zwei Köpfen! Jetzt kam in ihm dieser ganze Schlamassel in der Germania hoch, und ausgerechnet dem, dem er dies zu verdanken hatte, den sollte er, noch dazu mit der gesamten Reiterei, begleiten anstelle mit seinem praefectus in den Kampf zu ziehen.


    Fassungslos sah der decurio seinen Vorgesetzten an. Was bezweckte er mit seiner Frage?

    Der decurio wußte, daß auch hier ihre Stärke in der Geschwindigkeit lag.


    So meldete er sich, nicht lange nachdem er den Befehl sich vor der principia einzufinden erhalten hatte, mit seinen equites beim praefectus.


    "Decurio Decimus mit vier equites als Geleitschutz wie befohlen zur Stelle, praefectus."


    Die vier equites hielten, wie sie es gewohnt waren, zwei Pferdelängen Abstand von den Offizieren und warteten wie ihr decurio auf weitere Anweisungen.

    Der decurio war gerade aus dem officium praefecti zurückgekommen. Noch während er seinen Helm in Händen hielt, klopfte es an die Tür und noch ehe er ein Intra über seine Lippen kam wurde er wiederum zu seinem Vorgesetzten beordert.


    "Danke, legionarius, bin schon auf dem Weg, abi!" Dann schickte er den miles weiter.


    Ein dreimaliger Pfiff mit der Trillerpfeife und kurze Zeit später meldete sich Equitanus, einer seiner speciales. Der sah sich in der Stube des decurio um und vergewisserte sich, daß sie beide unter sich waren.


    "Was ist los, Titus? Wir werden doch nicht schon wieder?"


    "Und Ob! Einsatzbesprechung für den Wüstenfeldzug. Es eilt! Gib` Alienus, Caecus und Constantius Bescheid. Alles fertig machen für einen Appell. Ihr wißt, was ihr zu tun habt. Und schick` mir Rupus, Veratius, Ofella und Aquilinus, natürlich mit ihren Pferden. Ich warte. Spute dich!"


    "Dein Befehl, decurio."


    Der decurio hatte noch geendet, da war Equitanus schon verschwunden.

    Nachdenklich antwortete der decurio.


    "Unsere Reiterei ist fit für den Feldzug, darüber gibt es keinen Zweifel. Mir aber wäre es lieber, wenn sie mehr als fit wäre."


    Dem decurio entgingen die sich langsam bildenden Falten auf der Stirn seines Vorgesetzten nicht. Begründend fügte er hinzu.


    "Die Teile unserer equites, die mit bei der Pferdekaufmission waren, verbrachten ihre Zeit im carcer der II. mit Würfelspielen, Schlafen, Essen und Entleeren der Latrineeimer, nur nicht mit Tätigkeiten, für die ich sie ausgebildet hatte. Du weißt es selbst: die beste Ausbildung bringt nichts, wenn sie nicht durch andauernde weitere Übung und stetige Wiederholung fortgeführt wird. Und die paar Tage in Ostia dienten gerademal dazu, um die Pferde vom einen auf den anderen Seetransport vorzubereiten. Es besteht folglich Nachholbedarf für Übungen sowohl zu Fuß als auch zu Pferd.


    Was mir ganz besonders am Herzen liegt ist die Ausbildung der equites mit Steinschleudern, die ich vor Mogontiacum begonnen hatte und noch gerne zu Ende geführt hätte.


    Ferner ist noch ein Ausrüstungsappell anzusetzen. Alles in allem, man müßte noch einen gewissen Zeitaufwand ansetzen. Aber davon abgesehen, wann willst du aufbrechen, praefectus?"

    Deer decurio erwiderte eifrig.


    "Meine Frage wegen des examen secundum war mehr allgemeiner Art. Selbstverständlich hat die bevorstehende Mission in die Wüste Vorrang und letztendlich kann mir das secundum erst danach von Nutzen sein, vorausgesetzt, daß wir siegreich heimkehren. Aber diese Entscheidung ist allein den ewigen Göttern vorbehalten. Also wäre es sogar töricht, es vorher abzulegen.


    Übrigens müßte ich das examen hier ablegen können zumal sich innerhalb der principia die Außenstelle der Academia Militaris Ulpia Divina für die Provinz Aegyptus befindet, praefectus".

    Der praefectus seiner legio hatte ihn als Klient aufgenommen. Der decurio mußte sich beherrschen um nicht vor lauter Stolz zu Stottern anzufangen.


    "Ich weiß nicht wie ich dir danken kann, praefectus",
    brachte er nur hervor.


    "Ich bin mir bewußt, daß von nun ab nicht nur deine Augen auf mir ruhen, sondern auch die meiner Vorgesetzten und meiner Kameraden. Schließlich erwartest du von deinem Klienten nur vorbildliches Verhalten sowohl im als auch außerhalb des Dienstes. Aber ich bin mir sicher, daß ich meinen Ahnen gerecht und diese Herausforderung meistern werde".


    Der decurio hielt kurz inne und fuhr dann fort.


    "Und um dir zu beweisen, wie ernst es mir ist, bitte ich dich in diesem Augenblick um deine Genehmigung, mich zum examen secundum anmelden zu dürfen, praefectus."

    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum
    "... wie hast du dir deine Entlassung denn vorgestellt?"


    Der decurio starrte den praefectus an. Auf diese Frage war er nicht gefaßt geschweige denn vorbereitet. Fieberhaft überlegte er hin und her. Was hatte er da überhaupt gesagt? Entlassung? Warum? Hing er noch immer dem nach, was schon lange passiert war?


    Er sah seinen Vorgesetzten eindringlich an. Aus dessen Blick sprach nichts Feindliches, im Gegenteil, der decurio glaubte eher Fürsorge zu erkennen.


    Er straffte sich und sah dem praefectus in die Augen.


    "Edler praefectus. Wenn ich dir gegenüber das Wort Entlassung gebrauchte, so verzeih` mir meine voreilige und unbedachte Äußerung. Meine Heimat ist die Armee und wird es trotz mancher Unbilde auch bleiben. Ich hegte einige Zweifel daran, ob die legio überhaupt das Richtige für mich ist und weitere Chancen auf einen guten Posten verspielt seien, vor allem im Hinblick auf die unangenehmen Vorkommnisse in Mogontiacum."


    Der decuro hielt inne. Dann wandte er sich abermals an den praefectus.


    "Wäre es dir trotz allem möglich, daß du mich als deinen Klienten aufnimmst, praefectus?"


    Erwartungsvoll sah er seinen Vorgesetzten an.

    Der decurio konstatierte sofort, daß er sich nicht gerade einen
    passenden Zeitpunkt für sein Vorhaben ausgesucht hatte.


    In früheren Zeiten hätte ihm das zu bedenken gegeben, dienstbeflissen wäre er auf die Bemerkungen des praefectus eingegangen --- heute nicht mehr. Zudem, was hatte er noch zu verlieren?


    So verblieb er in seiner Meldehaltung und wandte sich ohne jegliche innere Regung an seinen Vorgesetzten.


    "Decurio Decimus bittet um seine Entlassung, praefectus."

    Der decurio hatte den Ausführungen des praefectus aufmerksam zugehört.


    Als dieser jedoch auf kopflose Wesen, die zu Fuß durch die Wüste streifen sollen, zu sprechen kam horchte er auf. Wenn ein kopfloses Wesen Anlaß zu Vermutungen jedweder Art gab, so wirkte doch der Zusatz "zu Fuß", zumindest für ihn als Reiter, wiederum beruhigend.


    Der decurio war nicht nur einmal zu Operationen in der Wüste. Wenn es dorthin ging, dann waren Gefahren und höchste Alarmbereitschaft an der Tagesordnung.


    Nach den Vorschlägen des tribunus, denen er nichts hinzuzufügen hatte, wandte er sich an der praefectus.


    "Somit ist also davon auszuzugehen, daß die Erkundungsritte ab Syene, der Garnison der COH I THEBAEORUM EQU, stattfinden. Sind neueste verwertbare Meldungen von da bekannt, praefectus?"

    Bei der Nennung des Namens Iunia Urguliana horchte der decurio auf.
    Was berichtete der optio da? Die Frau war ermordet worden?
    War das nicht diese personifizierte Arroganz, die ihm zu verstehen versucht hatte, seinen damaligen Einsatz im Hafen zu führen?
    Fast stieg in ihm der Ansatz einer Wohltuung auf.
    Nun, sein alter Hauslehrer hatte ihm beigebracht, wie sagte er noch?
    Me legein kakos ton tethneota(*), fügte aber augenzwinkernd hinzu, daß dieser Ausspruch nicht von ihm, sondern von einem gewissen Solon von Athen stamme.
    Sei`s drum, sie war tot.
    Und war dann da nicht noch die Befragung einer Iunia Axilla, der Frau, bei der es den Anschein hatte, daß sie nichts wissen wollte, aber viel zu wissen schien?
    Der decurio nahm weiter an der Stabsbesprechung teil und hoffte, daß der praefectus nicht mehr allzulange mit dem Wegetreten-Befehl auf sich warten ließ.


    Sim-Off:

    (*) nicht bösartig über die Toten reden

    Der decurio stand vor seinem neuen praefectus legionis auf und erwiderte ohne auf einige seiner Meinung nach nicht wesentliche Kleinigkeiten einzugehen.


    "Bis auf eines sind alle von uns mitgebrachten Pferde gesund und wohlauf und nach einer Inspektion durch den veterinarius voll einsatzfähig. Der Kolikverdächtige wird nach Beobachtung in zwei Tagen zur Verfügung stehen, praefectus."

    Auch der decurio erschien in voller Montur zu seiner ersten Stabsbesprechung mit dem neuen praefectus und war schon gespannt, wie das denn ablaufen würde. Wie gut, dass er rechtzeitig in einem Aushang sehen konnte, dass er eingeladen war. Nicht dass er seine wichtige erste Stabsbesprechung verpasste!


    In würdiger Haltung betrat er den Raum, grüßte kurz die ihm bedingt durch seine lange Abwensenheit unbekannten Anwesenden...


    "Salvete, meine Herren!"


    ... und nahm gelassen einen freien Platz ein.

    Sämtliche Pferde hatten das Schiff verlassen. Aufmerksam hatte der decurio jedes einzelne beobachtet. Mit einer Selbstverständlichkeit, die nach der langen Seereise nicht zu erwarten war, gingen die Tiere über die Planke. Seine drei Sorgenkinder hielt er getrennt von den anderen Tieren. Sie passierten den Übergang in Begleitung von je zwei equites und erreichten so das sichere Land.


    Die speciales kümmmerten sich, so wie es noch an Deck besprochen worden war, um die Gruppierung der Pferde. Es sollte ein geordneter Einzug ins castra werden.

    Auch dem decurio war nicht entgangen, daß sie sich langsam der Küste näherten. Für den immer näher kommenden Leuchtturm hatte er keine Augen. Seine Sorge galt den drei Pferden, deren Wohlbefinden nicht seinen Erwartungen entsprach. Er betrachtete es als seine Pflicht, fast als eine Art Herausforderung alle Tiere wohlbehalten ins Lager zu bringen.


    So antwortete er auf die ungelegene Frage.


    "Bis auf drei Pferde sind alle Tiere wohlauf. Sie haben die beiden Reisen zu Wasser gut überstanden, tribunus."

    Der decurio war damit beschäftigt sich die ihm gemeldeten Pferde zu besehen: Equitanus meldete einen Kolikverdächtigen, Alienus einen mit einem geblähten Bauch und Constantius einen, der sich zu vertreten haben schien. Da wurde er an Deck beordert.


    Als erster traf er dort ein.


    "Decurio Cursor wie befohlen zur Stelle, tribunus."

    Der decurio hatte die Verladung auf ihre Ordnung hin überprüft. Alle Pferde waren in ihren Ständern fachgerecht angebunden, wobei wiederum besonderer Wert auf die Panikknöten gelegt wurde, um die Tiere in einem Notfall schneller losbinden zu können.


    "Und wohin mit der Stute des centurio?" fragte Alienus.


    "Was für eine Stute?"


    "Die von dem centurio. Der tribunus hat sie mir in die Hand gedrückt."


    Der decurio unterdrückte eine nicht gerade freundliche Bemerkung.


    "Das paßt wie es besser nicht sein könnte. Eine Frau an Bord und nun auch noch eine Stute!"


    Nicht, daß er etwas gegen Frauen hätte, aber alles zu seiner Zeit und vor allem nicht an Bord!


    "Dann stellt die Pferde um: Nummer III, IX, XII und XVII, das sind unsere ruhigsten, in die äußeren Ständer, einen freilassen, und dann die Stute."


    Nicht gerade bester Laune machte er sich auf den Weg zu seinem Vorgesetzten.


    "Nuntio. Pferde und equites marschbereit, tribunus."