Beiträge von Titus Decimus Cursor

    medicus primus



    Der medicus ließ Valentinus nicht aus den Augen. Aufmerksam beobachtete er dessen Übungen, die zwar nicht zu seinem Ruhme gereichten, aber dennoch akzeptierbar waren.


    Ohne Vorwarnung und ohne weitere Erklärungen beendete jener seine Übungen.


    "Was ist los? Hast du nicht erklärt, du seiest in top Form? Andere Kandidaten zählten unaufgefordert laut mit und du, du konntest dir die Luft sparen und sie für die Liegestützen verwenden. Aber wenn dir schon jetzt die Luft ausgeht?"


    Der medicus wurde lauter.


    "Also, nochmal runter, die restlichen Liegestützen, und mitzählen, aber dieses Mal laut."

    "Und ..."


    der decurio zögerte,


    "hast du noch Weisungen, wie ich mich deinem Cousin gegenüber zu verhalten habe? Ich will damit sagen, daß ein Pferdekauf eine heikle Angelegenheit ist. Kann ich mich ihm vertrauensvoll gegenübertreten oder ist Vorsicht geboten. Pferdehändler, und als solchem muß ich mit ihm verhandeln, sind nun mal, verzeih`die Bemerkung, in gewisser Hinsicht Banditen.


    Oder aber, und das wäre mir persönlich lieber, ich komme in deinem, also seinem Cousin, Auftrag und wickle den Ankauf unter mehr oder weniger persönlichen Aspekten ab. Und da wäre wiederum ein persönliches Schreiben von dir vorteilhaft."

    medicus primus



    Der medicus horchte besonders genau hin. Doch das seltsame Pfeifen, das beim ersten Einatmen zu hören war, war nicht mehr zu vernehmen. Lunge und Bronchien hörten sich absolut frei an.


    "Deine Lungen sind in Ordnung. Und nun mach` zweiundzwanzig Liegestützen in schneller Folge und zähl`dabei mit, wenn ich bitten darf."


    Er deutete auf den Fußboden, wo der junge Mann sich betätigen sollte. Er selbst stellte sich so, daß er jede Bewegung gut mitverfolgen konnte.

    medicus primus



    Der medicus antwortete nicht. Er sah den jungen Mann mit einem merkwürdigen Blick an.


    "Atme dreimal tief ein und langsam aus. Beim Ausatmen huste jedesmal."


    Dann nahm er wieder das Hörgerät zur Hand und setzte es auf den Rücken des Mannes.

    medicus primus



    Na, also, warum nicht gleich? Der Junge war lernfähig, das war schon etwas wert. Und auch noch zum Scherzen aufgelegt!


    Der medicus nahm eine Wachstafel zur Hand und notierte den Namen. Eingehend auf die geschilderte leichte Lungenentzündung trat er auf Valentinus zu und tastete kurz dessen Rücken ab.


    "Gab es Lungenprobleme in deiner Familie?"


    Ohne eine Antwort abzuwarten ging er zu einem Regal und holte eine Art Trichter, hielt diesen dem Mann an den Rücken und legte das eigene Ohr an das schmale Ende des Trichters.


    "Atme tief durch und huste einmal."


    Vertrauen war zwar gut, Kontrolle aber besser.

    medicus primus



    "Salve",


    der medicus betonte die Begrüßung besonders, da der Mann nicht einmal gegrüßt hatte.


    "Geh da in den Nachbarraum und zieh` dich bis auf den Lendenschurz aus. Bin gleich zurück."


    Nach einigen Minuten betrat er den Nebenraum und wusch sich erst einmal die Hände in einer breitstehenden Waschschüssel. Beim Abtrocknen seiner Hände stellte er die üblichen Eingangsfragen.


    "Dein Name? Welche Krankheiten und Verletzungen hast du bis jetzt gehabt? Gibt es Erbkrankheiten in deiner Familie? Woran sind deine letzten drei Familienangehörigen gestorben?"

    Der decurio hörte nur noch etwas von Pferden. Seine Unruhe, die ihn zum praefectus begleitete, hatte sich mit einem Mal verflüchtigt. Wenn ihn sein Vorgesetzter mit einer derartigen Mission betraute, dann schien das unangenehme Intermezzo mit dem PC nicht die beabsichtigte Wirkung zu erfüllen.


    Oder hatte der Pferdekauf in der Germania einen Haken?


    Entschlossen sah der decurio den praefectus an.


    "Deine Befehle, praefectus."

    Diese Frage hatte der decurio nicht erwartet. Weg von der XXII., weg aus dem warmen Aegyptus und dann in die Germania, womöglich mit Kälte und Schnee und was man sonst noch alles hörte?


    Er sah seinen Vorgesetzten an.


    "Du kennst mich. Wenn du mir einen Auftrag gibst, so führe ich ihn aus, ohne langes Fragen, ohne Wenn und Aber. Doch, nachdem du mich fragst, ein Aufenthalt in der Germania, vor allem dann, wenn er klein ist, wie du sagst, wäre nicht einmal so uninteressant zumal von diesem Land so manches zu hören ist. Hast du für diesen Aufenthalt die ALA II NVMIDIA ins Auge gefaßt?


    Wenn du mir noch die Frage gestattest, habe ich mir etwas zu Schulden kommen lassen, daß du mich ..."


    der decurio suchte nach einem passenden Wort,


    "... wegschickst? Oder habe ich eine Mission zu erfüllen?"

    Der decurio betrat das Büro des praefectus legionis und wandte sich an den Schreiber.


    "Salve. Decurio Cursor. Ich habe mich hier zwecks Auftragserteilung zu melden."


    Gespannt wartete er, um was für einen Auftrag es sich handeln sollte, zumal seine Meldung im Büro des praefectus und nicht bei ihm selbst erfolgte.


    Hing bereits das Schwert des Damokles in Form der Drohung des praefectus castrorum über ihm?

    Gelassen nahm der decurio die Worte des noch immer sich mit Rätseln umgebenden praefectus zur Kenntnis. Die Androhung von besonders riskanten Auftragen ließen ihn kalt.


    Der decurio wollte noch etwas erwidern, sah jedoch die Zwecklosigkeit ein und schwieg. Er hatte keine Lust mehr, dieses perfide Spiel weiter mitzuspielen, und befolgte den ihm gegebenen Befehl zum Wegtreten.


    "Decurio Cursor meldet sich ab, praefectus."


    Nachdem er das officium verlassen hatte, nahm er erst einmal tief Luft und strebte in Gedanken seiner Unterkunft zu.


    Was trieb wohl diesen Mann dazu seine eigene Glaubwürdigkeit durch eine inszenierte Farce zu seinen Ungunsten unter Beweis zu stellen? Handelte es sich bei jenem womöglich um dessen Vergangenheit, die ihn immer wieder einholte, die ihm zu schaffen machte und deren Bewältigung er als guter Vorgesetzter an seinem Untergebenen, vorzugsweise einem Offizier, abzureagieren gedachte?


    Bevor die Gedanken des decurio weiterschweiften, nahm er sie an die Kandare. Inzwischen hatte er seine Interkunft erreicht. Er legte seinen Helm auf den Tisch, nahm sich einen Schluck Wein und dachte an nichts mehr.

    Der decurio hatte sich den einer Belehrung gleichenden Vortrag des praefectus angehört. Im Grunde genommen waren es auf der einen Seite nichts Neues und auf der andere Seite nur vage Andeutungen.


    Nachdem der praefectus die an ihn herangetragene Frage unbeantwortet ließ, schien das was hier geboten war, in ein Katz- und Mausspiel auszuarten. Der decurio hatte sich nichts vorzuwerfen. Vor allem stand es für ihn außer frage, seinem Gegenüber Rede und Antwort für etwas zu stehen, was diesen nicht betraf.


    Ohne jegliche Regung entgegnete er.


    "Ich weiß, was du sagen willst, aber ich weiß noch immer nicht, was du von mir willst, praefectus."

    Nun war der decurio auf der hut. Er wurde mißtrauisch. Sein Gefühl sagte ihm, diesem Vorgesetzten gegenüber vorsichtig zu sein. Noch war nicht zu erkennen, worauf dieser hinaus wollte resp. was dieser überhaupt vorhatte. Ließ ihn dieser, aus welchem Grund auch immer, observieren? Sollte es sich hier um ein Verhör handeln?


    Ohne zu zögern antwortete der decurio.


    "Wer auch immer dir was auch immer über angebliche Differenzen zwischen dem praefectus legionis und mir erzählt haben mag, so wiederhole ich, daß es keine Differenzen gegeben hat und, gesetzt den Fall, dem wäre so, dann wäre es es eine Angelegenheit zwischen dem praefectus legionis und mir.


    Aber, um mich wenigstens rechtfertigen zu können, was wurde dir denn berichtet, praefectus?"


    Gespannt sah der decurio seinen Gegenüber an.

    Der decurio hatte mit allem Möglichen gerechnet. Sichtlich erstaunt reagierte er auf das, was der praefectus vorbrachte. In Grundstellung verharrend antwortete er.


    "Zu dem, was du sagst, möchte ich Stellung beziehen. Zwischen dem praefectus legionis und mir gab es zu keiner Zeit irgendwelche Differenzen. Demzufolge kann ich mir nicht vorstellen, daß dir über Derartiges berichtet wurde und noch dazu von einem meiner Männer, praefectus."


    Zur Erörterung seines Anliegens gegenüber dem praefectus legionis sah der decurio Dritten gegenüber nicht den geringsten Anlaß.

    Cursor war bei seiner Patrouille bislang nichts Verdächtiges aufgefallen. Die Blicke der Bewohner verhießen zwar nichts Gutes, aber so mußten sie wohl sein. Die Unruhe stand in der Luft und die angespannte Lage ließ sich nicht verheimlichen.


    Vor sich bemerkte er den eine Patrouille begleitenden PC. Er ritt auf ihn zu und meldete.


    "Salve. Bis jetzt keine besonderen Vorkommnisse. Wenn du keine Befehle für mich hast, setze ich meine Patrouille fort, praefectus."

    Cursors Weg führte am Gymnasion vorbei. Er hatte von den anstehenden Spielen gehört und interessierte sich nun für die vorgesehenen Disziplinen.


    Er sah Scato sein Anmeldeformular abgeben und trat auf ihn zu.


    "Wie ich sehe, hast du dich für die Spiele angemeldet. Für welche Disziplinen hast du dich entschieden, optio?"

    Cursor registrierte sofort, wohin die Frage des praefectus zielte.


    "Mit meiner körperlichen Fitness ist es bestens bestellt"


    antwortete er und fügte, da ihm weder zu Feiern mit unbekannten Familienmitgliedern noch nach Spielen jedweder Art mit einem zu erwartenden gaudium-maximum-Effekt zu Mute war,


    "soweit es den dienstlichen Bereich betrifft, praefectus."