Beiträge von Titus Decimus Cursor

    Cursor hatte noch immer Schwierigkeiten mit dem Begreifen.


    Der decurio, der duplicarius und die Standesunterschiede! Daß da verschiedene Ebenen vorgegeben waren, stand außer Zweifel. Cursor begriff, daß erst einmal persönliche Schicksale eingreifen mußten um eine Annäherung zu bewirken. Und das erfüllte ihn mit Stolz und mit Freude.


    Doch dann wandte er sich besorgt an den decurio.


    "Gesetzt den Fall, die Götter stehen mir wohlwollend zu Seite und ich werde, ohne Deine Unterstützung zu vergessen, zum decurio, also Deinem Nachfolger, befördert, was ist dann mit Dir? Mir ist klar, daß Du tribunus wirst. Aber, und das ist für mich wichtig, wirst Du in der XXII. verbleiben? Du warst der, an dem ich mir ein Beispiel nahm. Zu Dir habe ich emporgesehen und Dir habe ich als duplicarius versucht nachzueifern."


    Sollte diese Annäherung so abrupt enden?

    Cursor überprüfte nochmals die Festigkeit des Verbandes als er die Worte des decurio vernahm.


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Gut,.... dann werde ich mich wie 'befohlen' jeden Tag bei dir melden. "


    Es war ihm als träfen zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite der Patrizier, der decurio, der Offizier und sein Vorgesetzter, auf der anderen Seite er, der Plebejer, der duplicarius, der Unteroffizier und Untergebene.


    In diesem Moment war Cursor sehr stolz; der decurio schien ihm mehr zuzutrauen als den medici. Und mit der Selbstverständlichkeit eines eques war er sich sicher, daß eine Salbe, die ein Pferd wieder auf Vordermann bringen konnte, erst recht einem Menschen nicht nur helfen konnte, sondern einfach mußte. Schließlich war ein Pferd auch nur ein Mensch!


    "Wenn Du damit einverstanden bist, werde ich Dein Bein nach dem Dienst ansehen. Dann können wir überprüfen, ob Du noch Schmerzen hast und ob der Verband noch in Ordnung ist. Das könnten wir in Deiner habitatio tun. Laß`einfach nach mir schicken, ich komme sofort. Und denke daran: Der Verband muß trocken bleiben und Du solltest es nicht allzu sehr belasten, decurio."


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Ich Gedenke bald Briefe nach Rom zu schicken, wo ich meinen Verwandten einige Zeilen schreiben will, vielleicht solltest du dies auch tun.... Sicherlich würde sie sich freuen, schon bald von einem Decurio zu hören. "


    Cursor überlegte nicht lange.


    "Du hast recht. Vielleicht schreibe ich einmal meinem Halbbruder, um ihn und mich an unsere gemeinsame Verwandtschaft zu erinnern."

    Cursor öffnete den Kasten neben seiner Pritsche und entnahm ihm ein säuberlich zusammengelegtes Stück Leinen und ein kleines Gefäß.


    Er nahm einen Schemel und legte, ohne den decurio lange zu ragen, dessen Bein darauf. Dann besah er sich die schlecht verheilte Wunde am Bein des decurio und schüttelte den Kopf.


    "Das gefällt mir nicht, der Rand Deiner Wunde ist anders gefärbt, decurio."


    Er nahm etwas Salbe aus dem Gefäß und begann die Wunde vorsichtig zu überreiben. Auf den Rand er Wunde trug er vermehrt Salbe auf, riß vom Leinen ein Stück ab und faltete es einige Male. Dann gab er eine Schicht der Salbe darauf und deckte die Wunde ab. Schließlich umwickelte er das Ganze derart mit dem Restleinen, daß es am Bein festhielt und nicht verrutschen konnte.


    "Wie gesagt, decurio. Du darfst den Verband eine Woche lang nicht lösen und mußt auf alle Fälle, zumindest an Deinem Bein, das Wasser meiden. Wäre ich ein medicus, so würde ich Dir den dienstlichen Befehl geben, Dich täglich bei mir zu einer Nachuntersuchung und zur Überprüfung des Verbandes zu melden."


    Er wollte noch etwas sagen als ihn der decurio unterbrach.


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Sag,... hast du deinen Verwandten bereits einen Brief geschrieben, sie haben sicherlich schon lange nichts mehr von dir gehört ! "


    Cursor sah auf und dann zu Boden. Der decurio hatte einen wunden Punkt des duplicarius getroffen.


    "Zu meiner Familie habe ich keine Verbindung. Meine Eltern leben nicht mehr und zu meinem Halbbruder Lucius Decimus Subrius, der soviel ich weiß, bei den cohortes urbanae in der Hauptstadt dient, habe ich keine Verbindung. Und auch weitere Verwandte, wie z.B. der Senator Maximus Decimus Meridius, kenne ich nur dem Namen nach."

    Cursor sah den decurio skeptisch an.


    "So wie die Wunde aussieht, hast Du meinen Verband viel zu früh entfernt. Und das Wunder liegt nicht in der Wirkung meiner Salbe, sondern darin, daß sich Deine Verletzung nicht verschlimmert hat. Die Luft ist zwar ein guter Heiler, aber Schmutz in der Wunde trägt durchaus nicht zur Heilung bei.


    Wenn Du damit einverstanden bist, lege ich Dir noch einmal einen Verband mit meiner Salbe an, den trägst Du eine Woche lang. In dieser Zeit mußt Du allerdings das Wasser meiden. Das fällt schwer, aber an einer Woche ohne die thermae ist noch niemand gestorben."


    Cursor hielt kurz inne.


    "Natürlich haben wir im castellum auch ein valetudinarium mit ausgebildeten medici. Wie dem auch sei, wenn Du noch Schmerzen hast und Deine Wunde mitunter brennt und zieht, aber nicht juckt ... Du mußt Dich darum kümmern, decurio."

    Überrascht, erstaunt und zugleich erfreut sah Cursor den decurio an.


    Wie hatte der doch gesagt?


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " ... mach es dir nicht allzu gemütlich hier. "


    Cursor hatte das dahingehend verstanden, daß er nicht länger hier, also in der XXII., bleiben und abgeordnet oder sogar versetzt werden sollte.


    Dann wandte er sich an den decurio ...


    "Daß Du mit Deinem Vorschlag zu meiner Beförderung soviel Vertrauen in mich setzt, ehrt mich und ich danke Dir dafür. Mir ist auch bewußt, daß ich nicht immer dem entsprach, wie Du es gerne gesehen hättest. Aber wenn man es bedenkt, haben wir doch gemeinsam unsere Ziele wie die Missionen erreicht."


    ... und sah ihn genauer an.


    "Übrigens, verzeih` mir meine Neugierde: Was ist aus der Wunde an Deinem Bein geworden, die ich Dir vor einigen Tagen in der arena verbunden habe? Hat die Salbe gewirkt oder hast Du noch Beschwerden, decurio?"

    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Salve Duplicarius... mach es dir nicht allzu gemütlich hier. "
    begann er, was man auch negativ auffassen konte.
    " Ich war gerade beim Praefectus... sicherlich möchtest du wissen, was ich mit ihm alles besprochen habe... darf ich rein kommen. "


    Irgendetwas warnte den duplicarius.


    Der decurio, so früh am Morgen, und dann noch die Wortwahl seiner Frage nach dem Hereinkommen.


    Cursor trat zur Seite und bat den decurio einzutreten.


    "Bitte tritt ein, decurio. Natürlich interessiert es mich, was Du mit dem praefectus besprochen hast. Allerdings dürfte bei Deinem Gespräch mit dem praefectus nicht alles für meine Ohren bestimmt sein."


    Und wieder einmal versuchte Cursor aus den Zügen des decurio zu lesen.

    Cursor hatte seine erste Nacht nach der Mission auf der Stube mit seinen alten Stubenkameraden verbracht.


    Sehr früh, im castellum herrschte noch die nächtliche Stille, packte er seine Sachen und machte sich auf den Weg zu seiner neuen Bleibe.


    Ein wenig skeptisch musterte der duplicarius die kahle Stube. An der einen Wand stand die altbekannte Pritsche, daneben ein Kasten, in dem er seine Sachen unterbringen konnte. Dann gab es da noch einen zwar nicht sehr großen, allerdings auch nicht allzu kleinen Schreibtisch auf der anderen Seite und den dazugehörigen Sesseln. Im Vergleich zu den Zelten, welche Cursor von der langen Mission gewohnt war und den Mannschaftsunterkünften aber durchaus komfortabel...


    Beinahe hätte er das Klopfen an seiner Tür überhört. So früh am Morgen --- wer sollte das sein?


    Cursor ließ es sich nicht nehmen, öffnete und fuhr zurück.


    "Decurio Tiberius, Du?"


    Dann faßte er sich, nahm Grundstellung ein und meldete:


    "Duplicarius Cursor beim Beziehen und Einrichten seiner Unterkunft, decurio."

    Nachdem Cursor Incitatus abgesattelt, auf Verletzungen oder sonstige Mängel überprüft hatte und nichts dergleichen entdecken konnte, gab er ihm zu fressen und tränkte ihn. Anschließend striegelte er ihn, legte noch etwas Heu vor und begab sich zu seiner Unterkunft.


    Equitanus und Caecus waren bereits anwesend. Mit ihnen teilte Cursor den Raum.


    Einst waren sie das Triumvirat: Er, Verus und Veratius.


    Veratius ging als erster als er die Armee verließ, dafür kam Equitanus. Dann ging Verus als er zum duplicarius befördert wurde, für ihm kam Caecus.


    Equitanus schien die Gedanken von Cursor lesen zu können.


    "Und als letzter gehst Du, Cursor. Du kannst bei uns nicht mehr bleiben, auch Du wurdest zum duplicarius befördert."


    Wie aus weiter Ferne drangen die Worte an Cursors Ohr. Er dachte an Verus. Der Tod seines besten Freundes überschattete sein ganzes Denken.


    Er nickte nur. Dann stand er auf und packte seine Ausrüstungsgegenstände. Diese Nacht wollte er noch mit seinen alten Stubenkameraden verbingen.

    Schwarze Rauchschwaden drangen aus dem Gebäude.


    Cursor sprang von Incitatus.


    "Verus ist da drinnen", schrie er, "los, speciales, wir holen ihn hier raus!"


    Er löste sein focale vom Hals und hielt es unter die Nase und ohne auf ihn warnende Rufe zu achten stürmte er auf den Eingang des Gebäudes zu.


    Pechschwarze Dunkelheit umgab ihn.


    Ich muß Verus finden ... dachte er, ich muß ihn finden!


    Seine Augen fingen an zu tränen ...

    Auch Cursor hatte den schwarzen Rauch in der Ferne gesehen.


    Eine ungute Vorahnung stieg in ihm auf. Verus wird doch nicht ... ? Hoffentlich trog ihn wenigstens dieses eine Mal sein Gefühl!


    Dann ...


    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Folgt mir männer "


    Ohne Zögern schlossen sich der duplicarius und seine speciales dem decurio an.

    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    Rufinus schlug immer wieder auf die Ganoven ein ...


    Nun galt es, die Angreifer abzulenken um so dem decurio Luft zu verschaffen.


    "Speciales!" rief Cursor,


    "Kreis bilden!"


    Mehrerer Befehle bedurfte es nicht. Die speciales wußten wie sie die Banditen angehen mußten: Ein jeder ritt im Kreis, dann eine Volte und dann im entgegengesetzten Kreis zurück. Somit ergaben sich für die Banditen mit einem Mal neue Ziele, die diese vorab nicht berechnen konnten.


    Ihre abgeschossenen Pfeile flogen ohne zu treffen in alle Richtungen und eine gewisse Verwirrung unter den Banditen machte sich bemerkbar.


    Cursor hatte damit gerechnet und hoffte, daß die Gladiatoren sich diese Situation zunutze machen würden.

    eques Alienus


    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    "Alienus du übernimmst die hälfte der Gruppe und verfolgst diese Reiter."


    "Zu Befehl, vexillarius!"


    In kurzer Zeit hatten sich die Halbgruppen formiert.


    Alienus sah nicht mehr hinter sich. Ein jeder wußte, was er wann zu tun hatte.


    Sie ritten hinter den Flüchtenden her. Die Pfeile, die diese immer wieder abschossen, flogen an ihnen vorbei. Keiner traf die römischen equites, da die Treffsicherheit der Banditen infolge des nach Rückwärtsschießens äußerst gering war. Zudem schienen sie schlechte Bogenschützen zu sein.


    Alienus drehte sich zu seiner Gruppe und rief:


    "Köpfe an die Hälse! Angriff! Wir versuchen, sie von den Pferden zu schlagen!"


    Und dann ritten sie im gestreckten Galopp auf die Verfolgten zu. Ehe sich die einen versahen und die anderen erneut ihre Bögen spannen konnten, hatten sie equites erreicht, zogen ihre spathae und hieben auf die Banditen ein.


    Drei Feinde wurden bezwungen. Zwei ergriffen die Flucht. In der Ferne war Geschrei zu hören. Dorthin strebten sie zu, noch immer von Alienus und seinen equites verfolgt.

    eques Alienus


    Zitat

    Original von Publius Redivivus Verus
    "Formiert euch in einer Linie. Als spitze bin ich und noch vier weitere Equites. Du, du, du und du. " Verus wählte einige Equites aus, indem er mit dem Finger auf sie zeigte.


    Ganz am Schluß ritt Alienus.


    Ihm war klar, warum ihn der vexillarius nicht für die Spitze auswählte. Ihm war aber weiterhin klar, daß dessen Maßnahme entgegen dem von ihm auszurichtenden Befehl für ihn mitunter Konsequenzen nach sich ziehen würde, zumal ihm unterstellt werden könnte, den Befehl des duplicarius falsch übermittelt zu haben.


    Was tue ich mich ab? beruhigte sich Alienus selbst,


    Der vexillarius wird schon wissen was er tut und ich bin nur ein kleiner eques; Befehl ist Befehl.

    Cursor hielt sich mit seinen speciales dicht hinter den Gladiatoren.


    Caecus wußte Bescheid, daß er bei Bedarf als Melder fungieren sollte.


    Im übrigen waren sich die equites darüber klar, daß sie ihren decurio, den sie endlich lebend gefunden hatten, unter allen Umständen und aus jeglicher Situation heraushauen würden.

    eques Alienus


    Alienus kannte den vexillarius aus alten Tagen und er wußte, was das Kratzen hinter seinem Ohr bedeutete, vor allem, wenn es sein linkes Ohr war. Auch er wurde mit der Zeit ungeduldig.


    "Es hilft alles nichts. Wir müssen warten. Wenn es der decurio für richtig befindet, wird er uns eine Nachricht zukommen lassen. Ganz bestimmt schickt er uns einen Melder, vexillarius."

    Cursor gab seinen ihm noch verbliebenen drei speciales das Zeichen zum Aufsitzen und schon stoben sie hinter den Gladiatoren her.


    Zu Phyllidas hatte der duplicarius nichts gesagt. Er wollte sehen, wie sich der ehemalige Gefangene verhielt. Schloß er sich ihnen an oder nutzte er jetzt die Gunst der Stunde und verschwand auf Nimmerwiedersehen?

    Cursor parierte Incitatus neben dem decurio.


    "Wann soll Verus mit den draußen wartenden equites benachrichtigt werden? Oder sollen sie als Reserve zur Verfügung stehen? Und noch etwas, die führen die vier Säcke mit Preziosen, die wir damals gefunden haben, mit sich, decurio."

    eques Alienus


    Vor dem vexillarius hatte Alienus sein Pferd aus dem Galopp in den Stand durchpariert. Aus dem Sattel machte er seine Meldung um diese schnellstmöglich zu erstatten.


    Original von Publius Redivivus Verus
    "Müssen wir sofort die Stadt erstürmen oder müssen wir noch auf einen gewissen Augenblick warten. Auf ein Signal oder so? Das Ziel ist also Abdherbal oder wie der Knabe hiess."


    Alienus erwiderte:


    "Von der Stadt erstürmen oder auf ein Signal warten wurde mir nichts aufgegeben. Meine Meldung enthielt nichts dergleichen. So wie ich den duplicarius kenne wird er sich aber auf irgendeine Weise bemerkbar machen. Somit müssen wir warten. Jedoch allzu lange dürfte es nicht dauern, vexillarius."

    Zitat

    Original von Gaius Tiberius Rufinus
    " Das ist schlimm, doch sehen wir es positiv, es sind nur drei tote. Hat man sie wenigstens mit allen Ehren, die eines römsichen Bürger und Soldaten würdig sind, verbrannt ? * "


    Cursor verstand die Frage des decurio nicht. Die gefallenen Kameraden nicht würdig zu den Ihren zu entlassen? Unmöglich! Wollte ihn der decurio mit seiner Frage beleidigen?


    So fiel denn seine Antwort sehr barsch aus.


    "Es blieb uns nicht viel Zeit. Aber wir haben unsere Toten gemäß der Sitte in allen Ehren verbrannt, so wie es sich einem römischen Bürger und römischen Soldaten gebührt, decurio."