Beiträge von Titus Decimus Cursor

    "Eieiei", mehr sagte Cursor nicht.


    Er sah sich sein weibliches Gegenüber nicht ohne eine gewisse Anerkennung an. Aber sein Zorn über den Wirt bekam wieder die Oberhand.


    "Ich erinnere mich, Verus, daß doch Du es warst, der diesem caupo und niemand anderem einen Auftrag erteilt hast. Erst will er uns nicht verstehen, dann ignoriert er uns. Und das ist in meinen Augen nichts anderes als offensichtliche Kundenfeindlichkeit. Das mit meinem vorausgezahlten Wein vergesse ich sowieso nicht!


    Und das Schlimme ist, daß uns dieser Feigling nun das Mädchen schickt, das unseren Zorn über sich ergehen lassen soll oder vielleicht mit dem Hintergedanken, uns durch seine Anwesenheit zu besänftigen.


    Nee, Verus, so nicht!"


    Cursor schob den Wein beiseite, verschränkte die Arme und sah Verus an.

    Etwas nachdenklich sah Cursor Verus an.


    "Du kennst doch das Sprichwort:
    Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!


    Und was ist, wenn es nicht um unsere Beförderungen geht, wenn der praefectus etwas anderes von uns will; wer weiß, was?


    Im Voraus schon etwas begießen steht unter ungünstigen omina.


    Ich finde, erst lassen wir uns in allen Ehren befördern, natürlich mit Urkunde, damit wir es auch schriftlich in Händen haben, und dann steht einem Besäufnis nichts mehr im Wege."

    Allmählich wurde die Stimmung in der caupona mulmig.


    Cursor bemerkte, daß auch bei Verus die Grenze eines Spaßes überschritten war.


    "Und jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, wo der caupo zwischen Krieg und Frieden wählen kann. Es ist ja nicht das erste Mal, daß, sagen wir mal deplazierte Äußerungen, Anlaß zu einem Krieg gaben. Und Krieg muß nicht unbedingt bedeuten, daß wir seine Bude zerlegen. Du hast vollkommen recht: wir brauchen nur verbreiten, inwieweit hier Kundenfreundlichkeit angesagt ist, von dem vorausgezahlten Wein ganz abgesehen. Dann kann der seine Schenke zumachen."


    Cursor rempelte Verus an.


    "Bin gespannt, was der caupo jetzt zu tun gedenkt!"

    Zitat

    Original von Lucius Artorius Veratius
    "Du Cursor, was meinst Du, was wollen die von uns morgen früh, hast Du eine Vorahnung?"


    Cursor hatte sich auf die rechte Seite gedreht und stützte sich auf seinen Arm. Nach einigem Überlegen antwortete er Veratius.


    "Wenn Du mich so fragst, für morgen früh habe ich schon keine Vorahnung mehr, im Gegenteil, ich bin mir fast sicher, auch darüber, daß Du und Verus das gleiche vermuten, es hängt irgendwie mit unserer Beförderung zusammen. Denkt doch mal nach: hat einer von uns etwas angestellt oder sind wir irgendwann oder irgendwo so negativ aufgefallen, daß unsere Grundausbildung verlängert werden sollte?"


    Cursor sah seine Freunde an, die seiner Meinung zu sein schienen.


    "Na also, wir sind uns einig. Es kann nur um unsere Beförderung gehen!"

    Ohne auf das, was Verus gesagt hatte einzugehen, legte Cursor los.


    "Alles, was recht ist, aber hast Du das mitgekriegt?"


    Gereizt sah er Verus an, und ohne dessen Antwort abzuwarten, grantelte er weiter:


    "Du hast doch eine Kanne ägyptischen und eine Kanne cyprischen Weins bestellt, ich wollte einen Becher ägyptischen Weins haben, weil ich erst probieren wollte. Auf die Belehrung von diesem caupo hin bestellte ich eine Kanne ägyptischen Weins, den ich, wie Du gesehen hast, im Voraus bezahlte. Hätte er gesagt, daß wir erst mal probieren sollten und dann bezahlen könnten, das wäre ein Wort gewesen!


    In was für eine Spelunke sind wir da geraten? Und nun bringt der eine Kanne von irgendeinem Wein. Ich glaube, der versteht uns nicht!"


    Cursor redete sich immer mehr in Rage. Vor allem, daß der caupo das Geld vorab genommen hatte, ging ihm gehörig gegen den Strich. Schließlich sahen die beiden nicht wie Nichzahlenwollende oder -Könnende aus!

    Nachdem Cursor kein Teil mehr gefunden hatte, das er zum Spiegeln bringen konnte, und er seine Leistung als sehr gut befunden hatte, stellte er das Putzen ein.


    Da Verus nicht und Veratius noch nicht da waren, hielt es Cursor infolge der späten Abendstunde für angebracht, sich auf sein Bett zu legen und ein wenig vor sich hin zu dösen.


    Vielleicht ging noch eine kleine Unterhaltung bei Rückkehr der beiden.

    "He, caupo,"


    rief Cursor dem Wirt nach, und bemühte sich, ruhig zu bleiben,


    "damit du Bescheid weißt: wir sind Soldaten der römischen Armee und noch dazu der XXII., falls dir das etwas sagt! Wir haben es nicht nötig uns sagen zu lassen, daß das, was getrunken wird, auch bezahlt werden muß. Wir zahlen was wir trinken. Oder sollen wir vielleicht vorher bezahlen? Hier hast du drei As für eine Kanne ägyptischen Weins,"


    Cursor zählte drei Geldstücke auf den Holztisch und staunte über sich selbst, wie ruhig er immer noch blieb,


    "und jetzt setzte deinen Hintern schnellmöglichst in Bewegung, wir sind zu dir gekommen, weil wir Durst haben und nicht um verkappte Moralpredigten anzuhören!"

    "Laß` gut sein",


    dämpfte Cursor die Neugier von Veratius,


    "natürlich weíß der scriba um was es geht. Haben wir irgendetwas angestellt? Ich wüßte nicht! Also lassen wir uns überraschen.


    Setzen wir eine Putzstunde an und bringen unsere Ausrüstung auf Vordermann. Der praefectus soll sehen, wie unser Triumvirat im Glanz erstrahlt! Und Ihr habt vom scriba gehört, daß er das Blinken und Blitzen mag."


    Als erstes nahm sich Cursor seinen Helm vor und begann ihn, obwohl er schon glänzte, noch weiter zu polieren bis er sich schließlich selbst erkennen konnte.

    Gut aufgelegt stieß Cursor die Barackentür auf. Er hatte ein rein menschliches Bedürfnis zu seiner vollsten Zufriedenheit hinter sich gebracht.


    "Es dürfte nicht viel Angenehmeres geben, als sich endlich von einer auf sich aufmerksam machenden Last zu befreien und noch dazu, wenn alles so schön auf Vordermann gebracht war. So wie es da heute aussah, haben die Latrinenkosmetiker eine Sonderschicht gefahren,"


    rief er seinen Stubengenossen zu.


    Da entdeckte er den scriba.


    "Probatus Titus Decimus Cursor. Wenn Du den suchst, der steht persönlich vor Dir!"

    Cursor hatte den Vorfall mit dem verlorenen Dolch mitbekommen. Er hatte dabei den Wirt genau beobachtet. Es schien wirklich so zu sein, daß der Wirt nur so aussah.


    "Na ja, dann probiere ich erst mal einen ägyptischen Wein. Wenn möglich, einen Becher. Eine oder mehrere Kannen sind nicht ausgeschlossen."


    Cunctator wandte sich dem wartenden Wirt zu.


    "Sei so gut, und bring` mir einen Becher deines ägyptischen Weins. Hoffentlich ist er so gut wie du ihn anpreist!"

    "Ach was",


    gab Cursor zurück,


    "Marsch mit Gesang hebt doch allemal die Moral der Truppe. Und unser centurio, der Schlechteste ist er auch nicht. Und wenn er mit seinen "Vögelchen", die nach einem Marsch noch fröhlich "zwitschern", ins Lager einmarschiert, das wirft auf ihn bestimmt kein ungünstiges Licht. Nicht nur wir werden beobachtet!"

    Amüsiert hatte Cursor Verus` Griff nach dem Dolch bemerkt. Aber nichtsdestotrotz versicherte er sich seines griffbereiten "Beschützers".


    "Verus, wir bleiben dicht beieinander. Sollte es brenzlich werden, sofortiger Rückzug. Auf in den Kampf!"


    Cursor drückte die Tür zur Taverne auf. Schummriges Licht empfing die beiden. Er vergewisserte sich, daß Verus hinter ihm war.


    Nachdem sich seine Augen an die dunkle Helligkeit oder das helle Dunkel gewöhnt hatten, erkannte Cursor ein paar grobe Holztische und -bänke. Niemand war zu sehen. Es schien, als wären sie um diese Zeit die einzigen Gäste.


    "Komm`Verus, setzen wir uns erst einmal. Ich schlage vor, gut erzogen wie wir sind, daß wir warten bis der Wirt kommt. Wenn nicht, machen wir uns bemerkbar."

    "Ein Lied und nichts Militärisches? Von wegen!"


    widersprach Cursor.


    "Marsch und Gesang gehören zusammen wie der Dolch und seine Scheide. Werden Dir beim Marschieren die Knie zunehmend weicher, mit einem Lied auf den Lippen marschierst Du von alleine weiter. Natürlich darf es kein Wiegenlied sein, aber es wird doch wohl ein Marschlied speziell der XXII. geben!


    Warten wir`s ab, wenn gesungen werden soll wird schon ein entsprechender Befehl vom centurio kommen!"

    Auch beim Rückmarsch achtete Cursor auf seine korrekte Adjustierung:


    Über tunica und Panzer waren beide Gürtel mit Schwert und Dolch geschnallt, der Helm war am Brusthaken des Panzers befestigt und hing über der Magengrube, der Schild mit übergezogener Lederhülle war mit dem um Brust, Oberarme und über die linke Schulter geführten Tragegurt so umgeschnallt, daß er die linke Seite und den Rücken bis zu den Kniekehlen bedeckte, nach oben reichte er etwa bis zur Höhe des Scheitels. Über die linke Schulter war die Tragestange gelegt. Sie saß mit einer breiten Querstange und der an dieser befestigten sacrina auf der Oberkanze des Schildes auf. Kochgeschirr und Proviantnetz hingen über den Schild nach hinten herab. Die linke Hand umfaßte die Tragestange und balancierte sie aus. In der rechten war das pilum, das über die rechte Schulter gelegt war.


    Die ausbalancierte Tragestange hatte sich schon auf dem Hermarsch bewährt. So dürfte es also heimwärts keine Schwierigkeiten geben!


    Neben Cursor marschierten Verus und Veratius.


    "Und was allem noch die Würze geben würde",


    raunte Cursor Verus zu,


    "wenn uns der centurio zum Marschieren noch ein Liedlein singen ließe!"

    Ein wenig nach Luft ringend näherte sich Cursor der Taverne, Verus hatte ihn schnell eingeholt.


    "Das muß der lachende Kilikier sein",


    stellte Cursor fest und sah Verus fragend an,


    "Kilikier? Waren das nicht die Piraten, die wir gezüchtigt haben und denen wir erst einmal Benehmen beibrachten? Vielleicht ist das so eine Piratenspelunke, vielleicht wird da sogar geschmuggelt. Auf alle Fälle ist es gut, daß wir zu Zweit sind. Also, nichts wie in die gute Stube!"

    "Ich habe sie gerochen, ich habe die Taverne gerochen",


    frohlockte Cursor,


    "mach` Deine Äuglein auf, Verus, siehst Du da vorne die rot bemalte Amphore? Das ist sie. Endlich haben wir Deine Taverne gefunden. Jetzt aber schnell bevor uns andere den Wein wegsaufen!"


    Vor Begeisterung wurden Cursors Schritte immer größer.

    Cursor hatte eine ruhige Nacht hinter sich. Er hatte ausgezeichnet geschlafen, war nicht von schweren Träumen geplagt worden und auch das insgeheim erwartete "ewige Sausen" war ausgeblieben.


    Er rieb sich ein paar Sandkörner aus den Augen, blinzelte in die aufgehende Morgensonne und begrüßte mit lautem Rückenwind den kommenden Morgen.


    Anschließend machte er ein paar Rumpfbeugen und, weil es so schön war, noch zehn Liegestützen.


    Dann sah er zu seinen Freunden.


    "Soviel ich mitbekommen habe, geht es Richtung Heimat. Was mich angeht, bin ich froh, denn für unseren ersten Marsch incl. Auswärtsübernachtung haben wir uns recht gut geschlagen. Und wenn das der centurio auch so sieht ... was wollen wir mehr? Und je früher wir hier wegkommen, desto besser. Es scheint wieder ein heißer Tag zu werden!"


    Cursor legte sein gepacktes Marschgepäck zurecht und wartete auf das Kommando zum Abmarsch.

    "Seht Ihr",


    strahlte Cursor,


    "wir haben es geschafft. Nun sind wir in allen Ehren equites geworden. Und was mich am allermeisten freut, daß Ihr beide mit zur Reiterei kommt. Ihr werdet sehen, nun beginnt das eigentliche Leben bei der Armee.


    Du hast recht Verus, das muß erst einmal gefeiert werden!"

    Je mehr Cursor von seinem Puls gegessen hatte, desto besser hatte es ihm geschmeckt, was er vernehmlich mit einem lauten Rülpsen kundtat.


    Wenigstens im Moment mit sich und dem Rest der Welt zufrieden stellte er eine Stange Wasser in das Feuer und half so kräftig mit, dieses zu löschen.


    Froh, nicht zur Nachtwache eingeteilt zu sein, machte er es sich im Zelt bequem, betete zu den Göttern, sie mögen das Zelt, das Veratius mit aufgestellt hatte, nicht einstürzen lassen, hörte gerade noch Verus einige Namen vor sich her sagen ... und war schon eingeschlafen.