Beiträge von Quintus Duccius Eburnus

    Schraubzieris hatte Quintus zu einem Säulengang geführt, der einen Garten umrahmte. Inmitten dieses Gartens stand Prudentius Balbus und betrachtete andächtig einige Rosengewächse.
    Der Duccier, der mittlerweile wieder zu Atem gekommen war, trat aus dem Säulengang heraus in den Garten.


    Prudentius Balbus, Herr, mein Patron, verzeih, wenn ich dich hier und jetzt störe, aber könntest du einem einfachen Klienten einen Augenblick deiner Zeit gönnen?

    In den Nächten konnte es durchaus noch frisch werden, daher hatte man die Kohlebecken vor den Barracken entzündet. Im Schein einiger Öllampen und der Glut des Beckens las Quintus wieder und wieder den Brief seines Bruders.


    Witjon der Bücherwurm würde also heiraten. Noch dazu die Nichte seines Patrons, der er erst vor wenigen Tagen einiges über Germania erzählt hatte. Und auch Loki, der mit dem schönen Geschlecht so viel Pech gehabt hatte. Quintus war sich allerdings nicht sicher, an wem das in den einzelnen Fällen gelegen hatte. Wie dem auch sein mochte, er musste erstens nach Mogontiacum und brauchte zweitens ganz dringend passende Geschenke. Aber was? Was konnte man den beiden Paaren bloß schenken?


    Mit leicht verwirrtem Gesichtsausdruck starrte der Duccier ins Leere...

    Sobald es sein Dienst zugelassen hatte, war Quintus eilends in sein Quartier gelaufen und hatte den Brief seines Bruders geholt. Sein nächster Halt war die Casa Prudentia.


    Außer Atem trat der Praetorianer vor die Porta und klopfte an.

    Der Duccier nickte pflichtbewusst und zustimmend.


    Jawohl, Herr.


    Es war schon seltsam, dass der Präfekt einfach so verschwunden war. Vielleicht sollte man sich einmal in seinem Officium umsehen, ob es dort irgendwelche Hinweise gab. Quintus wollte es schon vorschlagen, da kam ihm der Gedanke, dass sein Patron dies vielleicht nicht gut heißen würde...

    Quintus zuckte mit den Schultern und nahm noch eine Hand voll Nüsse.


    Nunja, getuschelt wird natürlich schon unter den Männern. Ich schätze, weil man eben so gar nichts weiß. Ich habe Verschiedenes gehört. Er sei nach Hispania, nach Germania, nach Aegyptus und in den Osten gereist. Natürlich alles zur gleichen Zeit. Gerüchteküche halt.


    Der Duccier warf sich ein paar Nüsse in den Mund...

    Quintus nickte. Unruhig war es nicht, und der Dienst ging seinen gewohnten Gang. Sah man von den Reparaturen an ihrer Barracke ab, war in der letzten Zeit wirklich weniger als nichts Aufregendes passiert.


    So ist es, Herr, nichts Ungewöhnliches, sieht man eben von der Abweseheit des Präfekten ab. Wieso fragst du?

    Quintus nickte Callista zu als sich diese verabschiedete und lächelte.


    Als Balbus dann das Wort an Valerian und ihn richtete, wurde er schlagartig ernst. Eine ehrliche Antwort?


    Sicher, Herr, was willst du wissen?

    Quintus zuckte mit den Schultern.


    Wir sind Soldaten, wir werden unsere Pflicht tun. Alles andere wäre nicht nur ehrlos sondern auch ziemlich ungesund.


    Seine Stimme klang irgendwie fremd in seinen Ohren, rau und tonlos. Wäre er wirklich in der Lage gegen einfache Bürger vorzugehen? Gegen Priester? Oder gegen Verwandte? Er verbannte den Gedanken aus seinem Kopf und sah auf seine Tabula.


    Ich schätze, wir werden etwa 100 neue Ziegel für das Dach benötigen, wechselte der Duccier das Thema...

    Quintus hätte sich fast an seinem Wasser verschluckt. Er setzte den Becher ab und pfiff leise durch die Zähne. 200 Sesterzen waren kein Pappenstiel und die junge Prudentierin musste schon recht mutig sein, solch eine Verantwortung nahezu ohne Bedenken zu übernehmen...
    Er wandte sich an seinen Patron.


    Sag, wieviel Mann hast du zu ihrem Schutz während der Reise eingeplant?

    Ein wenig überrascht blickte Quintus auf, als die Dienerin plötzlich in sein Sichtfeld trat.


    Oh, äh, ja. Ich hätte gerne ein paar Trauben oder Nüsse, wenn es keine Umstände bereitet.


    Ein wenig verlegen lächelte er...

    Der Duccier zuckte die Achseln.


    Meine neue Position ist schon recht viel Arbeit. Die Bücher in Ordnung halten, die Tagesparolen zu den einzelnen Wachposten und zum Palast bringen, Anforderungslisten und Personallisten erstellen und verwalten. Ich komme mir langsam ein wenig wie ein Scriba in einer Regia vor.


    Dann lachte er doch laut los, obwohl dies hier ja eigentlich nicht angebracht war.


    Offizier werde ich garantiert nie. Ich bin schließlich kein Römer sondern nur ein Barbar aus dem fernen Germania, der sich schon glücklich schätzen kann überhaupt in der Garde Dienst tun zu dürfen. Ich schätze meine Chancen auf eine entsprechende Beförderung dann doch eher gering ein. Trotzdem vielen Dank für die Anerkennung, Optio.


    Valerian brauchte ja nicht zu wissen, dass Quintus liebend gerne die Tabula gegen einen Auftrag als Speculator oder gegen eine Mission als Reiter der Garde eintauschen würde, und sei es nur für kurze Zeit und um einmal eine kleine Ablenkung vom Schreiberdienst zu haben...

    Sim-Off:

    In meine letzten Ausführungen hat sich eine gewisse Ungenauigkeit eingeschlichen... :patsch:


    Der Aufbau der germanischen "Gesellschaft" sieht wie folgt aus: Stämme sind in Sippen unterteilt, die aus mehreren miteinander verwandten Familien bestehen. Diese Familien können dann aber, wie gesagt, auch aus verschiedenen Stämmen kommen, so dass die Grenzen insgesamt manchmal recht fließend sind.
    Der Kern der germanischen Gesellschaft ist also so gesehen die Sippe, was in etwa einer Gens entsprechen würde... :hmm: :]



    Quintus beschloss, dass die Römerin diese ganzen Informationen erst einmal verdauen musste und sah sich nach einer essbaren Kleinigkeit in Form von Obst oder Nüssen um. Wenn Callista Fragen hatte, würde sie sie schon stellen...

    Hm, ja, wie war das nun mit den Familien in Germanien...


    Das mit der Familienzugehörigkeit ist bei uns etwas schwierig. Wir unterscheiden uns in verschiedene Stämme, aber es kann vorkommen, dass mehrere Stämme ein Volk bilden. Das bedeutet bei uns in etwa soviel, als dass sie eine Gruppe bilden, die einem Anführer folgt. Ein Stamm wiederum besteht für gewöhnlich aus mehreren Familien. Wir Duccier sind untereinander aber durchaus blutsverwandt und gehen alle über die väterliche oder mütterliche Linie auf einen Ahnherren zurück. Bei meinem Bruder und mir ist es eigentlich recht einfach zu erklären. Unsere Mutter ist Amsivarierin und unser Vater Ubier. Wir sind also über die mütterliche Linie Duccier.


    Der Duccier nahm noch einen Schluck Wasser, denn das nächste würde sicherlich einige Fragen aufwerfen.


    Die Familie hört bei uns Germanen aber nicht bei den Blutsverwandten auf. Es ist möglich, jemanden in die Familie aufzunehmen und sozusagen zu adoptieren, wodurch dieser zum Verwandten wird. Aber auch die Bediensteten und Unfreien gehören zur Familie dazu. Es wird eigentlich kein Unterschied gemacht, da die Aufgabe des Familienoberhauptes der Schutz der Familie ist und das schließt eben die Bediensteten und Unfreien ein. Es ist auch wichtig zu wissen, dass nicht jeder Bedienstete in Germania ein Unfreier ist, also das, was im Imperium gemeinhin als Sklave bezeichnet wird. Es gibt viele Bedienstete, die aus freien Stücken für eine Familie arbeiten und dafür Obdach und Verpflegung erhalten, manchmal sogar einen Lohn.


    Quintus nahm noch einen Schluck Wasser.


    Was die Trinkfestigkeit anbelangt, so sind Germanen da nicht anders als Römer. Wir vertragen vielleicht etwas mehr, weil wir für gewöhnlich eine kräftigere Konstitution haben, aber bei vielen ist das Geschrei lauter als es sein sollte und so trinken auch Germanen schnell einen über den Durst und liegen irgendwann schnarchend unter dem Tisch. In Mogontiacum wirst du allerdings kaum germanische Frauen finden, die dem schlechten Beispiel der Männer nacheifern. Dort geht es sehr römisch zu, und eine römische Frau betrinkt sich schließlich nicht, oder?


    Er zwinkerte.