Beiträge von Prosekon tou Mouseiou

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    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Das Grinsen auf Doros Gesicht verschwand ganz schnell als er sah, wie der junge Mann immer mehr an Farbe im Gesicht verlor und kreideweiß wurde. Auch der Sklave schien aufmerksam genug zu sein, doch leider zu langsam. Schon fiel Nikolaos um ehe der Sklave ihn auffangen konnte. „Bei Apollon!“, fluchte Doros. Dass der Strategos dann doch so zartbeseitet war, hatte der Iatros nicht geahnt. Eilig trat er um den Tisch herum und beugte sich über den Jüngling. Eine Hand hielt er in leichtem Abstand vor dessen Mund. Er atmete noch. Doros sah zu seinem Sklaven. „Trage ihn hier heraus, lege ihn am Besten auf eine der Klinen. Ich komme sofort!“ Der Sklave tat das auch umgehend. Wie eine Feder schien Nikolaos auf den Armen von dem kräftigen Sklaven zu wirken. Dieser ging mit großen Schritten aus dem Raum, der von Todesmiasmen durchzogen war. Der Raum, der Doros als Wohnraum diente, war nun deutlich ordentlicher, nachdem der Sklave dort die Reste der vorigen, nächtlichen Orgie beseitigt hatte. Vorsichtig legte der Sklave den Strategos auf einer der weichen Klinen. Auch Doros kam hinzu und hielt eine Phiole in der Hand. Damit bewaffnet kniete er sich neben Nikolaos und hielt das scharf riechende Öl direkt unter Nikolaos' Nase.


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    ~~ Chares ~~


    Genießerisch reckte sich der Affe und ließ sich ausgiebig an allen Seiten seines kleinen Kopfes streicheln, derweil ging Chares zu einem der Hinterräume und riß die Tür auf. „Argemos, los, laufe in die große Halle und hole uns ein Mahl! Aber spurte Dich, ich und mein Gast haben nicht den ganzen Tag Zeit!“ Ein junger Mann eilte aus dem Nebenraum, nickte fahrig und mit Tinte an der Stirn Rufinus zu ehe er aus den Räumlichkeiten von Chares verschwand. Mit einer Geste lud Chares den römischen Soldaten und Patrizier ein, ihm zu folgen. Durch eine offene Tür trat Chares und auf eine breite Terrasse, die an den Garten angrenzte. Zwei Klinen standen hier und ein ovaler Tisch. Natürlich benutzte Chares diese nicht alleine, er teilte die Sitzgruppe, ebenso wie den Garten noch mit einigen anderen Gelehrten, aber im Moment war diese frei, denn viele der Gelehrten waren noch bei ihren Vorlesungen und dem Unterricht beschäftigt. Chares, der noch schnell einen Wein vor dem Heraustreten ergriffen hatte, schenkte nun den Wein in zwei Becher hinein. „Ein ganz edler Tropfen, die Weinernte für diesen war vor fünf Jahren, ein besonders gutes Weinjahr, genug Regen, nicht zu viel und auch die Götter waren dem guten Tropfen gewogen!“ Chares nahm Platz und hob den zweiten Becher in die Höhe. „Auf die Freundschaft zwischen Römern und Hellenen, möge daraus noch mehr Früchte und Blüten für Wissen und Kunst erwachsen!“ Chares gehörte nicht zu der verbohrten Fraktion, die immer noch an dem Glauben hingen, die Römer wären auch nur Barbaren, wie die Ägypter, Germanen, Kelten und alle anderen Völker. „Du kommst nicht aus Ägypten, nicht wahr?“, fragte Chares nun seinerseits sehr wissbegierig.




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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Einigermaßen passabel gekleidet, überhaupt wieder angekleidet, ließ sich Doros auf einer der Klinen herunter plumpsen. Dabei streckte er sich und öffnete einen kleinen Schrank hinter sich, aus dem er einen sauberen Trinkbecher holte, den er gleich darauf vor Diagoras stellte. Er griff nach einem Krug und goss in einem weichen Schwung von dem roten Wein in den Becher, der nicht sehr verdünnt war, dafür mit einigen Gewürzen angereichert und zudem von den Trauben um den Mareotis-See stammte. Gewürzt war er Doros nicht immer wirklich lieb, aber er hatte damit mehr dem Wunsche seines ersten Besuches entsprochen. Er grinste breit. „Lass das mal gegenüber den Oberen vom Museion mal fallen, Diagoras. Denn leider halten mich viele am Museion mehr für eine Plage der Götter und nicht für ein Geschenk!“ Doros winkte ab. „Nein, Du störst überhaupt nicht!“ Die Frau in seinem Schlafzimmer hatte Doros schon halb vergessen. Der offensichtlichen Meldung eines hungrigen Korpus wegen griff Doros auch nach einer Schüssel und schob sie Diagoras zu, ebenso die noch fast vollen Essenschüsseln, die Lammfleisch in Olivenpaste gebraten, gefüllte Weinblätter und ähnliche Speisen enthielten. „Greife ruhig zu, Diagoras!“


    Auch Doros goss sich in dem Becher ein und griff nach einem Stück Brot. Hunger hatte er schon lange und das Essen war auch noch nicht beendet gewesen. So tunkte er das Brot in den Wein hinein und kaute genüsslich. Fast hätte er sich verschluckt, als er die Frage von Diagoras vernahm. Hustend schluckte er den Rest herunter und fing an zu lachen. Herzhaft und mit großer Freude an der Frage. Er schüttelte dabei jedoch den Kopf. „Nein...“, gab er schließlich, immer noch ein wenig glucksend, von sich. „Tot ist er nicht. Er ist, wie man gerüchteweise gehört hat, krank geworden und muss einige Zeit wohl sich zurück ziehen. Aber ganz offiziell ist das Ganze sowieso noch nicht gewesen. Weder der Eparchos hat ihn benannt, noch hat es je eine Zeremonie für seinen Amtsantritt gegeben.“ Doros zuckte gleichgültig mit der Schulter. Dann belästigte ihn auch niemand...zumindest seltener. „Zwei der Gelehrten haben sich dem angenommen. Sosimos, der Philosoph, und Nisoteia, die Naturphilosophin, fühlen sich dafür berufen*!“ Doros lehnte sich gegen das Polster von seiner Kline und musterte Diagoras neugierig. „Ich habe Dich schon lange nicht mehr am Museion gesehen. Hat es Dich in Deine Heimat zurück getrieben?“



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    ~~ Chares ~~



    Chares brauchte jedoch eine Weile bis er merkte, dass sich sein Gast wohl doch nicht ganz so wohl mit dem Tier in der Hand fühlte, wie Chares vermutet hätte. Aber Chares hatte keinerlei Berührungsängste mit solchen Tieren, er hantierte fast täglich mit ihnen. Darum erlöste er Rufinus auch erst recht spät, indem er ihm vorsichtig den Skorpion wieder abnahm und in das Gefäß zurück steckte. Der Decke wurde darüber stülpt und Chares wandte sich Rufinus zu. „Möchtet ihr gleich fortfahren mit den Tieren oder möchtet ihr vielleicht eine kleine Pause einlegen? Ich könnte etwas Dattelwein und ein leichtes Mahl kommen lassen.“ Fragend hob Chares seine zerzausten grauweißen Augenbrauen. In dem Moment hüpfte auch wieder der kleine Affe heran, der sich an dem Fenster hoch schwang und neben das Skorpionengefäß setzte. Ohne die beiden Männer zu beachten, fing der Affe an, sich ausgiebig am Bein zu kratzen.



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    Grübelnd sah der Iatros von Cleonymus zu der jungen Römerin. Er wog den Kopf hin und her. Brummelte leise in seinen weißen Bart hinein und gab schließlich nach.
    „Wenn Du dafür Sorge tragen wirst, dass die junge Dame im Palast des Kaisers ein schattiges Zimmer erhält und dort ruhen kann, so stehen Deinem Anliegen keine großen Bedenken im Wege. Aber Strapazen, wie das Warten in einer Audienzhalle, sollten ihr im Moment noch erspart bleiben.“
    Der Iatros verschränkte die Arme hinter dem Rücken und maß Urgulania noch einmal mit einem nachdenklichen Blick. Wie um seine Worte zu bestätigen, nickte er schließlich.
    „Aber sei bitte vorsichtig! Wecke sie nicht! Und schütze sie vor Hitze und der Sonne!“





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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Etwas Gutes hatten diese Feiertage, Doros hatte seine Ruhe und konnte ungestört dem nachgehen, was er gerne trieb. Die Triebe, die (Ess-) Lust, die Neigung und die Forschung, natürlich nicht alles auf einmal, so forsch war selbst Doros nicht, oder sagen wir mehr, so geschmacklos. Einer Neigung ging er auch gerade nach, ließ sich ganz in seinen Freuden treiben als er von draußen ein lautes Pochen hörte. Mit der festen Absicht es erst zu ignorieren macht er fröhlich weiter in seinem Treiben, doch eine leise Stimme meldete sich zu Wort. „Doros...es hat jemand geklopft, so mag ich nicht!“ Doros stockte und sah die junge Frau an, mit der er gerade das Bett teilte. „Hm? Hm!“, grummelte der Iatros und Forscher. Leise vor sich hin fluchend erhob er sich aus dem Bett, griff nach ein paar Kleidungsstücken und tapste über den kalten Steinboden aus dem Zimmer, nicht ohne die Tür hinter ihm zu zu ziehen. Auf dem Weg zog er seine seinen Lendenschurz an und war bereits an der Tür angelangt. Womöglich nur ein Sklave, geschickt von einem der alten Knochen, die ihn an seine religiöse Pflicht erinnern wollten. Leider hatte Doros an jenem Tag seinem Sklaven frei gegeben, um ungestört zu sein heute. So öffnete Doros höchst persönlich die Tür zu seinen Wohn- und Forschungsräumen, nur mit einem Lendenschurz um die Hüfte und einer Leinentunika in der Hand. „Was gib's?“, meinte Doros und blinzelte dann. Natürlich erkannte er Diagoras sofort wieder, der Mann mit dem höchst gewitzten Geist, Humor und Scharfsinn war Doros in lebhafter Erinnerung geblieben. „Oh, Khaire...Diagoras, nicht wahr?“


    Selbst wenn es zu einem ungünstigen Zeitpunkt war, Doros hatte nichts gegen eine derart interessante Störung, darum öffnete er die Tür. „Tretet doch hinein!“, meinte der Iatros und deutete einladend auf den großen Wohnraum, der an diesem Tag nicht so unordentlich wie noch vor Wochen und Monaten wirkte. Zwei Klinen standen unter dem geöffneten Fenster (die Fensterläden standen weit offen und ließen die Sonne herein fallen). Auf dem Tisch aus Nussholz standen Schalen mit Essen und eine dickbäuchige Karaffe. Die meisten Schalen waren noch mit Essen gefüllt, das sogar noch dampfte, aber die zwei Teller und Becher waren benutzt worden, wenn auch spärlich. Doros ging Diagoras voraus und nutzte die wenigen Schritte, um sich seine Tunika über den Leib zu streifen. „Etwas Wein womöglich? Oder lieber Feigensaft?“



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    Zufrieden nickte der Iatros als Urgulania den Becher leerte. Er wandte sich ab, um sich seinen weiteren Tagesgeschäften, mehr seinem Tageswerk zu kümmern, das sich mit dem Behandeln anderer, ebenfalls, kranker Menschen auseinander setzte. Er ging auf die Tür zu als diese bereits auf schwang und der Mann der Stadtwache zurück kehrte. Das ging flink, dachte der alte Iatros noch. Als er sich umdrehte, sah er, dass die junge Dame bereits in den erholsamen Schlaf gefallen war. Mit einem Schulterzucken sah der Iatros zu dem, wie er fand, lobenswert engagierten Mann. Solch ein Fleiß und Eifer, was Recht und Ordnung anging, hatte der Iatros nicht oft erlebt. Schließlich war er die üblich träge Lebensweise der Hellenen gewohnt.
    „Sie schläft!“, fügte der Iatros noch unnötigerweise an.





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    ~~ Chares ~~



    An den Schwanz gepackt hielt Chares das Getier vor sich. Mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen reichte er den Skorpion näher an Rufinus. Möchtet ihr vielleicht?“, fragte der ältere Gelehrte und hielt Rufinus den Skorpion so hin, dass dieser ( so er es wünschte) ihn ergreifen konnte. „Woran man erkennt, ob sie alleine sind?“ Das war eine gute Frage. Chares dachte eine Weile darüber nach, aber er hatte weder selber solche Beobachtungen gemacht, noch jemals etwas über solch eine praktische Erkenntnis in seinen Schriften, die zahlreiche Naturphilosophen beinhaltete, gelesen. Etwas ratlos zuckte Chares mit der Schulter. „Ehrlich gesagt bin ich damit auch überfordert. Meistens habe ich sie bisher einzeln erlebt, aber gerade in der Wüste können sie auch in kleineren Scharen vorkommen. Soweit mir das richtig bekannt ist! Vielleicht ist das auch nur Zufall, denn wenn ich recht darüber nachdenke, trifft man diese Tiere doch mehr alleine an.“ Ein wenig verlegen hüstelte Chares dann schon, aber selbst wenn er ein Naturphilosoph war und sich seit Jahrzehnten mit Tieren beschäftigte, so konnte er wahrlich nicht alles wissen. Außerdem war er mehr an der Theorie als an der Praxis interessiert. Über die Paarung von Skorpionen wusste Chares bedeutend mehr, schließlich war das ein Teil seiner Chimärenforschung. Darum warf er noch schnell ein, um eine gewisse Unkenntnis zu überdenken. „Besonders interessant ist ihre Form der Paarung. Sie führen einen Art von Tanz auf, stundenlang und sogar der Stachel kommt zum Einsatz. Sehr interessant diese Tiere...nicht wahr?“






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    Mit seinen, vom Leben, verwitterten Gesichtszügen betrachtete der Iatros die junge Frau, die auf der weichen Kline vor ihm lag. Er nickte verstehend.
    „Der Eparchos wird sich gewiss darum kümmern, dass euer Freund gerettet wird.“, versuchte er ihr Trost und Zuversicht zu spenden.
    Ein kleines Gebet und Opfer an die Götter wäre sicherlich auch hilfreich, dachte sich der Iatros, aber Urgulania sollte sich erst mal schonen, befand er. Außerdem schien ihre Anwesenheit noch an anderer Stelle gefragt zu sein. Somit würden die Götter wohl noch etwas warten müssen. Der Iatros neigte sein Kinn leicht als er die Antwort des Cleonymus vernahm und folgte ihm mit den Augen, als er den Raum verließ. Dann stand der Iatros auf und griff nach einer Decke, die aus den weichen Haaren einer jungen Ziege gesponnen und gewebt war. Er legte sie neben Urgulania, sollte es ihr frösteln.
    „Schlaft ruhig, werte Dame. Es wird euch hier niemand in den nächsten Stunden stören. Und wenn ihr erwacht, werde ich ein Mahl für euch kommen lassen. Aber trinkt noch vorher den Becher leer! Er wird euch auch einen ruhigen Schlaf bescheren.“



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    ~~ Chares ~~



    Chares schob mit seiner Fußspitze einer der Bretter noch zurecht. „Wunderbar, dann folgt mir, bitte!“ Schon wandte sich der alte Gelehrte ab und marschierte, er hatte einen etwas watschelnden Gang im Gras, durch den Garten, zurück auf das Gebäude, was ihm als Forschungsräume diente und wo der leere Käfig darauf wartete, wieder mit seinen Chimärenforschungen genutzt zu werden. Er trat in die Räume hinein, in denen das Sonnenlicht durch die großen Fenster (die all das Licht herein ließen, da die Fensterläden sperrangelweit offen standen) hinein fiel. Chares trat an eine große Kiste, die er langsam öffnete. Das Licht fiel in die Kiste und zeigte die Gliedertiere, drei in der Zahl, die sich auf einem sandigen Boden in der Kiste tummelten, wobei sie eigentlich mehr apathisch dort lagen. Mit einer flinken Bewegung packte Chares einen der Skorpione und hielt ihn direkt an seinem Schwanz. Dort wo ein großer Stachel mit einem durchscheinenden Sack war.


    Chares drehte sich zu Rufinus um und hielt den Skorpion vor ihm in die Höhe. „Bei den Barbaren..ähm...den Eingeborenen hier, also den Ägyptern, ist das Tier ebenfalls heilig. Ich glaube, sie haben für fast alle Tiere irgendeine Gottheit hier. Selket heißt die Göttin, im meiner Sprache auch Selkis genannt. Sie hält wohl bei den Ägyptern das Böse von den Toten fern.“ Der Skorpion bewegte sich ebenfalls. Die großen Scheren vorne klappten auf und zu. „Das Gefährlichste an diesem Tier ist der Giftstachel hier am Ende. Für einen erwachsenen Mann muss das Gift jedoch nicht tödlich sein. Erst mehrere Stiche hintereinander führen mit großer Wahrscheinlichkeit zum Tode. Wenn man im Sand gräbt, kann es auch passieren, dass man auf einen ganzen Schwarm dieser Tiere trifft. Und wenn man sie derart stört, dann werden sie aggressiv. Ansonsten muss man immer darauf achten, das Stiefelwerk am Morgen auszuschütteln, sie verstecken sich gerne in der Nacht in den Schuhen.“ Chares hob eine Hand und deutete auf die Scheren. „Die können auch Verletzungen hervor rufen, aber wenn man den Giftstachel abschlägt, dann sind sie kaum noch gefährlich. Nur schmerzhaft.“



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    Überfall auf römische Bürger? In der Wüste? Der Iatros schüttelte betrübt den Kopf, wunderte sich jedoch kaum. Schon seitdem er nach Alexandria gekommen war, und das war schon viele Jahrzehnte her, da war die Wüste gefährlich mit all den Ägyptern und Banditen (wobei der Iatros keine Unterscheidung zwischen den beiden Gruppen machte). Er seufzte resigniert und nahm auf einem Stuhl platz. Natürlich freute es ihn, dass Urgulania dem Pfad des Logos folgte und auf seinen Rat hörte.
    „Ein paar Stunden Schlaf. Ein ausgewogenes Mahl und ich denke, es wird die Kräfte der Dame wieder hervor holen. Dennoch sollte sie in den nächsten beiden Tagen durchaus geschont werden und sie nicht in einen Pulk von Wartenden gesteckt werden, die eine Audienz beim Eparchos erbitten möchten!“, erwiderte der Iatros an Cleonymus gewandt.
    Und die Schlange vor dem wichtigsten Mann der Provinz war auch nicht unbedeutend, das wusste der Iatros durchaus.
    „Wenn der Eparchos die Dame zu sprechen wünscht, dann möge er, so es ihm in seiner nicht unbedeutenden Mildtätigkeit und Gnade beliebt, bitte eine Sänfte für die Dame mitschicken lassen!“
    Erneut an Urgulania gerichtet, fügte der Iatros an.
    „Ich bin mir sicher, werte Iunia, dass der Eparchos deine römischen Mitbürger retten wird. Es war doch nicht Deine Familie dabei, oder?“



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    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~ und die Viperida ~~



    Geduldig wartete Chares ab, dass Rufinus die Schlange berührte und hielt dabei den Körper des Tieres gut fest, damit sie nicht doch sich befreite und gar noch den Römer biss. Abgesehen davon, dass der Gelehrte mittlerweile bereits eine ausgesprochen gute Meinung von dem Römer hatte, wäre das wohl auch das Ende von Chares' 'Karriere' am Museion gewesen. „Oh ja, die Wüste, ein wunderschöner Landstrich, aber auch nicht ungefährlich!“, bestätigte Chares und trat an die Grube heran, um die Schlange (mit dem hinteren Teil zuerst) vorsichtig in die Grube hinab zu befördern. Die Schlange zischte und kroch eilends in den schattigen Teil der Grube. Immer noch wälzten sich die Schlangenleiber ineinander, einem gordischen Knoten sehr ähnlich. Chares beugte sich vor und legte die Bretter wieder über die Grube, um sie mit Steinen zu beschweren. Er klopfte sich die Hände an seinem Gelehrtengewand sauber und richtete sich auf. „Möchtest Du vielleicht lieber die Vögel zuerst sehen oder soll ich Dir ein anderes giftiges Getier zeigen? Die Skorpione vielleicht?“




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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Der Sklave des Doros trat einen Schritt näher an den Strategos, stoisch in der Mimik seines Gesichtes, aber durchaus besorgt, ob der junge Mann nicht im nächsten Moment aus seinem Schuhwerk kippte. Darum hielt sich der dunkelhäutige Sklave bereit notfalls Nikolaos aufzufangen. Doros kümmerte das herzlich wenig, im Gegenteil, ein amüsiertes Lächeln huschte über seine Lippen, verflog jedoch gleich darauf wieder. „Die Reste? Nun gut!“, murmelte er und griff nach der Schale um mit der Sonde etwas den Inhalt zu teilen. Er deutete mit dem metallenen Rund auf etwas, was man eventuell noch grün nennen konnte, gezackt war und zur Hälfte unerkenntlich. „Das ist ein Blatt von der Pflanze! Aber als Beweis wird das Ganze hier wenig tauglich sein. Du wirst wohl auf meine Expertise vertrauen müssen...oder nicht, aber mehr Anhaltspunkte kann ich Dir nicht geben.“



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    „Sachte, sachte!“, murmelte der Iatros als die junge Frau, Urgulania, aus dem Becher trank, den er mit einer Hand stützte, damit der Becher, der Schwäche wegen, nicht aus der Hand glitt. Als sie sich verschluckte, durch das hastige trinken, zog er den Becher etwas von ihr fort.
    „Immer in kleinen Schlücken, junge Dame!“
    Verblüfft blinzelte der Iatros als er ihre Worte vernahm. Ah, eine Rhomaerin. Und langsam dämmerte es auch bei dem Iatros. Ob das die Rhomaerin war, die am Museion gearbeitet hatte. Sicherlich kannte er sie daher. Ein mildes Lächeln stieg auf seine alten Lippen.
    „Ein wenig Rast solltest Du Dir aber noch gönnen, werte Dame. Ehe Du zum Eparchos eilst. Er wird sicherlich Verständnis haben, dass Du erst zu Kräften gelangen musst.“
    Ob dem tatsächlich so war, das wusste der Iatros nicht. Er kannte den Eparchos nicht und wusste nicht um dessen Charakter. Was man hörte, war jedoch, dass er ein spendabler und sehr großzügiger Mann war mit ausgesprochen höflichen Manieren. Mehr war dem Iatros nicht bekannt und viel um Klatsch und Tratsch, was denn im Privaten des Eparchos alles passierte (und da gab es viele Erzählungen, schließlich hatte der Eparchos eine junge und hübsche Frau), gab der Iatros auch nicht.




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    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~ und die Viperida ~~



    Immer wieder schlug die Schlange mit ihrem hinteren Körperteil gegen den Arm von Chares, aber sie war gut in seinem Griff fixiert und konnte sich wenig in seinem Arm winden, so sehr sie sich auch bemühte und so sehr sie den beiden Männern mit ihrem aufgerissenen Maul auch drohte. „Wenn Du möchtest, kannst Du sie gerne mal anfassen, werter Tiberius. Sie sondert kein Gift über ihre Schuppen ab, also könnt ihr da ganz unbesorgt sein.“ Dann nickte er als er einen Moment über die Frage von Rufinus nachdachte. „Ein Paradoxon scheint das zu sein, da gebe ich Dir Recht, werter Tiberius. Aber das Gift beschränkt sich auf diese weichen Zähne der Schlange hier vorne. Meine Vermutung geht dahin, dass sie es wahrscheinlich, ähnlich wie wir Menschen den Schleim, in ihrem Gehirn bildet. Wobei sich die Frage stellt, welchen Säften man das Gift zuordnen kann. Die Wirkung ist hitzig, bringt es doch das Blut in Wallung und würde somit meiner These widersprechen. Womöglich ist jedoch die Grundsubstanz des Tieres in seinem Gehirn dem Menschen zu unähnlich. Aber da bin ich auf übefragt, ich bin kein Iatros, sondern ein Tierforscher. Aber ich habe mich schon länger darüber mit einem der Ärzte hier unterhalten, dieses Rätsel haben wir jedoch noch nicht gelöst.“


    Chares erinnerte sich gut an diese Diskussion, nur zu schade, dass sie der Wahrheit nur wenige Schritte entgegen geeilt waren und der Arzt mittlweile tot war. Chares seufzte leise. „Somit verteilt sich das Gift wenig, eigentlich gar nicht in seinem Körper. Wenn man sogar diese Zähne hier entfernt, dann ist das Tier harmlos. Bis ihm die Zähne wieder nachwachsen. Erstaunliches Getier sind diese Schlangen. Nicht umsonst sind sie in meiner Heimat, Achaia, heilige Tiere und bringen uns Glück.“




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    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Kalt richteten sich die Augen von Doros auf den Strategos, der überhebliche Ausdruck kehrte auf sein Gesicht zurück. Ein Funken von Interesse zeigte sich in den Augen des Iatros als er Nikolaos musterte und den Wechsel seiner Gesichtsfarbe, die Haltung und das schnellere Atmen, zudem das leichte Zittern der Hände beobachtete. Zwei Augenbrauen, die von Doros, zuckten einen Moment bei der Anweisung des Nikolaos. Er wandte seine Augen von der Jünglingsstatur des Nikolaos ab und richtete sie stattdessen auf die Masse in der Schale. „Im Grunde ist es nicht sehr aussagekräftig. Nur, dass der Epistates vor seinem Tod noch gut gespeist hat. Fleisch, sehr viel Fleisch und ähnliche deftige Sachen. Ob er währenddessen oder danach vergiftet wurde, konnte ich aber weniger erkennen.“ Doros ergriff die Schüssel wieder und stellte sie auf den Tisch neben den Leichnam. „Ein paar Reste eines möglichen Giftes habe ich durchaus gefunden. Eisenhut.“, griff Doros das Gesagte von dem Anfang ihrer Untersuchung auf.




    Ein ängstlicher und besorgter Ausdruck lag auf den Zügen des dicken Lysander, schon alleine der Name des Genannten konnte ihn zum Erzittern bringen. Selbst wenn dieser sein bester Kund war und ein Teil seines Vermögens auf dem (womöglich mit Blut behafteten) Geld des Kriton beruhte. Nervös und hüstelnd lächelte Lysander bei der Danksagung und nickte fahrig. „Stets zu Diensten, werter Kleios. Für die Stadt und das Gesetz. Aber dennoch wäre ich sehr dankbar, wenn mein Name aus der ganzen Angelegenheit heraus gelassen wird. Ja?“ Lysanders schmieriges Lächeln schien für den Moment etwas gemindert zu sein. „Einen schönen Tag und mögen die Götter über uns alle wachen!“ Lysander erhob sich und klatschte in die Hände. Der junge Sklave erschien, der ihnen den Wein eingeschenkt hatte. „Führen den werten Herrn hinaus!“ Lysander wandte sich um, neigte noch einmal kriecherisch ergeben den Kopf und verschwand hinter einem Vorhang. Schüchtern und mit ängstlicher Miene führte der Sklavenjunge den Mann der Wache durch den Laden wieder hinaus und in die strahlende Sonne, die mit ihrem Licht die Stadt Alexandria küsste.





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    Der Iatros sah kurz auf, als Cleonymus den Jungen nach seinem Befinden fragte, aber zuerst lag die Priorität des Arztes bei der bewusstlosen Frau, die vor ihm auf der Kline lag. Er griff in die Wasserschüssel und ließ einige Tropfen auf das Gesicht von Urgulania träufeln, um sie langsam wieder in die diesseitige Welt zurück zu holen, fern von Morpheus oder noch tieferen Gefilden.
    Tatsächlich flatterten ihre Augenlider und so gleich öffnete sie ihre Augen. Der Iatros beugte sich über sie, so dass sie sein altes und vom Leben gezeichnetes Gesicht zuerst zu sehen bekam.
    „Khaire!“, grüßte er die Römerin freundlich, atürlich auf Griechisch.„Ihr seid in Sicherheit, junge Frau. Macht euch mal keine Sorgen mehr.“
    Der Iatros winkte einen Sklaven heran. „Wasser, mit einem Achtel Wein und einem viertel Drachmen von den Tropfen aus dem schwarzen Krug!“
    Der Sklave eilte davon, um seinem Herrn zu gehorchen.
    „Ihr seid am Museion und im Haus der Ärzte, junge Dame!“, beantwortete der Iatros die Frage. Schon kam der Sklave zurück mit einem tönernen Becher.
    „Kommt, ihr müsst ein wenig davon trinken.“




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    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~ und die Viperida ~~



    Äußerst geschickt für einen etwas zerstreut wirkenden Gelehrten begann Chares die Schlange aus der Grube zu holen, nachdem er mit einem dankbaren Nicken das Vorhaben, Euryale in Sicherheit zu bringen, begrüßte. So konnte er sich um die Schlange kümmern. Dafür nutzte er einen zweiten Stock mit einer Hanfschlinge vorne, die er über den Kopf der Schlange schob und mit dem Stock dann fest zog. So gefangen hob er die Schlange aus der Grube heraus. Weniger als zwei Ellen war die Schlange lang, gerade mal ein Gradus von der Länge. Ihr mit Schuppen belegter Körper versuchte sich frei zu winden, doch sie hatte keinen Erfolg. Chares hob sie hoch und griff mit seiner Hand direkt hinter den Schlangenkopf. Die Schlange riss sofort ihr Maul auf. Einem Schlund glich die Höhle, die tiefer in den Körper der Schlange führte. Oben und unten hatte sie weiche Verdickungen, aber scheinbar keine Zähne. Vorsichtig entfernte Chares die Schlaufe und legte die Stange zur Seite, dann um griff Chares mit der anderen Hand den hinteren Schlangenkörper, um ihn unter seinen Arm zu klemmen. Somit hatte er erneut eine Hand frei, konnte jedoch die Schlange fest in seinem Griff halten.


    Immer noch stand das Maul das Schlange weit offen als ob sie nach einem Opfer suchte, in dem sie ihr Gift stoßen konnte. Chares deutete auf die weichen Höcker. „Hier haben sie ihre Giftzähne. Man sieht es nicht gleich...hier der etwas dunklere und festere Teil...da kommt das Gift hervor, das einen Menschen, einen ausgewachsenen Mann töten kann.“ Mit der freien Hand begann Chares den Kiefer der Schlange noch etwas weiter aufzudrücken. Ein einziger Tropfen perlte an dem Giftzahn der Schlange. „Schlangen können sehr gefährlich werden. Aber ihr Fleisch ist sehr köstlich wiederum. Solltet ihr mal in Not in der Wüste geraten...das Fleisch dieser Schlange ist durchaus genießbar!“



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    Allen Regeln der ärztlichen Kunst folgte der Iatros, der erstmal die Betrachtung vornahm, anschließend mit der Hand an die Stirn der Römerin fasste, ihren Hals betastete, sich nach vorne beugte und ihrem Atem lauschte, sie sanft an der Schulter griff und sachte rüttelte, um den Säften in ihrem Körper zu lauschen, dann nahm er ihr Handgelenk und befühlte ihren Puls für einige Zeit, aus dem er am Meisten Informationen heraus ziehen konnte. „Hm!“, murmelte er. „Hm!“ Noch einmal befühlte er ihre Stirn und hob die Augenlider von Urgulania.
    „Aha!“, tat der Iatros und erneut. „Hm!“
    „Eine Wasserschüssel und ein Tuch!“, forderte er den jungen Sklaven, der ihm still und dezent gefolgt war, auf.
    „Eine Dysharmonie der Säfte. Zu wenig an Sanguis, zu wenig Phlegma, zu viel Cholera. Viel zu viel Cholera.“
    Der Iatros nickte (sich selber bestätigend).
    „Da kann ich wenig machen, solange sie bewusstlos ist!“ Der Sklave trug eine Schüssel heran und der Iatros tauchte das Tuch in das Wasser, rang es aus und legte es auf die Stirn von Urgulania. „Sie scheint zu lange der Sonne ausgesetzt gewesen zu sein. Frauen...dabei sind sie doch von Natur aus eher dem kalten und feuchten Element zugetan.“ Der Iatros betrachtete Urgulania und tätschelte vorsichtig ihre Wange. „Khaire...Khaire...kannst Du mich hören?“