Beiträge von Prosekon tou Mouseiou

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Von den Innereien des Leichnams sah Doros auf und musterte prüfend das Gesicht des jungen Strategos. Ein süffisantes Lächeln trat auf die Züge des Iatros, die gewohnte Selbstsicherheit des Arztes und Draufgängers kehrte langsam zurück, nun, wo sie sich wieder auf einem Feld bewegten, was ihm mehr als vertraut war. Der menschliche Corpus (die Ars corporem). Er schob die Gedärme mit seiner Sonde zur Seite und ignorierte erst mal die Antwort von Nikolaos. „Der menschliche Körper ist schon ein Wunder der Götter. Ein Mysterium, das es noch zu ergründen gilt. Wusstest Du, dass große Forschungen hier an diesem Ort getätigt wurden, vor nicht all zu langer Zeit? Vielleicht ist Dir der Name Herophilos ein Begriff...?“ Vor nicht all zu langer Zeit war dementsprechend etwas fragwürdig, wenn man vierhundert Jahre als eine kurze Zeitspanne bezeichnen wollte. „Er hat großartiges geleistet. Hier...siehst Du diesen Teil des Schlauches, durch den der Nahrungsbrei geht, aus dem Blut und Galle gebildet werden? Herophilos hat ihn schon benannt...Duodenum...und er glaubt zudem an die Unterschiede gewisser Stränge im Körper, weiche und harte Gefäße...und was er über das Auge geschrieben hat oder das Gehirn, wo der Schleim gebildet wird.“ Doros geriet schon ins Schwärmen, wusste aber, dass auf einen Laien solche Erkenntnisse mehr abschreckend oder langweilig wirkten. So ließ Doros die Sonde herunter sinken und sah zu dem Sklaven. „Reiche mir die Schale aus der Kammer!“ Der Sklave neigte den Kopf und eilte davon. „Einst waren die Zeiten anders am Museion. Herophilos hat an Menschen seine Forschungen betrieben. Manche behaupten sogar, an Sklaven, die noch lebten, um so die Wahrheit ans Licht zu bringen. Es ist bedauerlich, dass wir in die barbarischen Zeiten zurück gekehrt sind, in denen die Wahrheitsliebe dem Aberglauben weichen mussten“ Der Sklave kehrte zurück und reichte Doros eine Schale aus Blei und Silber, die Doros gleich an Nikolaos weiter reichte. Ein undefinierbarer Brei, der widerlich säuerlich stank, lag in der Schale.



    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif] [Blockierte Grafik: http://img469.imageshack.us/img469/237/euryale2ru9.jpg]
    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~



    Außerordentlich wohl schien sich der Affe bei Rufinus zu fühlen. Euryale thronte auf den Armen des römischen Soldaten und schwenkte den Kopf hin und her, während sich die Hände und Füße in den Stoff der Kleidung hinein gruben, damit der Affe Halt fand. Leise Laute des Wohlgefallens entschlüpften Euryale und sanft wie ein Lamm ließ sie sich durch den Garten tragen und störte sich nicht im Geringsten an der Betrübnis des Gelehrten, der mit einem resignierten Ausdruck den Kopf schüttelte. „Ach, eigentlich gibt es die Hyänen durchaus nicht selten in Ägypten, aber mir fehlen die Mittel, Männer dafür anzuheuern und der Epistates...also der tote Epistates hat sie mir nie bewilligt. Meine Forschungen gelten als sinnlos, da ich keine...ähm...vorzeigbaren Ergebnisse präsentieren kann, aber ich bin schon nahe an einem Durchbruch...es fehlt nicht mehr viel und ich habe die erste Chimäre gezüchtet, von Menschenhand geschaffen natürlich!“ Begeistert leuchteten Chares Augen, ungetrübt von dem Wissen, daß er eigentlich schon seit einer Dekade vor dem Durchbruch stand, jeden Tag glaubte, der Nächste würde diesen endlich bringen. Aber Chares würde wohl bis zum Ende seines Lebens nicht aufhören mit seiner Forschung.


    Während Chares auf die Schlangen herab sah, die sich in der Grube wandten, ihre Schlangenkörper ineinander verdrehten zu einem gordischen Knoten, um immer mal wieder ihren Kopf drohend nach oben zu stoßen, antwortete er: „Ganz genau ist mir der Mechanismus nicht bekannt. Aber so manche Forschungen gehen dahin gehend, daß sowohl sie als Männchen oder Weibchen dienen können. Vielleicht kämpfen sie es vorher aus und der Stärkste mit den kräftigeren Säften wird dann zum Männchen. Dahin gehend gibt es einige Vermutungen.“ Chares griff nach einem Stock, der vorne gespalten war und hielt ihn über der Grube.


    „Ja, es sind einige Arten davon giftig...“, murmelte er und stieß mit den Stock in die Grube. Zwischen der Astgabel blieb ein Schlangenkörper, den er etwas von den Anderen weg zog. Die Schlange zischte und versuchte sich vom Stock weg zu winden. Ohne Erfolge. „Es gibt weit über vierzig verschiedene Arten in Ägypten. Natürlich sind davon nicht alle giftig...aber die hier schon.“ Hell war der Leib der Schlange, Sandfarben und mit braunen Musterungen an den Schuppen. „Die Viperida. Sie gräbt sich tagsüber in den Sand ein, eine tückische Schlange. Ihr müsst euch davor in Acht nehmen, wenn ihr euch in der Wüste ein Lager graben wollt, dann könnt ihr leicht auf die Schlange stoßen. Sie ist sehr gefährlich. Wollt ihr sie mal näher sehen?“




    [Blockierte Grafik: http://img205.imageshack.us/img205/4154/iatrosts9.jpg]


    Der erst beste Iatros, den Cleonymus in dem Haus der Ärzte fand, war ein älterer Herr, der seinen Chiton über der linken Schulter trug, die rechte Schulter unbedeckt, wie in alter Tradition und sich auf einem Gehstock stütze, der aus Elfenbein und Zedernholz gefertigt war. Ansonsten trug jener Mann, dessen weißer Chiton mehr schlicht war, keine Zierde und Schmuck. Seine weißen, etwas wirren Augenbrauen zogen sich zusammen als er den schwer atmenden Mann der Wache vor sich sah.
    „Khaire erstmal.“
    Der Arzt spähte hinter Cleonymus, um den Jungen zu erspähen.
    „Folgt mir!“, wies er ihn an und führte die Gruppe in einer der anliegenden Behandlungszimmer.
    „Legt sie auf die Kline dort!“ Der Iatros trat ebenfalls zu der Kline und suchte schon einzuschätzen, was für Verletzungen oder Leiden die Frau vor ihm erlitten hatte. Dabei musterte er sie prüfend. Sie kam ihm doch irgendwo her bekannt vor.




    Die Sorge stand dem Schneider jedoch ins Gesicht geschrieben, etwas Schweiß perlte auf seiner Stirn entlang und verwischte die Schminke, die der Mann dick aufgetragen hatte (oder mehr ein Sklave). Lysander erhob sich mit einem Ächzen aus dem Stuhl (er hatte schließlich ordentlich an Gewichtsmasse hoch zu hieven) und trat zu einer silbernen Schale, in der zwei Kohlestücke glommen. Er griff in einen Beutel und warf ein paar schwarze Krümel in die Schale und über die glühende Kohle, kleine Rauchfahnen stiegen in den Himmel und zogen mit einem würzigen Duft in die Nase. Lysander spitzte seine breiten Lippen und wandte sich dann wieder dem Mann der Wache zu. Zur Sorge mischte sich ein Funke von Misstrauen, ein wenig Zweifel, was Lysander wohl jetzt tun sollte und erneut sah er auf das Stück Stoff hinunter. Nach einem längeren Moment des Schweigen rang sich Lysander schließlich durch. „Mir ist der Stoff wohl bekannt, ich hatte einen ganzen Ballen davon von einem Händler erworben, der selber mit dem Schiff in das Reich von Pandya gesegelt ist!“ Lysander drehte den Stoff hin und her, ziemlich nahe der Kohleschale, ganz als ob er womöglich den Impuls verspüren würde, den Stoff dort drinnen zu verbrennen, doch er machte einen Schritt auf Kleios zu und reichte ihm die Seide zurück. „Ich habe den gesamten Ballen in Kleider vernäht und an Kriton Krateidos verkauft!“


    Jetzt war es heraus! Bedeutungsvoll sah er Kleios an, aber er zweifelte nicht daran, daß er Kriton Krateidos nicht kennen würde, der der Familie der Krateiden angehörte. Selbst wenn er nicht derart politisch engagiert war wie seine Familie, so war er nicht minder einflussreich, den man zählte ihn zu den reichsten Männern Alexandrias, und so manch ein Geschäft von Kriton wurde im Schatten der Gassen, der Dunkelheit der Nacht und mit unkoscheren Mitteln (wie die Hebräer sagen würden) gemacht. Aber bislang konnte man Kriton nichts nachweisen und selbst wenn es mal eine Spur gegeben hatte in der Vergangenheit, so hatte doch die Wache bis dato eher darauf verzichtet gegen Kriton vorzugehen, unter den Vorgängern von Nikolaos. Womöglich hatte Kriton die Wache auch gut bestochen bis anhin. Lysander ließ sich in den Sessel fallen und seufzte. „Ich glaube kaum, daß es ihn stört, wenn sein Gewand Schaden genommen hat. Er zählt zu meinen besten Kunden.“




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif] [Blockierte Grafik: http://img469.imageshack.us/img469/237/euryale2ru9.jpg]
    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~



    Große kluge, schwarze Augen sahen Rufinus an als er vorsichtig nach der Heuschrecke griff, samtweich war das Fell an der Hand des Affens, der, einem Menschen ähnlich, das Insekt gehalten hatte und nun bereitwillig mit Rufinus teilte. Chares lächelte milde als er sah, daß der Römer sich auf das Tier einließ (Chares liebte Tiere über alles und Menschen, die ähnliche Freundlichkeit für Tiere hegten, waren ihm besonders sympathisch. Aber trotz aller Tierliebe, es hinderte Chares nicht an seiner Chimärenforschung). Er lächelte immer noch als Rufinus das Insekt entgegen nahm, doch das Lächeln schwand und tauschte mit einem überaus verblüfften Ausdruck als er sah, daß der Tiberier das Tier verspeiste, das Krachen des Panzers zwischen Zähnen konnte selbst Chares noch hören. Sicherlich, in manchen Gegenden aß man durchaus die Insekten, selbst Chares hatte sie schon probiert, aber roh und mit Panzer? 8o :] Chares war beeindruckt davon, denn er selber hätte das nicht über sich gebracht. Aber Rufinus hatte tatsächlich nun ein Stein im Brett bei dem Affen, der flink von der Schulter des Gelehrten herunter kletterte, und über das Gras auf Rufinus zu kam und seine Ärmchen dem Römer entgegen streckte. Es mutete schon wie bei einem Kind an, das hoch gehoben werden wollte. „Ich glaube ja...“, erwiderte Chares verdattert. „Aber natürlich können wir das!“


    Chares kratzte sich am Bart und drehte sich herum, ein wenig aus dem Konzept gebracht. Was wollte er noch mal zeigen? Ah ja, die Grube. Chares schritt an dem Becken mit den Krokodilen weiter, vorbei an einem hohen Oleanderbusch, der des warmen Klimas wegen noch in Blüte stand und seine rosé farbenen Blütenkelche sanft im Wind hin und her schwenken ließ. „Ich würde euch zu gerne eine Hyäne zeigen. Ein äußerst faszinierendes Tier. Sie haben deutlich längere Vorderbeine, sehen ein wenig aus wie eine Mischung aus großen Hunden und Katzen und es sind Aasfresser, sie treten meist in Rudeln auf. Aber das faszinierendste an ihnen ist...“ Chares sah bedeutungsvoll zu Rufinus, mit einem begeisterten Glitzern in den Augen. „...sie sind zweigeschlechtlich. Wie in der Geschichte des Platon...ich meine, kennt ihr das Gastmahl? Dort erzählt einer der Gäste die Geschichte, vom Anfang der Menschheit, als die Menschen noch vier Beine und zwei Köpfe hatten. So ähnlich ist das bei den Hyänen. Sie sind Männlich und Weiblich zugleich. Ich untersuche sie schon länger und sie sind für meine Forschung auch äußerst eminent...also...ähm...die Chimärenforschung.“ Chares stockte kurz und sah Rufinus prüfend an. „Aber leider ist mir meine letzte Hyäne vor zwei Jahren gestorben.“ Bedauernd zuckte Chares mit der Schulter. Dass seine Forschung deswegen stockte, lag natürlich auf der Hand. Nur hatte das der Epistates nie einsehen wollen.


    Am Rande von einer steinernen Terrasse blieb Chares stehen, einige grobe Bretter lagen über dem Stein. Chares ging darauf zu und schob ein Brett etwas zur Seite. Sonnenlicht fiel durch den Spalt und in die Grube hinein. Trockene Schuppen rieben sich, Zungen zischelten durch die warme Luft. Mehr als ein Dutzend Schlangen krochen über den Boden als das Licht über sie fiel. Eine Schlange richtete sich auf und zischte mit ihrer zwei geteilten Zunge nach oben. „Schlangen! Davon werdet ihr einige Arten hier in Ägypten finden!“


    Es fiel Lysander durchaus auf, dass sich der Mann der Wache nicht aus seine banale Konversation einlassen wollte, darin war Lysander zwar geübt, schließlich erwarteten die Kunden das sogar von ihm, aber er passte sich stets seinen Besuchern an, selbst wenn sie gar nichts zu kaufen gedachten. Aber auch in diesem Gespräch sah der dicke Lysander ein Geschäft. Er half der Wache, sie ließen ihn in Ruhe seine Geschäfte tätigen, somit zogen beide einen Nutzen aus dieser Begegnung. Lysanders öliges Lächeln war weiterhin auf seinem runden Gesicht zu sehen, das einen breites Doppelkinn aufwies. Seine Augen verfolgten die Bewegungen von Kleios und zu dem Stoffstück. „Hm?“, murmelte Lysander und streckte die Hand aus. „Darf ich?“, fragte er in einem schmierig, anbiedernden Tonfall ehe er das Stück Stoff nahm und genauer betrachtete. Er ließ seine Wurstfinger über die Stickereien fahren, betrachtete die Farbe des Stoffes im Licht. „Ja, das sind meine Stickereien. Das kann nur von hier kommen. Seide...“ Er betrachtete den Stoff nachdenklich, wölbte dabei seine Unterlippe etwas nach vorne, seine Knollennase zuckte ein Mal, dann blinzelte er und riß die Augen auf als das Erkennen durch sein Geist huschte. „Ich...ja...natürlich...“ Er verstummte und sah auf. „Ich...das ist etwas brisant...liegt denn etwas gegen den Mann vor...ich meine eher, werdet ihr ihm auch nicht sagen, dass ihr es von mir wisst?“ Nackte Angst stand in dem Gesicht von Lysander geschrieben, als er die Frage an den Mann von der Stadtwache stellte.




    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
    ~~ Doros von Pelusium ~~


    Ein Schnauben war von Doros zu hören. „Natürlich bin ich begierig darauf, die Wolken der Unwissenheit zu vertreiben und das Licht des Wissens auf die Welt zu bringen. Warum sollte ich mich von der Ignoranz ungebildeter Menschen aufhalten lassen, wenn es doch um größere und bedeutende Dinge geht.“ Doros ging langsam um den Tisch herum, um auf der gegenüberliegenden Seite von Nikolaos stehen zu bleiben. Er hob eine Hand, was der dunkelhäutige Sklave, mit dem wachen und klugen Blick, sofort verstand und ihm ein Instrumentarium reichte. Einem metallenen Stab, der am oberen Ende etwas verdickt war, damit hob Doros einen der Hautlappen an, die durch die Schnitte gebildet worden waren, um Einsicht in das Innere des Toten zu gewähren. Er schob die Haut zurück, die Fettschicht und offenbarte darunter die Gedärme des Tychios, die an dem Gekröse im Inneren befestigt waren und sich in vielen Schlingen in dem Bauchraum hindurch zogen. Tatsächlich wurde der Geruch und die Ausdünstungen aus dem Bauch stärker, Doros hob den Blick und musterte den Strategos mit einer genüßlichen Neugier und Häme, war dann etwas enttäuscht, kein entsetzten Blick bei dem anderen jungen Mann zu entdecken. „Natürlich, den größten Nutzen. Danach strebe ich stets!“, gab Doros zur Antwort, lächelte dünn und kühl. „In der Tat, ich habe das Brustbein in der Mitte gebrochen, um die Organe unter dem Rippenbogen zu betrachten. Aber um mir auch besser Leber und Milz ansehen zu können. Den Magen habe ich ebenfalls geöffnet...“ Doros wanderte mit der 'Sonde' am Körper nach oben, ließ sich etwas wie eine Zange reichen und hob die Haut unter dem Rippenbogen an, an der Stelle, wo sich das Kreuz der beiden großen Schnitte traf. Der Processus xiphoideus, der untere Teil des Sternums, wurde sichtbar, und gleich darunter der Magen, der einem Wasserschlauch nicht unähnlich war (kein Wunder, machte man solche Schläuche doch gerne aus den Mägen). Ein großer Schnitt prangte in dem muskulären Hohlorgan. „Teile seines Mageninhaltes habe ich in einer Schüssel. Möchtest Du sie sehen?“




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif] [Blockierte Grafik: http://img469.imageshack.us/img469/237/euryale2ru9.jpg]
    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~



    Chares war ein Gelehrter, war es schon seit jungen Jahren, als er das erste Mal einen Fuß in das Museion setzte und er verließ das Heiligtum von Wissen und der Künste selten, darum waren ihm die normalen Menschen und ihr Wissen nicht sonderlich geläufig, außer jenen Menschen, die ab und an in das Museion herein schneiten, die sich mit Chares unterhielten und somit seinen Horizont über die Welt ein wenig erweiterten. So wie Rufinus es selber gerade tat. Von seinem kleinen Affen unterbrochen drehte Chares den Kopf etwas zur Seite und betrachtete den ausgestreckten Arm mit der Heuschrecke. Verblüfft blinzelte Chares und ein feines Lächeln zeigte sich unter dem Bart von Chares. „Sie scheint euch zu mögen, meine kleine Euryale!“, gab Chares als Antwort. „Darauf könnt ihr euch etwas einbilden, werter Tiberius, denn Euryale mag nicht jeden. Ich glaube...“ Er deutete mit seinem Kinn auf die Heuschrecke. „Sie möchte euch die Heuschrecke als Geschenk anbieten!“ Tatsächlich hielt sich Euryale an dem Gewand mit einer Hand fest, ebenso mit ihren Füßen, beugte sich aber noch weiter vor und hielt das Tier, dessen Heuschreckenbeine noch etwas zuckten, näher an Rufinus.



    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif] [Blockierte Grafik: http://img469.imageshack.us/img469/237/euryale2ru9.jpg]
    ~~ Chares ~~ und ~~ Euryale ~~



    „Welches Tier?“ Chares sah sich nach links und rechts um, spähte hinab zu den Krokodilen und dann wieder zu Rufinus. Rätselnd, welches Tier der Römer wohl entdeckt hatte, denn Chares hatte die Schildkröte nicht gesehen, war er doch damit beschäftigt, etwas über die Krokodile zu erzählen. Einen Moment fragte sich der ältere Mann, ob sich der Römer über ihn lustig machte, als schon der Kopf der Schildkröte auftauchte und ihr Körper, durch die Bewegungen ihrer scheinbar plumpen Füße, an den Rand des Beckens trieb. Chares blinzelte und deutete auf die Kröte. „Meint Ihr gar die?“ Chares hoffte, das dem so war, aber ganz sicher schien sich der alte Mann nicht zu sein. „Ähm...das ist eine Chelone.“ In dem Moment sprang der Affe von seiner Schulter und auf den Rasen hinunter und fing an in dem Gras etwas zu suchen, was er sich gleich in den Mund steckte. Womöglich Insekten. „Womöglich kennt Ihr die Legende von der Jungfrau, die Hermes zu einem Tier verwandelte. Genau in jenes Wesen hat er sie gewandelt. Es war die Strafe dafür, dass sie bei Zeus und Heras Vermählung zu Hause blieb. Seit jenem Tag muss sie ihr Haus immer mit sich tragen.“ Der Affe ergriff das Gewand von Chares und kletterte an dem Gelehrten hoch, als ob er ein wandelnder Baum wäre. „Die Wesen könne ihre Beine und Kopf in ihren Panzer zurück ziehen und sind dadurch vor Angriffen gut geschützt. In meiner Heimat sind sie eine Delikatesse. Es gibt die Chelone sowohl zu Land als auch zu Wasser. Sogar in der Wüste kommen diese Wesen vor. Besonders die Landschildkröten gibt es hier in der Küstennähe. Die da...“ Er deutete auf die Kröte. „Hat mir ein befreundeter Historiker von einer seiner Reisen mitgebracht.“ Nachdenklich wandte sich Chares an Rufinus. "Gibt es nicht eine Formation die von diesem Tier her stammt...ich meine, bei den römischen Soldaten? Die Testudo?" In dem Moment streckte der Affe sein kleines Pfötchen aus und in Richtung von Rufinus. In seiner Hand und Rufinus darbietend hielt er eine Heuschrecke, deren Panzer gelb in der Sonne glänzte. Treuherzig und aufmerksam sah der Affe den Römer an.




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif]
    ~~ Chares ~~



    Die Sonne spiegelte sich auf dem grünen Tümpel wieder, der moosig verfärbten Wasseroberfläche. Eine Wasserschildkröte streckte ihren Kopf aus dem Wasser, spähte in das Sonnenlicht, um gleich darauf unter Wasser mitsamt ihres Panzers und Körpers zu entschwinden. Auch dem einen Krokodilos wurde es offensichtlich zu heiß in der Sonne. Eine abrupte Bewegung und das Getier glitt erstaunlich geschmeidig in das gerade vier Meter breite Wasserbecken und tauchte wie schon die Schildkröte unter. Sein Artgenosse störte sich nicht daran, sondern genoß weiter das Sonnenbad, selbst wenn es das lange Maul ein wenig öffnete, um stärker zu atmen. Viele spitze Zähne, die sich tief in Fleisch bohren konnten, waren in dem Maul zu sehen. Chares sah zu Rufinus und runzelte einen Moment die Stirn, nachdenklich, bei der Frage. „Nun, manchmal erfasst das Krokodil ein Opfer, was man ihm nicht unbedingt überlassen möchte. Einen Menschen zum Beispiel. Dann wiederum gibt es Menschen, die wollen solche Tiere konservieren und als Trophäe aufbewahren.“, gab Chares ruhig und mit stetig freundlicher Stimme von sich. Die Tierwelt war sein Element, darum war er darin nicht so schüchtern wie bei zwischenmenschlichen Angelegenheiten. „Das Leder dieser Tiere ist vorzüglich geschmeidig und ihr Fleisch soll auch sehr köstlich sein.“ So viel zu heiligem Tier für Chares, aber er teilte die Abneigung vieler Hellenen für die Eingeborenen dieses Landes.




    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
    ~~ Doros von Pelusium ~~



    „Ein Frevel...absurd...[SIZE=7]absurd[/SIZE]...“, murmelte Doros abweisend und verschränkte die Arme vor der Brust, immer noch weiß im Gesicht und mit einem Flackern in den Augen, die sonst doch so selbstsicher wirkten, fast sogar ein wenig überheblich. Aber die Arroganz und das selbstgefällige Gehabe, was manche bei Doros zu entdecken glaubten, war gänzlich verschwunden, auch die launischen Worte, die er sonst immer einwerfen konnten, kamen ihm nicht mehr in den Sinn. Doros presste die Lippen aufeinander und sog die Luft tief durch seine Nase. Widerwillen verspürte der Arzt gegenüber der Offenbarung seines Tuns, aber ganz offensichtlich hatte er keine Wahl. „Ich bin Iatros. Das gehört nun mal zu meiner Profession. Und an Schweinen zu arbeiten, das reicht mir einfach nicht.“ Gab Doros mit einer kühlen Stimme, in der ein wenig Sorge mit schwang, als Antwort. „Zudem habe ich dadurch sehr viel besser erkennen können, warum der Epistates gestorben ist. Schließlich bin ich kein Hellseher und von den Lippen kann ich auch nicht die Gifte erriechen.“ Doros drehte sich um und trat zu dem Leichnahm, griff vorsichtig an das Leinentuch, was den Korpos verdeckte. „Ich habe ihn noch nicht zugenäht, das hatte ich noch vor.“ Er schlug mit einem Ruck das Tuch zur Seite. Zwei große Schnitte zierten den alten und welken Körper des Epistates. Einmal vom Sternum bis unter dem Bauchnabel und dann noch unterhalb der Rippenbögen. Seltsam deformiert sahen auch die Rippen aus, als ob jemand versucht hatte sie zur Seite zu drücken, womöglich es auch getan hatte. „Willst Du in sein Inneres sehen?“ Die Kälte schlich sich nun auch in die Augen des Arztes und er sah den jungen Strategos fast heraus fordernd an.





    Ein paar Mal klatschte der dicke Lysander in seine Hände, wobei zwei dicke goldene Ringe an seinen Wurstfingern auffielen. Ein Sklavenjunge trat durch einen Vorhang an der Wand und hatte die Augen devot auf den Boden gesenkt, wagte es nicht, seinen Herrn direkt anzublicken. „Dattelwein für den Herrn, verdünnt!“ Der Junge neigte ergeben (oder mehr ängstlich und eingeschüchtert?) mit dem Kopf und verschwand wieder, um wenige Momente später mit einer Karaffe aus Ton und einem Tränenförmigen Becher zurück zu kehren. Er goß dem Mann der Wache ein und reichte ihm, immer noch nicht vom Boden aufsehend, den süßen Wein, der mit dem Wasser aus den zahlreichen Zisternen der Stadt verdünnt war. Lysander lächelte die ganze Zeit unergründlich, anbiedernd und aalglatt und wartete, bis der Sklavenjunge aus dem Raume entschwunden war. „Ein heißer Tag, nicht wahr? Da ist die Arbeit für einen ehrenwerten Mann der Stadtwache wohl besonders anstrengend, oder?“ Lysander legte sie Hände zusammen. „Aber was kann ich denn für Dich tun, werter Kleios? Es erstaunt mich doch, dass ein einfacher Schneider, wie ich, der Stadtwache behilflich sein könnte!“ Dieses unsympathische Lächeln schwand nicht vom Gesicht des Lysanders, während seine Augen neugierig aufblitzten.




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif]
    ~~ Chares ~~



    Der Löwe war eindeutig nicht von den Menschen fasziniert, geschweige denn, dass er sich für ihr Gespräch interessierte, denn in dem Augenblick ließ er den Knochen auf den Boden fallen und begann sich auf dem sandigen Boden zu wälzen und streckte dabei seinen helleren Bauch in die Höhe, alle Viere in die selbe Richtung und ließ ein leises, wohliges Knurren aus seiner Kehle entrinnen, was schon, trotz der 'Sanftheit' seines Wohlbefindens wegen, grollend klang. Chares betrachtete den Löwen einen Moment, dann lächelte er dünn. „Oh, wenn Du es möchtest, kannst Du Dir später noch die Tiere in aller Ruhe anschauen. Solange Du sie nicht fütterst und versuchst zu streicheln, was bei dem Tier hier wohl auf dasselbe heraus kommen würde.“ Chares lächelte etwas breiter, das war wohl der 'Humor' eines Gelehrten, der auch gleich darauf weiter schritt im Garten. Etwas raschelte im Gebüsch und plötzlich schlang sich ein Tier aus dem Geäst, landete auf dem Boden um gleich darauf an dem Gewand von Chares hoch zu klettern und sich auf seine Schulter zu setzen. Ein Wesen, das noch nicht mal eine Elle groß war, ein Menschen ähnliches Gesicht hatte und große, dunkle, sehr kluge Augen, die aufmerksam Rufinus betrachteten. „Oh!“, gab Chares von sich und hob die Hand, um dem kleinen Affen den Nacken zu kraulen, was sich das Tier sehr gerne gefallen ließ. „Das ist Euryale! Sie ist ein Affe. Diese Tiere sind Meister der Kletterkunst. Sie wirst Du in Ägypten nicht finden. Sie kommt von weiter her.“ Der Affe klammerte sich an den Stoff von Chares Kleidung als dieser einige Schritter weiter ging. „Viele Tiere kann man von Geschlecht her nicht unterscheiden, Vögel nicht, die Insekten, Schlangen, Fische, manche Tiere haben sogar zwei Geschlechter, wie die Hyänen, manch einer sagt sogar, es gibt nur die Wilden, sie sind Männlich, und die Domestizierten sind die Weibchen. Dann wiederum kann man die Tiere auch noch anders einteilen. Die, die Lebend gebären, die die Eier legen, die die mit der Lunge atmen und die es nicht tun. Die, die Blutleer sind und die es nicht sind, wie wir Menschen! Nur in der Eidos verschieden.*“ Chares kraulte abwesend das Tier auf seiner Schulter. „Aber das wäre für heute wohl etwas zu viel an Naturphilosophie, denke ich. Ich belasse es lieber dabei, Euch die Tiere vorzustellen und einige ihrer Eigenheiten zu nennen.“


    Gemächlich schlenderte Chares weiter im Garten und strebte etwas weiter nach hinten. „Krokodilos! Bei den Ägyptern auch msh ** genannt!“ Immer noch starrte der Affe Rufinus an, ganz als ob er eine große Sensation im Museion war, eine Kuriosität für das kleine Tier. „Das Krokodil ist in Ägypten ein heiliges Tier, wenn ihr eines tötet, dann könntet ihr die Einheimischen gegen euch aufbringen. Die Barbaren verehren den Gott Sobek, der in Gestalt eines Krokodilos abgebildet wurde. In Korkodilopolis steht ein großes Heiligtum für diese Gottheit. Die lebenden Vertreter jener Gottheit finden sich überall entlang des Nils, aber auch in abgelegenden Seen oder Sumpfgebieten. Sie sind recht heimtückische Tiere, sie 'schleichen' sich unter Wasser an, manchmal sieht man nur ihre Nasenlöcher und ihre Augen, dann schlagen zu.“ Zielstrebig ging Chares an den Rand eines ummauerten Beckens, daß zwischen einigen Dattelbäumen lag, und sah hinab. Tatsächlich tummelten sich hier zwei große Echsenwesen, die neben einem Teich in der Sonne lagen und sich nicht rührten. Nur ihre Augen öffneten sich hin und wieder, ansonsten hätte man sie für Statuen halten können. „Sie bevorzugen Vögel und Antilopen, aber sie können sogar mit ihrem Gebiss ein ganzes Rind erlegen. Sie umgreifen ihre Beute und keiner kann das Maul öffnen, selbst nach ihrem Tod ist das noch sehr schwer. Menschen greifen sie auch an.“ Chares sah auf die Krokodile hinab, die etwa zwei Meter tiefer in dem Becken waren und nicht an sie heran kommen konnten. „Sie legen Eier, diese Tiere!“, fügte Chares an.







    Sim-Off:

    *Derartige 'Erkenntnisse' über Tiere waren schon in der Antike verbreitet. Insbesondere bei Aristitoles' Naturphilosophie.
    ** Man stelle sich die richtige Aussprache zu der Schreibweise vor, ich kenne sie nicht, aber Chares tut es wohl ;) Meines Wissens nach sind die Vokale nicht immer ganz gewiss bei den ägyptischen Wörtern. Aber keine Gewähr für diese Behauptung.




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif]
    ~~ Chares ~~


    Ein großes Raubtiergebiss hatte der Löwe immer noch (trotz seines Alters), so dass er scharfe Kanten in dem Knochen hinter ließ, dem ihm ein Sklave am Morgen in den Käfig geworfen hatte. Eine dicke Bremse summte um sein Ohr, das immer mal wieder zuckte, wenn die Fliege sich auf sein Ohr setzte. Schließlich hob der Löwe seine Prankte und schlug damit in Richtung der Fliege, die sich davon nicht sonderlich beeindrucken ließ. Chares nickte bei der Frage von Rufinus. „Oh, im Prinzip ist das ganz einfach. Ein männlicher Löwe hat eine ausgeprägte Mähne. Wie dieser hier. Ein dichtes Fell um seinen Kopf und Hals. Eine Löwin hingegen besitzt das nicht. Ihr fehlt diese. Sicherlich, manche jungen Löwen haben auch noch keine große Mähne, aber sie sind dennoch schon an dem Kopf und dem Hals stärker behaart als die weiblichen Exemplare.“ Nach einer minimalen Pase fügte er noch an: „Außerdem kann man es an den äußerlichen Organen des Tieres sehen...wie bei einem Ochsen oder Pferd.“ Chares deutete auf die entsprechende Stelle. „Aber die Mähne ist wohl von der Ferne leichter zu deuten.“ Chares legte den Kopf etwas zur Seite und hob dann die Augenbraue, mehr nachdenklich. „Ich denke, eine Löwin ist nicht weniger gefährlich als ein Löwe. Von der Masse her ist eine Löwin schlanker, aber ihr Biss und ihr Prankenhieb können ebenso tödlich sein.“ Chares verschränkte die Hände hinter dem Rücken und betrachtete einen Moment den Löwen. „Habt ihr noch Fragen, werter Tiberius? Oder sollen wir zum nächsten Tier übergehen?“


    Eifrig nickte Lysander, denn wenn er nicht in Schwierigkeiten war und nur um 'Hilfe' gebeten wurde, dann war Lysander die Liebenswürdigkeit in Person, sofern es seine Zeit erlaubte, der Tag angenehm war und die Geschäfte gut liefen, sonst konnte der dicke Lysander sehr unerträglich werden, insbesondere für seine nicht unerhebliche Sklavenschaft, die die Stoffe bestickten, die Gewänder schneiderten und ihm das Geld in den Sack brachten mit ihrer Arbeit. „Aber natürlich, werter Kleios, folgt mir doch bitte!“ Vor seinem reichen Kunden verbeugte sich Lysander auch noch mal, es hatte etwas kriecherisches, aber für Geld tat Lysander viel und er würde wohl nicht zögern seine alte Mutter dafür zu verraten, wenn es ihm mehr Drachmen einbrachte. „Werter Nimochos, verzeiht die Unannehmlichkeiten, eure Gewänder werden baldigst fertig sein.“ Lysander klatschte in die Hände, die Sklaven trat heran. „Kredenzt Nimochos, was er auch wünscht. Der Kunde ist König.“ Erneut verbeugte sich Lysander vor dem Kunden und wandte sich ab, um mit dem Mann der Wache in ein andere Zimmer zu treten. Ein kleiner Arbeitsraum war es, wohin Lysander ging, die Fensterläden waren geschlossen, um die Hitze des Tages außen vor zu lassen. Ein Schreibtisch zierte den Raum, einige Wachstafeln lagen darauf, Lysander nahm auf einem Stuhl Platz und deutete Kleios einen freien Platz. „Möchtet ihr etwas Dattelwein? Oder eine andere Erfrischung, werter Kleios?“




    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif]
    ~~ Chares ~~


    „Ah, so ist das! Aber natürlich, das leuchtet mir ein.“ Chares nickte zustimmend. „Wissen vermeidet Gefahren. Wissen führt zu einem besonnenen Handeln. Ihr tut richtig daran, Euer Wissen zu mehren, werter...ähm?“ Etwas Ratlos musterte Chares den Römer. Hatte er schon seinen Namen genannt? Chares hob die Hand und kratzte sich am Bart. Sicher war sich Chares nicht, solche Dinge entgingen ihm manches Mal, insbesondere wenn er aufgeregt war und das war er definitiv noch in den Augenblicken als er glaubte, gleich verhaftet zu werden. „Habe ich mich schon vorgestellt? Chares ist mein Name! Ihr seid...?“ Fragend betrachtete Chares den römischen Soldaten und Patrizier. „Aber vielleicht gehen wir einige Schritte. Unterhaltungen sind an der frischen Luft doch sehr viel angenehmer. Außerdem kann ich euch das ein oder andere Tier sogar zeigen. Folgt mir einfach!“ Chares lächelte, halb zerstreut, freundlich und etwas schüchtern (was der Mann selbst mit seinen über fünfzig Jahren immer noch war) und ging auf die Tür zu, wo er gerade herein gekommen ist. „Ägypten birgt viele Arten von Tiere, große Raubkatzen, wilde Krokodile, wundervolle Vogelarten, bunte Schmetterlinge bis hin zu den giftigen kleinen Kriechtieren. Womit fange ich denn an...?“ In einen Garten trat Chares hinaus, Bäume strebten in den Himmel, das Gras stand bis zu den Waden und zwischen drin blühten allerlei Blumensorten, fern in Ägypten gesammelt oder auch in der Provinz selber. Der Garten strebte noch viel weiter hinter den Nebenräumen und bot dem Betrachter nur einen kleinen Ausschnitt als sie aus den Räumen heraus traten. Chares spähte in den Garten und nickte. „Ich weiß...kommt!“ Er winkte Rufinus ihm zu folgen und strebte auf einen Käfig zu, an dessen Seite erst noch eine Hecke wuchs und zuerst den Blick auf den Inhalt verbarg, doch als man näher heran kam, sah man dort drinnen einen Löwen, der auf all seinen Vieren lag und an einem großen Knochen nagte, der noch einige Fleischfetzen an dem Knochen hängen hatte.


    Der Löwe hob seinen Kopf, die Mähne war nicht mehr die Prachtvollste und der Gute wirkte auch etwas älter, und sah mit den Katzenaugen in Richtung von Chares. „Löwen! Natürlich gibt es sie auch in Ägypten. Diese Art von Löwe ist im gesamten Norden von Afrika verbreitet. Meist treten Löwen in einem Rudel auf, ein Löwenmännchen und mehrere Löwenfrauen. Es gibt bekanntermaßen noch andere Löwenarten, wie weiter im Osten oder im Nordosten, aber die werdet ihr hier in Ägypten natürlich nicht finden.“ Chares trat bis zu dem Käfig des Löwens, den man später auch Berberlöwe nennen sollte. „Diese Art von Löwen finden oft auch den Weg in die römischen Arenen. Ich denke mal, Du wirst ihn sicherlich von da schon kennen, oder?“ Der Löwe, der das Interesse an den Männern verlor, beschäftigte sich wieder mit seinem Knochen. „Löwen können sehr gefährlich werden, aber meistens halten sie sich von Menschen fern. Es sei denn man reizt sie, provoziert einen Angriff, verletzt sie oder bedroht ihren Nachwuchs. Die Löwen gibt es sowohl in den östlichen Bergen von Ägypten als auch auf der westlichen Seite des Nils. Sie jagen gerne die Kuhantilope. Ich würde mich bestimmt nicht mit einem Löwen um seine Beute streiten...oder mehr mit einer Löwin. Die Frauen jagen bei ihnen...richtige Amazonen...“ Chares Mund umspielte ein kurzes Lächeln. „Wenn ihr Fragen habt, dann stellt sie bitte, jederzeit natürlich!“



    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Stumm lauschte Doros den Worten des Strategos, er wurde mit jedem Satz noch etwas blasser und hielt sich an dem Tisch (auf dem der Tote lag) fest. Doros atmete tief ein und aus und hinter seiner Stirn schien es zu rumoren, er war wohl dabei nach Ausflüchten oder anderen Entschuldigungen zu finden. Etwas, womit er Nikolaos Entscheidung abwenden konnte und seinen Hals aus der Schlinge ziehen. Doch etwas vernünftiges schien dem jungen Arzt nicht mehr einzufallen. Hilflos wandte sich Doros an seinen Sklaven, der mit der Schulter zuckte und eindeutig nicht so beunruhigt wirkte wie Doros. „Vielleicht sagt ihr es ihm einfach, Herr!“ Doros Mund öffnete sich und schloss sich wieder, wie bei einem Fisch. Seine Schultern sackten herunter und er nickte resigniert. „Ja...“, murmelte er leise und drehte sich zu Nikolaos um. „Ich bin auch kein Priester, Strategos. Das sind andere aus meinen Reihen. Aber was den Toten angeht und die Leichenöffnung...“ Doros schwieg einen Augenblick lang und leckte sich nervös über die Lippen. „Das ist unnötig, denn es ist bereits geschehen.“ Tonlos war die Stimme von Doros, sein Blick war zwar auf Nikolaos gerichtet, aber es wirkte, als ob er durch den Strategos hindurch sah.







    Edit: téchne ist der griechische Ausdrück für Kunst. Im lateinischen Ars genannt.



    [Blockierte Grafik: http://img264.imageshack.us/img264/9163/rhut0.gif]
    ~~ Chares ~~



    Mit großen Augen lauschte der kleine Junge, der einige Köpfe unter Rufinus stand und ihm all seine Aufmerksamkeit schenkte. Immer wieder nickte der Junge und er hätte wohl liebend gerne alle möglichen Fragen gestellt, den faszinierenden Fremden, der ihm das Portal zur großen, weiten Welt namens Rom öffnen konnte und seine kleine Welt (das Museion und einige Straßen von Alexandria) bereichern. Aber da der Gelehrte herein gekommen war (der den Jungen nach Belieben ordentlich verdreschen durfte), verstummte der Junge schnell und wippte auf den Zehenballen hin und her, wollte wohl Mäuschen spielen und dem ganzen Gespräch lauschen. Doch Chares tat dem Jungen nicht den Gefallen, mit einer unwirschen Gestik schickte er den Jungen hinaus aus den Räumlichkeiten und wandte sich gänzlich dem Tiberier zu. Eindeutig war Erleichterung auf den Gesichtszügen des Mannes zu erkennen, ein freudiges Lächeln schlich sich auf sein Gesicht und er nickte eifrig. „Oh, ein wissbegieriger Besucher, welche Freude, welche Genuss! Natürlich bin ich immer und gerne bereit, dem Suchenden von Wissen, Einblick auf den bescheidenen Schatz meines Eigenen zu gewähren.“ Chares hob die Hand und kratzte sich nachdenklich an der Wange, zerzauste damit seinen grauweißen Bart noch mehr. „Hmh, die Welt der Tiere ist eine komplexe Materie. Und erfordert einige Zeit, sich damit zu beschäftigen. Bist Du mehr an giftigen und gefährlichen Tieren interessiert oder ganz im Allgemeinen, welchen Tieren man hier in Ägyptus begegnen kann?“




    [SIZE=7]Ooc: Im Gegenteil, ich finde das super. Wir können schließlich gemeinsam das erspinnen, also fühle Dich frei zu so etwas auch in Zukunft. ^^[/SIZE]





    Goldfäden sponnen sich durch rote Seide, silberne Blumenmuster rankten sich über blaues Leinen hinweg, dass zart wie ein Schleier den Körper reicher Menschen bedecken könnte und darauf wartete in ein elegantes Kleid oder einen würdevollen Chiton um genäht zu werden. Alte Finger, junge Hände hielten Nadeln aus feinem Eisen geschmiedet in den Händen und ließen sie durch den Stoff gleiten, schenkten dem zeternden Neureichen in der Mitte des Geschäftes wenig Beachtung, aber es turnten schon genug von den Sklaven des dicken Lysander, den Angestellten des Tuchhändlers und Schneiders um den Mann herum. Eine schlanke junge Frau mit langen schwarzen Flechten, die über ihren Rücken hinab fielen betrat durch eine Nebentür den Raum. Auf ihren Händen trug sie ein silbernes Tablett mit einem Becher gesüßten und verdünnten Wein, den sie, mit einer devoten Haltung, an den so fordernden Kunden weiter reichte. Unter halb gesenkten Augen sah die junge Frau zu dem herein kommenden Phylax. Einer der beiden Schneider, die die Sklaven überwachten und den Phylax ansprach, sah auf und musterte ihn unter seinen ausgedünnten grauen Augenbrauen, die Haut hing faltig an seinem Kinn, Leberflecken verzierten sein runzeliges Gesicht, stumm sah er Phylax an und schüttelte den Kopf. „Nein, Herr. Wartet einen Moment, ich lasse ihn holen.“ Er winkte die junge Frau heran, die mit anmutigen Schritt an die Stoffe und zu dem Älteren heran trat. „Gehe und hole Lysander. Ein Herr der Garde wünscht ihn zu sprechen.“ (Kleider machen Leute ;), weshalb der Schneider schnell den Mann erkannt hatte) Die Frau neigte einen Augenblick lang den Kopf, dann verschwand sie eilig wieder durch den Nebenraum.


    Die Nadel stach erneut durch den Stoff, zog einen langen goldenen Faden durch das silbrige Blau, die typischen floralen Muster in dem Stoff hinterlassend, für die die Schneiderei von Lysander berühmt war und die nun der Mann des Strategos in seinen Händen hielt. In dem Moment schlug ein äußerst korpulenter Mann den Vorhang zu Seite, der den Nebenraum vom Verkaufsraum abtrennte, dahinter waren noch mehr Sklaven zu sehen, die ihm Halbdunkel mit Nähem beschäftigt waren. Der dicke Händler mit geölten schwarzen Haaren, einem dichten gekräuselten Bart und einem dicken Lidstrich von Kohle um seine Augen herum, ebenso geröteten Lippen, trat auf Phylax zu. Seine voluminöse Brust hob und senkte sich schwer unter dem goldgelbroten und sehr üppig besticktem Stoff, an den dicken Fingern trug er mehrere große und schwere Goldringe, um seinen dicken Hals eine Kette aus großen goldenen Platten. „Khaire!“, grüßte der Dicke Phylax. „Ich bin Lysander, der Besitzer dieser Schneiderei. Gibt es irgendwelche Probleme, mein Herr?“



    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
    ~~ Doros von Pelusium ~~



    Man könnte schon meinen, dass der junge Arzt die Farbe der Wand hinter sich an nahm und seine Augen weiteten sich vor Schreck noch ein wenig mehr, sein Blick irrte flackernd durch den Raum als ob sich dort ein Ausweg für ihn bot, er begegneten den dunklen Augen seines Sklaven, der auch etwas unruhig wirkte, aber an seinem Platz stehen blieb und sich nicht in das Gespräch zwischen Nikolaos und Doros einmischte. „Gleich öffnen? Ausgeschlossen...so arbeite ich nun mal nicht, ich brauche meine Ruhe dafür!“, sprudelte es ungewöhnlich hastig aus Doros Mund hervor und er holte tief Luft, sah vom toten Körper zum (ihn sehr durchdringend ansehenden) Strategos zurück. Doros leckte sich schnell und in einer nervösen Geste über die Lippen und atmete noch mal tief durch die Nase ein, schließlich raffte er seine Gestalt, suchte danach seine Mimik und die Bestürzung über das Ganze unter Kontrolle zu bringen. „Ein Opfer, aber natürlich. Aber dafür sollten wir einen Tempel aufsuchen...oder wie wäre es, wenn Du das Opfer vollführst und ich kümmere mich um die Arbeit hier?“ Doros merkte im selben Moment, dass das keine sonderlich kluge Antwort war, aber scheinbar wollte er den Strategos schnell aus den Raum bekommen.