Der tote Affe im Rücken des Jungen war für den kleinen Sklaven gar nicht mal so interessant wie der Besucher und römische Fremde vor ihm. Der Junge spähte unter seiner wirren Lockenmähne zu Rufinus hoch und musterte ihn mit unverhohlener Neugier. „Stimmt es, dass Rom die größte Stadt der Welt ist? Stimmt es, dass dort alle Römer den ganzen Tag Wagenrennen und Gladiatorenkämpfen zuschauen dürfen? Stimmt das, dass sie jeden Tag Brot geschenkt bekommen, selbst wenn die Römer nicht arbeiten wollen? Stimmt es, dass der Kaiser neun Fuß groß ist?“ Schnell und in einem nun etwas weniger verständlichem Griechisch plaberte der Junge munter und mit einem fröhlichen Lächeln auf den Gesichtszügen los. Schritte näherten sich, eine Tür wurde am Rande der Halle geöffnet und eine Silhouette zeichnete sich im Türrahmen ab, die eines Mannes, der nicht mehr der Schlankeste war und ein langes graues Gewand trug. „Womöglich kommen sie noch mal und befragen mich, Skalos, dann müssen wir bereit sein, am Ende...“ Der Mann unterbrach sich und spähte verwundert in die Forschungsräume an dem leeren Käfig vorbei. „Hm?“, murmelte der ältere Mann, sah unsicher über seine Schulter zu jemandem, der noch draußen stand. „Besuch!“, sagte der ältere Mann zu diesem, die Antwort war innen nicht mehr verständlich, aber der Mann nickte und ging nun gänzlich in die Halle hinein, versuchte sich zu strafen, aber seine Hände rangen nervös miteinander. „Khaire!“, grüßte der Mann Rufinus. „Kann ich Dir behilflich sein? Schickt Dich der Strategos?“ Ein ängstliches Zittern schwang in der Stimme des älteren Mannes wieder, der Junge sah zu Rufinus. „Das ist Chares, er ist der Philologos, den Du gesucht hast. Der kann Dir bestimmt helfen!“ Verwirrt sah Chares von dem Jungen zu Rufinus. „Wobei, wenn ich fragen darf?“
Beiträge von Prosekon tou Mouseiou
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Hermaios nickte zufrieden, ein Römer, der die Gelehrten ganz offensichtlich auch respektierte und ihnen zu gestand, dass sie nicht immer für die römischen Bürger zur Verfügung stehen mussten. Hermaios winkte einen Jungen (nicht den, neben der alten Frau und der Rufinus zugenickt hatte) heran, der gerade von einer Leiter, die am Regal lehnte, herunter gekrakzelt kam. Der Junge trottete brav heran und musterte Rufinus unter seiner wilden Lockenmatte auf dem Kopf neugierig. „Chaire!“, murmelte der Sklavenjunge. Hermaios blätterte in einigen Aufzeichnungen und dachte einen Augenblick lang nach. „Es kann sein, dass die Gelehrte Nisoteia, die gerade unseren neu gewählten Epistates vertritt, weniger mit Zeit gesegnet ist. Aber Chares wird sicherlich einige Momente erübrigen können. Er hat zur Zeit keinen Unterricht.“ Hermaios sah zu dem Jungen an seiner Seite und sprach zu ihm auf Griechisch. „Alexios, bringe den Herrn in die Forschungsräume von Chares und richte ihm die Empfehlungen von hier aus. Der werte Herr wünscht von ihm Wissen zu erlangen.“ Der Sklavenjunge, Alexios, nickte aufmerksam. Alexios lief einige Schritte voraus und sah sich zu Rufinus um, winkte ihm mit einem Lächeln zu, dass zwei Zahnlücken zwischen den Milchzähnen offenbarte. Latein konnte Alexios nicht, aber er sollte Rufinus lediglich führen. Hermaios nickte dem Soldaten noch mal zu. „Vale, werter Herr!“
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Mit fröhlichem Schritte führte der Sklavenjunge den Römer durch den Park des Museion, vorbei an dem großen Springbrunnen, wo eine große Wasserfontäne sich in den Himmel erhob und mit tausend leuchtenden Spritzern wieder auf dem Wasser herunter fallen ließ. Der Junge summte fröhlich vor sich hin und hüpfte mal nach rechts und links vom Weg, warf Rufinus weiterhin einen sehr neugierigen Blick zu, lächelte dabei scheu und lief schnell weiter, aber selbst wenn er schnell lief, ein erwachsener Mann musste sich dabei nicht beeilen. So brachte er den Besucher vorbei an dem Zaun, durch das Nebengebäude und schließlich in die große Halle hinein. Ein toter Affe stand auf einem hölzernen Tisch, scheinbar lebendig und als ob er jeden Moment den Besucher anspringen wollte, derart wirkte der Affe, sein Mäulchen war weit aufgerissen und drohend blinkten die langen Zähne des Tieres. Aber es rührte sich nicht, war starr in dieser Pose das Angriffes an einer hölzernen Platte befestigt. Vor dem Affen blieb der Junge stehen. „Bist Du ein Römer?“, fragte er Rufinus auf Griechisch und blies sich die dunklen Locken aus der Stirn.
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[Blockierte Grafik: http://img148.imageshack.us/img148/8518/chareszk9.gif]Das flache Nebengebäude grenzte an einen großen Garten, der mit einem eisernen und hölzernen Zaun vom Rest des Parkes getrennt war. Hinter dem Zaun ragten grüne Bäume auf, Ulmen, Zedernbäume, eine Platane, ebenso dringen Geräusche von Tieren von dem Parkteil. Mal das Kreischen eines Äffchen, dann das Brüllen einer Wildkatze. Chares Räume grenzten mehr an das Nebengebäude, dem Philologen stand eine kleine Halle zur Verfügung, die am Tage mit großen Fenstern das Licht hinein fallen ließ und in der Nacht mit massiven Fensterläden abgeschlossen wurde. In der Halle befanden sich viele große Blumentöpfe, in denen allerlei Blumen wuchsen und ihre Blüten in Richtung der Sonne streckte, die sich am Tage durch die offenen Fenster zeigten. Tische mit Pergamente, Behältnisse mit getrockneten Pflanzen, aber auch ausgestopfte Tiere standen überall, es war sehr chaotisch, gelehrtenhaft chaotisch. In der Mitte stand ein großer Käfig mit eisernen Verstrebungen, zwei Mann lang und ebenso hoch. In ihm führte Chares wohl immer mal wieder seine (von vielen als verrückt) verschrieenen Forschungen durch, der Park mit dem Tieren gehörte auch noch zu den Forschungsräumen des Chares.
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Der Junge hob den Blick von seinen Sandalenspitzen, in denen er das Spielen seiner eigenen Zehen aufmerksam beobachtet hatte, schmal war das Gesicht des Jungen, blass seine Wangen, sein Mund herunter gezogen als ob er schrecklich unglücklich wäre, aber als er das Nicken von Rufinus sah, hoben sich seine Mundwinkel einen längeren Augenblick und er erhob ebenso seine Hand, zum Gruße, ehe die Frau neben ihm etwas zuzischte und Rufinus ein höfliches Nicken erwiderte. Der Junge sah wieder auf seine Zehenspitzen und wackelte mit diesen weiter. Der junge Schreiber sah den römischen Soldaten aufmerksam an und nickte, lauschte ihm bis zum Ende ehe er dann antwortete (und zwar dieses Mal auf Latein, es war zwar mit einem schrecklich griechischen Akzent behaftet, zudem die Deklinationen nicht immer ganz korrekt, er verwechselte ab und an ebenso den Kasus, aber es war verständlich.): „In der Tat, wir haben hier einheimische, wie auch fremde Flora und Fauna und viele Gelehrte, die sich mit Beidem doch recht gut auskennen.“ Hermaios, der junge Schreiber, hob ein Stylus und kratzte sich dabei nachdenklich an der Wange. „Hm...da fallen mir spontan zwei sehr gebildete Gelehrte ein. Zum Einen der Philologos Chares, er beschäftigt sich mit der Chimärenforschung. Zum Anderen die Philologin Nisoteia, einer der ältesten Gelehrten hier am Museion und eine sehr kluge Frau.“ Wobei Hermaios wusste, dass es nicht jedermanns Sache war, sich Wissen von einer Frau vermitteln zu lassen. „Ihr könntet euch an einen von den beiden Gelehrten wenden, sie sind sicher gerne bereit, Euch Auskunft über Ägypten zu erteilen und was die Tierwelt hier angeht. Wäre Euch das Recht und wen würdet Ihr bevorzugen?“
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Unschuldig wogten die Gräser im Garten des Museions, lieblich wirkten die zahlreichen leuchtenden Blütenblätter der Gartenpracht des Museion, die Sonne strahlte lieblich auf die Tempelanlage hinab, in derem Herzen das gesammelte Wissen des Abendlandes geborgen wurden, behütet, beschützt, teilweise missbraucht, manchmal auch gestohlen (auf die eine oder andere Weise), aber dennoch mit großem Respekt behandelt. Einige Schüler schlenderten über die hellen Kieswege entlang, die sich an dem Brunnen vorbei wandten, in dem noch vor kurzem der Körper des Bibliothekar schwamm. Doch an jenem lichten Tag, nicht sehr lange später, schien das blaue Wasser mit den wenigen Blütenblättern, die im Wasser schwebten, wenig von dem Mord an dem Priester verraten zu wollen. Auch die Schüler hatten sich wieder dem Alltag gewidmet, wenngleich immer noch hinter vorgehaltener Hand über den möglichen Mörder getuschelt wurde, wilde Spekulationen wurden ausgetauscht, nur, wenn der Schüler Nikolaos, der auch der Strategos und Ermittler in diesem Fall war, in einen Raum kam, verstummten viele und er wurde öfters mal mit einem seltsamen, aber auch neugierigen Blick gemustert. Was nur wenige mit bekamen, die keine Schüler waren: Es wurden bereits Wetten abgeschlossen, wer der Mörder war.
Doch die Philologa Nisoteia, die langsam auf den Brunnen zu schlenderte, schien das in dem Augenblick nicht zu kümmern. Ihr langes safranfarbenes und unförmiges Gewand, wallte sich um ihre womöglich nicht große, aber durchaus eindrucksvolle Gestalt, sie strahlte Erhabenheit und Würde aus, Freundlichkeit mit Ernst gepaart. An ihrer Seite marschierte Sosimos, der ältere Philosoph, der mit den Händen rang und leise seufzte. „Das ist nicht auszuhalten. Da hatten wir einen Kandidaten für das Amt, nein sogar zwei und was passiert? Bei Apoll, der eine erstickt an einer Gräte und der Andere, der Jude, ach, lassen wir das lieber.“ Enttäuscht blieb Sosimos stehen. Die Philologa lächelte milde. „Nicht doch, Sosimos. Ich glaube immer noch an Theodoros, siehe es ihm nach. Und bis dahin werden wir uns um das Notwendige hier kümmern.“ Sosimos sank auf den Brunnenrand hinab und nickte resigniert. „Dann soll es wohl so sein. Was sollen wir dem Eparchos sagen? Ich wollte heute zu ihm, und die Kandidaten vorschlagen!“ Nisoteia nahm neben ihm Platz und betrachtete einige weiße Blüten neben dem Brunnen. „Die Wahrheit natürlich, Sosimos. Die Wahrheit. Dazu sind wir verpflichtet.“ Ein entrücktes Lächeln trat auf die Züge der älteren Frau als sie mit ihren Fingerspitzen über die Blüten strich. Sosimos schmunzelte. „Du bist immer noch schrecklich naiv, Nisoteia! Wie in Deinen jungen Jahren.“ Nisoteia sah auf und lächelte ebenfalls. „Nicht naiv, Sosimos. Ich habe nur Prinzipien. Das könnte Dir auch nicht schaden.“ Sosimos grummelte leise...
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~~ Doros von Pelusium ~~War es nur eine Täuschung oder brach der junge Arzt in Nervosität aus? Der Iatros, der sonst immer ein lockeres Sprüchlein auf den Lippen trug und stets ein gar schon unverschämtes Grinsen, selbst in Angesicht des Todes des Epistates? Doch nun war das Lächeln gänzlich verschwunden, man sah ihm an, dass er am Liebsten mit den Händen ringen wollte, aber es dann mit aller Willenkraft unterdrückte. Er warf seinem Sklaven einen schnellen Blick zu, der den erwiderte, aber im Gegensatz zu seinem Herrn eindeutig ruhig blieb. „Ein Loch? Ähm...öh...“ Doros verstummte einen Augenblick, runzelte die Stirn und dachte nach. Er sah zu dem Leichnam, dann zu Nikolaos und nickte schließlich schnell. „Aber natürlich. Ich kümmere mich darum...wo soll ich den...ähm...Inhalt...hinschicken?“, sprach er, immer wieder pausierend und etwas zögerlich. Doros trat einen Schritt zurück und stützte sich am Tisch ab, als ob er gleich das Gleichgewicht verlieren würde oder irgendwo einen Halt brauchte, womöglich musste er auch seine Hände beschäftigen, denn er rutschte an der Kante ab, wäre beinahe gestolpert und richtete sich schnell auf, dabei die Arme vor der Brust kreuzend.
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Sonnig war der Tag, wie wohl die meisten Tage in den letzten Wochen, selbst wenn es in den nördlichen Gefilden schon Winter hieß, teilweise Schnee gefallen war, so liefen doch im Museion (und wohl auch in Alexandria und dem übrigen Ägpyten) die Menschen in leichten Tuniken umher. Einige Sklaven kamen an dem Tiberier vorbei als er den Weg in die Hallen der größten Bildungseinrichtung der bekannten Welt fand. Keiner beachtete ihn sonderlich, keiner schenkte ihm größere Aufmerksamkeit als einem sonstigen Besucher. Die zivile Kleidung verbarg es wohl gut genug, dass ein römischer Soldat das Museion besuchte. Das Klopfen blieb auch nicht ungehört, denn einige Moment später wurde die Tür geöffnet. Ein junger Mann, vielleicht Anfang Zwanzig oder jünger, und in einer grauen Tunika gekleidet, sah verwundert auf die Tür und dann zu Rufinus. „Bei Isis! War die Tür etwa zu? Immer nur herein spaziert!“ Der Demosios lächelte freundlich und lud Rufinus mit einem Winken ein, den großen Vorraum zu betreten. Mehrere Schreibpulte standen hier, beleuchtet von der Sonne, die durch große Fenster hinein fielen, die Nachts mit hölzernen Fensterläden verschlossen waren, aber jetzt ungehindert die milde Luft der Parkanlagen vom Museion hinein ließ. Neben den Fenstern standen einige Holzstühle, auf denen eine ältere Frau wartete und ein Junge, womöglich gerade mal sechs Jahre alt. Der Schreiber trat zu seinem Schreibpult zurück, hinter dem sich ein Regal (mit Papyri gefüllt und freilich an der Wand) erhob. „Chaire!“, grüßte er mit einem sonnigen Lächeln den Neuankömmling. „Kann ich Dir behilflich sein?“
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~~ Doros von Pelusium ~~Mit einem Nicken deutete der Iatros, dass er jederzeit (sofern er im Museion war, nicht betrunken und arbeitsfähig) dem Strategos behilflich sein würde, zumindest sprach sein Ausdruck des Gesichtes in dem Moment davon. Bei der letzten Frage, die so plötzlich und unvermittelt kam, blinzelte Doros einige Male, zudem wirkte er ertappt (wie ein Lausbub, der bei einem Streich erwischt wurde von seiner Mutter). Doros Mund öffnete sich, er warf einen schnellen Blick zu dem Leichnam und meinte schließlich: „Aber...“, er räusperte sich kräftig. „Aber natürlich. Ich werde das schon auf eine Weise tun, die...ähm...nicht frevelhaft ist, wobei das natürlich von Familie zu Familie anders gesehen wird.“ Doros rechter Mundwinkel hob sich einen Augenblick lang, er faltete die Hände hinter seinem Rücken und schluckte, wobei sein Adamsapfel munter auf und ab sprang.
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~~ Doros von Pelusium ~~Womöglich erstaunte den jungen Arzt die Frage, doch er ließ sich nicht sonderlich davon etwas anmerken. Nur einem prüfenden Blick schenkte er dem Strategos, ob dieser sich womöglich über ihn lustig machte, doch Doros konnte keine Anhaltspunkte dafür finden, so tat er es als reine Höflichkeit ab. Was den Iatros natürlich auch ein wenig erfreute, scheinbar hatte doch seine Hilfs- und Auskunftsbereitschaft etwas gebracht. „Natürlich. Das sind doch allesamt eure...wie würde man es wohl nennen? ...Beweismittel?“ Doros lächelte, da ihm das Ganze hier doch ziemlichen Spaß machte, es gab ihm Einblick in einer völlig andere Welt und selbst wenn Doros schon viele Tote gesehen hatte, Ermittlungen hatte der Iatros noch nie angestellt. „Kann ich Dir sonst noch behilflich sein, Strategos?“ Ein unternehmungslustiger Funke glomm in den Augen des jungen Mannes, der zu gerne kleines Mäuschen gespielt hätte oder gar als Hilfsarbeiter einspringen würde, bei den weiteren Nachforschungen (zu lange sie nicht zu anstrengend wurden und mit seiner Verabredung am heutigen Abend kollidierte!).
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[SIZE=7]*Hercules Poirot und Captain Arthur Hastings[/SIZE]
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Wolkenschlieren zogen über den dunklen Himmel, fraßen gierig die Sternlichter um sie danach wieder angewidert auszuspucken. Der Wind wehte immer kühler zwischen den Häusern der Toten hindurch, pfiff und sang in schrillen Tönen, zerrte an dem dunklen Umhang, den die Frau um ihren Leib geschlungen hatte, um der nächtlichen Kälte zu trotzen, die sich über das ägyptische Land gelegt hatte. Die Frau zuckte etwas zusammen als Nikolaos ihr Geschlecht enttarnt hatte. Ihre Finger gruben sich in den Nacken des Tieres, das auf fauchte, nach der Frau kratzte und von ihrem Arm sprang. Die Frau hielt sich die Hand, an der einige Blutstropfen aus dem Kratzer hervor perlten. „Wie...?“ Verdutzt betrachtete die Frau, kein junges Mädchen eindeutig, den Strategen. „Ich...im Garten des Museion. Ich war auf dem Weg nach draußen...ich...“ Sie verfiel in Stottern. „Ich besuche manchmal einen der Gelehrten dort...aber das ist auch nicht verboten...“ fügte sie hastig an. Ihre Augen irrten hin und her als ob sie nach einem Ausweg suchen würde. „Ich habe gesehen, wie sie den Toten da hin getragen haben. Der Gelehrte und ein Gehilfe...aber ich wusste da noch nicht, dass es der Epistates war...ich kannte den Mann doch nicht.“ Fahrig hob sie die Hand und strich sich eine Haarsträhne zurück, eindeutig eine nervöse Geste, aber die ihre Hand offenbarte an denen Hennamuster zu sehen waren und Musterungen aufwiesen, die manche der ägyptischen bezahlbaren Frauen des Rhakotis trugen. „Ich habe schon mehr gesagt als gut ist...“ Hastig drehte sich die Frau um und floh in die Dunkelheit hinein, um von den Häusern verschluckt zu werden.
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~ Hermaios~Ein menschliches Wesen des Museion ließ die Abreise der Römerin gewiss nicht kalt, natürlich hatten auch die anderen Sklaven des Museion die freundliche und ruhige Art der Iunierin zu schätzen gelernt, aber tiefe Verehrung verspürte der Demosios Hermaios. Hastig eilte er den Weg entlang, um zu dem Haus zu kommen, dass die Römerin beherbergte. Bis er sich von der Arbeit hatte freischaufeln können, war viel Zeit vergangen, sein Herz klopfte und er eilte in großen Schritten die Treppen hinauf und trat zu der Tür. Von seinem Rücken zog er die Blumen hervor, die er eigens aus dem Museiongarten gestohlen hatte, verschiedene Orchideen und eine Amaryllisart, die den weiten Weg von Asien bis in das Museion gefunden hatte. Die weißen Blüten mit den zart rosanen Sprengseln wackelte hin und her als Hermaios die Hand hob und klopfte. „Chaire, werte Dame?“ Keine Antwort, Hermaios drückte vorsichtig die Klinke herunter und drückte die hölzerne Tür auf, spähte hinein und seufzte enttäuscht. Alles leer. Mit zwei Schritten war er im Raum und sah sich dort um, doch Sack und Pack waren entschwunden, ebenso die schöne Römerin, die dem jungen Sklaven den Kopf verdreht hatte. Schwermütig ließ Hermaios den Kopf hängen und legte die Blumen auf den verlassenen Tisch. „Lebt wohl...mögen die Götter Euch immer schützen und den rechten Weg geleiten. Zu einem glücklichen Leben“, murmelte er. Seine Mundwinkel hingen genauso schlaff herunter wie seine Arme als er wieder den Raum verließ und bekümmert zu seiner Arbeit zurück kehrte.
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~~ Doros von Pelusium ~~Mit verschränkten Armen stand Doros neben dem Leichnam des Epistates und lauschte den Ausführungen von Nikolaos, musterte ab und an Cleonymus und sah zurück zum Epistates. Die Augenbraue von Doros zuckte mal hoch, wanderte wieder hinab, er hob seine Hand und rieb sich am Kinn, eine Angewohnheit, die er von seinem ersten Lehrmeister übernommen hatte und warf ab und an ein interessiertes: „Aha!“ ein. Doros erwiderte den Blick ohne mit der Wimper zu zucken und dachte einen Augenblick nach. „Hm...ja, Symposien gibt es immer wieder. Wer jedoch dazu den alten Kauz dort einladen wollte und würde, das ist mir nicht bekannt. Zumindest weiß ich nicht davon, da ich mich doch eher in anderen Kreisen des Museions bewege als die Speichellecker des Epistates...des toten Epistates...Tychios.“ Zwischen zwei Fingern drehte Doros an seinem Kinn herum, eine steile Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen. „Freunde? Hatte Tychios Freunde? Wenn, dann nur Männer, die in seinem Gunstkreis standen oder vielleicht Geschäftsfreunde. Aber damit überfragst Du mich deutlich. Ich kann Dir mehr alle Feinde aufzählen. Mich könnte man gewiss auch dazu zählen...“ Doros ließ seine Hand sinken und grinste andeutungsweise. „...wenn es mich tangieren würde, was der Epistates treibt oder ich auf das Geld vom Museion angewiesen wäre. Was den Göttern sei Dank nicht so ist.“ Irritiert sah Doros hinab auf das kleine Stück Stoff. „Hm...Seide...blaue Seide...womöglich vom Fremdenmarkt...keine Ahnung...“ Ratslos sah Doros in das Gesicht von Nikolaos als sich sein Sklave, Baraka, zu Wort meldete. „Herr, verzeih. Darf ich?“ Doros sah zu dem dunkelhäutigen Sklaven und nickte knapp. Der Sklave wandte sich gleich an Nikolaos und Cleonymus. „Der Stoff kann nur von einem Schneider stammen, Lysander, der dicke Lysander bei der Agora. Die Stickereien sind einzigartig, bekannt für seine Schneiderei.“ Doros hob die Augenbrauen. „Ist das so?“ Der Sklave nickte eifrig. „Jawohl, ich habe für Dich, Herr, dort letzten Sommer zwei rote Seidenchitons erworben. Wenn Du Dich noch daran entsinnst?“ Doros dachte nach, konnte sich nicht erinnern und zuckte mit der Schulter. Fragend sah er zu Nikolaos.
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Der Streit wollte bereits in die heiße Runde gehen, es bildeten sich mehrere Fraktionen aus, die ihren Champion in den Ring schicken wollten, damit sie sich um die einzig richtige Entscheidung (und davon gab es mindestens ein Dutzend, so es nach jedem der Gelehrte hier ging) prügeln konnte. Aber gerade noch rechtzeitig erhob sich eine neutrale Person, die Neutralste wohl in dem Raum, mal abgesehen von einem höchst amüsierten Zuschauer am Rande, einen Mätzen, der sich das Ganze nur anschaute. Sosimos rief immer wieder kräftig: „Ruhe! Schweigt doch endlich...“ Bis es tatsächlich zu einem Geräuschpegel ab fiel, der die Rede von Diagoras auch zuließ. „Diagoras? Nie gehört...“ Ertönte es von hinten (wie konnte man auch annehmen, dass alle dem Mann erst zuhörten, ehe sie ihre Meinung kund tun würden!) „Sei still, vielleicht erklärt er sich noch!“, ertönte es wiederum von der anderen Seite. „Ruhe dahinten.“, donnerte Sosimos zurück. „Sprecht später...“ So konnten erstmal alle wieder Diagoras lauschen. Ein Grummeln folgte schnell, ebenso mal der ein oder andere Schmähruf, dann jedoch wieder Zustimmung, sogar Applaus an manchen Stellen, wenn einige der Gelehrten ähnlich dachten (oder so den Eindruck erwecken wollten). „So ist es!“, rief ein junger Mann am Ende. „Bravo!“, die ältere Frau, die schon einmal für Theodoros gesprochen hatte, beziehungsweise für die Juden. Sosimos erhob sich und nickte Diagoras dankbar zu. Er war wirklich froh, dass noch jemand anders für Theodoros das Wort ins Gefecht geführt hatte, denn wenn Sosimos das tat, gewann es eine andere Bedeutung und hätte Theodoros sogar schaden können. (Viele mochten den alten Sosimos nicht sonderlich, weil auch einige noch bei ihm gelernt hatten und gut den Stock in Erinnerung hatten, der an ihrem Rücken zerbrochen war.)
„Wohl gesprochen, Diagoras. Wohl gesprochen. So wollen wir zur Wahl schreiten. Wer stellt sich oder Andere noch auf?“ Die letzten Worte murmelte Sosimos mehr, aber wohl leider nicht zu leise, denn am Schluss waren es ein gutes Dutzend, die sich dem stellen wollten. Und wie immer, wenn gewählt werden sollte, wurden Steine ausgeteilt, jeder Gelehrte stand auf und warf seine Stimme in das Behältnis für den Favoriten seiner Wahl. Klong. Klang. Kling. Es hallte durch den Raum. Die Zeit verstrich und dann saßen alle Gelehrten wieder. Sosimos und mehrere Männer traten nach vorne. „So wollen wir zählen. Vor jedermann Auge, damit keiner etwas beanstanden kann.“ Was dann auch geschah. Und oh Wunder! Die Steine für Theodoros wuchsen. Dummerweise jedoch auch für einen anderen Gelehrten. Der Gelehrte Mesitros, der sich dann doch auch aufstellen ließ, hatte sogar noch am Schluss drei Steine mehr als Theodoros. Sosimos starrte auf den Haufen, grübelnd. Schließlich zuckte ein listiger Ausdruck über seine Stirn. „Somit steht es fest, sowohl Theodoros als auch Mesitros würden den Großteil unserer Stimmen erhalten. So lassen wir den Eparchos entscheiden, auf dass zumindest einer unserer Favoriten auf dem ehrwürdigen Sitz des Epistates Platz nehmen darf.“ Sosimos drehte sich zu Theodoros um. „Ich eile zum Eparchos, wenn sich keiner von den Beiden, Theodoros oder Mesitros, es sich anders überlegen möchten?“ Einen scharfen Blick schenkte Sosimos damit Mesitros, der jedoch ungerührt die Arme vor der Brust verschränkte.
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Die Berührung an dem Gewand ließ die Gestalt verharren, wenngleich sie heftig zusammen zuckte, als ob sie sich an der Hand des Strategos verbrannt hätte. Eine magere Katze sprang auf den Sims eines Daches, das nur einen Toten beherbergte. Umringt von zahlreichem Gold, bis eines Tages ein Mensch mit einem Brucheisen sich des Schatzes in dem Haus bemächtigen würde. Einem Geist gleichend schritt die Katze auf der Spitze entlang. Ihr Fell war struppig, ihr halbes Ohr fehlte und zahlreiche vernarbte Kratzspuren offenbarten viele Kämpfe in ihrem Leben. So herunter gekommen sie wirkte, so stolz waren ihre Schritte. Sie sprang hinunter und direkt neben die Gestalt. Die die Finger in das Fell vergrub und das Tier hoch hob. Die Katze fauchte leise, doch dann beruhigte sich das sonst wilde Tier. „Ich habe die Männer gesehen. Die den Toten in den Brunnen geworfen haben.“, flüsterte die Gestalt, heißer, um wohl die Stimme zu verstellen. Sie trat etwas näher heran an Nikolaos, um die Worte deutlicher zu zu Nikolaos zu tragen, heulte doch der Wind stärker durch die Flure der Gräber. In dem Moment spiegelte sich das Licht von der Fackel auf ihrem Gesicht wieder, enthüllend und offenbarend. Es war das Antlitz einer Frau, etwas pummelig und mit aufgeworfenen Lippen. Ihr Mondgesicht bemerkte nichts von der Offenbarung ihrer Identität. „Es war der Gelehrte Chares. Ich bin mir ganz sicher. Und sein Schüler, Lukios.“ Die Frau richtete ihre braunen Augen auf Nikolaos.
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SimOff: Tschuldigung. Die Tage flogen irgendwie so dahin.
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~~ Doros von Pelusium ~~Bereits einen Moment später kehrte der dunkelhäutige Sklave von Doros zurück in dem Raum, wo der Leichnam des Epistates aufbewahrt wurde. Doros wandte sich zuerst zu dem griechischen Gast am Museion und neigte höflich den Kopf. Ein derartiger Mann, der Humor mit Intellekt paarte, war Doros stets sehr sympathisch. Ein juveniles Lächeln zeigte sich darum auf seinen Gesichtszügen und er erwiderte: „Aber natürlich, werter Diagoras. Es war mir auf jeden Fall eine große Freude, Dich kennen zu lernen. Zumindest wäre ich sehr um die Gelegenheit eines anregenden Diskurses erfreut.“ Nachdenklich sah Doros dem Gelehrten hinter her, das war doch mal eine erfrischende Person, wenn man ihn mit jemandem wie Sosimos oder anderen alten Knochen des Museions verglich. Sein Sklave flüsterte Doros leise etwas ins Ohr, Doros nickte und wandte sich dann jedoch gleich an die beiden Männer der Polis. Doros wog den Kopf skeptisch hin und her. „Sicherlich, man kann ihn mit einigen Mitteln länger verwahren, aber ob das so gut ist? Ich habe ihn mir wirklich gründlich angesehen und ich glaube kaum, dass Du noch sehr viel mehr heraus finden kannst. Zudem erbost es sicherlich einige der schwachsinnigen, klein geistigen Männer am Museion.“ Hatte er das gerade gesagt? Doros seufzte resigniert, manchmal war seine Zunge einfach schneller als sein Tatgefühl. „Sonst noch etwas auffälliges?“ Doros sah in Nikolaos Gesicht und runzelte sinnend die Stirn. Doch dann erhellte sich das Gesicht des jungen Mannes, der erst vor wenigen Jahren auch das Mannesalter erreicht hatte, sicherlich ein paar mehr als Nikolaos. „Aber natürlich! Das hätte ich beinahe vergessen. Ich Idiot. Ein alter Narr werde ich schon.“ Doros lachte heiter und ohne die Spur davon, dass er sich dabei genierte (selbst wenn es direkt neben dem Leichnam war). Schnell eilte er auf den Tisch zu und zog das Tuch etwas zur Seite. Er ergriff etwas, trat zu den beiden Männern zurück. Dort öffnete er die Hand. Ein Stück Tuch lag auf seiner Handfläche, die er Nikolaos, aber auch Cleonymus entgegen streckte. „DAS habe ich in seiner geballten Faust gefunden. Der Epistates hat sich daran fest gekrallt, als ob es um sein Leben ginge...ähm...tat es womöglich auch. Wer weiß?!“ Das Stück Tuch war eindeutig Seide, wenn man ihn befühlte. Blau in der Farbe (also ein teures Färbemittel) und mit silbernen, exotisch anmutenden Blumen bestickt. Kunstvoll und nicht von einem einfachen Schneider hergestellt.
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[Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/5189/doros2cp2.jpg]
~~ Doros von Pelusium ~~Das Lachen verging Doros schnell, auch jeglicher Anflug von einem Lächeln. Bei Zeus, dachte er sich, noch ein paar falsche Worte und die gehen aufeinander los, wie die wilden Gladiatoren. Er sah auch, wie Cleonymos seine Hand an das Schwert legte, vernahm nur am Rande die Worte, die fragten, ob er nicht zum Eparchos wollte, um dort seine Erkenntnisse weiter zu vermitteln. „Guter Mann“, wandte sich Doros an Cleonymus. „...erst gestern wurde auf dem Gelände des Museions ein Mord begangen. Blut wurde vergossen...“ Das war etwas übertrieben, denn schließlich war der Epistates vergiftet worden, wie Doros noch vor kurzem bestätigt hatte. „..und die Musen wurden beleidigt. Vergiss nicht, das hier ist ein Tempel. Der Tempel der unsterblichen Musen. Frevel nicht an den Göttern, indem Du ein Schwert ziehst.“ Doros war ungewöhnlich ernst, denn er war zwar ein notorischer Trinker, ein Schürzenjäger und ein Faulenzer, Querkopf und eigenwilliger Forscher, dennoch respektierte er die Musen und die Traditionen durchaus. Hielt sie verinnerlicht wie viele andere im Tempel der Musen.
Mit einem freundlichen Lächeln auf dem Gesicht wandte sich Doros an den athenischen Gelehrten. „Vielleicht würdest Du einen Moment in meinem Wohnraum warten? Das war der unordentlich Raum, den Du wohl durchqueren musstest, um hier her zu kommen.“ Doros wandte sich an seinen Sklaven. „Gehe doch mit ihm und öffne die Fensterläden. Biete dem werten Diagoras etwas zu trinken an, was er wünscht. Und auch sonst, was er möchte.“ Doros Lächeln wurde zu einem Grinsen. „Werter Diagoras, störe Dich nicht am Chaos dort. Die Umstände...sie waren reichlich ungünstig." Er deutete auf den Toten neben sich. "Ich bin in einigen Momenten dort. Wir waren schon fast fertig hier.“ Aus den Augenwinkeln bemerkte Doros, dass sein nubischer Sklave aus dem Raum heraus trat und durch den Gang in den großen Wohnbereich trat, wo Klinen standen, ein großer Korbsessel und sonst ziemliches Dämmerlicht herrschte. Die Fensterläden quietschten als der Sklave sie öffnete, was bis in den Raum mit dem toten Epistates zu hören war. Baraka zog einige alte Gewänder mit Weinflecken zur Seite, stellte die Weinkaraffe mit dem vergossenen Inhalt (was sich über ein weißes Gewand ergossen hatte) auf und begann das Notdürftigste aufzuräumen, während er darauf wartete, dass der Hellene zu ihm stieß, sollte er der Einladung nachkommen wollen.
Doros derweil verschränkte die Arme hinter dem Rücken. „Heute morgen kam bereits ein Gelehrte, ein Philosoph namens Sosimos, er ist eine Koryphäe des Museions, und fragte darum, ob der Leichnam bald für die Bestattung frei gegeben würde. Kann ich das zulassen oder soll der Korpus noch länger hier verwahrt werden, werter Strategos? Oder besser in kühleren Gefilden, damit die Fäulnis langsamer seinen Körper zersetzt?“
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Gerührt seufzte Sosimos und lauschte ergriffen den Worten von Theodoros, ja, es hätte nicht viel gefehlt und Sosimos hätte sein kleines Tüchlein gezückt und sich heftig und vernehmlich geschnäuzt. Waren das nicht Worte, die von ihm hätten kommen können? Das Museion, der leuchtende Stern in dem Sumpf von Barbarei und Kleingeistigkeit, das genau meinte Sosimos aus den Worten von Theodoros raus zuhören. Er seufzte noch einmal und nickte beifällig in jede Richtung, um zu bekunden: Das war der Mann der Stunde. Auch andere Zuhörer waren sehr angetan von dem, was Theodoros von sich gab. „So ist es...gegen Dummheit!“, rief ein Philosoph von hinten. „Und gegen die Kyniker!“, rief sein Kollege, erntete darauf ein paar ärgerliche Rufe, die jedoch das weitere Reden von Theodoros nicht behinderten oder gar übertönten. Als es darum ging, die Sphären der Götter zu erreichen, klatschten sogar der Eine oder Andere, beifälliges Gemurmel machte sich breit bis es auf das Geschlecht Abrahams zu ging. Schlagartig wurde es still im Raum. Sosimos seufzte leise und seine Schultern sackten herab. Die stolzen Hellenen in diesem Raum (und davon gab es zahlreich) würden solchen Worten gewiss keine Freudezeichen schenken. Ein leises Raunen breitete sich aus, schon die letzten Worten gingen in dem aufbrandenen Stimmengewirr unter. „Ein Jude?“, - „Natürlich! Das weiß doch jeder, daß Theodoros zu den Fischessern gehört!“, - „Fischesser? Sind das nicht die Christen?“, - „Nein, das sind die Kin...“, - „So ein Unsinn!“, der Dialog mischte sich mit anderen Stimmen: „Wahr hat er gesprochen. Und wenn er ein Jude ist, ist doch egal. Er ist einer von uns. Und besser als ein Rhomäer...“, doch diese Stimme wurde von einem. „Niemals ein Jude. Das ist Blasphemie gegenüber den Göttern! Wie soll ein Mann...“. Eine anderer Gelehrte mischte sich ein. „Soso...Mesitros, dann spreche doch lauter, damit Dich alle verstehen.“
Ein kahlköpfiger, dürrer Mann erhob sich. Seine Augen funkelten wütend und er richtete sie auf Theodoros. „Du, Theodoros, Sohn des Volkes Isaacs, stellst Dich allen Ernstes hier hin und bewirbst Dich für ein Amt eines Priesters? Eines Priesters des Apolls und der Musen? Glaubt ihr Juden nicht nur an euren Jahwe? Euren einzigen Gott und sagt, alle anderen Götter wären Götzen? Wie willst Du als Epistates die hohen Tage des Kultes wahr nehmen, die Opferungen an die Götter. UNSERE Götter? Entsagst Du Deinem Glauben? Den blasphemischen Gedankengut gegenüber unseren Göttern, das Dein Volk von sich gibt.“ Die Nasenflügel des Philosophen, Mesitros, bebten heftig. Die Philologa und Botanikerin Nisoteia rief vernehmlich in die Versammlung. „Er ist kein Christ, Mesitros. Wir wissen doch, dass die Juden sich niemandem aufdrängen mit ihrem Glauben. Sollen sie doch an das glauben, was sie möchten! Wer sind wir, sie zu urteilen?“ Mesitros wirbelte herum und durchbohrte die Frau mit den Augen wie mit Pfeilen gleichend. „Ach, und einen solchen sollen wir als Priester wählen? Das wäre skandalös. Sicherlich, sollen sie glauben, was sie wollen. Aber nicht in UNSEREN Tempeln.“ Die Frau schnaubte leise. „Komm schon, Mesitros. Seit wann wurde einer der Vorgänger wegen seinem Glauben an die Götter gewählt? Es kommt doch darauf an, ob Theodoros bereit ist, die Riten und Traditionen im Museion zu wahren. Ob er ein Jude oder ein Rhomäer wäre, das ist nicht von Bedeutung.“ Mehrmalts tönte ein lautes "Blasphemie" aus den Reihen des Museions und mischte sich in die Worte von der Gelehrten. Sosimos seufzte ein letztes Mal und wollte sich gerade erheben. „Wenn wir dann keinen anderen Kandidaten haben...“ Empörte Rufe unterbrachen ihn und einige Männer sprangen auf. „Keinen Kandidaten? Das stimmt nicht!“, rief einer laut. Sosimos Stimme erhob sich über den Pulk. „Gibt es noch jemanden, der für Theodoros sprechen möchte?“
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Unzählige Menschenfüße entfernten sich von dem Grab, hinterließen nur die Spuren auf dem Sande, zertretene Blütenblätter und ein einsames Grab, vor dem nun nur noch die Witwe des Epistates stand, mitsamt der drei Kinder, die völlig übermüdet, erschöpft und niedergeschlagen ihre Häupter hängen ließen. Zwei Fackeln flackerten vor dem nun verschlossenem Grabmal, das zu dem Museion gehörte und mit zahlreichen Goldarbeiten geschmückt war. Aufwendig, prachtvoll und mit begnadeten Händen erbaut. Warm wehte der Nachtwind über den Friedhof, ließ die Fackeln tanzen und die Schatten herum wirbeln. Die Gestalt, die Nikolaos angesprochen hatte, zuckte in die Ombrage der anderen Grabbauten zurück, als ob sie das Licht der Fackeln scheute. „Wenn ihr nur der Schüler seid, dann wollt ihr nicht die Wahrheit enthüllen?“, flüsterte die Gestalt leise und wollte schon einen Schritt zurück treten, um in dem Schutz der Nacht wieder zu verschwinden, lautlos und still wie sie gekommen war, weiterhin unerkannt.