Beiträge von Prosekon tou Mouseiou

    Wimmernd rauften sich die Klageweiber von Alexandria die Haare, ihr Klagen ertönten dissonant in den Hallen, die lieber mit der harmonischen Musik von Flöten erfüllt werden wollten, dem sanften Murmeln von dunklen Priesterstimmen, aber nicht dem Geruch von Tod und dem Jenseits. War doch dieser Ort dem Leben und der Schönheit gewidmet, doch der oberste Priester des Museion war verstorben und ihm zu Ehren musste jeglicher Pomp und jede Zeremonie peinlich genau abgehalten werden. Das wusste auch Sosimos, der auf die Person hinter dem Epistates nie viel gegeben, ihn verachtete und sich maßlos über ihn aufgeregt hatte, aber das Amt des Epistates war dafür um so wichtiger und bedeutender. Darum war Sosimos sehr erfreut, dass der Rhomäer ihre Traditionen nicht nur stillschweigend respektierte, sondern ihnen auch noch beiwohnte und dem Amt somit die Wichtigkeit beimaß, die Sosimos dem zusprechen würde. Sosimos verneigte sich in einer höflich und dabei dezent ergebenen Art und Weise (ohne Katzbuckelnd oder Kriecherisch zu wirken). „Habt Dank, ehrenwerter Praefectus, Stimme des Basileus.“


    Sosimos wandte sich um, um zu der Bahre zu treten. Eirene derweil hatte den Kopf gehoben als Timokrates sie ansprach, ihre dunklen Augen ruhten länger auf den Zügen des Mannes, dann neigte sie das Haupt. „Habt Dank.“, murmelte sie leise und senkte die Augenlider. Ihr blasses, strenges Gesicht wirkte einen Moment etwas weicher, verhärtete sich dann bei dem nächsten Klagen der Weiber erneut. Erneut ließ sich Eirene die Beileidsbekundungen versichern und auch bei Nikolaos dankte sie, mit einem Blick und einem kurzen Nicken. Der Junge, vielleicht sieben Jahre alt, hob den Kopf und musterte Nikolaos irritiert. „Müssen wir auch sterben?“, fragte er mit großen und ängstlichen Augen den jungen Schüler. Seine ältere Schwester griff nach seiner Hand und kniff ihn in den Arm. „Psst.“, raunte sie eindringlich. Sowohl sie als auch der Junge ernteten tadelnde Blicke von der jungen Ehefrau (nun Witwe) des Verstorbenen.


    Einige Gelehrte stellten sich an die Seite des Totenbetts, das Tuch wurde zurück gestrichen und lange, massive Holzstreben traten zu Tage (beziehungsweise zu Nachte und dem sehr frühen Morgen). Die Männer, von Jung bis Alt waren sie, hoben den Leichnam an den Stangen hoch, einige Blütenblätter fielen dabei hinab auf den polierten Marmorboden. Schweigend gingen die Träger auf den Ausgang zu. Wie von Geisterhand öffneten sich die Tore zu dem Raum. Düster zeigte die Anlagen des Museion, der Tag war noch nicht angebrochen und die Sterne prangten noch in der späten Nacht. Aber so war es Sitte, um nicht die Götter mit dem Anblick des toten Körpers zu verärgern. Fackeln säumten jedoch den Weg des Leichenzugs, brannten hell und beleuchteten den Boden für all die Menschen. Die Klageweiber traten an die Seite. Eine Syrinx* erklang in die Stille hinein, die auch von den Klageweibern nicht durchbrochen wurde. Nur von den Schritten aller Menschen, dem leisen Ächzen des Holzes, auf dem die Leiche bewahrt wurde. Die Männer traten hinaus. Vor dem Tempel wartete bereits der Leichenwagen für den Epistates. Der Körper wurde auf den Wagen gehoben und zwischen zahlreiche weiße Blüten gelegt, die sich wie ein Meer aus zarten weißen Blättern um den Epistates bauschten. Zwei schimmernde dunkle Pferde zogen den Wagen. Um den Leichenwagen hatten sich schon viele Menschen, Schüler, Gelehrte des Museion versammelt , um sich der Ekphora anzuschließen, der sie aus dem Museion hinaus führen würde.


    * ~Eine Panflöte

    Tiefe Töne entlockte der junge Syrinxspieler seinem Instrument, andächtig spielte der junge Mann die Flöte als er einen Fuß nach den Anderen setzte und vor der Ekphora, der Prozession des verstorbenen Epistates, entlang schritt. Viele Fackeln beleuchteten den Weg, zuerst in zahlreichen Fackelhalterungen im Museion, so dass man meinen könnte, die Nacht würde zum Tage werden, und dann von den vielen Menschen, die sich dem Leichenzug angeschlossen hatten. Leise wimmerten die Frauen auf, wenn der Syrinxspieler die Flöte absetzte, um Luft zu holen und dann erneut eine traurige Melodie anzusetzen. Der Wagen poltert ab und an, wenn er über die Pflastersteine fuhr, die Pferde stoben ihren Atem in die Dunkelheit. Nachdem sie die Mauern des Museions verlassen hatten und über die Straßen der Polis entlang schritten, mischte sich die eine einzelne Doppelaulos in das Spiel der Syrinx, hell und rein. Ein langer Marsch durch die Stadt führte sie bis zu den Toren der Stadt, der Himmel verfärbte sich bereits blass blau und zeigte die ersten Perlmutt- bis Rosefarben am östlichen Horizont. Von dort war es nicht mehr weit bis zu der Totenstadt.


    Lorbeerbüsche säumten die Mauer vor dem Eingang der Nekropole, deren Tore für die Bestattung offen standen. Fackeln waren auch hier bereits aufgestellt, beleuchteten ein weiteres Mal den Weg der Menschen, doch um so deutlicher zeichneten sich auch die Schatten zwischen den Gräbern ab, dort wo die Flammenzungen mit ihrem Schein nicht mehr hin kamen, nicht die gierige Dunkelheit vertreiben konnte, die mit ihren Fingern nach den Menschen greifen wollten, ganz als ob es die Boten des Hades wären, die nach den Menschen lächzten. Oder waren es doch die alten ägyptischen Totengeister, die darum haderten, dass ihnen nicht mehr gehuldigt wurde wie früher? Griechische Prunkbauten, reihten sich neben Ägyptische aus älterer Zeit, weitläufig waren die Totenanlagen, verworren in ihrem Verlauf. Der Weg zu der großen Anlage des Museion war deutlich durch die Fackeln. Der Wagen wurde vor den Mauern angehalten und die Totenbahre erneut herunter gehoben. Ein lauer Wind wehte über sie hinweg, zerrte an dem weißen Leichentuch, was über dem Epistates ausgebreitet war, an seinen weißen Haaren. Sein Haupt sah heraus, ganz als ob er auf seinem Bett nur nächtigen wollte.


    Prunkvoll bemalt waren die marmornen Wände des Museionsgrabes im Zentrum der Nekropolis, zahllose Vorgänger des jetzigen Verstorbenen waren schon hier bestattet worden, Marmorsäulen hielten das hohe Dach des Prunkbaus, Steinreliefs zierten den Giebel, goldene Steinblätter das Kapitel und Blattgold auch die Basis der schweren Säulen. Ebenso prunkvoll und verschwenderisch war das Innere des Grabes ausgestattet, Goldkerzenständer, edle Vasen und zahlreicher anderer Pomp, der nur durch die dicken Mauern ohne Fenster und den schweren Türen vor Diebstahl sicher waren. Die schweren Bronzetüren zu dem Grab standen offen. Dem Praefectus war natürlich ein Ehrenplatz bereit gehalten worden, von wo er nicht nur alles beobachten konnte, sondern auch, wenn es ihm beliebte, selber eingreifen. Im Klang der Klagen, dem Wimmern der Frauen und manchen Schluchzen der Menschen, die mehr von der Zeremonie sich mittragen ließen, ebenso dem Widerhall der Musikinstrumente wurde der Leichnam in eine steinerne Grube hinab gelassen. Gelb fiel der Schein von den Fackeln noch auf das Gesicht des toten Epistates. Sosimos trat nach vorne und vor all die Menschen, an seiner Seite die noch offene Grabstätte in dem Prunkbau. Schweigend wartete er, bis alle Menschen, die mit gelaufen waren, sich vor dem Grab versammelt hatten. Es war doch eine ansehnliche Menge an Menschen geworden, auch mehr als im Museion lebten.

    Noch zeigte sich nicht die Sonne, der Morgen graute nicht, viele der alexandrinischen Bürger waren noch in ihren Betten, ruhten sich von ihrem Tageswerk aus, weit weg von Sorgen um Tod und Jenseits. Nur die Kinder des verstorbenen Epistates, sie mussten mit ihrer Mutter die ganze Nacht an dem Totenbett des Epistates wachen. Müde waren die kleinen Gesichter, unruhig, ein Quängeln trauten sie sich nicht. Ihre Mutter saß gestreng an ihrer Seite, der Tod und all die Beileidsbekundungen bedrückten die Kinder. Die Frau hob den Blick an als Theodoros auf sie zutrat. Ihre Lippen waren ein schmaler Strich. Sie musterte den Gelehrten stumm und prüfend, dann neigte sie den Kopf. Kein Wort, keine Klage kam über ihre Lippe, strenges würdevolles Benehmen, so war ihre Haltung. Aber ihre Augen verrieten keine Spuren von Tränen. Auch nicht als der Praefectus höchst persönlich in den Raum der Tempelanlage schritt, mit seinem ganzen Gefolge. Aber dieses Mal regte sich Eirene deutlich. Sie sah auf und erhob sich. Um gleich darauf sich vor dem Praefectus nieder zu knien, ihren Kindern deutete sie gleiches zu tun. Das kleine Mädchen stolperte dabei und fiel der Länge nach hin. Ängstlich rappelte sich das Mädchen schnell auf, kniete sich wie seine Geschwister nieder und kämpfte einige Tränen der Erschöpfung nieder. „Ich danke Dir, für Deine Ehrerbietung, huldvoller Eparchos, Gesandter des Basileus und Gott auf Erden. Herr über Ägypten.“ Demütig und untewürfig waren die Augen der Frau gesenkt. „Mein verstorbener Ehemann würde sich sehr geehrt fühlen.“ Gelogen war das. Der Epistates würde sich im Grabe herum drehen, wenn er etwas davon mitbekam. Oder zumindest auf dem Totenbett. Gesenkten Blickes, züchtig erhob sich die junge Frau, deren Leben schon vorher den Gram um ihr Mundwinkel gezeichnet hatte.


    Sosimos, der Gelehrte, der auch die Einladung an den Praefectus versandt hatte, erhob sich, trat vor und verbeugte sich vor dem Praefectus. „Chaire.“, grüßte er Corvus, wechselte darauf jedoch gleich in ein gepflegtes Latein, was nur durch einen leichten griechischen Akzent mißhandelt wurde. „Es ist uns eine große Ehre, dass Du die Zeit für die Bestattung finden konntest, werter Praefectus.“ Dem Anlass gegenüber, aber weil Sosimos nicht derartige Abneigungen gegenüber der römischen Herrschschaft und den römischen Herrscher empfand, hauptsache er durfte am Museion weiter ungestört forschen, war Sosimos Benehmen sehr respektvoll, würdevoll und von keinerlei cholerischem Temperament geprägt. „Gestattest Du uns, mit dem Leichenzug zu beginnen. Ehe die Sonne über dem Horizont erscheint?“

    Aus dem kleinen Nebengebäude glomm weiches, gelbes Licht, was von zahlreichen Öllampen her rührte und einem Kohlebecken, was in den Räumlichkeiten aufgestellt war, dass das Licht zu dieser späten Stunde noch verbreitete. Schon vor zwei Stunden hatten sich die Menschen um den Brunnen herum zerstreut, die Attraktion war davon getragen worden. Doch in den Räumen, die zu den Forschungsräumen des Doros von Pelusium gehörten, war noch emsige Aktivität vorherrschend. Was Doros mit dem toten Epistates tat? Niemand außerhalb vermochte es zu sagen. Vor der Tür in dem Nebengebäude, was zu seinen Zimmern führte, stand ein dunkelhäutiger Nubier. Kahl rasiert war der Sklave, seine muskulösen Arme vor der breiten Brust verschränkt und er wartete stumm, hatte die Anweisungen niemanden ohne die Erlaubnis einer der momentan jüngsten Iatroi des Museion durch die Tür zu lassen. Wachsam waren die dunklen Augen des Nubiers, aber genauso klug und aufmerksam. Schon seitdem Doros ein Junge war, beschützte Baraka den jungen Herrn, ein Grieche aus gutem Hause, vermögende Eltern, die ihm ein Studium an dem Museion ermöglicht haben. Doch Doros war nicht nur wegen seines Vermögens im Museion bekannt, oder dafür, gerne dem weiblichen Geschlecht nach zu stellen oder hin und wieder die Vorlesung zu verpassen, wenn er in der Nacht erneut zu viel getrunken hatte, nein, auch wegen seiner doch durchaus vorhandenen hohen Intelligenz, seinem Drang die Rätsel des menschlichen Körpers zu ergründen, alles, was ihn schnell zu einem doch guten Medicus machte, der bereits in diesen jungen Jahren als Philologos am Museion befähigt war. Gerüchte besagten jedoch, dass Doros ein Anhänger der älteren alexandrinischen Schule war. Lange Rede, kurzer Sinn: Doros war in den Räumen tätig und sein Sklave bewachte die Tür dazu.

    Prothesis- die Aufbahrung des Epistates:
    Zwei Tage lang würde der Leichnam des Epistates in einem der prunkvollen Nachbarräume des Haupttempels aufgebahrt werden. Zwei Tage lang würden die Menschen aus Alexandria Zeit haben, sich von dem Mann, der viele Jahre lang das Museion geleitet und geführt hat, zu verabschieden. (Oder ihn noch mal zu verfluchen). Und ihm noch die letzte Ehre zu erweisen. Lichtdurchflutet war der Raum am Tage, die goldenen Strahlen fielen auf das Totenbett des Epistates. Gewaschen und gesalbt ruhte der Epistates auf dem harten Marmortisch. Sein Körper war mit weißen Binden umwickelt. Ein weißes Tuch bis zu seinem Kinn ausgebreitet. Seine Gesichtszüge mit Rafinesse derart gestaltet, dass er in einem tiefen Schlaf zu schlummern schien. Rote und weiße Blumen waren um seinen Körper gestreut, ein Kranz aus purpurnen Orchideen umschmiegte sein weißhaariges Haupt. Auf seiner Zunge lag ein Drachme (die ein aufmerksamer Beobachter durchaus sehen konnte, war der Mund doch ein klein wenig geöffnet).


    Um das Totenbett waren vier Kohleschalen aufgestellt, aus denen Düfte mit wohl riechenden, brennenden Kräutern aufstiegen und am Abend und der Nacht ein rot glimmendes Licht verbreiteten. Neben dem Bett waren stets einige ältere Frauen, deren Haare zerrauft waren, und die leise vor sich hin jammerten und die Totenklage vollführten. Manches Mal legten sie auch die Hände über den Kopf zusammen und schluchzten weiter. Zudem standen hinter ihnen drei Männer, die in der rituellen Haltung im Klagegestus aus harrten, mit ausgestreckter Rechten und an den Kopf geführten linken Hand. Auf Stühlen an der Seite saß eine Frau, die höchstens dreißig Jahre sein konnte. Ihre dunklen Haare waren streng nach hinten geflochten, ihre Kleidung in einem tristen Grau gehalten. Blass und ernst starrte die Frau auf das Totenbett und rührte sich schon seit Stunden nicht. Neben ihr saßen drei Kinder, von 12 bis hin zu 5 waren diese vom Alter her, zwei Mädchen und ein Junge. Die Kinder wurden zusehends ungeduldig. Wenn sie auch gedrückte Mienen offenbarten.


    In dem Moment betrat Sosimos den Raum. Der Gelehrte ging langsam auf das Totenbett zu und sah mit beherrscht, kalter Miene auf den toten Körper hinab. Er streckte die rechte Hand aus und tippte sich mit der Linken gegen den Kopf. Einen Augenblick verharrte er so, bis er sich umwandte und vor die Frau trat. „Mein Beileid, werte Eirene.“ Die Frau sah zu dem Philologos auf und nickte stumm. Anschließend verfiel sie in ein weiteres Brüten. Sosimos wandte sich um und nahm auch neben dem Totenbett Platz, um einige Stunden hier zu verbringen. Schüler, Angestellte, Menschen aus der Stadt, immer wieder traten sie in die mit dunklem und weißen Marmor ausgekleideten Raum, verweilten einige Zeit still vor dem Leichnam, verkündeten ebenso Beleidsbotschaften und gingen dann wieder. Nur wenige blieben längere Zeit.

    Ein Jüngling brachte den Brief bis zu den zuständigen Stellen des Praefectus. Natürlich war der Brief auf Griechisch verfasst.






    Dekios Germanikos Korvos
    Eparchos der Rhomäer
    Stimme des Basileus
    Herr über Ägypten und Alexandria


    Heil Dir, gesalbter Eparchos, Beschützer aller alexandrinischer Hellenen,


    die Stadt klagt um den Tod des Epistates tou Mouseiou, der gewaltsam und frevelhaft aus dem Leben gerissen wurde. Schon bald soll der Leichnam des Epistates auf angemessene Art und Weise bestattet werden. Auch ist es Tradition am Museion, dass ein Synodon einen Vorschlag für einen Nachfolger des Epistates an Dich heran tragen wird. Natürlich würden wir, bescheidene Sterbliche des Musentempels, uns geehrt fühlen, solltest Du uns die Ehre Deiner Anwesenheit sowohl bei dem Begräbnis, als auch der Versammlung, erweisen.


    In respektvoller Ergebenheit und verbundener Freundschaft
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    Von schmächtig bis mächtig, dürr bis füllig, Gelehrte jeglicher Coleur, Gestalt und Alters betraten an jenem bedeutungsvollen Morgen die Exedra. Schon in der Wahl der Sitze wurde klar die einzelnen Fraktionen, Interessengemeinschaften und Gruppierungen ersichtlich. Sosimos von Korinth war einer der Ersten, der herein kam. Er nahm vorne Platz und verschränkte grimmig die Arme vor der breiten Brust, die Stühle zu seiner Rechten und Linken blieben längere Zeit unbesetzt. Der Philologos Chares, beschäftigt mit der Chimärenforschung, schlurfte mit hängenden Schultern etwas später herein. „Ich kann alleine laufen!“, eine schrille Männerstimme drang in die Exedra. „Jetzt neeehmt schon die Finger von mir...aiaiai...was HAST Du gesagt, Junge?“ Ein Greis stackste in die Räumlichkeiten, auf einem schwarzen Gehstock gestützt. Dürr und mit einer prominenten Adlernase war der Greis gezeichnet, groß gewachsen und ohne ein einziges Haar mehr auf seinem Denkerkopf. Nur zahlreiche Alterslfecken hielten die leeren Stellen besetzt. Suchend blickte der Alte hin und her und eroberte sich einen Platz in der ersten Reihe. „WER IST DENN DAS?“, keifte der Alte lautstark in den Raum. Von Schwerhörigkeit geplagt, ging er scheinbar davon aus, dass alle anderen auch von dem Leiden betroffen waren. Ein junger Mann beugte sich zu ihm herab und murmelte leise etwas. „WAS?“, plärrte der Alte. Der Mann seufzte und meinte dann lauter. „Er vertritt den toten Epistates. Das ist Theodoros aus Alexandria, ein Philologos.“ Der Alte starrte Theodoros unverhohlen an. „Aha! Und warum sitzt er auf dem Stuhl des Epistates? Ist die Wahl schon vorbei? Bei Hermes, warum sagt man mir nicht früher Bescheid?!?“ Der junge Mann rollte mit den Augen. „Die Wahl war noch nicht, werter Euphamos.“


    Und noch mehr Gelehrte kamen, sogar welche, die schon seit Jahren nicht mehr am Museion gesehen worden waren, geschweige im Unterricht von Schülern oder Forschungen, die die Schule noch bereichern könnten. Doch zur Wahl des mächtigsten Mannes des Musentempels (beziehungsweise das Vorschlagen des Selbigen) kamen sie wie die Ratten aus allen Löchern hervor geströmt, um am großen verlockenden Käse (namens Macht) doch noch teilhaben zu dürfen. Oder weil sie einen bestimmten Kandidaten unterstützen wollten. Die Sklaven des Museion blieben recht weit hinten stehen. Ein grauhaariger Mann setzte sich direkt neben Urgulania und musterte sie kurz prüfend. Gepflegt war der Man von seiner Erscheinung und in schlichtes, aber feines Tuch gekleidet. Nicht nur der große Siegelring an seinem Finger verriet, dass der Mann kein Armer war. „Chaire.“, grüßte er sie freundlich. „Grammateos?“ Eine Gruppe von Iatroi (Ärzten) betraten den Raum, unter ihnen auch Doros, und nahmen weiter hinten Platz.

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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Schon halb bei dem Begräbnis in Gedanken und aus dem Zimmer hinaus getreten (auch nur schon gedanklich) nickte Sosimos abwesend. „Ja, ja...das Wohl des Museion liegt mir schon lange sehr am Herzen. Es ist doch auch mein zu Hause, meine Inspiration, die Welt der Erleuchtung und der Hort alles Wissens. Jeglicher vernünftige Mensch würde versuchen das zu erhalten.“ Sosimos kratzte sich an seinem Bart, nickte grummelnd und erneut brummend. „Gut, dann alles Gute, Theodoros. Hast Dich wirklich gemacht. Da sieht man doch, das Museion bringt auch mal anständige Menschen hervor. Und nicht nur solche wie Tychios oder unfähige Narren.“ Sosimos wandte sich um und marschierte hinaus, ohne ein weiteres Wort zu verlieren. Erst draußen war wieder sein Geschimpfe zu hören, aber das abermals an seinen Sklaven (dessen Benehmens wegen) gerichtet war.




    Und auch in Alexandria wurden die Ergebnisse für all jene, die sich in Alexandria eingetragen hatten, an dem Aushang der Schola veröffentlicht. Natürlich mit der obligatorischen Zeitspanne, die es brauchte, damit die Nachricht das Mittelmeer überquerte.




    AN DER


    SCHOLA ATHENIENSIS


    FAND FOLGENDER KURS STATT:


    CURSUS RES VULGARES


    MIT AUSZEICHNUNG BESTANDEN HABEN:

    Lucius Artorius Veratius
    Titus Decimus Cursor



    DER KURS WURDE BESTANDEN VON:

    Silenos Lakedaimonios
    Gaius Tiberius Rufinus
    Lucius Claudius Cethegus




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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Ein weiteres Mal erhob sich Sosimos und ächzte leise. Sein Sklave eilte ihm schnell zu Hilfe und bot ihm seinen Arm als Stütze an. „Fort mit Dir!“, herrschte Sosimos den Sklaven jedoch nur an, der wie ein getretener Hund zur Seite sprang. Sosimos hielt sich an der Lehne des Stuhls fest und nickte zustimmend. „Dann kümmere ich mich um die Angelegenheit. Wir dürfen auch nicht weitere Zeit verstreichen lassen. Es wäre ein Sakrileg den Priester des Apollon nicht angemessen zu bestatten. Mal abgesehen davon, dass auch bei einem normalen Sterblichen das ein Frevel wäre und wir mit seinem Herumgeistern rechnen müssten.“ Sosimos Stirn furchte sich in nachdenklichen Falten. „Nein, keine Feuerbestattung. Wenn es nach mir ginge auch keine Mumifizierung. Eine ordentliche Balsamierung reicht vollends. Aber ich werde diesbezüglich mit der Familie des Epi....äh...Tychios sprechen. Die Versammlung sollte womöglich erst nach der Trauerzeit einberufen werden. Zumindest erst nach der rituellen Woche und dem Ta enata. Aber das überlasse ich natürlich Dir.“ Sosimos richtete sich auf. „Gut, das war es dann von meiner Seite. Hast Du vielleicht noch etwas zu besprechen?“




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    Die Räumlichkeit liegt in einem der Nebengebäude des Museion und im ersten Stockwerk über den Schlafsälen einiger der Studenten. Ein bescheidenes Gästezimmer stellt die Räumlichkeit dar. Sauber, ordentlich und frei von offensichtlichen Ungeziefer ist es dennoch. Ein Bett, ein Tisch, eine Waschschüssel und eine Truhe besitzt das Zimmer. Zudem sogar noch zwei Schemel als Sitzgelegenheiten und einen anständigen Stuhl. In diesem Gästezimmern, die es doch zahlreich in der Art am Museion gibt, werden Gelehrte aus anderen hellenischen Städten untergebracht und ihnen die Gastfreundschaft des Museion gewährt.

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    ~ Sosimos von Korinth ~


    „Ja, ja, schrecklich!“ Zustimmend nickte Sosimos und fuhr sich mit der Hand über das Kinn, sah grübelnd auf einige Schriften von Theodoros, ohne jedoch wirklich auf irgendwelche Zeichen zu achten. Ein leises Grummeln und Brummen war von ihm zu vernehmen. „Ja, kühler Kopf. Natürlich. Da hast Du durchaus Recht.“ Für eben Selbigen war Sosimos jedoch nicht bekannt. „Die Schüler dürfen auch nicht in Panik verfallen. Ah, seine Schüler müssen auch noch aufgeteilt werden. Schließlich kann der Epistates...äh...Tychios jetzt noch schlecht lehren.“


    Als Theodorus auf die ausländischen 'Gäste' zu sprechen kam, riß Sosimos seinen Blick von den Schriften los und sah wieder zu Theodoros, verzog dabei seine Stirn in einen konzentrierten und nachdenklichen Ausdruck. „Rom? Aha. Ja...meinetwegen. Soll er doch auch dann kommen. Ohne Stimmrecht...gut, gut. Athen?“ Sosimos dachte nicht lange nach, sondern nickte. „Dann soll er ebenfalls teilnehmen. Womöglich wiegen sie die Trottel auf, die nur für solche Versammlungen noch aus ihren winzigen Kämmerlein heraus kommen und ihre Stimme erheben.“ Die Hände vor dem rundlichen Bauch gefaltet, gut kaschiert durch das Gewand, nickte Sosimos zustimmend. „Und das Begräbnis. Wie sieht es damit aus? Ich kann mich darum kümmern, Theodoros, wenn Du schon zuviel an Arbeit hast. Wegen den Aufgaben des Epistates, die Du bereits inne hast.“ Fragend hoben sich die weißen Augenbrauen.



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    ~ Sosimos von Korinth ~


    Resigniert seufzend plumpste Sosimos zurück auf den Stuhl. „Au!“, entfleuchte ihm und rieb sich sein Kreuz. „Aiai, das Alter. Das wird leider auch nicht immer besser.“ Er grummelte leise vor sich hin und drehte an dem Anhänger, den er vor seinem beigen Gewand trug. „Hm...ja, Unfähigkeit erlebt man wahrlich überall. Tychios....der war ja noch nicht mal unfähig. Korrupt. Durch und durch. Du ahnst gar nicht, Theodoros, was der sich alles erdreistet hat in den letzten Jahren. Pah. Das wäre zu Zeiten meines Onkels nicht passiert.“


    Kaum eine Gelegenheit ließ Sosimos aus, um nicht mal seinen Onkel ins Spiel zu bringen. Ebenfalls Epistates am Museion und schon vor langer Zeit verstorben. Aber mitunter war das ein Grund, warum Sosimos noch so einen guten Stand im Museion hatte. Aber angeblich war sein Onkel in den letzten Jahren auch nicht mehr der Hellste gewesen. Sogar verrückt hatten ihn manche bezeichnet. Seine Anfälle waren berühmt geworden und zudem war der besagte Onkel regelmäßig während seiner eigenen Vorlesungen eingeschlafen. Sosimos schien einen großen Teil von seinem Onkel geerbt zu haben. „Es heißt? Dann ist das noch nicht sicher? Wollen wir mal beten, dass er nur ausgerutscht und im Brunnen ertrunken ist. Ein Mord, ein weiterer Mord am Museion. Das ist zu schrecklich. Mein Großonkel hat mir von einem wahrhaft tragischen Vorfall erzählt. Der auch hier in den Mauern des Museion passiert ist. Zur Zeiten der Ptolemäer noch...“


    Gerade wollte Sosimos ausholen und aus seinem gesammelten Wissenschatz über das Museion palavern als er ein kräftiges Räuspern hinter sich vernahm. Der Sklave. Sosimos drehte sich zu ihm um und hob drohend die Faust. „Ruhe da hinten.“ Dann wandte er sich um und sah irritiert zu Theodoros. „Was wollte ich noch mal sagen...Ah ja, die Versammlung. Ich würde mal sagen, alle Gelehrten, die länger als fünf?...ja fünf Jahre hier arbeiten....nein, besser sieben. Na, das gibt wohl doch Ärger. Leider wohl alle. Aber was ist mit den anderen Gelehrten? Von der Akademie und so? Nein, warum sollten wir?“ Sosimos hob die Hand und zwirbelte seinen Bart. „Sind das viele? Kann man ihnen trauen?“ Skeptisch besah Sosimos Theodoros. „Und dieser Mann von heute? Will der gar Ansprüche stellen?“




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    ~ Sosimos von Korinth ~


    „Ein bisschen klein dein Arbeitsraum, oder?“ Sosimos sah sich um und betrachtete erneut, was er dort sah. Sosimos, der in der Tat aus Korinth stammte, wenn auch schon seit vielen Dekaden am Museion lebte, zwirbelte den Bart an seinem Kinn. Er ging bereits im Kopf durch, wer zu der Versammlung kommen dürfte und wen er am liebsten ganz davon verbannt sehen wollte. Als ihn die Antwort von Theodoros aus dem Grübeln heraus riß. Eine verärgerte Falte entstand zwischen den weißen Augenbrauen des Gelehrten. Cholerisch war er durchaus und leicht in Rage zu bringen. Was soll das heißen, Theodoros? Willst Du etwa behaupten ich schlage hier eine Sitte vor, die den Traditionen nicht entspricht? Hüte Deine Zunge, junger Mann! Selbst wenn Du jetzt von dem Eparch auf einen höheren Stuhl gesetzt wurdest, vergiß nicht, wo Deine Wurzeln liegen. Es ist und war stets so am Museion, daß der Epistates von den Gelehrten des Museion vorgeschlagen wurde. So war es von je her Sitte bei uns. Und eine gute Tradition. Und der Praefectus wird sicherlich darauf setzen. Ebenso der Kaiser. Sie haben stets auf unsere Weisheit und unser Verständnis für die kultischen Dinge vertraut.“ Rot verfärbte sich das Gesicht von Sosimos, ein deutliches Zeichen, dass sich der ältere Mann bereits sehr ärgerte über Theodoros.


    Er erhob sich. „Gut. Dann gib mir Bescheid, wann Du sie ansetzen wirst. Und bedenke auch, dass es an einem richtigen Tag vonstatten geht. Sonst ist die ganze Wahl nichtig. Immerhin geht es um das Amt eines Priesters. Wenn nicht sogar des wichtigsten Priesters der ganzen Stadt.“ Sosimos sah sich zu seinem Sklaven um. Wo war der Lümmel bloß wieder? „Ach, ist eigentlich bekannt, woran der Epistates gestorben ist?“, fragte Sosimos mehr beiläufig. „Ich hörte, er wurde ermordet?“





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    Eines der Nebengebäude des Museion dient gänzlich dem Iatreion, dem Haus der Ärzte. Hier arbeiten die Ärzte des Museion in verschiedenen Räumlichkeiten. Kranke aus der Stadt, aber auch aus dem Museion können sich hier fachkundigen Rat holen. Betritt der Ratsuchende das Nebengebäude, welches am Rande des Parkes liegt und in der Nähe des großen Eingangtores, kommt er zuerst in einen großen Warteraum. Sklaven sind hier beschäftigt, die sich darum kümmern, dass dem Suchendem geholfen werden kann.



    Tagein, Tagaus saßen die zwei Schreiber des Epistates in dem Vorraum. Doch in letzter Zeit war es merkwürdig still hier geworden, früher brummte es wie in einem Bienenhaus, ständig waren Bittstelller oder neue Schüler hier, Gelehrte, die mehr Gelder wollten oder andere Anliegen hatten, Arbeitssuchende oder Gönner für den großen Tempel der Musen. Doch seit dem Tod des Epistates war kaum noch jemand gekommen. Die Nachricht hatte sich wie ein Lauffeuer durch Ägypten verbreitet, dank der imperialen Zeitung auch durch das restliche Imperium. Und so war schon ein Tag später keine Menschenseele mehr hier. Außer einem alten Mann, der beharrlich zum Epistates vorgelassen werden wollte und den Schreibern nicht abnahm, dass dieser bereits verstorben war und darauf wartete, bestattet zu werden. Und mitten in diese gespenstische Stille kam der Bote des Strategos. Hermaios saß an dem Tisch und starrte gelangweilt auf eine leere Tabula, Xerxes sortierte bereits zum dritten Mal die Schriftrollen in den Schränken. Beide Schreiber sahen auf. Hermaios, schneller und flinker als Xerxes, sprang den Boten gar schon an. „Ja, natürlich. Das ist kein Problem. Ich habe sogar jetzt schon Zeit. Warte doch bitte nur einen Bruchteil dieser Sanduhr hier.“ Er deutete auf eine kleine Sanduhr auf seinem Schreibertisch. Flink eilte er zu einer Leiter und kletterte nach oben. Zwischen einigen Rollen suchte er, dann griff er zielstrebig zu und kletterte wieder hinab. Er reichte die Rollen dem Boten. „Hier. Das sind schon zwei Kopien. Dennoch möchte das Museion sie wieder zurück haben, wenn der Strategos damit fertig ist.“ Hermaios wippte auf seinen Füßen auf und ab und fragte geflissentlich. „Vielleicht noch etwas?“ Hermaios war sogar recht erpicht darauf, denn sonst würde er sich erneut langweilen müssen.






    DEMOSIOS - MUSEION[/quote]

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    ~ Sosimos von Korinth ~



    Das „Jaaahaaaa“ drang laut und vernehmlich durch die Tür und erreichte auch Sosimos verständlich, der durchaus schon in seinem Alter das eine oder andere Problem mit dem Hören hatte, mal abgesehen von den ganzen Wehwechen, über die er manche Tage lange reden konnte. Doch nicht heute und ganz bestimmt nicht hier. Er hielt sich auch nicht damit auf zu warten, dass sein Sklave die Türklinke ergriff und die Tür vor ihm öffnete, so wie es sich eigentlich gehören würde. Nein, er riß die Tür selber auf und stapfte hinein. Ein Blick schweifte schnell durch den Raum, nahm das eine unwichtige oder das andere wichtige Detail auf und fixierte dann den Gelehrten dieser Räumlichkeiten, Theodoros selber. Der wüste grimmige Gesichtsausdruck aus den Zügen von Sosimos schwand abrupt, ein väterlich, wohlwollender Zug trat an diese Stelle. „Ah, Chaire, chaire, Theodoros. Endlich, die Schola ist um etwas Dummheit ärmer geworden und ein heller Geist ist wieder zurück in diese Hallen gekommen.“ Sosimos sah sich suchend um und griff nach einem Stuhl, legte eine Apparatur vorsichtig zur Seite und nahm an dessen Stelle auf dem Stuhl dort Platz.


    Grübelnd betrachtete Sosimos den jungen Mann (der Theodoros in den Augen eines der ältesten Gelehrten des Museion auch war) und kratzte sich an seinem weißen Bart. „Tsts...Theodoros. Eben noch ein Schüler...“ Mit den Jahren war Sosimos auch recht großzügig. „...und mit allerlei neugierigen und altklugen Fragen auf den Lippen und schon bist Du fast der neue Epistates. Du hast Dich wirklich gemacht, Theodoros. Das habe ich schon immer gewußt.“ Weswegen er wohl besonders gerne mit dem Stock damals zugeschlagen hat. Lernen konnte man bei Sosimos wirklich etwas. Ein weiser Geist war er, aber nicht unbedingt bei den Strafen. „Also hat Dich der Eparch ernannt? Aber wir müssen das Intern regeln. Es muß eine Versammlung geben und wir müssen einen Kandidaten bestimmen.“ So wie es die Tradition war, aber Sosimos glaubte nicht, so etwas anfügen zu müssen. Schließlich wußte er genau, daß Theodoros diese mehr als gut kannte.





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    ~ Sosimos von Korinth ~


    „Dort entlang Herr. Dieses Mal bin ich mir gaaanz sicher.“ Ein Klatschen erfolgte. Ein Schmerzenslaut und ein Sklave huschte den Gang entlang. „Das hast Du die letzten zehn Mal auch schon gesagt. Habe ich den unfähigsten Sklaven bei mir? Hach, ich hätte Dich schon längst an die Krokodile verfüttern sollen, Du Nichtsnutz. Du Taugenichts.“ Ein wimmerndes Flehen erfolgte auf die Schimpftirade des Gelehrten. „Und warum hat er überhaupt andere Räume bekommen? Ist das zu fassen. Dabei gibt es genug, was ich mir jedes Jahr neu merken muss.“ Weiter vor sich hin grummelnd kam Sosimos von Korinth direkt bis zu der Tür von Theodoros Stege. Verblüfft blieb er stehen. „Ist es gar hier?“ Der Sklave starrte auf die kleine Marmortafel und nickte hastig. „Ja, Herr. Genau hierhin wollte ich Dich führen.“ Ein Klatschen auf den Hinterkopf ließ den Sklaven erneut leise aufjaulen.


    Sosimos starrte auf die Tür, kratzte sich zwischen den Augenbrauen. „Drei Mal im Monat? Oh ihr Götter, was für neumodische Sitten. Am Ende glauben die Schüler noch, wie müssten jeden Tag für sie da sein. Und gar, unser einziger Zweck wäre die Lehre. Nicht die Forschung und die Suche nach der Weisheit.“ Verzweifelt rang Sosimos mit den Händen und starrte gen Himmel. Als ob eine göttliche Eingebung folgen könnte. Womöglich Apollon selber, der ihm ein bestätigendes Signal gab. Nein, es kam keines und so seufzte Somisos lediglich. Immerhin einen Gefallen hatten ihm die Götter getan. Sie hatten den inkompetenten Narren Tychios aus dem Leben entrissen. Er nickte bestimmt. Die Zukunft des Museion mußte geregelt werden. Es mußte schon sein. Er klopfte kräftig.




    Deutliche Skepsis stand in dem Gesicht von Doros, der seinen Marsch zu seinen Forschungsräumen kurz unterbrochen hatte als Nikolaos noch einmal das Wort an ihn richtete. Lässig verschränkte er die Arme vor der Brust, hörte sich das an, was der jüngere Mann ihm sagte. Er nickte knapp, dann wandte er sich um. Denn sein Interesse war soeben in seine Unterkunft getragen worden. Doros marschierte den Weg entlang und trat ebenfalls in das Nebengebäude, die es doch so zahlreich gab.


    Heramaios stand etwas unruhig neben Urgulania. Aber er wich nicht von ihrer Seite. Scheinbar in dem eher dürftigen Versuch sich den Anschein zu verleihen, er könnte damit Urgulania bei stehen oder gar schützen. Chares scharrte weiterhin unruhig mit den Füßen und hob dann dann doch seinen Kopf an, sah unsicher und etwas verlegen zu Nikolaos. „Darf ich jetzt gehen?“ Andere Zuschauer, die sich anfingen zu langweilen, verzogen sich mittlerweile ebenso.






    Zitat

    Original von Nikolaos Kerykes
    Plötzlich kam Nikolaos ein Gedanke. "Entschuldige noch einmal", sagte er eilig zu Urgulania und lief dann den Sklaven hinterher, die die Leiche davontrugen. "Halt!", rief Nikolaos. "Ich würde mir den Leichnahm noch einmal gerne ansehen." Er suchte die Tierspuren, die ihm aufgefallen waren. Was für eine Art von Tier mochte das sein? "Was für eine Art von Tier könnte diese Spuren verursacht haben?", fragte Nikolaos Doros.


    Jedoch schon deutliche Zeit zuvor:

    Zitat

    Original von Prosekon tou Mouseiou
    Doros beachtete Nikolaos nicht weiter, sondern winkte den Sklaven zu, seinen Anweisungen nachzukommen. Diese hoben den schweren Körper des toten Epistates hoch und trugen ihn vom Brunnen weg. Auf eines der Nebengebäude zu. Der Eingang verschluckte die drei Männer und den Toten. Doros sah nur kurz zu Nikolaos, der sich mit Urgulania unterhielt. „Falls Du später mehr wissen willst, kommt in zwei oder drei Stunden vorbei.“

    Verwundert schaut der Sklave den Nikolaos an. "Na, dann schau doch in den pinakes nach, dafür sind die ja da." Und weil der Sklave eben so übereifrig ist, geht er sofort los und holt einen der berühmten Kataloge, in denen alle Bücher mitsamt deren Standpunkt aufgelistet sind. Das System ist eigentlich idiotensicher, hat nur einen Haken: Wer es nicht kennt, ist vollkommen aufgeschmissen. Den hilfsbereiten Sklaven fällt das natürlich sofort ein, deshalb fragt er: "Kennst du dich mit den pinakes aus? Wenn nicht, erkläre ich es dir gerne."