Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    "Und... tut er das?" Ursus war lange nicht in der Stadt gewesen. Er wußte nicht, was für Absprachen es gab, welche Bündnisse sich neu gebildet hatten. Und so wie sein Patron dieses Gespräch eingeleitet hatte, drängte sich ihm der Verdacht auf, daß in dieser Richtung eine ganze Menge geschehen war im letzten Amtsjahr. "Oder gibt es einzelne, die mit der Macht liebäugeln und anfangen, Verbündete zu sammeln?"

    Ursus nahm schmunzelnd zur Kenntnis, wie der Junge sich von dem Geschehen unten im Becken gefangen nehmen ließ. Wie schön war doch die Jugendzeit, in der man in solche Geschichten mit Haut und Haar eintauchen konnte, nichts um sich herum mehr warhnehmend?


    "Wenn man mitverfolgt, welche Stellen mit wem besetzt werden, muß man sich schon manchmal wundern. Wie lange ist zum Beispiel Dein Verwandter Flavius Piso auf einer eher unbedeutenden Stelle in der Kanzlei und noch kein Stück weitergekommen? Dabei soll er ausgezeichnete Arbeit leisten, wie ich hörte." Nicht, daß er Annaeus Varus seine Stelle nicht gönnen würde. Der hat ja auch recht lange seinen alten Posten innegehabt, bevor er jetzt überrasschend ein ganze Stück aufgerückt war.


    Ein Krachen lenkte seine Aufmerksamkeit auf das Geschehen im Becken, wo die Ereignisse sich zu überschlagen begannen. Es war so spannend, daß die Unterhaltung ins Stocken geriet. Zumal jetzt auch das Entern vorbereitet wurde, was immer ein besonders interessanter Moment war. Wirklich, von diesen Spielen würde Rom noch lange reden. Modestus hatte ein gutes Händchen bewiesen.


    Endlich konnte er sich wieder losreißen. "Ganz abgesehen davon, daß es schon sehr merkwürdig ist, daß niemand etwas über den Verbleib von Tiberius Vitamalacus weiß, gibt es anscheinend gar nicht so viele Kandidaten, die in Frage kommen. Der beste dafür wäre sicherlich Vinicius Lucianus. Aber ich weiß nicht, ob der so bald wieder ein Kommando übernehmen möchte. Annaeus Florus wäre bestimmt auch sehr geeignet. Die richtigen Voraussetzungen würde bestimmt auch mein Onkel Corvinus mitbringen, aber den zieht es nicht so zum Militär, soweit ich weiß. Decimus Livianus käme bestimmt auch in Frage, er hat die Prima ja schon mal kommandiert."

    "Was ist mit dem Sohn des Kaisers? Ist sichergestellt, daß er... nunja, im Falle eines Falles in Sicherheit aufwachsen kann? Hat der Kaiser eine Regelung getroffen?" Das mußte wohl die größte Sorge sein, wenn er die Lage richtig überblickte. Die Nachfolgeregelung mußte unanfechtbar sein, sonst konnte schnell ein Chaos ausbrechen. Sogar ohne einen skrupellosen Mann, wie es Salinator offenbar war.

    Um den Kaiser ging es! Ursus stockte fast der Atem. "Ich habe den Kaiser nur ein einziges mal persönlich getroffen. Zu Beginn meiner ersten Quästur. Es ging um das Ulpianum. Ich hatte damals das Gefühl, daß er sich für kaum etwas interessierst, am wenigsten für mich. Allein der Gedanke an seinen Vater weckte ihn aus seiner Teilnahmslosigkeit. Ich hatte den Eindruck, daß es ihm sehr schlecht geht." Diese Krankheit, die über Jahre nun schon nicht besser zu werden schien, machte Ursus vor allem Sorgen.


    "Wer weiß, vielleicht hat er am Anfang das Vertrauen des Kaisers auch noch verdient gehabt. Aber wenn der Kaiser ihm freie Hand läßt und ihn nicht kontrolliert, dann könnte das inzwischen umgeschlagen sein, ohne daß der Kaiser es bemerkt hat. Macht ist gefährlich und verdirbt den Menschen. Hat denn nicht Quarto die Möglichkeit, mit seinem Bruder zu sprechen und ihn bei falsch scheinenden Entscheidungen des Praefectus Urbi zu fragen, ob er wirklich mit diesen einverstanden ist? Ich hatte den Eindruck, daß die Brüder ein herzliches Verhältnis verbindet."

    Ursus setzte sich auf einen der bequemen Sessel, - weit weg vom Bett, wo jetzt der Staub in die Luft gewirbelt wurde. Die Kleine stellte sich nicht gerade geschickt an, aber das gehörte wohl zum Lernprozeß dazu. Wie gut, daß sie gleich frische Bettwäsche mitgebracht hatte. Nach dieser Staubschlacht war die auch nötig. Und es war auch gut, daß die Holzkerben nur unter dem Bett entstanden, sonst hätte er jetzt eingreifen müssen, damit sie das Möbel nicht völlig ruinierte.


    "Straßenkarte auf zwei Beinen, ja? Kennst Du ganz Rom oder nur bestimmte Gegenden? Und auswendig lernen kannst Du auch? Kannst Du auch lesen und schreiben?" Er kannte sich in Rom ebenfalls gut aus, bis auf ganz wenige Gegenden. Er würde sie mit kleinen Aufgaben prüfen, wenn sie behauptete, Rom ganz und gar zu kennen. Ein Kind in dem Alter? Das war schon mehr als ungewöhnlich.

    Zuerst sah der Consul fast ein wenig gelangweilt aus und Ursus fürchtete schon, mit seinem Ansinnen hier zu scheitern. Doch dann war das Interesse des Tiberiers plötzlich doch geweckt. Als der den Namen Germanicus Avarus genannt hatte? Ursus war sich nicht ganz sicher, auch wenn er von der Feindschaft der beiden Männer sehr wohl wußte. Er hatte schon bei mehr als einer Senatssitzung zugehört und die beiden hatten sich dort so manche Wortgefechte geliefert, die für einen jungen Politiker sehr lehrreich sein konnten.


    "Es muß eine Vorgeschichte geben, die mir nicht bekannt ist. Auf jeden Fall braucht man nur das Wort Museion zu erwähnen, um bei Germanicus Avarus völlige Ablehnung hervorzurufen, wie vernünftig eine Idee auch sein mag. Das Museion ist ein Hort des Wissens. Sicher ist es richtig, daß Kurse über das griechische Staatswesen für einen Römer eher unerheblich sind. Aber dort werden auch Kurse abgehalten, die weiterführendes Wissen vermitteln, Fachkurse, so wie wir sie auch abhalten. Es geht schlicht darum, die in Alexandria angebotenen Fachkurse den Fachkursen an der Schola Atheniensis rechtlich gleichzustellen. Meiner Meinung nach ist das schon lange überfällig."

    Es war spät geworden heute. Ursus war mit einer größeren Anzahl Schriftrollen heimgekommen und war eigentlich nur in sein Officium gegangen, um sie eben zu sortieren und für morgen zurecht zu legen. Bald würde Zeit fürs Essen sein und er wollte sich vorher noch vom Straßenstaub befreien und umziehen.


    Als es klopfte, schaute er erstaunt auf. Und Freude zeigte sich auf seiner Miene, als er Cimon erkannte. "Cimon! Du hast den Weg also gefunden und bist mit allem klargekommen. Das ist sehr gut. Ich bin sehr stolz auf Dich, ich weiß wohl, daß das kein leichter Auftrag gewesen ist." Als er das von dem Geld hörte, seufzte er innerlich. "Eigentlich wollte ich, daß Du das übrige Geld behältst, Cimon. Weißt Du noch, wieviel es war? Dann nimm es wieder heraus und leg es zu Deinen Sachen. Oder wenn es Dir lieber ist, dann laß es drin und hol es Dir bei Bedarf." Sparsamkeit sollte schließlich belohnt werden.


    Er musterte seinen Sklaven, der zwar den Kopf gesenkt hatte, aber ansonsten aufrecht und stolz dastand. Was war das für ein Tuch? Ursus kannte es nicht. "Das Halstuch steht Dir gut. Hat Caelyn es ausgesucht?" Sie hatte einen guten Geschmack, deshalb nahm er es an. "Wie geht es ihr, Cimon? Du bist mit ihr gereist, sicher habt ihr auch miteinander gesprochen. Trägt sie immer noch so schwer am Tod ihres Bruders? Habe ich sie zu früh zurückgerufen?"

    Ursus füllte für Celerina den Becher, eine gute Möglichkeit, die peinliche Situation zu überspielen. Als Corvinus versicherte, daß sie fleißig 'übten', schaute er ihn an. "Ich wünsche euch, daß Iuno euch bald das Glück eines Kindes gewährt. Schade, daß es nur ein Mißverständnis war. Es wäre so schön gewesen. Gerade jetzt. Zu sehen, daß die Familie sich erneuert. Minervina hat so eine große Lücke hinterlassen. Niemand kann sie wirklich wieder füllen. Aber Kinder könnten dafür sorgen, daß man sie nicht mehr so spürt." Nun war die Traurigkeit, die Celerina, wenn auch eher aus Versehen, verscheucht hatte, wieder zurückgekehrt auf seine Miene.


    Die Tür öffnete sich gerade im richtigen Moment. Avianus schaute herein, ein Anblick, der Ursus gleich wieder aufmunterte. Er ging dem Vetter entgegen, um ihn herzlich zu umarmen. "Tiberius! Meinen Glückwunsch zur erfolgreichen Wahl! Ich hörte, Du hast ein enorm gutes Ergebnis erzielt! Wir können wirklich stolz auf Dich sein. Wie ist es Dir in Germanien ergangen?" Doch bevor irgendwer auf irgendeine Frage antworten konnte, immerhin hatte auch Marcus ihn aufgefordert, zu berichten, öffnete die Tür sich abermals. Die Überraschung stand Ursus ins Gesicht geschrieben. "Manius! Du bist auch wieder da!" Eine weitere Umarmung folgte. Alle waren sie hier. Fast alle. Wo waren eigentlich die Mädchen? Prisca und Laevina?


    "Bei mir war es kaum Dienst an der Waffe. Ich habe mein Gladius praktisch nur in der Hand gehabt, um es umzuschnallen. Da der Legat abwesend war, mußte ich ihn vertreten. Und hatte damit einen eng ausgefüllten Tag." Die Frage, die ihm eigentlich auf der Seele brannte, nämlich wann Minervina ankam, wagte er in dieser Runde nicht zu stellen. Gerade freuten sich alle über das Wiedersehen. Dies wollte er nicht verderben.

    Erst als der letzte Klient das Atrium tatsächlich verlassen hatte, trat Ursus wieder auf seinen Patron zu. Dessen Miene schien mehr als ernst. "Du erinnerst Dich sicher an unser letztes Gespräch, das zum Teil für mich recht schwierig gewesen ist? Das war es, weil ich ehrlich war. Ich hätte Dich auch einfach belügen können, um schneller zu meinem Ziel zu gelangen. Ja, Du kannst Dir meiner Loyalität gewiß sein, solange Du nichts verlangst, was sich gegen meine Familie oder den Kaiser richtet. Beides wirst Du nicht, dessen bin ich mir sicher. Verschwiegenheit und Ehrlichkeit kann ich Dir uneingeschränkt versprechen."

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    "Ich meine auch, du solltest dich an Senator Quarto wenden!"
    Mehr konnte und wollte ich hier und jetzt, vor all den Klienten, nicht sagen.....


    "Ich würde deine Fragen gerne später beantworten unter vier Augen...... es wäre mir recht, wenn du nach der Salutatio noch etwas hier bleiben könntest."



    Das klang so, als wäre etwas im Busche. Was nichts Gutes sein konnte. Ursus nickte ernst. "Der Vorteil eines Mannes, der gerade keine Amt inne hat, ist der, daß er Zeit hat. Ich werde gerne warten, bis die Salutatio beendet ist." Wie gut, daß er seine eigenen Klienten schon vorher abgefertigt hatte.


    Er trat zurück, um dem nächsten Klienten Platz zu machen und schlenderte nach einem Blick über die Klientenschar seines Patrons zu Cimon. "Cimon, wir werden noch etwas bleiben. Mein Patron hat noch etwas mit mir zu besprechen. Später, wenn die anderen weg sind." Hoffentlich waren die Sklaven seines Patrons auf Zack und brachten ihm etwas zu trinken. Er konnte jetzt einen Schluck Wasser oder noch besser stark verdünnten Wein brauchen.

    Das Hühnchen war ausgezeichnet. Der Teigmantel war knusprig und würzig, anscheinend in heißem Öl ausgebacken. In die Soßen getunkt war es eine wahre Köstlichkeit. Dazu nahm Ursus noch ein paar Möhrchen und etwas Kohl und ließ es sich schmecken. "Nun, wie gesagt, mein Tagesablauf ließ es ebenfalls nicht zu. Ich habe kaum Zeit gefunden, mein sonst übliches morgendliches Training, daß aus Laufen und kleinen Übungen besteht, beizubehalten. An manchen Tagen reichte es nicht mal dafür. Immerhin mußte ich sowohl den Aufgaben eines Legats als auch jenen eines Tribuns Laticlavius nachkommen. Aber ich will mich nicht beschweren, es war eine gute Zeit hier und möchte diese Herausforderung auch nicht missen. Und nein, es wäre kein Problem gewesen, mit Dir zu trainieren. Mir ist sehr wohl bewußt, daß ich mit einem Soldaten, der jeden Tag über Stunden trainiert, nicht mithalten kann. Mit einem Probatus zu trainieren hätte mir vielleicht die Chance verschafft, auch mal einen Treffer zu landen." Er lachte, da er annahm, daß Rusticus mittlerweile auch schon ein ganz passabler Kämpfer war, der ihn mächtig vorführen würde, wenn er gegen ihn antreten würde.


    "Wagenrennen sind natürlich auch meine absoluten Favoriten. Nicht ohne Grund bin ich Princips der Factio Aurata. Schon als Kind war ich Anhänger der Goldenen auch wenn es mit dem Siegen ein wenig hapert. Im Moment haben wir auch nur junge unerfahrene Fahrer am Start. Aber ich hoffe, daß sie bald soweit sind, daß sie uns Siege einbringen. Wenn Du keiner Factio anhängst, für wen fieberst Du dann mit bei den Wagenrennen?" Schließlich kam die richtige Spannung nur auf, wenn man einen Favoriten im Rennen hatte, den man anfeuern, für den man jubeln oder buhen mußte.


    "Einen guten Gladiatorenkampf weiß ich durchaus zu schätzen. Es muß ja nicht immer auf Leben und Tod gehen. Was ich nicht gut leiden kann, sind diese Massenschlachtungen. Das hat mit einem guten Kampf nichts zu tun. Auch den Kampf gegen Raubtiere finde ich spannend. Solange es nicht in eine Fütterung der Raubtiere ausartet."

    War nicht vor einiger Zeit auch schon der Praefectus Praetorio auf mysteriöse Weise verschwunden? Und nun auch noch der Legat der Prima? Es mochte natürlich sein, daß schlicht und ergreifend Ursus keinen Zugang zu gewissen Informationen hatte, doch auf ihn wirkte das alles mehr als beunruhigend. Fast, als würde jemand sehr effektiv unter den Mächtigen des Reiches aufräumen. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken bei diesem Gedanken. Wer war wohl der nächste?


    "Einen schriftlichen Bericht habe ich natürlich verfaßt. Aber vielleicht sollte ich den Procurator persönlich aufsuchen, um ihm die Dringlichkeit der Angelegenheit darzulegen." Es war mehr ein laut geäußerter Gedanke denn eine Frage.


    Um von dem für Durus offensichtlich wegen des Verschwinden seines Verwandten unangenehmen Thema wegzukommen, sprach Ursus noch ein weiteres Thema an, das er eigentlich erst zu einem anderen Zeitpunkt hatte vorbringen wollen. "Es gibt noch eine weitere Sache, über die ich gerne mit Dir sprechen würde. Und zwar würde ich es richtig finden, wenn die Schola und das Museion in Alexandria enger zusammenarbeiten würden. Wenn auch Fachkurse, die in Alexandria absolviert wurden, hier in Rom anerkannt würden. Allerdings hege ich die Befürchtung, daß Germanicus Avarus dies von Grund auf ablehnen wird. Er wird also gewiß keine entsprechende Vorlage in den Senat einbringen. Nun bin ich gerade erst in den Senat berufen worden und habe auch noch an keiner Sitzung teilgenommen. Es erscheint mir falsch, sogleich einen Antrag einzubringen. Zumal es sicher auch merkwürdig erscheinen wird, wenn der Rector der Schola einen derartigen Vorschlag ablehnt. Ich weiß nicht recht, wie ich die Sache anfangen soll. Kannst Du mir da einen Rat geben?"

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Lucianus
    "Nun, wenn du einen guten Posten haben möchtest gibt es zwei Männer, die dir dabei helfen können, zum Einen der Praefectus Urbi und zum anderen Senator Aelius Quarto. Bei letzterem kannst du dich auf dieses Gespräch berufen.


    Ich wünsche dir, dass deine Heiratspläne so verlaufen, wie du möchtest, eine Verbindung mit dem Hause Tiberia wäe sicher von Vorteil!"



    Ursus hatte eine ähnliche Antwort erwartet. "Da ich ersteren noch nicht persönlich kenne, aber von seiner Abneigung gegenüber Patriziern gehört habe und andererseits zweiteren sehr gut kenne und auch glaube, daß er mir eine gewisse Sympathie entgegenbringt, werde ich mich gerne unter Berufung auf Dich an Aelius Quarto wenden. Deinen Worten entnehme ich, daß auch Deine Sympathien eher auf der Seite von Aelius Quarto liegen? Gibt es inzwischen eine direkte Rivalität zwischen den beiden Männern? Vor meiner Abreise war das alles sehr unterschwellig und in der Öffentlichkeit kaum zu bemerken. Hat sich dies im Laufe des letzten Jahres verändert?" Dies waren sehr offene Worte, die ihm hoffentlich nicht zum Nachteil gereichten. Doch er brauchte auch sichere Informationen, um sich selbst richtig positionieren zu können.

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    Original von Tiberia Arvinia
    Immer wieder war Arvinia erstaunt, wie sehr sich doch die politischen Laufbahnen der wichtigen Männer Roms unterscheidet. Anfangs dachte sie noch, jeder Politiker würde die selben Ämter durchlaufen und die besten der besten würden es in den Senat schaffen. Doch bei Ursus toller Aufzählung war dieser Gedanke noch mehr als vorher verflogen.
    "Das ist wirklich sehr beeindruckend Ursus, es erscheint mir nur als völlig gerecht, dass du das Amt eines Senators bekleiden darfst.
    Ja lass uns zu ihr gehen."
    entgegnete sie ihrem zukünftigen Verwandten. "Ich hatte noch nicht die Ehre die beiden Männer kennen zu lernen. Ich kenne viele wichtige Männer Roms, sowohl Politker als auch Soldaten. Mein Cousin hat in letzter Zeit zu vielen Anlässen eingeladen, wo ich eben viele Bekannschaften machen konnte. Es wäre mir eine Ehre, wenn ich die Decimer ebenfalls kennen lernen dürfte." eigentlich mochte sie es nicht so geschwollen zu reden, vor ihren Freundinnen tat sie das sowieso nicht, doch vor Männern und vor allen Dingen wichtigen Politikern, berief sie sich auf ihre gute Erziehung, ebenso wollte sie bei Ursus Eindruck machen, nicht das er dachte sie hätte keine Manieren.
    Im Hinterkopf behielt Arvinia immer noch die Stimmungsschwankungen ihres zukünftigen Verwandten. Er scheint wirklich Kummer zu haben, vielleicht war er ja verliebt? Aber wieso hatte er eigentlich keine Frau? Ursus sah sehr gut aus und war überaus sympathisch, freundlich und dazu noch erfolgreich! Was wollte eine Frau schon mehr .. oder besser gesagt ihre Väter.



    Ursus selbst erschien sein Werdegang relativ gewöhnlich. Bis auf das zweite Tribunat, das für Patrizier in der Tat sehr ungewöhnlich war. Hätte er vorher genügend Land sein eigen nennen können, um in den Senat berufen werden zu können, dann hätte er sich das zweite Tribunat vermutlich auch geschenkt. Im Nachhinein betrachtet war aber gut gewesen, zumindest, was seine Karriere betraf. Ihre kleine Schmeichelei ging natürlich runter wie Öl und er lächelte entsprechend. "Hab Dank für Deine freundlichen Worte."


    Der Weg zur anderen Gesprächsgruppe war nicht weit. "Salvete", grüßte Ursus höflich in die Runde. "Darf ich euch Tiberia Arvinia vorstellen? Arvinia, dies hier ist meine Cousine Aurelia Prisca, von der ich Dir ja schon erzählt habe. Und dies ist Decimus Livianus, im letzten Jahr war er Praetor. Gewiß hast Du von ihm schon gehört." Die Geschichte um seine Befreiung hatte Rom schließlich monatelang mit ausreichend Gesprächsstoff versorgt. "Dies hier ist Decimus Mattiacus, ein enger Freund meiner Familie und ein ausgezeichneter Arzt. Die reizende junge Dame hier ist mir leider nicht bekannt. Wenn ich mich Dir vorstellen darf: Titus Aurelius Ursus ist mein Name." Er lächelte Serrana freundlich zu und schaute dann fragend zu den Herren in der Runde, damit sie ihm die Dame vorstellten.

    Ursus mußte nun doch lachen. "Ganz sicher werde ich jetzt nicht anfangen, Möbel zu rücken. Wenn Du Mäuschen klein und flink genug bist, um unter dem Bett Nüsse und vergessene Taschentücher zu finden, kannst Du auch drunter herfegen und herwischen." Soweit kam es noch, daß er sein Bett durch das Zimmer schob.


    Ein kleines bißchen vorlaut war das Mädchen ja schon. Aber wenn sie erst so kurz im Haushalt war, mußte sie das richtige Benehmen eben noch lernen. "Charis hat Dich gekauft? Im Auftrag von Celerina?" Warum kaufte man ein Kind? "Gibt es etwas, was Du besonders gut kannst? Für welche Arbeiten wirst Du eingesetzt?" Auch, daß die Kleine Corvinus noch nicht kennengelernt hatte, war etwas eigenartig. Oder wurde sie vor ihm versteckt, um eine Überraschung für ihn zu werden?


    Die Kleine verschwand und kam kurz darauf mit Putzzeug, das in ihren kleinen Händen etwas überdimensioniert wirkte, zurück. "Ja, fang nur an." Er war gespannt, ob sie mit den für sie viel zu großen Arbeitsmitteln zurechtkam oder ob dieser Putzversuch in einer kleinen Katastrophe enden würde.

    Ursus räusperte sich verlegen. Daß selbst die Verwandten des Legaten nichts wußten, war für ihn eine Überraschung. Und keine gute. "Er war nicht nicht in Mantua und hatte auch keine Nachricht hinterlassen. Ich habe als sein offizieller Vertreter das Kommando geführt während der letzten Amtszeit. Ich dachte.. hatte gehofft, seine Familie wüßte mehr?" Bei der Prima hatte auch niemand etwas gewußt. Es hatte so ausgesehen, als seine kürzere Abwesenheiten des Legaten normal gewesen und Ursus hatte angenommen, er sei in geheimer Mission unterwegs oder in einer privaten Angelegenheit.

    "Ja, ich weiß, daß sie das gewollt hätte. Sie hat immer gewollt, daß ich lache und fröhlich bin." Ursus seufzte schwer. "Es würde mir vielleicht leichter fallen, ihren Wunsch zu erfüllen, wenn nicht ich mich nicht dauernd fragen müßte, warum ich es nicht besser gewußt und ihr nicht richtig geholfen habe. Ich habe... ihren Zustand völlig unterschätzt, Marcus. Wie konnte ich nur so blind sein?" Seine Augen waren sichtlich feucht, als er den Onkel nun anblickte. "Sie war so jung und so hübsch. Warum konnte sie sich nicht ihres Lebens freuen?"


    Das Bemühen, ihn auf andere Gedanken zu bringen, ehrte Corvinus. Ursus schaffte es auch, leicht zu lächeln. "Das freut mich, daß er zurückkommt. Ich habe ihn vermißt. Wie geht es ihm? Hat er seine Krankheit überwunden?" Hoffentlich verloren sie ihn nicht auch noch.


    Es war vielleicht ganz gut, daß Marcus nach dem Dienst bei der Prima fragte. So wurde er von seiner Trauer und seiner Sorge abgelenkt. Und er nahm diesen Rettungsanker nur zu gerne an und konzentrierte sich ganz auf die Frage. "Ja, mein Dienst bei der Prima war eine Art Feuerprobe. Am Anfang dachte ich, daß ich damit überfordert bin. Aber dann lief es doch sehr gut. Vielleicht, weil Artorius Reatinus dort Tribun ist. Er hat mich gut unterstützt. Ich weiß nicht, was mit dem Tiberier ist. Aber diese Lage hat mir praktisch ein Kommando verschafft. Dabei hatte ich Gelegenheit, meine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Und ich konnte wertvolle Erfahrungen sammeln. Nun, ob ich es je zum Legaten bringe, weiß ich nicht. Das Examen Tertium konnte ich leider noch nicht abschließen, da der mündliche Teil erst abgehalten wird, wenn genug Kandidaten vorhanden sind. Den schriftlichen Teil habe ich bereits vor einiger Zeit bestanden."

    Ein Lächeln huschte über Ursus' Miene, als Marcus mit Krug und Bechern bewaffnet eintrat. Ihn zum Setzen aufzufordern erübrigte sich, da Marcus sich ohne Umschweife in den Sessel fallen ließ, wie es ja auch recht war. "Danke, ein Schluck Wein kommt gerade recht." Er nahm den Becher und hob ihn an, um ebenfalls einen kleinen Schluck den Göttern gewidmet zu vergießen. Dann trank er einen Schluck. Seine Erhebung in den Senat. Wie schade, daß Minervina es nicht mehr miterleben konnte. Sie wäre gewiß stolz auf ihn gewesen.


    "Schatten der Vergangenheit sind dies", beantwortete er schließlich nach kurzem Zögern die Frage nach dem Kästchen. Er hob den Knopf an der alten Schnur hoch. "Das hier werde ich ihr mitgeben. Es scheint mir irgendwie richtig, daß sie unser kleines Spiel damit gewonnen hat." Den Rest räumte er in die Schachtel zurück. Er überlegte, ob er sie wegschmeißen sollte. Oder aufbewahren für seine Kinder, die er hoffentlich eines Tages hatte. Der Knopf an der Schnur blieb in seiner Hand. "Eigentlich hatte ich nur meine Truhe da vorne ausräumen wollen um Platz für Neues zu schaffen. Was darin ist, habe ich schon seit Jahren nicht mehr benutzt. Und dabei fand ich die Schachtel. Ich hatte sie ganz vergessen. Es ist schon merkwürdig, daß sie mir gerade jetzt in die Hände fällt. Vielleicht hat Minervina es so gewollt?"

    Zitat

    Original von Tiberia Arvinia
    Ursus Worte oder besser gesagt sein Tonfall hatte sich geändert. Was war passiert? Hatte Arvinia etwas falsches gesagt? Natürlich sie war jung, aber so blöd, dass sie es nicht merken würde, wenn ihr Gegenüber komisch reagierte, war sie nicht. Er sah etwas wehleidig aus, als würde ihn irgendetwas bedrücken, aber was konnte das nur sein? Seine nächsten Worte waren gar nicht von so warmen Stimmklang wie bisher. Die junge Tiberia wusste nicht so recht, was sie jetzt tun sollte. Ihn darauf ansprechen? Nein, lieber nicht hier, bald würden sie unter einem Dach leben und die beiden würden noch sehr viel zu bereden haben in all den Jahren. Kommt Zeit kommt Rat.
    "Das werden wir bestimmt!" entgegnete sie ihm dann einfach euphorisch, vielleicht würde sie mit einem warmherzigen Lächeln seine trübe Laune verschwinden lassen.
    "Aber denke bitte daran, es ist noch nicht ganz offiziell, also bitte mit keinem außer ihr darüber sprechen, ich bin verwundert, dass sie es selbst noch gar nicht weiß, haben es Corvinus und Orestes euch nicht allen erzählt?" ein bisschen verwundert war sie schon, aber nun gut, Arvinia wusste auch nicht über alles Bescheid und vielleicht sollte auch die Heiratspolitik vorerst bei den aurelischen Männern bleiben.


    "Das wäre schön, Manius kann ja nicht die ganze Zeit bei mir sein, eine treue Sklaven wäre sehr hilfreich."


    Was für eine wunderbare Frau Orestes doch bekam. Bestimmt war ihr nicht verborgen geblieben, daß seine Stimmung umgeschlagen war. Und doch bohrte sie in dieser ungünstigen Umgebung nicht nach, sondern versuchte, ihn durch Herzlichkeit auf andere Gedanken zu bringen. Sein Vetter hatte riesiges Glück! Ob er selbst wohl auch solches Glück haben würde? Hoffentlich!


    "Ich war eine ganze Amtszeit in Mantua und habe ein zweites Tribunat abgeleistet. Bei der Prima. Als ich zwischendurch in Rom war, hat Corvinus mir von euren Plänen berichtet. Ich weiß nicht, ob er auch Prisca davon erzählt hat. Eigentlich gehe ich davon aus. Kann aber auch sein, daß er es ihr erst sagen will, wenn es offiziell ist. Außer mit Dir habe ich mit niemandem darüber gesprochen. Und werde es auch nicht, solange es nicht offiziell ist. Keine Sorge."


    Er schaute suchend über die Menge. Dort hinten stand Prisca. Bei Mattiacus und Livianus. "Dort hinten ist sie. Wollen wir zu ihr gehen?" Er deutete in die Richtung, in der er seine schöne Cousine erspäht hatte. "Sie steht bei Decimus Mattiacus und Decimus Livianus. Kennst Du die beiden schon?" Wer wohl die andere junge Frau war, die bei ihnen stand?

    Ah, große Geheimnisse also. Hoffentlich wurden sie nicht zu lange hin und her geschoben, diese Geheimnisse. Und hoffentlich kam ein guter Mann auf diesen Posten, die Männer der Prima hatten es verdient. "Da ich nun Senator bin, stehen mir einige neue Möglichkeiten offen. Ich gedachte, mir einen gut bezahlten Posten zu suchen, denn mein nächstes Amt wird das des Aedils sein. Dafür sollte man einige zusätzliche finanzielle Rücklagen besitzen. Du hast nicht zufällig einen guten Rat für mich? Außerdem gedenke ich zu heiraten. Ich meine, mit Dir schon vor meiner Abreise nach Mantua darüber gesprochen zu haben. Ich dachte an eine Tiberia, weiß aber nicht, ob sie wirklich noch frei ist und wie Tiberius Durus darüber denkt."



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