Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Das Bauwerk war - auch in diesem ausgesprochen unfertigen Zustand - außerordentlich bemerkenswert. Auch wenn es noch viel Phantasie brauchte, um sich vorstellen zu können, wie das Endergebnis aussehen sollte. Ursus war beeindruckt. Doch er hütete sich, dies zu zeigen.


    Ursus runzelte die Stirn. Es fehlte dem Mann also an Geld? In welchen Kanälen war das bewilligte Geld denn wohl versickert? "Wurden Dir nicht genügend Mittel zur Verfügung gestellt? Soweit ich weiß, sind die Kosten sorgfältig kalkuliert worden. Ist an den Berechnungen etwas nicht in Ordnung? Sicher hast Du Buch geführt über die Ausgaben, die bisher getätigt wurden? Diese Aufzeichnungen möchte ich einsehen, am besten nehme ich die Unterlagen gleich mit. Wie kommt es, daß Du in den letzten... sieben? acht? neun? Jahren nicht auf die Idee gekommen bist, den Geldmangel an höherer Stelle zur Sprache zu bringen?"


    Bedächtig ließ er den Blick noch einmal über die Baustelle schweifen. Die Erklärungen waren durchaus nachzuvollziehen. Doch Ursus war nicht gewillt, den Mann einfach so aus den Fängen zu lassen. "Ich will Dir nicht verhehlen, daß ich etwas anderes erwartet hatte vorzufinden. Der Consul geht davon aus, daß dieses Gebäude noch in dieser Amtszeit fertiggestellt wird. Auch der Kaiser drängt sehr auf die Fertigstellung. Das Ulpianum liegt ihm ganz besonders am Herzen, das hat er in meiner Gegenwart sehr deutlich gemacht. Du wirst Dir die Frage gefallen lassen müssen, was hier eigentlich in all den Jahren getan - oder vielmehr nicht getan worden ist."

    Ursus nickte ernst. Er verbiß sich die Bemerkung, daß tatsächlich Eile geboten war, wenn dem Kaiser so viel an diesem Bauwerk lag - und er die Fertigstellung noch erleben wollte. Es wäre absolut unangemessen und vielleicht irrte er sich ja auch. Vielleicht hatte Valerianus heute einfach gesundheitlich einen schlechten Tag. "Ja, die Fertigstellung sollte vorangetrieben werden." Was er dazu tun konnte, wollte er auf jeden Fall tun.


    "Consul Aelius, ich habe noch ein persönliches Anliegen. Während der Amtszeit ist es ja nicht erlaubt, andere Tätigkeiten auszuüben, - was auch zweifelsohne eine vernüftige Bestimmung ist. Doch habe ich schon vor einiger Zeit meine Mitarbeit an der Schola Atheniensis zugesagt. Und habe noch vor Beginn der Amtszeit einen weiterführenden Kursus ausgearbeitet. Wenn es mir erlaubt wird, würde ich diesen gerne in allernächster Zeit abhalten. Es geht um zwei bis drei Vorlesungen und um das Abhalten der dazugehörigen Prüfung. Was muß ich tun, um dies genehmigt zu bekommen?"

    Es war unglaublich! Tatsächlich schaffte es Quintus Arius, den Vorsprung nicht nur zu halten, sondern noch ein klein wenig an Boden zu gewinnen. Ursus brüllte sich vor Begeisterung die Seele aus dem Leib, ebenso wie die anderen Anhänger der Aurata. Was für ein Rennen! "Aurata! Aurata Victrix! Aurata! Aurata!!" Die Rufe vereinten sich zu einem Chor, dessen Rufe das Gespann voranzutreiben schienen. Ein Sieg für die Aurata wäre ein gewaltiger Erfolg! Doch noch wagte Ursus dies nicht zu glauben. Auch wenn schon mehr als die Hälfte des Rennens gelaufen war, so war noch alles möglich. Aber hoffen, hoffen konnte man schließlich auf einen Sieg! Und Ursus hoffte! Seine Fäuste waren fest geballt, die Daumen fest gedrückt.

    Ursus verneigte sich zum Abschied leicht. "Hab Dank für Deine Zeit, mein Kaiser", sagte er. "Vale." Damit folgte er dem Consul aus dem Arbeitszimmer des Kaisers. Der Besuch war zwar nur sehr kurz gewesen, aber doch sehr aufschlußreich. Vor allem, was den ernsten Gesundheitszustand des Kaisers anging. Dementsprechend ernst schaute Ursus drein, verlor aber kein Wort darüber.

    Ursus lachte bei dem Trinkspruch und zwinkerte den beiden anderen zu. "Auch wenn nur die Füße der anderen stinken, es ist auch für mich Zeit, einen Wein zu trinken. Prost!", wandelte er prompt den Spruch ab und nahm einen ordentlichen Schluck. Wo hatte der Bengel denn bloß solche Sprüche her?


    "Und einen Zug hast Du drauf, da könnte so mancher Bauarbeiter neidisch werden. Also ich hätte ja nicht gedacht, daß es noch einen Trinkspruch gibt, den ich in Griechenland nicht gehört hätte. Aber diesen kannte ich wahrhaftig noch nicht." Er schlug Louan kameradschaftlich auf die Schulter und grinste ihn breit an. Der Junge taute hier ja richtig auf! Das hätte er gar nicht erwartet. Es versprach, noch ein wirklich netter Abend zu werden.

    Er merkte wohl, daß sie nicht so ohne weiteres akzeptieren wollte, schuld an diesem kleinen Unfall zu sein. Doch übel nahm er ihr das nicht. Frauen waren eben so, das hatte er nicht nur bei seiner Schwester feststellen können. Besser, er vertiefte dieses Thema nicht allzusehr. Es war ohnehin müßig, darüber zu streiten. Rückgängig konnten sie es nicht machen. Außerdem hatte sie ihn neugierig gemacht und er nahm an, daß er sie besser kennenlernen würde, wenn er es nicht auf einen Streit anlegte.


    Auf ihre scherzhafte Bemerkung über die Jagd nach Patriziern mußte er denn doch lachen. "Davon kann ich Dir wahrhaftig nur abraten. Gerade Patrizier liegen furchtbar schwer im Magen. Und von den Togen bleiben einem immer Fusseln zwischen den Zähnen hängen." Das Lachen verging ihm, als sie die Wunde auswusch. Er unterdrückte gerade noch so einen Schmerzenslaut. Doch ansehen konnte man ihm den Schmerz ganz gewiß. Er schwieg, während sie ihn verband, denn er war zu sehr damit beschäftigt, den Schmerz wenigstens nicht hören zu lassen.


    Erst als sie fertig war, schaffte er es wieder zu einem Grinsen. "Vor mir hat Dich auch niemand gewarnt. Was, wenn ich ein Praetorianer gewesen wäre? Die laufen in der Stadt selten in Rüstung herum." Er bezweifelte, daß ein Praetorianer sich davon beeindrucken lassen würde, daß sie es schätzte, sich üben zu können. Und auch nicht davon, daß sie eine Aelierin war. Immerhin gingen die doch täglich mit Angehörigen der kaiserlichen Familie um. Aber Ursus wollte ihr eigentlich gar keine Vorwürfe machen. Sondern sie vielmehr zu mehr Wachsamkeit animieren. Es entbehrte nicht einer gewissen Komik, daß es kaum jemand wagte, das Waffenverbot zu übertreten. Und nun eine Frau aus der gehobenen Gesellschaft gar keine Scheu hatte, es doch zu tun. Er war wirklich gespannt, wie lange sie damit durchkam. Daß sie eine Feindin des Imperiums oder gar des Kaisers war, das hielt er für absolut abwegig.


    "Gibt es tatsächlich so viel Ungeziefer in Aegyptus? Hast Du gerne dort gelebt? Oder bist Du froh, nun in Rom leben zu können?" Da sie recht offen über sich berichtete, hatte er keine Scheu, Fragen zu stellen, mit denen er seine Neugierde stillen konnte.

    Ursus runzelte ebenfalls die Stirn. Das wird sie sein? Sie war also noch nicht fertig? Böses ahnend ging er hinter dem Mann her und trat durch den Durchgang. Das, was er zu sehen bekam, war wahrhaftig nur eine Baustelle. Eine, die Ursus etwa zwei oder drei Jahre nach Beginn der Arbeiten erwartet hätte. Doch sie waren doch nun... er mußte nachrechnen, also mindenstens 7 oder 8 Jahre zugange! Das konnte doch wohl nicht wahr sein!


    "Nun, möchtest Du mir nicht die einzelnen Bauabschnitte zeigen und erklären und dann vor allem Deine Einschätzung äußern, wie lange sich die Arbeiten wohl noch hinziehen werden? Was genau ist noch zu tun? Sind alle Materialien vorhanden? Fehlt etwas? Gibt es organisatorische Schwierigkeiten oder läuft Deiner Meinung nach alles optimal?" Er sprach ganz ruhig. Doch wer seinen Blick sah, der konnte ahnen, daß er nur mit Mühe an sich hielt. Für ihn sah das alles so aus, als hätten die Arbeiter hier sich jahrelang einen schönen Tag gemacht und immer fleißig Geld kassiert dafür, daß sie nicht ordentlich arbeiteten. Der Consul würde darüber nicht amüsiert sein, soviel war klar.


    Er nickte Avianus zu, damit der Notizen machte über das, was Stalianus so für Aussagen machte. Und Louan gab er ebenfalls einen Wink, Skizzen zu machen vom momentanen Zustand der Baustelle.

    Die Wunde brannte mittlerweile wirklich mächtig unangenehm. Doch selbst das konnte Ursus nicht davon ablenken, was der Sklave da alles freimütig von sich gab. Und er fragte sich, ob welches der beiden Worte, nämlich Quästor oder Aurelius, diesen Informationsfluß wohl ausgelöst hatte. Was seine Herrin wohl dazu sagen mochte, daß der Sklave so viel über sie preis gab? Ursus war natürlich durchaus interessiert. Viele Jahre in Aegyptus also. Ausgerechnet. Warum schwärmten eigentlich alle von diesem heißen Haufen Sand und Steine? Verwitwet. Das widerum fand Ursus nicht übel. Durchaus erfahren und doch auf dem Heiratsmarkt verfügbar. Außerdem gab es da weniger Konkurrenz, da die meisten doch ein junges, unberührtes Mädchen haben wollten. Ob sie schon Kinder hatte?


    Als der Sklave ihm winkte, einen Moment zu warten, runzelte Ursus abermals unwillig die Stirn. Man ließ einen Quästor nicht einfach warten. Und er kam dem Sklaven auch schon entgegen, als dieser wieder zu ihm kam, um ihn zu seiner Herrin zu führen. "Salve, Aelia Caenis", grüßte Ursus höflich zurück und betrachtete die schöne Frau nun aus der Nähe. Ja, als schön konnte man sie wahrhaftig bezeichnen. Aber sie machte auch einen etwas kühlen Eindruck oder kam ihm das nur so vor? Auf jeden Fall kam er der Aufforderung, sich zu setzen, nach. Und schob die ohnehin beschädigte und vollgeblutete Toga beiseite, um auch selbst mal zu sehen, wie schlimm die Wunde eigentlich war. Es blutete immer noch ein bißchen und war eine ziemliche Schmarre. Sicherlich würde eine gut sichtbare Narbe zurückbleiben, doch wirklich schlimm sah die Wunde nicht aus.


    "Nun, ich war doch in der Nähe. Vielleicht solltest Du Deine Leute anweisen, die Gegend gründlicher abzusuchen." Er war eigentlich nicht unversöhnlich, wollte aber klarstellen, daß er die Unachtsamkeit ganz auf ihrer Seite sah - und nicht im geringsten daran dachte, daß sein gedankenverloren Dahinspazieren ohne zu gucken irgendetwas mit dem Unfall zu tun haben könnte. Ein Lächeln schwächte den Vorwurf in seinen Worten ab. Daß sie auf der anderen Seite offenbar auf alle Eventualitäten vorbereitet war, bewies, daß sie durchaus vorausschauend und praktisch veranlagt war. Ungewöhnlich genug war es ja schon, daß sie überhaupt mit einem Bogen umzugehen verstand. "Vielleicht kann ich Dir den Anschlag auf mein Leben verzeihen", sein Lächeln vertiefte sich und zeigte deutlich, daß dies ein Scherz war, "wenn Du mir erklärst, warum Du Dich einer solchen, für eine Frau vor allem Deines Standes doch recht ungewöhnlichen, Form der Beschäftigung widmest. Zumal es ja verboten ist, innerhalb von Rom Waffen zu tragen. Du hattest wirklich Glück, daß Du nicht den Cohortes Urbanae oder den Praetorianern in die Arme gelaufen bist."

    Ursus lächelte leicht. "Auch auf den Straßen Roms kann einem jederzeit etwas auf den Kopf fallen, es gibt genug rücksichtslose Menschen, die alles mögliche einfach aus dem Fenster werfen. Oder man tritt in etwas hinein, in das man besser nicht tritt. Das Leben birgt nun einmal Risiken. Und so ganz ohne Risiken wäre es doch irgendwie langweilig, findest Du nicht?" Ursus war nicht gewillt, sich abwimmeln zu lassen. Quarto erwartete einen Bericht. Einen gründlichen Bericht. Und den würde er bekommen. "Ich bin schon sehr gespannt. Vor allem auf die Kuppel. Die Pläne, die der Consul mir zeigte, sahen jedenfalls sehr beeindruckend aus." Er winkte Avianus und Louan, mitzukommen. Auf solch einen merkwürdigen Gedanken, wie Helme auf einer Baustelle zu tragen, kam er gar nicht. Helme waren etwas für Soldaten...

    Der sehr bedenkliche Gesundheitszustand des Kaisers konnte Ursus nicht verborgen bleiben. Und ihm war klar, daß Valerianus sich Mühe gab, sich nichts anmerken zu lassen. Wie schlimm war es wohl, wenn er sich gehen ließ? Natürlich sagte er nichts dergleichen. Und er würde auch draußen nichts dergleichen verlauten lassen. Denn sonst würden sich gleich die Aasgeier versammeln. Wenn sie es nicht sowieso schon taten.


    Das Ulpianum lag dem Kaiser ganz offensichtlich sehr am Herzen. Er war richtig lebendig geworden, als es zur Sprache kam. Es gab also noch einen Grund, die Bauarbeiten voranzutreiben: Die Krankheit des Kaisers. Damit es nicht am Ende ein Tempel für Valerianus werden mußte.

    Es war einfach unglaublich, wie Quintus Arius die Spitze zu halten verstand. Zwar erlaubte er sich einen Fehler, der ihn einen Teil des Vorsprungs kostete, doch noch immer lag er vorn. Ursus brüllte sich die Seele aus dem Leib, um ihn weiter anzufeuern. Er wunderte sich zwar ein wenig, weil einige der anderen Aurataanhänger eines der Lieder sangen, die gegen die Veneta gedichtet worden waren, aber tat es dann mit einem Achselzucken ab. Da war wohl einer farbenblind und merkte nicht, daß die Veneta heute gar nicht mit angetreten war.


    "Aurata Victrix! Aurata! Aurata!!" Es war nicht zu fassen, auch nach der dritten Runde war die Aurata immer noch an der Spitze. Hoffentlich würde Arius dieses Tempo halten können! War das überhaupt möglich? Sollten sie wirklich eine Chance auf den Sieg haben? Noch wagte Ursus nicht, dies zu hoffen.

    Es dauerte gar nicht lange, bis der laut rufende Arbeiter den Verantwortlichen ausfindig gemacht und herbeigerufen hatte. Ursus musterte den Mann, während dieser sich vorstellte. Wie ein Schreibtischhengst wirkte er nicht. Eher wie ein Handwerker. Und das empfand Ursus nicht als Nachteil. Doch natürlich mußte er erst einmal abwarten, was der Mann zu sagen und vor allem zu zeigen hatte.


    "Salve, Statilianus Taurus. Ich bin Quästor Consulum Titus Aurelius Ursus." Er machte eine kleine Pause, damit diese Information sich setzen konnte. Er ging davon aus, daß der Mann die Namen der Amtsträger zumindest so halbwegs kannte. "Der ehrenwerte Consul Aelius Quarto hat mich damit beauftragt, mir ein Bild vom Stand der Bauarbeiten zu machen. Dementsprechend möchte ich, daß Du mir alles zeigst und mir berichtest, was für Arbeiten noch notwendig sind." Das war kurz und knapp, doch langes Drumherumreden war sicher nicht angebracht an dieser Stelle.

    Irgendwie sah der Kaiser nicht begeistert aus, daß Ursus ihm vorgestellt wurde. Doch das konnte natürlich auch nur ein Eindruck sein, der durch das wirklich kranke Aussehen Valerians hervorgerufen wurde. Jetzt, wo er ihm zum ersten mal so nahe war, konnte er erst richtig erkennen, wie schlecht er aussah. Doch von diesen Gedanken ließ er sich nichts anmerken, als er in respektvollem Ton antwortete. "Hab Dank für die Glückwünsche."


    Ansonsten hielt er sich lieber zurück und überließ es Quarto, dem Kaiser zu erklären, was erst einmal Ursus' Aufgabe sein würde. Er beschränkte sich darauf, zustimmend zu nicken. Das Ulpianum war sicher ein Anliegen, daß dem Kaiser besonders am Herzen lag.

    Die Furchen auf Ursus' Stirn vertieften sich deutlich und seine Augenbraue hob sich, als der Sklave allen Ernstes zu sagen versuchte, daß hier doch ohnehin niemand sei und seine Herrin daher ohne weiteres wie wild umherschießen könnte. Gut, das war überspitzt ausgedrückt, doch es traf ja wohl den Kern der Aussage.


    "Wie meine Anwesenheit hier sehr deutlich zeigt, wird dieser öffentliche Park durchaus auch um diese Zeit von noch anderen Personen als Deine Herrin besucht. Ihr solltet den Bereich also besser absichern, wenn sie schon unbedingt hier üben muß. Im übrigen sollte sie sich mit der Waffe innerhalb Roms nicht von den Praetorianern erwischen lassen, die kennen da wirklich keinen Spaß." Seine Stimme klang mehr als kühl, denn er fühlte sich von diesem Sklaven ziemlich auf den Arm genommen. Der machte sich doch lustig über ihn!


    Auf das Angebot hin, zu der schönen Bogenschützin zu gehen und dort die Wunde versorgt zu bekommen, nickte er gnädig. "Aelia Caenis?" Eine Aelia! Erstaunlich! "Den Namen habe ich noch nicht gehört. Dann ist sie wohl eher nicht verwandt mit dem Kaiser und dem Consul?" Nicht daß er jeden aus der kaiserlichen Familie kennen würde, doch das mußte der Sklave ja nicht so genau wissen. Natürlich hatte Quarto nur gesagt, es gäbe im Moment keine heiratsfähige Dame in seiner Familie. Und diese hier sah aus, als sei sie schon verheiratet. Es konnte also durchaus sein, daß sie doch mit ihm verwandt war und nur noch nicht in der Öffentlichkeit in Erscheinung getreten war. Wenn sie denn überhaupt von dieser Welt war und nicht Diana selbst, die ihren Spaß daran hatte, ihn ein wenig zu foppen.


    "Du darfst Deiner Herrin den Quästor Consulum Titus Aurelius Ursus melden", sagte er schließlich ein wenig von oben herab. Normalerweise hätte er das Amt weggelassen, aber allein die Tatsache, wie dieser Sklave den Namen Aelia betont hatte, forderte dies geradezu heraus. Auch wenn es ihm ein klein wenig kindisch vorkam.


    Daß er sich dort würde setzen können, war ihm ganz lieb. Denn auch wenn er versuchte, es nicht zu zeigen, fühlte er sich doch ein klein wenig schwindelig. Vermutlich mehr der Schreck, als die Wunde selbst, aber hinsetzen klang wirklich gut. Also folgte er dem Sklaven, irgendwie auch gespannt darauf, diese ungewöhnliche Frau kennenzulernen.

    "Es war mir ebenfalls eine Freude. Ich wünsche Dir noch einen angenehmen Tag. Vale." Es war wahrhaftig ein angenehmes Gespräch gewesen und während Ursus wieder zu seinem Arbeitszimmer zurückkehrte, begann zu überlegen, was er dem jungen Paar als Geschenk mitbringen könnte. Das war gar nicht so einfach...

    Ursus lachte. "Schlimm wird es erst, wenn man in das Alter kommt, in dem jede Nichtbeschäftigung willkommen ist, glaube ich", scherzte er zurück und erhob sich ebenfalls, als der Gast andeutete, noch viel zu tun zu haben. "Es gibt da nichts zu verzeihen, ich möchte Dich auf keinen Fall unnötig aufhalten. Unser Gespräch können wir doch leicht zu einem anderen Zeitpunkt weiterführen. Übrigens finde ich es sehr angenehm, daß Du die Einladungen persönlich aussprichst. Und freue mich ebenfalls schon sehr auf Deine Hochzeit." Er machte eine Geste zum Ausgang hin, da er beabsichtigte, den Gast zur Porta zu begleiten.

    Ursus wußte ja noch nichts davon, daß Balbus seine Militärkarriere aufgab und so hob sich seine Augenbraue und zeigte seine Verwirrung sichtbar an. Die Braut war also nicht sehr angetan vom Beruf ihres Ehemannes? Er beschloß, sich da lieber nicht einzumischen und nichts dazu zu sagen. So etwas konnte sehr schnell in einem Fettnäpfchen enden. "Ein gutes Mittel gegen die Langeweile ist die politische Karriere ganz bestimmt. Das Wort ist mir völlig unbekannt geworden, seit ich mich für diesen Weg entschieden habe." Tatsächlich hatte er immer reichlich zu tun.

    Auch wenn Balbus seine Worte offensichtlich scherzhaft gemeint hatte, waren sie doch absolut wahr. "Ganz im Ernst, Du bringst ideale Voraussetzungen mit und würdest sicher eine glänzende Karriere hinlegen, wenn Du Dich an der Politik versuchen würdest. Aber Du bist Soldat mit Haut und Haar, oder?" Ihm selbst hatte der Militärdienst ja auch gefallen und er konnte sich durchaus vorstellen, einmal ein zweites Tribunat anzutreten. Doch im Moment war ihm die politische Karriere doch wichtiger.

    Ursus konnte nicht verhindern, daß er leicht errötete, als die Anwesenden applaudierten. "Danke", sagte er und versuchte, dabei fest zu klingen und seine Verlegenheit nicht so deutlich zu zeigen. "Ich hoffe, daß ich mich eures Vertrauens als würdig erweisen werde." Er würde natürlich eine gewisse Zeit brauchen, um sich einzuarbeiten. Doch er war sicher, daß Meridius ihn dabei nach Kräften unterstützen würde, zumindest solange er noch in Rom weilte. Und natürlich auch die anderen Mitglieder der Aurata.

    Ursus lachte. "Ja, die Gerüchteküche Roms ist ausgesprochen einfallsreich." Und machte gern schon mal aus seiner Mücke einen Elefanten. "Ich nehme an, es liegt daran, daß es so lange kein derartiges Ereignis gab. Im Sommer fehlte ein Großteil der gehobenen Gesellschaft, jetzt sind alle zurück und begierig darauf, ihre neuen Gewänder vorzuzeigen und mit ihren Sommererlebnissen zu prahlen. Und immerhin heiratest Du in die Kaiserfamilie ein, das interessiert die Leute doch immer. - Inzwischen kennt jedes Kind eure Namen. Schade, daß Du nicht in der Politik aktiv bist." Er schmunzelte. Als Politiker war solch ein Bekanntheitsgrad unbezahlbar.