Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ursus nickte. Es mochten die einzelnen der aufgeführten Punkte nicht so erheblich allübergreifend erheblich erscheinen. Doch in der Gesamtheit war es doch sehr beunruhigend. "Hast Du auch noch nicht mit Marcus darüber gesprochen? Er ist in der Position, mal an höherer Stelle etwas zu sagen. Spätestens wenn er in den Senat berufen wird. Und das dauert bestimmt nicht mehr lange. Du hast jedenfalls recht. Das alles zusammen betrachtet ist wirklich beunruhigend."


    Nachdenklich legte Ursus die Hand ans Kinn. Natürlich war er ganz der falsche für so ein Problem. Doch er fühlte sich geehrt, daß Orestes ihn in sein Vertrauen zog. Wenn auch nur, um sein Verantwortungsgefühl gegenüber dem Cultus Deorum zu wecken. "Du bist ein kluger Mann, Orestes. Hör zu... ich... ich denke Du hast recht. Ich werde in Zukunft wieder stärker den Göttern gedenken. Nicht, daß das viel bringen würde für die Allgemeinheit. Doch mit jedem, der wieder mehr daran denkt, wird es besser, nicht wahr? Meinst Du eigentlich, die ausländischen Kulte schwächen unseren eigenen?" Er hatte auf den Straßen mehr als einmal solche Bemerkungen gehört. Bisher hatte er das als Unsinn abgetan. Aber vielleicht fehlte ihm der Überblick, wie stark der Zulauf zu den ausländischen Kulten war.

    Ursus schüttelte den Kopf. Traurig, nicht verurteilend. "Caelyn... Nein, bleib bitte. Ich finde auch, wir sollten reden. Jetzt erst recht." Er stand vom Bett wieder auf und setzte sich auf den Fußboden. Nahe bei ihr. Doch er berührte sie nicht. "Hast Du denn Kontrolle über Deine Träume? Ist darin nicht möglich, was sonst verboten und falsch ist?" Er atmete tief durch. "Ich bin... eigentlich froh, daß Du es bist und nicht sie. Es darf nicht sein." Nein, es durfte nicht sein. Es war gut, daß sie getrennt waren. Die Sehnsucht wäre noch schlimmer, wenn sie sich täglich sehen würden. So konnte jeder sich auf sein Leben konzentrieren und die Gefühle beiseite schieben.


    Er blickte sie an, soweit das in diesem völlig unzureichenden Licht überhaupt möglich war. "Willst Du mir nicht sagen, was Du mit mir bereden wolltest?" Immerhin war sie von selbst gekommen. Das war mehr, als er zu hoffen gewagt hatte. Vielleicht war sie ja ein wenig zur Vernunft gekommen. Und er hatte dies jetzt mit seinen Träumen zerstört. Es war zum auswachsen.

    Ursus zuckte die Schultern, als er sah, daß das Officium entgegen der Angaben der Sklaven leer war. So war es also nichts und er ging in sein eigenes Officium zurück.


    Am nächsten Tag erkundigte er sich wieder bei den Sklaven, ob Corvinus in seinem Officium anwesend war. Dies wurde ihm bestätigt, also trat er widerum an die Tür und klopfte. Er steckte wieder den Kopf zur Tür herein. "Salve, Marcus. Darf ich bitte eintreten?"

    Oh, sie hatte getroffen! Sogar ziemlich hart. Hart genug, daß Ursus ein Schmerzenslaut entfuhr, obwohl er nach seiner Zeit in Germanien wirklich nicht besonders empfindlich war. Natürlich ließ er sie los. Ohne auch nur im Geringsten zu zögern. Er schüttelte den Kopf, stand auf und setzte sich auf das Bett. "Caelyn!", sagte er in scharfem Ton. Inzwischen war er wach. Wirklich wach. "Du weckst das ganze Haus! Was ist denn nur los mit Dir? Nun sprich schon!" Was hatte sie denn? Erst legte sie sich zu ihm ins Bett - aus was für Gründen auch immer. Und dann heulte und schrie sie herum, als hätte er versucht, sie zu vergewaltigen oder zu mißhandeln.

    Ursus lachte unwillkürlich mit. "Nun, zumindest ist das wünschenswert. Nicht alle Brüder sind sich grün. Doch bei diesen beiden scheint es zum Glück so zu sein." Über den Klatsch und Tratsch wußte er nicht so gut Bescheid. Dafür war er zu lange nicht in Rom gewesen.


    "Nun, wenn ihr euch politisch im Großen und Ganzen einig seid, dann brauche ich mir ja auch keine Sorgen machen, in Gewissenskonflikte zu geraten." Das war eine sehr gute Nachricht. Nichts war schlimmer, als zwei Menschen verpflichtet zu sein, die gegeneinander arbeiteten.


    Ursus trank einen weiteren Schluck und stellte fest, daß sein Becher so gut wie leer war. Vermutlich war dies bei Senator Vinicius auch nicht anders und bedeutete damit auch so langsam das Ende des Gespräches.

    "Ja, von Cadhla", murmelte Ursus und schaute sie an. Es schien so, als würde dieser Name sie hinaustreiben, als würde sie flüchten vor der Tatsache, daß er von Cadhla geträumt hatte. Nur warum, das verstand er nicht. Wenn sie in ihn verliebt wäre, könnte er es verstehen. Aber sie liebte doch ihren kleinen Soldaten, oder nicht? Verwirrt blickte er ihr nach, wie sie hinauslaufen wollte, sah sie stolpern, sah sie fallen. Und schluchzend liegenbleiben.


    Natürlich stand er auf. Natürlich kniete er sich neben sie auf den Boden. Natürlich faßte er sie bei den Schultern, um sie an sich zu ziehen und zu trösten. Sie schien unverletzt, aber sie weinte so entsetzlich. "Nicht... bitte nicht weinen. - Caelyn... bitte weine nicht so..." Er war zu müde, noch zu gefangen von dem Traum, noch zu verletzlich, um schon so reagieren zu können, wie er es eigentlich für richtig hielt. Sein Schutzschild aus Kühle und Pflichtbewußtsein war noch nicht hochgezogen. Und so war er diesen verzweifelten Tränen völlig schutzlos ausgeliefert. Er konnte nichts sagen, er konnte sie nur streicheln und festhalten. Und hoffen, daß sie irgendwann aufhörte zu weinen.

    "... vor dem ich mich füchten muß?" Ursus fühlte sich, als hätte er zuviel getrunken. "Nur Caelyn?" Es war noch stockduster draußen, es mußte also noch mitten in der Nacht sein. Nur die kleine Öllampe, die Caelyn mitgebracht hatte, verströmte völlig unzureichendes Licht. Alles wirkte noch immer so unwirklich und es war irgendwie schwer, richtig zu denken.


    "Ich bin mir nicht ganz sicher, wer von uns beiden sich gerade zum Idioten gemacht hat. Ich träumte von..." Er blickte sie mit gerunzelter Stirn an. Sie war so... gleichgültig und kühl. Als hätte sie das, was sie die ganzen letzten Tage vollständig beherrscht hatte, einfach abgestellt: Ihre Gefühle. War das Caelyn? Schlief er vielleicht immer noch und hatte einfach einen echt bizarren Traum? Er kniff sich. Und verzog das Gesicht. Nein, er war wach. "Habe ich im Schlaf gesprochen?" Sie schien gehen zu wollen. Aber warum war sie denn überhaupt hergekommen?

    Ohja, ihm gefiel das. Er fühlte einen weichen, wohlgerundeten Frauenkörper in seinen Armen. Schmiegte sich schlaftrunken an diesen Körper, drückte ihn leicht und liebevoll an sich. Langsam wanderte seine Hand über die Rundungen, schob sich unter die Tunika, um die weiche Haut zu liebkosen...


    Irgendetwas stimmte nicht... Zu weich, zu gut gerundet war dieser Körper. Cadhlas Körper hatte aus gestählten Muskeln bestanden. Sie hatte an Weiblichkeit zwar auch nichts zu wünschen übrig gelassen, doch... Ursus öffnete seine Augen, nur langsam tröpfelte die Wirklichkeit in sein Bewußtsein. Es konnte ja gar nicht Cadhla sein. Was für ein intensiver Traum! Aber...


    Mit einem Ruck fuhr er auf. Blickte sich verwirrt um. Er war in Rom. Und Cadhla in Hispania. Er war in Rom. Zuhause. Und er erkannte, wer da neben ihm im Bett lag. "Caelyn?", fragte er und klang immer noch etwas benommen. "Was ... machst Du denn hier?" Er schüttelte den Kopf, um wieder klarer zu werden. "Ist... irgendwas passiert?" Er schüttelte nochmals den Kopf. Was hatte er geträumt? Es begann schon, sich zu verflüchtigen. Was war hier geschehen? Hatte er etwa im Schlaf gesprochen? Wie kam Caelyn überhaupt hierher? Seit Tagen hatte er sie nicht zu Gesicht bekommen und jetzt - war sie in seinem Bett? Sie wirkte so - fast unbeteiligt. Und irgendwie starr.

    Da hatte Senator Vinicius wesentlich mehr Vertrauen in Ursus, als er in sich selbst. Denn er war sich keineswegs sicher, ob er wirklich genug Stimmen würde auf sich vereinen können. Natürlich hoffte er es. Und die Worte des Senators machten ihm auch Mut zu glauben, daß es so kommen könnte. Mit seiner Unterstützung jedenfalls war er diesem Ziel ein gewaltiges Stück näher gekommen.


    Daß Senator Aelius Quarto gewählt werden würde, daran zweifelte er allerdings auch nicht im geringsten. Bei ihm konnte man sich die Wahl geradezu sparen. Wer würde schon gegen ihn stimmen und den Zorn des Kaisers riskieren? "Ich hatte noch nicht die Ehre, Senator Aelius Quarto persönlich kennenzulernen. Doch nach allem, was ich hörte," ohja, natürlich hatte Ursus sich umgehört, denn wenn er gewählt würde, dann würde er sehr eng mit diesem Mann zusammenarbeiten müssen, "ist er dem Kaiser und Rom treu ergeben. Und sein erstes Consulat hat ihm gleich eine ganze Reihe von Auszeichnungen eingebracht. Mit einem solchen Mann zusammenzuarbeiten, stelle ich mir eigentlich sehr interessant vor." Natürlich wußte er, daß jeder auch so seine Nachteile und Eigenheiten hatte, das war mit Sicherheit auch bei Aelius Quarto nicht anders. Doch da er ihn noch nicht kannte und auch über Umwege noch nichts mit ihm zu tun gehabt hatte, konnte er nur wiedergeben, was öffentlich geredet wurde. Was nicht viel war. Und da hatte er auch nichts wirklich negatives gehört. "Kennst Du ihn näher?" Davon war wohl auszugehen. Vielleicht hatte er ja das Glück, jetzt ein bißchen mehr zu erfahren über diesen Mann.

    Auch Ursus hörte sehr aufmerksam zu. Und er mußte zugeben, daß Orestes sehr viel Wahres sagte. "Ja, wie Du das so sagst, klingt es ganz richtig. Welcher Mensch, Priester oder nicht, könnte schon von sich sagen, innerlich immer im Gleichgewicht zu sein? Ich kehre dem Cultus Deorum ja auch nicht vollständig den Rücken... Hm..." Ursus' Blick wanderte zum Hausaltar und eine ganze Weile starrte er einfach nur dahin. "Ich werde über Deine Worte nachdenken, Orestes", versprach er ernst. "Du scheinst jedenfalls ganz den richtigen Weg zu gehen." Ein zaghaftes Lächeln schlich sich auf seine Züge. Vielleicht erwartete er tatsächlich zuviel von sich selbst, was seine persönlichen Vorraussetzungen für den Dienst im Cultus Deorum anging? Orestes zumindest schien zu wissen, wovon er sprach und fand auch die richtigen Worte, um Ursus die andere Sichtweise nahe zu bringen.


    "Die Pax Deorum ist immer noch so stark angeknackst? Meinst Du denn nicht, daß die Lustratio da etwas gebracht hat? Ich meine, das war doch ein gewaltiges Spektakel. Die Senatoren, die die zehn Rinder geschultert hatten... Und dann das Opfer. Es schien doch angenommen worden zu sein? Hat es danach nochmal Anzeichen dafür gegeben, daß die Götter immer noch derart zürnen?"

    "In Ordnung", lächelte Ursus sie dankbar an. Daß sie sich Louans annehmen wollte, nahm ihm eine Last von den Schultern. Sicher, wer war der Junge schon? Aber er hatte ihn nun einmal als Klienten angenommen und je mehr er ihm auf die richtige Bahn half, umso mehr würde Louan ihm eines Tages nützlich sein können. Das war die Mühe dann eben doch wert.


    "Ich wünsche Dir noch einen schönen Tag", wünschte Ursus und lief dann los. Erst langsam, unterbrochen von ein paar Aufwärmübungen, dann schneller. Einige Runden um den gesamten Garten. Es folgten Liegestützen und Klimmzüge an einem Ast, der in passender Höhe hing. Dann griff er sich die Übungswaffen und wiederholte die Bewegungsabläufe immer und immer wieder...

    "Erklärung der Farben, von Plato", wiederholte Ursus und nickte. Es sollte wohl nicht so schwer sein, diese Schrift in Rom aufzutreiben. Er merkte sich den Titel und würde sich diese Lektüre bei nächster Gelegenheit besorgen. Und wieder hatte Clara bewiesen, wie gebildet sie war. Louan war bei ihr wahrhaftig in den allerbesten Händen.


    Sie fror offenbar tatsächlich, zumindest sah es so aus, als würde sie schaudern. Ursus nickte also lächelnd, als sie nach dem Training fragte. "Ja, ich wollte laufen und noch ein paar andere Übungen machen. In Germanien habe ich sehr viel trainiert. Das kann ich hier so natürlich nicht aufrecht erhalten. Aber ich möchte meinen Körper doch nicht völlig vernachlässigen und nicht alles gelernte vergessen. Du hast mich aber nicht aufgehalten, keine Sorge. Ich war viel früher dran heute als sonst. Nun... bevor Du Dir wegen mir eine Erkältung einfängst ... Ich laufe dann einfach mal los. Vielleicht sehen wir uns im Laufe des Tage noch einmal? Ich würde mich freuen. Und werde Dir dann also Louan schicken. Sollte er Dir irgendwelchen Ärger machen, so zöger bitte nicht, mich deswegen anzusprechen."

    Von der Unruhe, als Caelyn über seine Schmutzwäsche stolperte, bemerkte Ursus nichts. Dafür schlief er einfach zu fest, dafür war der Traum zu intensiv, zu schön. Doch die Berührung seines Gesichtes, so sanft und geradezu liebevoll, zog ihn aus seinen Träumen in einen benommenen Halbschlaf. Solch Berührungen kannte Ursus nur von einer einzigen Person. Und so war es wohl kein Wunder, daß sein alles andere als wacher Geist ihm die Anwesenheit gerade dieser Person vorgaukelte. "Cadhla?", seufzte er sehnsüchtig und sein Arm suchte die Urheberin der Liebkosungen, um sie sanft an sich zu ziehen. Noch völlig traumgefangen dachte er gar nicht daran, daß es sich ja überhaupt nicht um Cadhla handeln konnte.

    Es war ein wahrhaft anstrengender Tag gewesen. Und Ursus war richtig froh gewesen, als er sich endlich hatte schlafen legen können. Der Schlaf war schnell über ihn gekommen. Und so merkte er tatsächlich nicht, daß Caelyn eingetreten war. Leises Schnarchen erfüllte den Raum, während Ursus selbst tief und fest schlief und offensichtlich angenehme Träume hatte. Denn seine Züge waren völlig entspannt und ein leichtes Lächeln umspielte seine Mundwinkel.

    Hier erlebte Ursus mal wieder ein sehr anschauliches Beispiel ausgezeichnet ausgebildeten Personals. Nicht, daß die Sklaven in der Villa Aurelia schlecht ausgebildet wären, ganz sicher nicht, doch Ursus war sich nicht sicher, ob so etwas bei jedem von ihnen so klappen würde. Bei Caelyn gewiß nicht. Er mußte unbedingt mal mit ihr intensiv arbeiten.


    Dankbar nahm er den Becher entgegen und prostete zurück. "Zum Wohl." Auch er trank erst einmal in aller Ruhe von dem verdünnten Wein. Genüßlich ließ er ihn über die Zunge rollen. "Nun, abgeneigt bin ich keiner der vier Quästuren, wertvolle Erfahrungen kann ich in jedem der Ämter machen und eigentlich hatte ich vorgehabt, dem Senat die Entscheidung zu überlassen. Doch als ich beim Consul meine Kandidatur bekannt gab, haben wir uns über seine damalige Amtszeit unterhalten. Seine Worte haben mich davon überzeugt, daß es besonders erstrebenswert wäre, als Quästor Consulum tätig zu sein."

    "Ja, ich mag es ebenfalls, wenn das Licht langsam zunimmt und sich aus der Schwärze nach und nach die Farben herausschälen. Die Farben erwachen eine nach der anderen und ich habe mich schon gefragt, woran das wohl liegen mag." Ein Thema für die Philosophen. Vielleicht sollte er mal schauen, ob es dazu schon Schriften gab?


    "Ich danke Dir schon jetzt für Deine Mühe. Und es freut mich, daß Du mit Caelyn zufrieden bist. Sie ist kein schlechter Mensch, aber sie hat immer noch nicht verstanden, was ihre Stellung ist und wie sie sich zu benehmen hat. Allzu oft schlägt sie über die Stränge..." Er seufzte. Caelyn war wirklich kein einfaches Thema. Natürlich, sie war nicht als Sklavin geboren, deshalb was es für sie so schwer, sich in ihre Rolle zu finden.


    Das Licht nahm zu und nun bemerkte Ursus durchaus, wie unzulänglich die Kleidung war, die Clara zur Zeit trug. Sicher fror sie in der doch einigermaßen kühlen Morgenluft. "Bitte verzeih. Ich habe Dich aufgehalten", sagte er ein wenig schuldbewußt. Sicher hatte sie schon lange wieder ins Haus gewollt.

    Ursus lachte. "Ja, da siehst Du mal, wie eingespannt ich bin! Nein, so schlimm ist es auch wieder nicht mit mir. Es liegt daran, daß ich bei meiner Ankunft gleich einen Brief meines Freundes Annaeus Varus vorfand, in dem er mich zu dem Wagenrennen einlädt. Es findet in Misenum statt, bei der Classis. Verus hier kann Dir sicher viel mehr dazu sagen als ich, - Du bist doch noch bei der Classis, Verus?"


    Er hob den Becher ebenfalls. "Zum Wohl!" Und trank erst einmal, bevor er weitersprach. "Es ist wohl kein sehr großes Rennen. Aber deswegen bestimmt nicht weniger spannend als die großen Rennen hier in Rom."

    Es ließ Ursus keine Ruhe, daß das Gespräch zwei Tage zuvor so elend schlecht verlaufen war. Und ihm war klar, daß es noch eine Menge Dinge gab, die er seinem Onkel mitzuteilen hatte. So schwer es ihm auch fiel, ein weiteres Gespräch zu suchen, - er hatte keine andere Wahl. Und je länger er wartete, umso schlimmer wurde die Situation doch.


    Also erkundigte er sich, ob Corvinus auch tatsächlich anwesend war und ging abermals zu dessen Officium, als dieses bejaht wurde. Nachdem er angeklopft hatte, steckte er den Kopf zur Tür herein. "Salve, Marcus. Darf ich eintreten?"

    Die Aufregung war Louan anzusehen. Und Ursus freute sich schon darauf, ihm zu zeigen, daß das Leben eines Römers nicht ausschließlich aus Arbeit bestehen mußte. "Nun, ich dachte mir, wir fangen..." Doch er wurde unterbrochen, als sein Name gerufen wurde und so drehte sich Ursus um. Als er sah, wer da heraneilte und wie er herausgeputzt war, mußte Ursus unwillkürlich lachen. Na, der Avianus sah ja aus, als hätte er heute auch noch so einiges vor! Anscheinend hatten sie unabhängig voneinander den gleichen Gedanken gehabt.


    "Salve, Avianus! Na, aber sicher doch nehmen wir Dich gerne mit! Je mehr wir sind, umso schöner und amüsanter wird der Abend werden!", grinste er breit und begrüßte den Vetter mit einem kameradschaftlichen Schulterschlag. "Kennst Du überhaupt Louan schon? Caelyns Bruder und nun mein Klient? Er wohnt zur Zeit noch bei uns, bis er ein Einkommen hat, mit dem er sich eine eigene Wohnung leisten kann. Er kennt das Nachtleben Roms noch nicht." Das breite Grinsen verbreiterte sich bei diesen Worten sogar noch ein wenig. "Louan, das ist Aurelius Avianus, einer meiner Vettern."


    Ursus wandte sich wieder an Avianus. "Das trifft sich ja wirklich hervorragend! Da können wir Deine Erhebung in den Ordo gleich mal kräftig feiern! Das ist ja bisher völlig zu kurz gekommen. Habe ich Dir überhaupt schon ordentlich gratuliert? Mensch, ich freue mich für Dich. Jetzt ist der Weg für Dich frei, ebenfalls den Cursus Honorum zu beschreiten!" Er umarmte den Vetter herzlich und klopfte ihm nochmal anerkennend auf die Schulter.

    Die Erleichterung darüber, daß sein Besuch hier von Erfolg gekrönt war, ließ sich kaum beschreiben. Er hatte es natürlich gehofft, doch jetzt, wo er die Zusage hatte, merkte er erst, daß er doch ziemlich daran gezweifelt hatte. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt, das hatte sich hier mal wieder bewiesen.


    Als Senator Vinicius ihm nun Wein anbot, nickte er. "Ja, sehr gerne, danke." Einen guten Schluck konnte er nun wirklich gebrauchen. Jetzt, wo die Aufregung langsam nachließ.