Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Begleitet von einem Sklaven hatte sich Ursus heute auf den Weg zum Haus des Consuls gemacht. Es wurde Zeit, seine Kandidatur bekannt zu geben. Natürlich hatte er die beste Toga angelegt, die er sein Eigen nannte. Noch immer hatte er sich nicht wieder ganz an das Tragen der Toga gewöhnt, nachdem er ein Jahr lang in Uniform und Rüstung herumgelaufen war. Doch er achtete gerade heute peinlichst darauf, daß die Falten nicht in Unordnung gerieten und perfekt fielen.


    Er wußte zwar, daß viele ihre Kandidatur einfach schriftlich mitteilten, doch er war der Meinung, daß so etwas ein wichtiger Schritt auf dem Weg des Cursus Honorum war und fand es daher angebracht, persönlich zu erscheinen. Schon um zu zeigen, wie wichtig es ihm war. Mit einem schnellen Blick prüfte er noch einmal seine Erscheinung, dann gab er dem Sklaven einen Wink, woraufhin dieser anklopfte.

    Ursus runzelte wieder die Stirn. Es war eine politische Heirat? Nun, da hätte es sicherlich auch noch andere Möglichkeiten gegeben, die der Gens mehr Vorteile eingebracht hätten. Doch als Corvinus erwähnte, daß er ihr Wissen um die Flora schätzte, da meinte Ursus zu wissen, daß doch mehr Gefühle im Spiel waren, als Corvinus zuzugeben bereit war. "Dann also doch eine reine Vernunftheirat", lenkte er versöhnlich ein. Er wollte keinen Streit. Schon gar nicht über so ein Thema. Zumal es Corvinus' Angelegenheit war, warum er die Flavia ehelichen wollte. Auch auf den Hinweis auf Deandra ging Ursus nicht weiter ein. Schließlich wußte er nur wenig von dem, was damals geschehen war. Eigentlich so gut wie nichts. Er fand es weiterhin nicht richtig, wie Corvinus die Verlobung gelöst hatte. Doch daß er es getan hatte, mußte schon schon gewaltige Gründe gehabt haben. "Du hast sie also noch nicht gefragt?", nahm er einen der anderen Punkte auf, die von Corvinus erwähnt worden waren. "Dann nehme ich mal an, daß ich vorerst Stillschweigen bewahren sollte?" Das war mehr eine rhetorische Frage, denn bevor die Abmachung getroffen war, wurde über so etwas eben nicht gesprochen.


    Und auch die nächste Mitteilung war nicht ganz leicht zu verdauen."Es gab eine persönliche Einladung für Dich allein und keine für die Familie?", staunte Ursus und schüttelte leicht enttäuscht den Kopf. Soviel zu der ach so großen Freundschaft zwischen den beiden Familien. Selbstverständlich hatte er erwartet, daß die gesamte Familie der Aurelier bei einem deratigen Fest der Flavier eingeladen gewesen wäre. Umgekehrt würden sie es jedenfalls sicher so halten. "Wenn das so ist, dann bin ich wohl nicht eingeladen, denn nein, ich habe keine Einladung erhalten. Schade, es wäre wahrhaftig eine gute Gelegenheit gewesen. Ohne Zweifel wird ein großer Teil der Gesellschaft Roms dort versammelt sein." Er war enttäuscht. Natürlich, wie auch nicht? Doch es würde sicherlich noch andere Gelegenheiten geben. "Nun denn, warte ich eben auf das nächste Fest, bei dem ich eingeladen werde. Hast Du wenigstens einen Rat für mich? In welchen Familien sollte ich mich umsehen? Und welche besser meiden?"

    Ursus blickte den jungen Mann nachdenklich an. "Ich verstehe, daß Du gleich Geld verdienen möchtest und vielleicht finden wir auch jetzt schon eine Tätigkeit für Dich, bei der Du ein wenig verdienen und auch Erfahrungen sammeln kannst. Ich werde mich mal umhören und das kannst Du natürlich auch gerne selbst schon tun. Aber ich fände es am besten, wenn Du den größten Teil Deiner Zeit mit Lernen verbringen würdest. Das klingt jetzt erst sehr langweilig und nicht sehr verlockend. Doch später wirst Du dadurch wesentlich besser und schneller vorankommen. Hier im Haus lebt eine sehr gebildetete Dame als unser Gast. Duccia Clara. Ich werde sie bitten, Dich zu unterrichten. Sicher kann sie Dich auch auf den Cursus Res Vulgares vorbereiten, denn gar so einfach ist dieser nicht zu bestehen. Ich bin sicher, daß in wenigen Wochen bereits der nächste Kurs angeboten wird. Und es wäre nicht schlecht, wenn Du Dich dann gleich daran versuchen würdest. Sieh Dich auch in unserer Bibliothek um. Und wenn Du selbst erkennst, was Du letztendlich werden möchtest, dann komm bitte zu mir, denn sicher werden wir dann auch eine Stelle für Dich finden, die Dich gleich in der richtigen Richtung weiterbringen kann. Bei Deinen Talenten habe ich an Architektur gedacht..." Doch ob der Junge das nötige Durchhaltevermögen für solche eine Ausbildung besaß, mußte sich erst herausstellen. Vielleicht war Germanicus Avarus ja bereit, ihn unter seine Fittiche zu nehmen. Doch ohne ein gewisses Grundwissen, würde dieser anspruchsvolle Mann bestimmt ablehnen.

    Ursus nickte zustimmend. "Ja, gerne. Es wird wirklich Zeit, daß die Fahrer eingetragen werden, damit wir endlich unsere Wetten plazieren können", grinste er breit, während er sich an der Seite von Varus auf den Weg machte, die einzelnen Factiones aufzusuchen. Er war schon sehr gespannt darauf, wer alles starten würde. Auch wenn für ihn natürlich schon feststand, auf wen er wetten würde, egal wie schlecht die Chancen auf einen Sieg standen. "Wird es nur einen Wettkampf geben oder mehrere? Bei jedem Start nur ein Fahrer pro Factio?" Er persönlich fand das am spannendsten, doch es konnte natürlich sein, daß die Veranstalter hier anderes vorhatten.

    Ursus nahm sich die Zeit, zunächst über die Worte von Corvinus nachzudenken. Sicher, natürlich war es gerade im Moment riskant, eine solch enge Beziehung zu den Flaviern einzugehen. Doch waren sie mit dieser Familie nicht ohnehin eng verbunden? Jeder wußte davon, also konnte dieser weitere Schritt auch nicht schaden. Dies war es auch, was Ursus dann schließlich dazu äußerte. "Wir sind seit sehr langer Zeit mit den Flaviern eng befreundet. Wer in Rom wüßte das nicht? Ich glaube nicht, daß diese Verbindung zusätzlichen Schaden anrichtet. Wenn der Kaiser nicht blind ist, so wird er unsere Treue erkennen. Wenn er sie nicht erkennt, so würde auch ein Verzicht auf diese Heirat nichts daran ändern. - Ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Glück für Deine Verbindung und hoffe für Dich, daß alles so läuft, wie Du es Dir wünschst. Du hast sie richtig gern, oder?" Zumindest schien seine Miene dies zu verraten. Und auch die Tatsache, daß Corvinus evetuelle politische Nachteile in Kauf nahm, sprach für diese Annahme. "Es ist selten genug, daß in unseren Kreisen Gefühle bei einer Heirat im Spiel sind. Schön zu sehen, daß es vorkommt. Ich freue mich für Dich. Für euch beide. Und hoffe auf einen ganzen Haufen von Cousins und Cousinen." Die ehrliche Freude über diese Nachricht jedenfalls war Ursus durchaus anzusehen. Kinder waren es, die diesem Haus wahrhaftig fehlten. "Deinen Worten entnehme ich, daß die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind? Probleme wird es doch sicher nicht geben, oder?" Nicht mit den Flaviern! Das konnte sich Ursus wirklich nicht vorstellen.


    "Auch für mich wird es langsam Zeit, mich nach einer passenden Braut umzuschauen. Ich hoffe dabei auf Deinen Rat, Marcus." Für Ursus war ganz klar, daß eine Heirat rein politisch motiviert sein würde. Und das störte ihn auch überhaupt nicht. Immer hatte er gewußt, daß es so kommen würde. Vielleicht konnte seine Heirat gar dazu beitragen, etwas mehr zu verdeutlichen, wo sie politisch standen? Verkehrt wäre dies sicherlich nicht. "Leider hatte ich bisher wenig Gelegenheit, in Frage kommende junge Damen - und deren Eltern - kennenzulernen. Finden nicht in der allernächsten Zeit einige größere Hochzeitsfeierlichkeiten statt? Gibt es schon Einladungen? Es wäre eine Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen."

    Ursus, der keine Ahnung hatte, was für Laevina alles unter den Begriff Abschaum fiel, zeigte sich bei ihrer Schilderung nicht wenig geschockt. "Ihr Götter, auf was für einer Nußschale bist Du denn hierher gereist? Hast Du denn keine Passage auf einem ordentlichen Schiff erhalten können?" Sein strafender Blick wanderte zu dem Sklaven, der stumm dabei stand. Hatte dieser nicht vernünftig für seine Herrin sorgen können? Ein Wunder, daß sie gesund und unbeschadet in Rom angekommen war.


    Gerade hatte er noch etwas zu dem Thema sagen wollen, da betrat Orestes das Atrium. "Orestes! Schön, Dich endlich mal zu treffen. Seit meiner Rückkehr aus Germanien sind wir uns ja wirklich geschickt aus dem Weg gegangen." Er lachte, denn natürlich hatte es bei ihnen beiden keineswegs in der Absicht gelegen, sich nicht zu treffen. Es hatte sich schlicht nicht ergeben. Er begrüßte den Verwandten mit der üblichen kurzen Umarmung, bevor er sich wieder an Leavina wandte, um ihre - zugegebenermaßen recht freche - Frage zu beantworten.


    "Weißt Du, ich bin schließlich Patrizier. Da muß man doch eigentlich nichts weiter tun, als über das Forum zu wandeln und gut auszusehen, oder?" Er lachte wieder und seine Augen blitzten dabei ein wenig übermütig. Es war nicht zu übersehen, daß dies nur ein Scherz war. "Nein, keine Angst, ich bin kein Müßiggänger und Geldverschwender. Ich widme mich der Politik und beschreite den Cursus Honorum. Die Amtszeit als Vigintivir habe ich bereits erfolgreich hinter mich gebracht und bin erst vor kurzem aus Germanien heimgekehrt, wo ich mein Tribunat abgeleistet habe. Zur jetzt kommenden Wahl werde ich wohl als Quästor kandidieren. Außerdem habe ich vor, mich in Zukunft in der Schola Atheniensis als Dozent zu betätigen. Doch das erfordert noch einige Vorbereitung." Er zuckte mit den Schultern. Letzteres war noch ziemlich unausgegoren, doch er zweifelte nicht daran, daß er damit zurecht kommen würde.


    "Aber was ist mit Dir? Was erwartest Du von Deinem Leben in Rom? Was möchtest Du tun?" Neugierig musterte er die junge Cousine. Bestimmt hatte sie einige Träume und Erwartungen mitgebracht. Ob sie sich wohl mit Minervina verstehen würde? Das wäre zumindest wünschenswert.

    Na, es ist den Leuten doch eigentlich nicht zu verdenken, daß sie gleich den Namen Varus ins Spiel bringen, wenn etwas römisches - gar ein Militärlager - gefunden wird. Immerhin bedeutet dies die Aufmerksamkeit der überregionalen Presse und das bedeutet Geld! Geld widerum wird gebraucht für die Ausgrabungen. Also sollen sie meinetwegen alle schreien, daß dieses neu entdeckte Lager das Ausgangslager des Varus gewesen ist. Vielleicht gibt es dann die Chance, daß es wirklich ergraben wird.

    Fhionn flüchtete geradezu, was Ursus ein wenig wunderte. Doch natürlich rechnete er damit, da sie jeden Moment wieder hier erschien, denn er hatte ihr ja aufgetragen, andere mit den Aufträgen zu betrauen. Immerhin sollte hier immer jemand zur Verfügung sein. Außerdem schien sie sich ja mit Laevina ganz gut zu verstehen, was nur von Vorteil sein konnte. Davon, daß das Gegenteil der Fall war, bemerkte er nichts.


    Doch er bemerkte an ihren Blicken sehr wohl ihre Unsicherheit. Natürlich, sie kannte ja niemanden hier. Verwandt oder nicht, sie war hier völlig fremd. Er bemühte sich daher um einen verbindlichen und herzlichen Ton, als er weitersprach, damit sie sich wenigstens schon willkommen fühlen konnte. "Ich bin sehr erfreut, Dich kennenzulernen, Laevina. Wir sind zwar etwas weitläufiger verwandt, doch ich hoffe, es macht Dir nichts aus, wenn ich Dich Cousine nenne? Leider habe ich Deinen Vater praktisch nicht gekannt. Ich wollte ihn besuchen, als ich in Griechenland zur Ausbildung war, doch es hieß, er sei verreist und so hat es sich leider nicht ergeben. Corvinus wird also Dein Vormund sein? Nun, ich bin sicher, er wird sich gut um Deine Angelegenheiten kümmern. Wundere Dich nicht, er ist nur wenige Jahre älter als ich und eben doch bereits der Familienvorstand. Er ist eben mit Abstand der jüngste unter den Geschwistern gewesen. Wie war denn Deine Reise hierher? Ich hoffe, nicht zu beschwerlich?" Er selbst hatte damals ausgesprochenes Glück gehabt. Ruhige See und gutes Wetter.

    Das war ein recht angenehmer Tag gewesen. Ursus hatte sich gut unterhalten und vieles erfahren. So war er recht gut gelaunt, als er nach Hause zurückkehrte. Kaum hatte er das Haus betreten, hatte Leone ihn über die Ankunft von Laevina informiert. Unwillkürlich fuhr sich Ursus ordnend durch das leicht zerzauste Haar, dann betrat er das Atrium. Nicht wenig neugierig, wie er zugeben mußte. Denn mehr als das, was in jenem Brief gestanden hatte, wußte er nicht über die junge Verwandte.


    "Salve und herzlich willkommen in der Villa Aurelia", begrüßte Ursus die Verwandte herzlich und trat lächelnd auf sie zu. Etwas erstaunt blickte er sich um. Was denn? Nur etwas zu trinken? Nichts zu essen? Nach so einer langen Reise? "Hat Dir denn noch niemand einen Imbiß gereicht? Nach der langen Reise bist Du sicher sehr hungrig. Fhionn, ist Corvinus schon informiert? Und schick doch mal jemanden nach einer Kleinigkeit zu essen. Ein Bad sollte auch vorbereitet werden." Daß sich bereits jemand um das Zimmer von Laevina kümmerte, davon ging er mal ganz fest aus.


    "Ich bin Titus Aurelius Ursus", stellte er sich dann erstmal vor, rechnete aber nicht unbedingt damit, daß sie mit seinem Namen etwas anzufangen wußte. Wieviel sie wohl überhaupt über ihre Verwandtschaft wußte?

    Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus
    "Ach was, wenn du die ersten Seiten diktiert hast, wird es dir wie eine Erleichterung vorkommen all das Gelesene in Worte zu fassen. Mir geht es immer so, das ich dann erst gewisse Feinheiten erkenne und auch vollständig verstehe. Dir wird das sicher ähnlich gehen."


    Der Senator leerte den Becher gänzlich. Es war sowieso nurnoch der Bodensatz drin. Sie schienen zum Ende zu kommen...


    Ursus nickte und lächelte. "Auf diese Weise habe ich immer gelernt. Indem ich nach der Lektüre das Wissen zusammengefaßt und schriftlich niedergelegt habe. So hat es sich am besten eingeprägt. Dennoch geht es ja noch einen Schritt weiter, selbst Wissen zu vermitteln." Es selbst verstanden zu haben bedeutete eben noch nicht, es anderen so erklären zu können, daß sie es ebenfalls verstanden. "Nun, manches muß man einfach tun, um zu sehen, ob man es kann. Und auch wenn mein erster Kurs vielleicht noch nicht vollständig perfekt ausfallen sollte, so werde ich sicher aus meinen Fehlern lernen und es beim nächsten mal besser machen."


    Auch Ursus leerte seinen Becher. "Ich danke Dir für die Zeit, die Du für mich geopfert hast. Und auch für die Möglichkeit, mich trotz eigentlich noch fehlender Voraussetzungen in die Schola einbringen zu dürfen."

    "Nun, dann werde ich mich gleich in den nächsten Tagen daran setzen, die Quellen zu sichten, damit ich mich für ein Thema entscheiden kann. Die Ausarbeitung wird sicher einige Zeit in Anspruch nehmen. Doch ich will versuchen, den Kurs so bald wie möglich auf die Beine zu stellen. Es wird mein erster Versuch, Wissen zu vermitteln und ich muß zugeben, daß mich diese Tatsache entsprechend nervös macht. Doch es ist auch eine Herausforderung. Ich bin selbst gespannt, wie gut ich dieser Aufgabe gewachsen bin." Er lächelte ein wenig schief und nahm noch einen Schluck aus dem Becher. Die Bemerkung, daß auch die anderen Dozenten sicherlich Interesse an einem neuen Kurs hatten, trug nicht gerade dazu bei, ihn zu beruhigen. Im Gegenteil gewann er mehr und mehr den Eindruck, daß dieser erste Kurs auch eine Art Prüfung war, ob er für eine Mitarbeit in der Schola tatsächlich geeignet war.

    Sim-Off:

    Sorry, habs irgendwie übersehen... :(


    "Salve", grüßte Ursus den Hinzugekommenen, den er ja auch schon kannte von Caelyns peinlichem Fehltritt kannte. Anscheinend auch einer der vielen Helfer hier, die dieses Rennen überhaupt erst möglich machten.


    Es war alles ein wenig hektisch hier, so daß er erst jetzt dazu kam, auf die Fragen zu antworten. "Die Anlage hier ist wirklich erstaunlich. Ihr habt das wirklich einfach so aus dem Boden gestampft? Eine gewaltige Leistung, die sich echt sehen lassen kann. Mein Kompliment." Die Classis hatte hiermit bewiesen, daß sie den Legionen, was Bautätigkeit anging, in nichts nachstand.


    "Und gerne helfe ich, wenn ich kann. Sieben Runden klingen für mich gut", nickte er zustimmend.

    Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus
    Mit Sicherheit gab es unendlich viele Themen und Avarus wollte den jungen Mann da auch nicht einengen. Es war ihm immerhin recht, das sich jemand gefunden hatte, der dem Kurswesen frischen Wind bringen wollte.


    "Oh ich glaube zu den Äquadukten wurde mal eine Dissertation abgegeben. Was das Handelswesen anbelangt, kann ich mich ebenfalls erinnern das es dazu bereits einen Kurs gab. Du mußt wissen, das ich aus dem Kopf nicht alle aufgezählt habe. Technik klingt jedoch sehr spannend. Was würdest du denn in solch einem Kurs abhandeln wollen?"


    Der Senator Germanicus Avarus schien intressiert zu sein, was für technischen Errungenschaften da wohl implementiert sein würden.


    "Dann gab es zu dem Thema noch keinen Kurs? Nun, in dem Fall würde ich die Aquädukte gerne mit in den Kurs einbinden, denn dies ist ein ausgeprochen faszinierendes Thema. Jedoch auch die Nutzung von Wasserkraft mittels Wasserrädern, Wasserpumpen, Hebewerke und Krane, das alles sind Errungenschaften der Technik, die uns unseren Lebensstil erst ermöglichen und deren Funktionsweise nicht viele kennen. Ich frage mich nur, ob das alles nicht sogar schon etwas zu speziell ist." Er hatte in Griechenland einiges über diese Dinge gelesen und auch wenn das schon eine Weile her war, traute er sich doch zu, anhand der hier vorhandenen Bibliothek das nötige Wissen zusammenzutragen.


    "Natürlich könnte ich auch eine der Persönlichkeiten der römischen Geschichte zum Thema nehmen. Kaiser Tiberius würde sich da sicherlich anbieten. Oder die Geschichte der germanischen Provinzen. Auch das würde genug Stoff für einen CC hergeben." Er wollte sich nicht zu schnell auf ein Thema festlegen. Vor allem nicht, bevor er keine Gelegenheit hatte, die Quellen zu sichten. "Da es mein erster Kurs wird, nehme ich an, daß ich meine Unterlagen zunächst jemandem vorzulegen habe?"

    Ursus' Lächeln vertiefte sich. "Nun, jetzt bin ich wieder da und Du kannst mir die Tiere ja immer noch zeigen. Ich hoffe, sie haben Gelegenheit, zu laufen? Ansonsten werde ich über die Factio eine Möglichkeit schaffen, daß sie bewegt und trainiert werden." Es wäre doch ausgesprochen schade, wenn solch edle Tiere im Stall versauern müßten.


    "Wie es weitergehen soll?", fragte Ursus erstaunt. Ihr Seufzer klang ja wirklich beunruhigend niedergeschlagen. "Ich bitte Dich. Du bist nicht die geringste Belastung, also bleib, solange Du möchtest. Du bist unser Gast, Clara." Für ihn war das selbstverständlich. Doch er konnte natürlich auch verstehen, daß sie gerne eine Gegenleistung bringen würde. Und dazu hatte er auch schon eine Idee. Blieb nur abzuwarten, was sie davon hielt.


    "Du bist doch eine sehr gebildete und vor allem auch geduldige Frau, nicht wahr? Ich habe einen jungen Mann mitgebracht. Er ist der jüngere Bruder meiner Sklavin Caelyn. Louan heißt er und hat bisher auf der Straße gelebt. In Gallien. Auf der Reise hierher hat er bereits lesen und schreiben gelernt, doch es fehlt natürlich an einer gründlichen Grundbildung. Würdest Du Dich seiner annehmen und ihn beim Lernen ein wenig anleiten? Er möchte arbeiten und Geld verdienen. Er träumt davon, Caelyn eines Tages freizukaufen. Ich habe den Eindruck, daß er recht intelligent ist. Er sagt von sich selbst, daß er gut zeichnen und gut mit Zahlen umgehen kann. Vielleicht läßt sich daraus ja etwas machen. Ich habe ihn als Klient angenommen und möchte daher natürlich das bestmögliche für ihn erreichen."

    Sie schien wirklich beunruhigt zu sein und Ursus mußte zugeben, daß die Sklavin sich schon recht lange nicht mehr hatte blicken lassen. Vermutlich ließ sie es sich richtig gut gehen auf Kosten ihrer Herrin. Ein mehr als dummes Verhalten, fand Ursus. Natürlich würde er sich nicht einmischen, was immer nun auch geschah. Er winkte die Bedienung herbei. "Ruf bitte die Sklavin der Dame her", trug er der jungen Frau auf. Dann wandte er sich wieder an Celerina. Das Gespräch fand sein Ende, das war unübersehbar. Eigentlich hatten sie beide schon viel zu viel Zeit hier verbracht. Doch es war einfach unglaublich angenehm gewesen, mit ihr zu plaudern. "Es ist wahrhaft erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht, wenn man sich in angenehmer Gesellschaft befindet. Ich hoffe doch, daß wir uns bald einmal wieder begegnen und unsere Unterhaltung dann fortsetzen können?" Er blickte sie bittend an. Als Freundin seiner Schwester würde sie doch gewiß einmal in der Villa zu Besuch sein. Vielleicht ergab sich dadurch ein weiteres Zusammentreffen?

    Ursus nickte. "Ja, eben jener Annaeus Varus. Gut, dann werde ich ihm das so mitteilen. Wie ich ihn kenne, wird er sich ohnehin auch ohne diesen Hinweis auf den CC stürzen, sobald dieser angeboten wird." Überhaupt mußte er mit einer größeren Anzahl von Studenten rechnen, und das gleich bei seinem ersten Kurs. Diese Tatsache verursachte ihm doch einige Schmetterlinge im Bauch. Allerdings versuchte er, sich davon nichts anmerken zu lassen. Er hatte schon mehr als eine Bewährungsprobe bestanden in den letzten Jahren. Er würde auch diese bestehen.


    Zugang zur Bibliothek und vor allem auch zu den bisher verwendeten Fragen sollte ihm also gewährt werden, das war gut. Ursus überlegte, ob sonst noch etwas war, doch es fiel ihm auf die Schnelle nichts mehr ein. Um die Zeit des Grübelns zu überbrücken, aß er langsam und genüßlich einen weiteren Keks. "Das schwierigste wird wohl sein, ein passendes Thema zu finden. Technik wäre vielleicht ein Thema, wenn auch ein sehr umfangreiches. Ich nehme an, Aquädukte wurden schon ausgiebig in Kursen behandelt? Doch bestimmt gibt es noch andere Bereiche, die noch nicht behandelt wurden. Das Transportwesen wäre vielleicht auch ein Thema..." Es waren einfach laute Überlegungen, die Ursus da anstellte. Er kam sicher noch auf weitere Theman aus anderen Wissensbereichen. Dies war nur das, was ihm auf Anhieb einfiel.

    Ursus nickte ernst. "Natürlich bleibt das unter uns, wenn Du das wünschst. Allerdings scheint es zumindest für aufmerksame Beobachter eher ein offenes Geheimnis zu sein. Der CRV fand in letzter Zeit eher unregelmäßig statt, schon seit Ewigkeiten gab es keinen CC mehr. Wer ein wenig aufgepaßt hat, dem wird nicht entgangen sein, daß es in der Schola ein paar personelle Probleme gibt. - Wenn ich durch meine Hilfe etwas daran ändern kann, dann will ich tun, was ich kann. Übrigens hat Annaeus Varus bereits vor längerer Zeit mir gegenüber Interesse an einer Mitarbeit in der Schola geäußert. Ich könnte ihn nochmal darauf ansprechen, ob dieses Interesse immer noch besteht." Daß ein selbst erstellter Kurs angerechnet werden konnte, beruhigte Ursus ungemein. Nicht, daß er sonst nicht mitgearbeitet hätte, doch er hätte es einfach vorgezogen, erst einmal selbst an einem CC teilzunehmen, bevor er selbst einen anbot.


    Das nächste Problem war das Thema. Es war schon vieles ausführlich behandelt worden. Da war es gar nicht so leicht, etwas zu finden, das zum einen noch offen war und zu dem er zum anderen die nötigen Informationen und Quellen zur Hand hatte. Er würde wohl mal die Bibliothek der Schola besuchen müssen, um zu sehen, was für ein Thema sich anbot. "Gut, ich werde mich dann also daran machen, einen CC zu gestalten. Und was ist nun mit dem CRV? Ich nehme an, es gibt bereits einen umfangreichen Fragenkatalog mit Musterantworten. Wird mir dieser zur Verfügung gestellt? Ein paar neue Fragen können sicherlich auch nicht schaden, doch wäre es etwas frustrierend, wenn ich am Ende feststellen würde, daß die Fragen, die ich mir überlege, bereits im Fragenkatalog enthalten sind." Er ging zumindest davon aus, daß bei jedem CRV andere Fragen gestellt wurden und nur wenige sich wiederholten. Sonst bestand die Gefahr, daß Absolventen die Fragen weitergaben.

    Sie stießen an und Ursus trank einen guten Schluck. Dann lachte er. "Na, Du wirst doch wohl nicht an Dir selbst zweifeln, wenn schon zwei gute Freunde Dir sagen, daß Du im Senat gut aufgehoben wärest." Tz, immer diese Selbstzweifler.


    "Also gut, Verus. Wir zwei hier waren jetzt ein ganzes Jahr außer Landes. Dann erzähl doch mal, was es so neues gibt. Wie ist der Kaiser so?" Ein Thema, das wohl jeden brennend interessierte.

    "Und jetzt? Gar nichts und jetzt. Sie ist hier in Rom und er in Germanien. Da kann es kein und jetzt geben, zumal sie mir verpflichtet ist und er dem Kaiser und dem römischen Volk." Für Ursus war das einfach. Es gab keine Zukunft für die beiden, also war die Sache gegessen. Das dumme, allzu impulsive Mädchen hätte sich von vornherein nicht darauf einlassen dürfen.


    Es war gut, daß Louan von selbst darauf zu sprechen kam. Und Ursus nickte. "Natürlich kann ich Dir bei der Suche nach Arbeit behilflich sein. Wenn Du jetzt gleich, ohne Vorbildung, arbeiten willst, dann wird sich bestimmt etwas finden, doch viel Geld kannst Du dabei nicht verdienen. Besser wäre es, wenn Du erst eine gewisse Grundbildung erwerben würdest. Zum Beispiel den Cursus Res Vulgares besuchen, der die Grundlage für alle weiteren Lehrgänge ist. Du sagtest, daß Dir Zahlen und Zeichnungen liegen. Das paßt gut zu Architektur. Auch das wird hier in Rom an der Schola Atheniensis gelehrt. Die Kurse würde ich Dir finanzieren. Und als Architekt kann man gutes Geld verdienen. Du kannst Dich natürlich auch als Unternehmer versuchen. Doch auch dann würde ich Dir raten, wenigstens den CRV zu machen und vielleicht eine Weile lang als Gehilfe bei einem Händler zu arbeiten."

    "Es ist immer schön zu hören, daß man vermißt wird", meinte Ursus erfreut. Er hatte solche Worte nun schon von einigen hier gehört und er mußte zugeben, daß ihm dabei doh ziemlich warm ums Herz wurde. Als er damals aus Griechenland heimgekehrt war, hatte er nicht das Gefühl gehabt, daß irgendwer ihn vermißt hätte.


    "Ach, dann muß ich doch mal im Stall nachsehen und mir die prächtigen Tiere anschauen. Es freut mich, daß Du Dich mit Prisca angefreundet hast. Sie ist sehr lieb und ich bedaure es sehr, daß sie sich so oft zurückzieht. Seit meiner Rückkehr habe ich sie noch nicht gesehen. - Wie lange ich in Germanien war? Ein ganzes Jahr, eine Amtszeit*. Naja, knapp. Durch die späte Ernennung und die langen Reisen war es ein bißchen weniger. Es war eine anstrengende, aber auch schöne Zeit. Das sind gute Männer, die da in Germanien dienen. Und treu dem Kaiser und dem römischen Volk gegenüber." Es war wirklich erstaunlich, wie schnell die Zeit vergangen war. "Und Du bist Deinen Husten also tatsächlich noch nicht los?", fragte er dann besorgt. "Was sagen die Ärzte dazu?"