"Und wer genau ist denn nur wir?", fragte Ursus noch einmal. Er wollte nicht lockerlassen. Immerhin mußte man gerade heutzutage sehr darauf achten, wer was wann mit wem tat. Bisher hörte sich das ganze ja nicht sehr aufregend an, auch wenn Ursus den Sinn durchaus einsah. Nur waren seine finanziellen Mittel nach wie vor begrenzt. Die erste richtige Einnahmequelle war der Sold als Tribun gewesen, sein Landgut warf nicht viel ab. Jedenfalls nicht genug, um allzu verschwenderisch damit umzugehen.
Beiträge von Titus Aurelius Ursus
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Ursus blickte sichtlich erstaunt drein. "Bitte verzeih, von dieser Bruderschaft habe ich bisher noch nie gehört. Wer gehört dieser Bruderschaft an? Vielleicht erzählst Du uns einfach noch ein bißchen mehr darüber." Er grinste. Ganz so leicht wollte er sich die wahrhaft sauer verdienten Sesterzen nicht aus der Tasche ziehen lassen. Da mußte Sedulus sich schon ein wenig mehr anstrengen.
Derweil nahm sich Ursus von dem Brot und dem Käse und ließ es sich schmecken. Er war gespannt, was Verus zu den Ausführungen von Sedulus noch zu sagen hatte.
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Was für eine flammende Verteidigungsrede! Ursus blickte Louan prüfend an. "Vergiß das nie, Louan. Vergiß nie, was Du ihr verdankst", sagte er schließlich und sah dabei auch sehr ernst aus. Dann erhob er sich und rief einen der Sklaven, damit er ihm die Toga brachte und anlegte. Eigentlich auch eine Arbeit, die zu Caelyns Pflichten gehörte.
"Ich habe nie kennengelernt, was Hunger bedeutet, Louan. Meine Kindheit war behütet und frei von solchen existenziellen Sorgen. Aber man muß für alles bezahlen, immer. Auch für eine behütete Kindheit. Mit Pflichten. Mit Verantwortung. Mit Einschränkungen bei der Wahl des Ehegatten und mit Einschränkungen bei der Wahl des Berufes." Natürlich würde er nicht mit Louan tauschen wollen, aber immerhin sollte der Junge begreifen, daß jeder sein Päcklein zu tragen hatte.
"Alles, was man erhält, bringt Pflichten mit sich. Je mehr Besitz und je mehr Macht Du hast, umso mehr Verantwortung lastet auf Deinen Schultern. Nimm nie mehr, als Du verantworten kannst und willst. Wenn Du Deine Hand nach etwas ausstreckst, überlege vorher, was für ein Rattenschwanz daran hängt oder hängen könnte. Nicht immer ist dieser vorher erkennbar. Schau, wenn wir Sklaven besitzen, die für uns arbeiten müssen, dann übernehmen wir auch die Verantwortung für sie. Das heißt, wir haben die Pflicht, sie zu ernähren, sie zu kleiden, ihnen eine anständige Unterkunft zu geben. Aber das ist nicht alles. Wir tragen auch die Verantwortung für alles, was sie tun. Ein Fehler eines meiner Sklaven ist mein Fehler. Wenn Caelyn da draußen auf die Straße geht und einen fremden Geldbeutel an sich nimmt, dann ist das so, als hätte ich selbst es getan. Ich bin der Dieb, nicht sie. Sie ist mein verlängerter Arm, meine Augen, meine Ohren, - mein Mund." Aus irgend einem unerfindlichem Grund war es Ursus wichtig, daß Louan dies verstand. "Wenn ich streng zu ihr bin, dann nur, um mein Ansehen und das meiner Familie zu schützen. Gerne würde ich ihr mehr vertrauen. Sehr gerne, Louan. Aber sag mir ehrlich: Kann ich das?"
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Ursus lachte bei den spärlichen Auskünften von Verus. "Daran merkt man, daß Du kein Politiker bist, Verus. Als Politiker muß man sich für alles interessieren. Selbst Klatsch und Tratsch beinhaltet wichtige Informationen. Wer mit wem warum und warum gerade nicht, das kann sehr wichtig sein. - Ein Conventus, sagst Du? Das war auch echt überfällig. Ich hoffe, sowas findet nun wieder regelmäßiger statt." Er nahm einen Schluck aus seinen Becher.
Dann antwortete er auf die Frage von Sedulus. "Das kommt ganz darauf an. Zum einen auf den Zweck, den nicht jeder gute Zweck ist wirklich gut. Und dann auf die Gruppierung, denn viele von denen sammeln nur das Geld und verschwinden dann plötzlich in der Versenkung, auf leichte Weise deutlich reicher geworden." Er half gern, doch irgendwelchen Scharlatanen sein Geld in den Rachen zu werfen, das war denn doch nicht sein Ding.
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Auch von mir alles Gute zum Geburtstag!
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Auch Ursus gelang es nicht mehr recht, seine Gedanken bei der Sache zu behalten. Doch natürlich versuchte er, sich das nicht anmerken zu lassen. Was wohl nur mäßig gelang. Oder war es Zufall, daß Louan genau die Fragen aussprach, die auch Ursus seit einigen Minuten hin und herwälzte? Doch er schüttelte den Kopf. "Nein. Jetzt, wo Du hier bist, wird sie nicht fortlaufen. Früher wollte sie das tun, um Dich zu suchen. Aber dazu hat sie jetzt keinen Grund mehr. Sie steckt irgendwo und schmollt wie ein kleines Kind. Vermutlich ist sie wütend auf mich, dabei habe ich viel mehr Grund, wütend auf sie zu sein. Und bin es auch! Sie macht eine Dummheit nach der anderen, hält ihre Versprechen nicht ein und tut dann noch so, als sei ich es, der ihr Unrecht tut." Er seufzte und schob die Schriftrolle von sich.
"Komm, laß uns in die Stadt gehen. Etwas Ablenkung wird uns gut tun. Wegen Deiner Schwester werde ich wohl noch vorzeitig ergrauen." Sie konnte einem wahrhaftig den letzten Nerv rauben. "Hat sie eigentlich früher auch die Probleme so magisch angezogen? Und sich und andere ständig in Schwierigkeiten gebracht? Selbst wenn sie ganz genaue Anweisungen bekommt, was sie tun und vor allem, was sie lassen soll, schafft sie es innerhalb kürzester Zeit, in Schwierigkeiten zu geraten."
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Es dauerte eine ganze Weile, bis Louan wieder da war. Und was der Junge zu berichten hatte, gefiel Ursus ganz und gar nicht, was ihm auch deutlich anzusehen war. "Wenn Du sie später siehst, schickst Du sie sofort zu mir. Egal wie spät es ist." Er war sauer. Sehr sogar. Aber das wollte er nicht an Louan auslassen. Der konnte ja nichts dafür. Doch Caelyn konnte sich warm anziehen, wenn er sie erwischte. Was war nun aus den ganzen Versprechungen geworden, die sie in Germanien gemacht hatte? Nichts, und wieder nichts. Ihrem Wort war nicht zu trauen, das war nun endgültig bewiesen. Chancen hatte er ihr doch wirklich mehr als genug gegeben.
"Ja, gib mir etwas verdünnten Wein. Und dann laß uns weiterarbeiten. Später gehen wir dann noch auf das Forum und hören mal nach, was es so neues gibt." Frische Luft. Ja, das war gut, um den Kopf frei zu bekommen. Und um zu überlegen, was er mit diesem sturköpfigen Ding von einer Sklavin anfangen sollte. Denn im Moment wußte er es nicht. Wußte er es ganz und gar nicht. Jeder andere würde sie wohl einfach mal kräftig auspeitschen. Doch schon der Gedanke an so etwas ließ einen Schauder über Ursus' Rücken laufen. Nein, das konnte und wollte er nicht tun, zumal er nicht davon überzeugt war, daß das wirklich helfen würde. Er mußte sich etwas anderes einfallen lassen, das ihr eine gehörige Lehre war.
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Ein wenig enttäuschend war es für Ursus schon gewesen, daß seine Schwester ihm keinen einzigen Brief nach Germanien geschickt hatte. Und auch, daß sie bei seiner Ankunft nicht dagewesen war, um ihn zu begrüßen. Ob irgendetwas vorgefallen war? Hatte er gar etwas falsches zu ihr gesagt oder in seinem Brief geschrieben? Frauen waren manchmal sehr merkwürdig, deshalb war er sich da nicht ganz sicher.
Doch heute sollte sie ihm nicht mehr entkommen. Immerhin wollte er ihr die Mitbringsel übergeben, die er ihr aus Germanien mitgebracht hatte. Und ihr erzählen, was er erlebt hatte. Und hören, was sie erlebt hatte in der ganzen langen Zeit.
Und so stand er nun vor der Tür ihres Zimmers und klopfte an. Eigentlich müßte sie da sein. Hoffentlich.
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Sim-Off: Ich glaube, die anderen lesen hier gar nicht mehr mit. Vielleicht hilft eine PN?
Bei der Wahl, bei der es um ihn selbst ging, enthielt sich Ursus der Stimme.
Doch bei der Frage des Vicarius Princeps Factionis stimmte er natürlich mit
für Maximus Decimus Meridius.
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Die Erkenntnis, wie das alles zusammenhing und welche Systematik dahinter steckte, war Louan geradezu anzusehen. Ursus lächelte, bald würde der Bursche sich so gut damit auskennen wie er selbst. Und dann konnte er eine richtige Hilfe sein. Interesse brachte er offenbar mit, was mehr war, als Ursus erwartet oder gehofft hatte. Als Louan dann erwähnte, daß er durstig war, fiel auch Ursus das Fehlen von Caelyn auf. Unwillkürlich runzelte er die Stirn. Wo steckte dieser Trotzkopf nur schon wieder? Vermutlich war sie immer noch beleidigt wegen dieses Liebesbriefes.
"Dafür ist eigentlich Deine Schwester zuständig. Schau doch mal, wo sie steckt und sage ihr, daß sie uns Wasser, Wein und Saft bringen soll. Und etwas Obst und Gebäck." Wenn sie sich nun fügte, wollte er auf dem Thema nicht weiter herumhacken. Doch wenn sie sich nun sperrte und störrisch verhielt, dann würde er ihr wohl noch einmal die Leviten lesen müssen.
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Und da war die Sklavin auch schon wieder. Ursus unterdrückte ein Schmunzeln, als er sah, daß die Sklavin noch kaute und schnell herunterschluckte, bevor sie den Tisch erreichte. Offenbar hatte sie gut gegessen. Was er ihr durchaus gönnte und auch gerne mitbezahlte. Denn durch ihr langes Fernbleiben hatte er mehr Zeit mit Celerina verbringen können.
Als Celerin aufstand erhob sich auch Ursus und deutete eine kleine Verbeugung an. "Das Vergnügen lag ganz auf meiner Seite. Ich freue mich schon jetzt auf unser nächstes Zusammentreffen. Und natürlich werde ich gerne meiner Schwester Deine Nachricht ausrichten. Ich bin sicher, sie ist auch zu jeder Schandtat", er räusperte sich und seine Augen funkelten ein wenig übermütig, als er so tat, als hätte er sich versprochen, "ich meine natürlich zu jeder gemeinsamen Unternehmung bereit." Er grinste breit und war gespannt auf das Gesicht seiner Schwester, wenn er ihr von seiner neuesten Bekanntschaft erzählen würde. Natürlich würde er auch versuchen, so viel wie möglich über Celerina zu erfahren. Und darüber, was seine Schwester noch so für Bekanntschaften geschlossen hatte. "Ich wünsche Dir noch einen schönen Tag, Flavia Celerina. Und daß sich Deine wahren Wünsche erfüllen mögen."
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Ursus mußte unwillkürlich lachen. Sie war wirklich ausgesprochen reizend, ein wahrer Gewinn für die Familie. Bestimmt würden sie bald allerhand zu tun bekommen, unwillkommene Verehrer abzuwimmeln. "Na, Du wirst eher nicht verhindern können, in die Gesellschaft eingeführt zu werden. Im Moment scheint da wenig los zu sein. Es ist Sommer und alle sind ans Meer geflüchtet, weil es ihnen hier zu heiß ist. Aber Du wirst sehen, in wenigen Wochen wirst Du Dich kaum noch vor Einladungen retten können. In der Stadt wird von anstehenden Hochzeiten gemunkelt. Mit etwas Glück wirst Du bei der einen oder anderen Feier dabei sein können, dann bist Du im Nu bekannt in der Gesellschaft, umschwärmt und bewundert, wie Du es verdienst. - Und vielen Dank für Deine guten Wünsche. Ich kann jedes Quentchen Glück gut brauchen." Eine schöne junge Frau wie Laevina würde sicher bald überall beliebt sein und dann zu allen größeren Feierlichkeiten eingeladen werden.
"Ja, das ist natürlich auch eine gute Idee, Orestes. Es wird mal wieder Zeit, daß Leben in dieses Haus kommt. Die letzte große Feier, die ich hier miterlebt habe, ist nun schon ... mehrere Jahre her. Natürlich weiß ich nicht, was ihr im letzten Jahr so alles verbrochen habt, als ich nicht da war. Wir sollten Corvinus wirklich darauf ansprechen. Es muß ja nicht gleich so etwas großes sein wie das Fest zur Meditrinalia damals." Er ließ sich von Fhionn einen Becher mit verdünntem Wein geben und nickte ihr anerkennend zu. Das alles sah nicht nur gut aus, das duftete auch ausgesprochen verführerisch. "Danke, Fhionn. Bleib bitte noch hier, falls wir noch etwas brauchen."
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Während Ursus sich daran machte, einen Brief zu verfassen, begann Louan mit der ihm aufgetragenen Arbeit. Natürlich blickte Ursus ein paar mal kontrollierend auf, doch was er sah, war nur ein fleißig arbeitender Louan. Na, wenn das so weiterging, konnte er ja sehr zufrieden sein. Ruhig arbeiteten sie beide weiter. Man konnte nur das leise Kratzen der Feder auf dem Papyrus hören und das Rascheln von Schriftrollen oder das gelegentliche Klappern der hölzernen Wachstafeln, wenn Louan davon welche herumräumte.
Bis Louan etwas zu fragen hatte. Ursus sah sich die betreffende Wachstafel an und nickte. "Ja, die gehört zur Buchführung. Sie gehört zu drei anderen. Schau hier, 4/4 bedeutet die vierte von vier zusammengehörigen Wachstafeln. Sie müssen die gleiche Bezeichnung tragen und dann die Nummern 1/4, 2/4 und 3/4. Hier ist aus den anderen drei Tafeln alles zusammengestellt und zusammengerechnet, damit man einen Überblick hat. Schau Dir das ruhig einmal an, damit Du siehst, wo die vielen Zahlen herkommen."
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Ursus nickte. "Also ein Fahrer pro Factio und ein Ersatzfahrer. Und ein einzelnes Rennen über sieben Runden. Das ist doch schon mal eine Aussage. Da werden die Wetten umso interessanter werden. Ja, fangen wir mit der Russata an. - Wann genau soll das Rennen den starten?" Es war jetzt schon sehr viel los hier. Wie voll würde es erst werden, wenn das Rennen startete?
Es war nicht zu übersehen, wo die Russata sich ein lauschiges Plätzchen gesucht hatte. Die Farben waren unübersehbar. Und so hielten sie nun auf diesen Platz zu, um einen Verantwortlichen für diese Factio aufzutreiben.
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Es blieb zu hoffen, daß Louan den Handschlag wirklich respektierte. Sicherlich mehr als Worte allein, so schätzte Ursus den Burschen zumindest ein. "Caelyn wird Dich in Zukunft rechtzeitig wecken und Dir sagen, ab wann ich hier anzutreffen bin oder ob und wo ich Dich anderweitig brauche. Und Du kannst jetzt ruhig gleich dableiben. Siehst Du die Kiste da vorne? Sie enthält Schriftrollen und Wachstafeln, die ich mit in Germanien hatte. Alle, die blau gekennzeichnet sind, gehören in die Bibliothek. Die legst Du dort einfach auf den Tisch, ich erkläre Dir später, wie sie einsortiert werden müssen. Dann ist ein ganzer Stapel leerer Wachstafeln dabei, die stapelst Du hierher, damit ich sie immer bei der Hand habe, wenn ich sie brauche. Die Buchführung, die erkennst Du sicher, legst Du hierher. Private Briefe hierher. Wenn Du damit fertig bist, sortierst Du diese Wachstafeln, sie enthalten die Berichte des Verwalters meines Landgutes, nach Datum, wobei das neueste nach oben gehört. Du kannst Dir diese Berichte auch gerne mal ansehen und wenn Dir etwas ungewöhnliches auffällt, sagst Du es mir." Vielleicht nicht die interessanteste Tätigkeit, aber er konnte dabei einiges lernen.
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Ursus hörte staunend zu, was Corvinus da über den Legaten zu berichten hatte. Von ein paar Dingen hatte er natürlich auch gerüchteweise gehört, doch das meiste war ihm noch unbekann. Hier machte sich wieder einmal bemerkbar, wie viele Informationen einem verloren gingen, wenn man ein Jahr in einer fernen Provinz weilte. "Sie war mit an der Front?", fragte er verblüfft an jener Stelle des Berichtes. "Nun, wenn er so unklug heiratet, schwächt er doch vor allem die eigene Gens. Und das als Familienvorstand. Daß der Rest der Familie da nicht gegen rebelliert, wundert mich doch sehr. Vielleicht sollten wir die Tiberia doch aus den Überlegungen einer möglichen Verbindung vorerst ausschließen." Was allerdings fatal war, da es nicht mehr viele patrizische Familien gab, in denen heiratswillige junge Frauen vorhanden waren.
"Das mit den gravierenden Fehlern bei den Opferritualen finde ich besonders bedenklich." Gerade im Krieg sollte man doch besonders darauf achten, die Götter nicht zu verärgern. Es sei denn, es steckt eine Absicht dahinter. Nein, Corvinus hatte Recht, zu diesem Vitamalacus sollte man wohl besser Abstand halten.
"Doch ich bin nicht nur zu Dir gekommen, um Dir die Mitbringsel zu überreichen und Dich um Rat in der Heiratsfrage zu bitten. Sondern ich wollte Dir mitteilen, daß ich beabsichtige, zur kommenden Wahl als Quästor zu kandidieren. Es mag etwas früh und schnell erscheinen, dieses Amt anzustreben, doch sowohl für meine Arbeit als Vigintivir, als auch für mein Tribunat habe ich Auszeichnungen erhalten, kann es also nicht gar so schlecht gemacht haben. Noch ist mein Name den Senatoren positiv im Gedächtnis. Ich denke, man sollte das Eisen schmieden, solange es noch heiß ist."
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"Natürlich, das habe ich eigentlich als selbstverständlich angesehen." Ein klein wenig mißverstanden fühlte sich Ursus ja nun doch. Aber gut, er würde vielleicht an Corvinus' Stelle genauso handeln. Immerhin war dies eine der Neuigkeiten, die jeder gern selbst verbreitete. Schon, um die Gesichter der anderen zu sehen. Und da war es besser, es noch einmal besonders zu betonen, bevor ein dummes Mißverständnis alles verdarb.
Das mit der Einladung fand er ausgesprochen seltsam. Wenn die Feier so klein und privat gehalten wurde, war es dann angebracht, einfach jemanden mitzubringen? Und nur die engeren Mitarbeiter der Acta Diurna? Da gehörte er also nicht dazu? Nun, wenn Corvinus meinte, daß er mitkommen sollte und konnte, dann würde er auch mitkommen. Es war eben tatsächlich eine gute Gelegenheit, Kontakte zu schließen und die wollte er sich nicht entgehen lassen wegen irgendwelcher dummen Eitelkeiten. "Ich freue mich schon sehr darauf, sie kennenzulernen", nickte Ursus zu dem Angebot, ihm die Auserwählte bei der Gelegenheit vorzustellen.
"Die Tiberia ist sicherlich nicht die schlechteste Wahl. Ich hatte noch keine Gelegenheit, den Familienvorstand, Tiberius Vitamalacus heißt er doch?, kennenzulernen. Von ihm sollte ich mich also fernhalten, meinst Du? Aber müßten wir nicht mit ihm leben, egal welche Tiberia ich ehelichen würde? Ich muß gestehen, daß ich Tiberius Durus als recht angenehmen Menschen empfand, als ich ihn kennenlernte. Und eine Verwandschaft mit ihm erscheint mir durchaus vorteilhaft." Das war natürlich schon eine ganze Weile her, daß er ihn kennengelernt hatte, und Menschen änderten sich. "Nun, ich werde mich auf jeden Fall umhören. Auch in den anderen vornehmen Gentes. Doch bevor ich mich festlege, würde ich das gerne noch einmal mit Dir besprechen. Schließlich geht das die ganze Familie an." Gerade bei der Heiratspolitik sollten sie am gleichen Strang ziehen.
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Alles kein Problem, soso. Ursus mußte unwillkürlich schmunzeln. Und es fiel auch noch ein wenig schief aus, denn diese schnellen Versprechen erinnerten ihn allzu sehr an Caelyn. Die Geschwister waren sich doch ziemlich ähnlich. Blieb zu hoffen, daß Louan sich mehr Mühe gab, sie einzuhalten als seine Schwester. "Nun, dann versuchen wir es einmal. Deine Sprache ist ja auch schon sehr viel besser geworden, seit wir uns das erste mal getroffen haben. Vormittags wirst Du mir ab jetzt Gesellschaft leisten und nachmittags lernen. Dafür erhältst Du Kost und Logis in diesem Haus. Ich denke, diese Regelung kommt uns beiden entgegen." Ursus hielt Louan seine Hand hin, damit dieser einschlagen konnte. Das sollte eine Sprache sein, die der Junge gut verstand. Eine Abmachung, die mit Handschlag besiegelt wurde, brach man nicht.
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"Ich verstehe, was Du meinst", nickte Urus ernst. Und wie gut er Louan verstand! Wollte doch auch er selbst viel mehr für die Familie tun, als man ihn ließ. Auch wenn er mittlerweile seinen eigenen Weg gefunden hatte, nämlich einfach da draußen sein bestes zu geben, dadurch das Ansehen der Familie zu mehren und so seinen Beitrag zu leisten. Jedenfalls hatte er durchaus Verständnis dafür, daß Louan auch mehr tun wollte, als zu lernen.
"Als Dein Patron bin ich in gewisser Weise verpflichtet, Dich zu unterhalten", erklärte er ruhig und fast sanft. "Und Du bist dafür verpflichtet, mich da draußen in jeder Weise zu unterstützen, die Dir möglich ist. Wobei Deine Möglichkeiten hierfür im Moment natürlich noch sehr begrenzt sind, und da liegt wohl das Problem für Dich, nicht wahr? Aber Du sollst auch jetzt schon Gegenleistungen erbringen dürfen, wenn das Dein Wunsch ist. Dabei denke ich nicht an einfache Hausarbeiten, dafür haben wir hier reichlich Sklaven. Sondern eher daran, daß Du für mich Botengänge übernimmst, mich in die Stadt begleitest und mir vielleicht auch hier bei meinen Arbeiten hilfst. Als eine Art Assistent. Bis Du weißt, was Du werden willst und ich Dich an jemand anderen weiterempfehle. Was hältst Du davon? Damit würdest Du mir nicht nur sehr helfen, sondern auch gleich Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen können. Die Bedingung dafür ist, daß Du Dich um eine gewählte Sprache bemühst und Dich ordentlich benimmst." Natürlich konnte er ihn auch einfach Holzhacken schicken, doch Ursus hoffte, daß aus Louan eines Tages mehr wurde, als ein einfacher Arbeiter.
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"Salve", grüßte der Sklave höflich und hielt sorgfältig Abstand zu dem offensichtlich erkälteten Ianitor. Das hätte ihm gerade noch gefehlt, daß er sich hier bei einem angeseuchten Sklaven ansteckte! "Mein Herr, der ehrenwerte Titus Aurelius Ursus", er nickte zu Ursus herüber, der aus einiger Entfernung dem Ianitor ernst entgegen blickte, "möchte seine Kandidatur zur bevorstehenden Wahl bekanntgeben und aus diesem Grunde den ehrenwerden Consul Marcus Vitorius Marcellus sprechen." Einen Versuch war es immerhin wert, zu versuchen, mit dem Consul selbst ins Gespräch zu kommen.
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