Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Zitat

    Original von Louan
    Es brauchte nicht lange, bis ich merkte, dass es Ärger gegeben haben musste. Das bestätigten mir dann auch die Andeutungen des Aureliers. Warum und weshalb Caelyn ihn in den Wahnsinn trieb, hatte er aber nicht verraten, aber ich konnte mir schon denken, warum. Schließlich kannte ich meine Schwester ja schon einige Jahre länger, als er. Ich wusste ja, meine Schwester konnte gelegentlich eine echte Nervensäge sein. Das war auch früher schon so gewesen. Wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, dann musste es genau so gemacht werden, ohne Rücksicht auf Verluste.


    "Caelyn weicht mir auch schon seit Wochen aus. Seitdem wir Germanien verlassen haben. Ist ist immer so betrübt. Ich dachte, sie freut sich, weil ich doch jetzt bei ihr bin. Aber sie redet kaum noch mit mir. Nur das allernotwendigste. Ich kann´s mir gar nicht erklären!" Ihr Verhalten hatte mich schon nachdenklich gemacht, denn so kannte ich sie überhaupt nicht. Irgendetwas musste doch passiert sein!


    Vielleicht war jetzt auch ein vollkommen ungeeigneter Augenblick, in Ursus Büro hereinzuschneien. Er hatte jede Menge Papierkram auf seinem Schreibtisch liegen. Wahrscheinlich störte ich nur.
    "Öhm, soll ich dann später noch mal kommen?" Mir war das ja jetzt total peinlich. Erst hatte er Ärger mit meiner Schwester und jetzt stand ich auch noch vor der Tür, um ihn zu behelligen. Es war bestimmt, besser, später noch einmal zu kommen und sich jetzt um Caelyn zu kümmern.


    Ursus schüttelte den Kopf. "Nein, bleib nur. Ich bin für jede Abwechslung dankbar. Und wir haben ja schließlich auch einiges zu besprechen. Ich kann Dir sagen, was mir ihr ist. Sie hat sich in Germanien in einen Soldaten verliebt. Noch dazu in einen, der gerade erst bei der Legion angefangen hat. Er darf 20 Jahre lang nicht heiraten. Was will sie also mit ihm? Außerdem ist es ihr als Sklavin sowieso nicht erlaubt, einen Römer zu heiraten." Nicht, solange sie Sklavin war jedenfalls.


    "Doch genug von ihr. Sprechen wir lieber über Dich. Du bist doch sicher nicht einfach nur so vorbei gekommen? Was liegt Dir auf dem Herzen?" Ursus blickte seinen jungen Klienten fragend an. Natürlich hatte er sich auch schon so einige Gedanken um die Zukunft des Jungen gemacht, doch er wollte erst einmal hören, was Louan selbst wünschte, bevor er mit seinen Vorschlägen anfing.

    Ursus wußte selbst nicht, ob er eingeladen war. Vermutlich schon, denn er ging doch mal davon aus, daß die Flavier die ganze aurelische Familie eingeladen hatten. Vielleicht sollte er Corvinus mal fragen. Da er noch nicht lange wieder da war, hatte sich dieses Thema einfach noch nicht ergeben. "Das erste derartige Fest seit langem. Es wird ganz sicher ein Ereignis der besonderen Art, das kann ja gar nicht anders sein." Vielleicht würde sich dort ja noch einmal die Gelegenheit ergeben, mit dieser reizenden jungen Frau zu plaudern?


    Er stimmte in ihr Lachen mit ein, als sie ihm zustimmte, daß in Baiae wohl die vor der Hitze der Stadt geflohenen Angehörigen der römischen Gesellschaft zu finden seien. "Baiae wird Dir gefallen, da bin ich mir ganz sicher. Du wirst gar nicht nach Rom zurückwollen", prophezeite er ihr augenzwinkernd.


    Dann blickte er sich um, als sie nach ihrer Sklavin fragte. "Ist sie nicht hineingegangen, um etwas zu essen? Sicher wartet sie dort ab, bis Du sie wieder brauchst. Soll ich die Bedienung heranwinken, damit sie Deine Sklavin herschickt?"

    Da war es doch geradezu schade, daß man bei dieser Dunkelheit kaum etwas erkennen konnte. Gerade eine weißgewandete Gestalt und ein von losen, dunklen Haaren umrahmtes Gesicht konnte man erkennen. "Clara? Duccia Clara? Entschuldige, daß ich Dich nicht gleich erkannt habe." Ursus mußte unwillkürlich lachen. Die Situation war aber auch zu komisch. "Ich bin schon ein paar Tage wieder da. Aber wie Du Dir vorstellen kannst, habe ich jede Menge aufzuholen und bin andauernd unterwegs oder in irgendwelche Papiere vergraben. Ich konnte auch nicht mehr schlafen und entschloß mich daher, mein morgendliches Training ein wenig vorzuverlegen. Doch genug von mir. Wie ist es Dir ergangen im letzten Jahr? Geht es Dir besser? Und sind Deine Pferde heil angekommen?" Er war mittlerweile etwas näher herangetreten und konnte nun ein wenig mehr erkennen. Doch leider noch nicht genug, um die verlegene Röte zu bemerken. Oder die Tatsache, daß ihre Tunika ausgesprochen dünn war.

    Gerade wollte Ursus loslaufen, als er angesprochen wurde. Eine weibliche Stimme aus dem Dunkel fragte ihn, wer er sei und was er hier wollte. Wäre es nicht so amüsant, könnte er es fast als Unverschämtheit auffassen. Immerhin war er hier zuhause. Obwohl er Clara ja schon begegnet war, erkannte er ihre Stimme nicht wieder. So gut kannte er sie ja auch nicht und es war immerhin schon mehr als ein Jahr her, daß er sie getroffen hatte.


    "Die gleichen Fragen könnte ich auch stellen und wohl mit mehr Berechtigung. Ich bin Aurelius Ursus und wohne hier. Und wer bist Du? Und vor allem: Was machst Du um diese Zeit hier?" Er trat ein paar Schritte näher, doch bei dieser Dunkelheit war wohl kaum damit zu rechnen, daß er die Gestalt erkennen konnte. Er war sich allerdings ziemlich sicher, daß es sich nicht um eine der Sklavinnen im Haus handelte. Zumindest keine von denen, die er kannte.

    Ursus hatte sich keineswegs schon beruhigt, auch wenn er versucht hatte, sich mit einem anderen Schriftstück abzulenken. Terentius Primus hatte ihm geschrieben. Der Duplicarius, der sich so besonders hervorgetan hatte. Nun war er zum Decurio befördert worden und bedankte sich für die Empfehlung zu dieser Beförderung. Na, wenigstens etwas positives gab es noch. Doch wenn er die Hoffnung gehabt hatte, daß nun etwas Ruhe einkehrte in diesen Morgen, dann hatte er sich wohl geirrt. Denn nur kurz, nachdem Caelyn den Raum verlassen hatte, klopfte es schon wieder und ausgerechnet Louan steckte seinen Kopf herein.


    Für einen Moment schloß Ursus seine Augen und unterdrückte ein Seufzen. Man konnte ihm noch immer ansehen, daß er nicht in bester Stimmung war. Nein, das war eigentlich deutlich untertrieben. Sein Zorn war eben noch lange nicht verraucht. "Guten Morgen, Louan." Höflichkeit sollte man nie vergessen, egal, welcher Stimmung man war. "Deine Schwester... treibt mich eines Tages in den Wahnsinn. Immer wenn ich glaube, sie hat es endlich verstanden, dann macht sie wieder irgendeine Dummheit. Dieses mal hat sie es sogar besonders weit getrieben. Laß es Dir von ihr erzählen, mir gegenüber war sie mehr als zugeknöpft." Denn eine wirkliche Erklärung hatte sie nicht abgegeben, das war ihm durchaus aufgefallen.

    Wenn sie geglaubt hatte, daß er sie zurückhielt, so hatte sie sich geirrt. Es war auch besser, daß sie ging, sonst hätte er sich am Ende noch völlig vergessen. Nun beobachtete er mit weiterhin grimmigem Gesichtsausdruck, wie sie die Papierfetzen aufklaubte und dann aus dem Raum rauschte, wobei sie einen kleinen Kampf mit der Tür ausfocht. Zum Glück nahm diese dabei doch keinen Schaden, obwohl es sich erst so angehört hatte. Das wäre für sie wahrhaftig nicht gut gewesen. Ganz und gar nicht gut.


    Ursus wußte wahrhaftig nicht, was er von dieser Sache halten sollte. Im Moment war er auch gar nicht fähig, vernünftig darüber nachzudenken, dafür war er viel zu wütend. Und enttäuscht. Er wußte nur eins: Sie hatte ihn hintergangen. Sein Vertrauen ein weiteres mal mißbraucht. Wie sollte er ihr je wieder Vertrauen schenken? Er fragte sich unwillkürlich, wie weit diese Beziehung wohl gegangen war. Soldaten waren ja durchaus bekannt dafür, daß sie sich nicht gerade in Zurückhaltung übten. Verdammt noch mal! Wie konnte sie es wagen, sich so einfach zu verschenken! Sie gehörte ihm! Und das dann auch noch, nachdem er so viel für sie getan hatte. Ein sentimentaler Idiot war er, nichts weiter. Schamlos ausgenutzt von dieser Weibsperson! Die dann auch noch so tat, als sei sie ein Opfer mit einem gar grauenhaften Schicksal! Nein, so ging das nicht weiter! Er mußte sich etwas einfallen lassen...

    Jetzt fing sie auch noch zu heulen an! Die schlimmste Waffe der Frauen, der auch Ursus normalerweise rettungslos erlegen war. Doch heute riß er sich extrem zusammen und unterdrückte den Drang, sie trösten zu wollen. "Ich weiß nicht, wie dieser... Wisch... auf meinen Schreibtisch gelangte. Doch ja, ich habe ihn gelesen... Ich habe nichts dagegen, wenn Du mit einem Sklaven hier aus dem Haus anbandelst. Alles außerhalb dieses Hauses aber ist für Dich tabu, verstanden! Noch dazu ein Soldat! Selbst wenn Du frei wärest, dürfte er Dich nicht heiraten!" Er nahm das Papyrus und zerriß es, einmal, zweimal. "Du sagst, es ist ohnehin aus? Ja, das ist es. Vollständig und vollkommen, verstanden?" Er warf ihr die Fetzen vor die Füße, die Tränenbäche so gut wie möglich ignorierend.

    "Na, dann stoßen wir doch einfach mal auf dieses glückliche Zusammentreffen an und genehmigen uns einen tüchtigen Schluck." Ursus hob den Becher, um mit den anderen beiden anzustoßen.


    "Ach, Sedulus, es gibt wirklich schlimmeres, als in die Fußstapfen des Vaters zu treten. Wird das nicht eigentlich sogar von uns erwartet? Dem Vater nachzueifern und sogar danach zu streben, noch weiter zu kommen, als er es vermochte? Ich hoffe sehr, daß Du bald in den Senat berufen wirst." Jeder Mann, der gesunden Menschenverstand besaß, konnte nur eine Bereicherung für den Senat sein.

    Ursus nickte bedächtig zu den Worten von Meridius. So hatte er Zeit und Gelegenheit, sich richtig einzuarbeiten. "Das hört sich für mich nach einem sehr guten Vorschlag an. Sofern die anderen Anwesenden zustimmen, bin ich mit dieser Regelung einverstanden." Es erfüllte ihn durchaus mit Stolz, daß ihm so viel Vertrauen entgegengebracht wurde. Doch er war sich auch der Verantwortung bewußt und nahm sich fest vor, das in ihn gesetzte Vertrauen nicht zu enttäuschen.

    Steile Falten bildeten sich auf Ursus' Stirn zwischen seinen Augen. "Versuch nicht auch noch, mich für dumm zu verkaufen!", fuhr er sie harsch an. "Ich will wissen, was das zu bedeuten hat. Also raus mit der Sprache!" Immerhin stand völlig außer Frage, daß dies Papyrus war und daß das "Gekritzel" von ihr stammte. Daß sie ihm nur sagte, was er ohnehin schon wußte, war nicht gerade dazu angetan, seinen Zorn zu besänftigen. Ganz im Gegenteil. Er fühlte sich nun obendrein noch verschaukelt und das war etwas, was Ursus ganz extrem übel nahm. Er konnte vieles verzeihen, doch dies gehörte ganz sicher nicht dazu.


    Ursus nickte ernst. "Ja, Du hast recht. Wir überlassen zuviel den anderen, oft aus reiner Bequemlichkeit, und machen uns dadurch auf Dauer abhängig von ihnen." Doch die Entwicklung war sehr schleichend und wurde daher wohl von den meisten Römern kaum bemerkt. Andererseits brachten die Ausländer auch neues Wissen mit und es war nie verkehrt, neue Erkenntnisse zu übernehmen, wenn sie nützlich waren. Eine Gratwanderung, wie so oft.


    "Was den Cursus Continus angeht, so ist wohl das größte Problem, daß ich selbst noch keinen solchen absolviert habe. Ich habe vor, bei der nächsten Wahl als Quästor zu kandidieren und dies ist das höchste Amt, das ich ohne einen solchen Kurs ausüben kann. Mir kommt es zudem etwas eigenartig vor, einen derartigen Kurs abzuhalten, ohne selbst einen solchen erfolgreich besucht zu haben. Die bereits behandelten Themen klingen alle interessant. Wirklich schade, daß ich nicht in Rom war, als diese Kurse abgehalten wurden." Kunst war nun nicht gerade sein Thema, doch das wollte er Avarus ganz so direkt auch wieder nicht sagen. "Doch gerade die Tatsache, daß kein Cursus Continus angeboten wurde, seit ich aus Griechenland heimkehrte, zeigt ja deutlich, wie groß der Bedarf sein muß. Ich bin sicher nicht der einzige, der schon länger auf ein Kursangebot wartet."

    Es dauerte gar nicht lange, bis sie erschien, wenigstens das funktionierte offenbar. Ursus sah tatsächlich ziemlich grimmig drein, als sie eintrat. Und ihr offensichtlicher Mißmut tat ebenso wenig zu einer Besserung seiner Stimmung bei wie ihr spontaner Ausruf beim Anblick des Schriftstücks. Ein deutlicher Beweis, daß der Brief tatsächlich von ihr war und nicht etwa ein anderer sich einen bösen Scherz erlaubt hatte, um sie in Schwierigkeiten zu bringen.


    Ursus nahm den Brief zur Hand und hielt ihn hoch. "Kommt Dir das hier irgendwie bekannt vor? Ich erwarte eine Erklärung, Caelyn!" Sein Tonfall war zornig. Er fühlte sich von ihr hintergangen. Und das, nachdem er ihr gegenüber so viel Nachsicht hatte walten lassen! Vielleicht war es eben doch ein Fehler, allzu freundlich zu den Sklaven zu sein. Gab man ihnen den kleinen Finger, nahmen sie gleich die ganze Hand - oder sogar noch mehr. Was hatte er nicht alles für sie getan! Und so dankte sie es ihm! "Nun?"

    Ursus nickte Varus grinsend zu. "Aber sicher habe ich Zeit mitgebracht. Ansonsten hätte sich die Anreise hier doch gar nicht gelohnt. Außerdem hoffe ich, daß wir auch noch Zeit für einen guten Becher Wein finden, damit wir uns gegenseitig vom letzten Jahr berichten können. Die Heimreise von Germanien war sehr angenehm. Das Wetter hat gut mitgespielt, sogar in den Bergen. Ich reiste gemeinsam mit Germanicus Sedulus, der in Germanien als Quästor eingesetzt war, und so war die Reise zudem noch kurzweilig, denn wir hatten in Germanien einige Gelegenheit, uns anzufreunden. - Es treten also nur die Albata, die Russata und die Aurata an? Nun, umso spannender wird es vermutlich werden." Er freute sich ungemein auf das Rennen. Allzu lange hatte er auf derlei Vergnügen verzichten müssen.


    "Quintus Arius? Ein guter Mann. Ich hoffe, er führt uns dieses mal zum Sieg. Damals in Rom hatte es ja nur ganz knapp nicht gereicht, er hatte sich eine ganze Weile an der Spitze halten können. Er ist gut in Form hoffe ich? Und das Gespann erst recht?" Sicher hatte Verus das Training verfolgt und sich ein Bild über die Leistungsfähigkeit des Gespannes und des Lenkers machen können.

    Hatte er da richtig gehört? Sein Name war gefallen? Ursus warf Verus einen erstaunt-ungläubigen Blick zu. Er gehörte der Factio noch gar nicht lange an und sollte ihr nun vorstehen? Für einen Moment stockte ihm der Atem und seine Gedanken rasten. War er dieser Aufgabe wirklich gewachsen? Er war sich dessen nicht ganz sicher. Also räusperte er sich erst einmal verlegen. "Es ehrt mich sehr, daß Du mich vorschlägst, Verus, und ich danke Dir für Dein Vertrauen. Gern würde ich meine Kraft für den Erfolg der Factio einsetzen. Allerdings fehlt es mir noch an Erfahrung, es wäre nicht fair, euch diese Tatsache vorzuenthalten. Doch bin ich durchaus willens, mich in diese Aufgabe einzuarbeiten und hoffe für den Fall, daß ihr mich wählt, daß ihr alle mir mit Rat und Tat zur Seite steht." Er blickte von einem zum anderen.

    Ein fleißiger Sklave, der im Officium aufräumte und sauber machte, fand das Stück Papyrus, das auf dem Boden lag und legte es mitten auf den Schreibtisch. Sicher gehörte es dem Herrn und es war versehentlich heruntergefallen. So lag das unscheinbare Stückchen Papyrus stundenlang mitten auf dem Schreibtisch, unübersehbar.


    Und dort lag es auch noch immer, als Ursus den Raum betrat. Er hatte einige Schriftrollen unter seinem Arm, mit denen er sich befassen wollte und setzte sich auf seinen Platz. Sein erstaunter Blick fiel auf das Papyrus. In der Annahme, daß es sich um eine Nachricht an ihn handelte, begann er zu lesen. Geradezu ungläubig las er die Zeilen ein weiteres mal. Wie kam dieser Brief hierher? Caelyn... Probus... Probus... Ursus hatte den Namen schon einmal gehört. Probus in Germanien. Moment, war da nicht dieser junge Probatus gewesen? Natürlich, er hatte Caelyn nach Hause begleitet. Genügte so etwas, um von Liebe zu sprechen? Wie konnte dieser Bengel es wagen, sich an seine Sklavin heranzumachen? Und wie konnte sie es wagen, darauf einzugehen?


    "Caelyn!", rief Ursus und ging davon aus, daß ihn schon irgendwer gehört hatte und Caelyn darüber informieren würde. Kopfschüttelnd starrte er den Brief an. Unglaublich! Ungeheuerlich! Was bildete sich dieses verflixte Mädchen eigentlich ein?

    Die Leckereien waren nahezu aufgefuttert, stellte Ursus bedauernd fest. Das bedeutete vermutlich, daß auch ihr Gespräch sich langsam dem Ende zuneigte. Doch immerhin blieb die Hoffnung, ihr wieder zu begegnen, immerhin waren ihre Familien eng miteinander befreundet. Er nahm noch einen Schluck aus seinem Becher und betrachtete sie lächelnd, denn schon hatte die Begeisterung sie wieder, wie es schien.


    "Nun, spätestens bei der Feier wirst Du sie ja gewiß kennenlernen. Werden sie nach der Hochzeit bei euch in der Villa wohnen?" Dann würde sie Epicharis ja wohl noch sehr gründlich kennenlernen. Noch eine Frau mehr in der Combo. Ursus mußte unwillkürlich grinsen. Seine Schwester würde bestimmt nicht zögern, sich den Flavierinnen anzuschließen. Und dann war es besser, man kam ihnen nicht in die Fänge. So nett es war, sich mit einer charmanten Dame zu unterhalten, so war es doch auch sehr gefährlich, wenn sie in größeren Rudeln auftraten.


    "Baiae? Ja, dort wirst Du allerdings nicht nur gesundheitsförderndes finden, sondern auch den größten Teil der von hier verschwundenen Gesellschaft", lachte Ursus. Ein teures Pflaster, dieses Baiae. Aber auch sehr schön. Und unterhaltsam.

    Ursus nickte lachend. "Ja, er wartete bereits auf mich, als ich aus Germanien heimkehrte. Aber meine Antwort scheinst Du nicht erhalten zu haben. Na, macht nichts, dann erzähle ich Dir eben alles noch einmal." Sein breites Grinsen versprach dabei wenig Gnade. Zu erzählen hatte er schließlich eine Menge nach einem Jahr in der Provinz.


    "Ja, wir kennen uns bereits. Decimus Verus und ich gehören doch schließlich der gleichen Factio an. Also mir geht es hervorragend. Das germanische Klima hat mich nicht umgebracht und ich war noch nie so gut in Form wie jetzt. Und wie geht es euch beiden? Wie sieht es aus bei den Factiones? Wer tritt alles an? Ich bin überhaupt nicht mehr auf dem Laufenden." Fragend blickte er zwischen den beiden hin und her.

    Eine ganze Weile schon war Ursus auf dem Gelände herumgelaufen, hatte Varus aber nicht gefunden. Immerhin hatte er Pferd und Gepäck in gute Hände geben können, so daß er nun allein und ungebunden über das Gelände streunen konnte. Natürlich war es kein Problem gewesen, den Exerzierplatz zu finden, jedoch liefen hier außergewöhnlich viele Leute herum. Es glich einer Suche nach einer Nadel im Heuhaufen, jemand bestimmtes zu finden. Doch schließlich konnte er Varus ausmachen. Und Decimus Verus stand mittlerweile auch bei ihm, anscheinend war sein Wachdienst bereits beendet.


    "Salvete", grüßte Ursus, als er zu den Männern hinzutrat, die sich recht angeregt unterhielten.

    Ursus hatte ja nicht ahnen können, daß seine zugegebenermaßen recht freche Frage solche Folgen haben würde. Als sie sich verschluckte, beugte er sich zu ihr herüber, um ihr sanft auf den Rücken zu klopfen. Doch sie schien sich schnell wieder zu fangen. Immerhin füllte er ihren Becher wieder auf, nachdem sie daraus getrunken hatte, um sich schneller vom Hustenanfall zu erholen. "Bitte verzeih. Die Schuld hierfür liegt wohl eher bei mir als bei den Datteln." Er blickte sie entschuldigend an und nahm sich vor, das vermaledeite Heiratsthema besser nicht wieder anzuschneiden.


    "Oh, das wird sicher eine prachtvolle Hochzeit! Claudia Epicharis ist eine sehr schöne Frau. Leider war es mir noch nicht vergönnt, sie näher als sehr flüchtig kennenzulernen. Ich nehme an, Du hast sie bereits kennengelernt? Und es ist gesellschaftlich in Rom tatsächlich nicht mehr los? Sicher sind wieder alle auf irgendwelchen Landgütern am Meer, um dort die heißesten Wochen des Jahres zu verbringen, sonst wäre das kaum vorstellbar. Nun, der Herbst ist nicht mehr sehr weit und dann kehrt das gesellschaftliche Leben nach Rom zurück." Hoffentlich zumindest. So war es ja geradezu langweilig.

    Ursus betrachtete die Bedienung mit prüfendem Blick und zuckte dann grinsend mit den Schultern. "Hm... Ägypterin scheint sie nicht zu sein. Zumindest kein Vollblut. Aber woher auch immer sie kommt, sie ist recht hübsch und weiß ihre Hüften zu schwingen." Er blickte ihr noch nach und bemerkte so nicht gleich, daß jemand an ihren Tisch trat. Erst als sie angesprochen wurden, blickte Ursus auf.


    "Salve", grüßte er überrascht, als er Decimus Verus erkannte. "Na, was treibt Dich denn nach Rom? Ich hoffe doch nicht, daß Du so erkältet bist, wie Du Dich anhörst. Steck mich bloß nicht an!" Er grinste dabei, meinte seine Worte jedoch nicht nur im Scherz. Eine Erkältung wäre das letzte, was er im Moment brauchen konnte. "Setz Dich doch und trink einen Wein mit uns. Ich habe gehört, heißer Wein soll gut sein bei sowas." Immerhin kam auch gerade die Bedienung und servierte.