Ja, es wurde wirklich etwas eng mit den Sitzplätzen, doch irgendwie auch gemütlich und vertraulich. Eine Nähe zwischen den Familienmitgliedern, wie Ursus sie schon sehr lange vermißt hatte. Umso enttäuschter war er, daß Corvinus sich so bald aus dieser Vertraulichkeit zurückzog. Er konnte ja nicht ahnen, was die Gründe dafür waren. "Ich bin auch froh, daß ich wieder zurück bin. Und... wenn Du erlaubst, werde ich Dich morgen aufsuchen, damit wir uns in Ruhe besprechen können." Einen Moment lang blickte er Corvinus hinterher, dann wandte er sich wieder den anderen beiden zu.
"Corvinus schrieb mir, daß ihr beide wieder hier seid, Catulus und Du. Wo steckt denn der Schwerenöter überhaupt? - Und Aegyptus hat nur die Wüste zu bieten? Ich dachte, wenigstens Alexandria wäre ein Ort, an dem man es aushalten kann. Ganz ehrlich, ich kann Aegyptus nicht viel abgewinnen, nach allem, was ich darüber weiß. Germanien hingegen ist durchaus sehenswert, wenn man nicht gerade den grauen, nassen Herbst erwischt. Im Winter liegt der Schnee so hoch", er deutete mit der Hand die Höhe an. "Es ist ein eigenartiges Vergnügen durch eine frische, unberührte Schneefläche durchzulaufen. Auch wenn man sie damit kaputt macht, man kann nicht anders, als da durchstapfen." Er lachte, der Schnee hatte ihn schon ziemlich fasziniert.
"Die Wälder sind gewaltig und teilweise wirklich furchteinflößend. Wo sie richtig dicht sind, ist es so dunkel, daß man kaum etwas sehen kann, aber wenn man auf einer Anhöhe steht und den Blick über die Landschaft schweifen läßt, dann ist sie auf eine raue Art wunderschön. So unglaublich grün und dicht bewachsen, richtig urtümlich und voller Leben. Da ich ja für den Limesausbau zuständig war, habe ich einiges von Germanien gesehen. Und ich war auch einmal in Magna. Mit Quästor Germanicus zusammen auf diplomatischer Mission bei den Mattiakern. Erst waren sie sehr mißtrauisch - und wir daraufhin natürlich auch. Aber als das Eis erstmal gebrochen war, haben sie uns überwältigende Gastfreundschaft gewährt. Ich sage euch, laßt euch niemals darauf ein, mit Germanen zu trinken. Obwohl ich sehr aufgepaßt und sehr viel weniger getrunken habe als die Germanen, war ich am Ende doch ziemlich duselig im Kopf. Met ist ein unglaublich hinterhältiges Zeug, aber sehr lecker. Ich habe etwas davon mitgebracht, dann könnt ihr mal probieren. - Ja, und der Puls... ich habe keine Ahnung, wie der schmeckt", lachte Ursus in die Richtung von Cotta. "Ich hatte ja Sertorio dabei und der ist zum Glück ein begnadeter Koch."
Er blickte Cotta weiterhin an. "Erinnerst Du Dich, daß wir damals über den Militärdienst gesprochen haben? Ich dachte, ich würde mich dort nicht am rechten Platz fühlen und sah der Sache mit großem Mißtrauen entgegen. Aber es kam ganz anders, ich habe mich im Gegenteil sehr wohl da gefühlt. Das habe ich natürlich zu einem großen Teil Tribun Terentius zu verdanken. Er hat mich in alles geduldig eingearbeitet und vor allem hat er mir erstmal richtig reiten beigebracht. Als Kommandant der Reiterei sollte ich mich ja nicht völlig blamieren. Das war auch so eine Sache, ein Kommando zu erhalten, ohne Erfahrungen damit zu haben. Doch ich hatte brauchbare Offiziere und sehr gute Soldaten unter meinem Kommando, sie haben mir die Sache sehr erleichtert. Legat Vinicius Lucianus hat mir großes Vertrauen entgegen gebracht und ich denke, ich habe ihn nicht enttäuscht. Übrigens ist er mittlerweile mein Patron." Er machte eine kurze Pause.
"So, genug von mir. Jetzt zu euch. Wie sehen eure Pläne aus, werdet ihr euch jetzt in die Karriere stürzen? Cotta, Du mußt Dich ganz schön ranhalten, wenn Du mich einholen willst", scherzte er, ohne zu ahnen, in welches Fettnäpfchen er damit sprang. "Avianus, Du wirst doch auch in die Politik wollen, oder was hast Du vor zu tun?"