"Manchmal stellst Du Dein Licht allzu sehr unter den Scheffel, Cotta", schimpfte Ursus im Scherz, als Cotta ihn so sehr lobte für seine Erzählung und die eigene so niedermachte. Auch wenn Cotta sich sehr kurz faßte und am Anfang eher nur Stationen aufzählte, kam danach doch mehr persönliches dazu. Und was er hörte, ließ Ursus schlagartig ernst werden. Offensichtlich hatte Cotta eine schwere Zeit hinter sich. "Ich glaube, ich könnte der Wüste nichts abgewinnen, nichts als Sand und Hitze. Doch ohne Zweifel ist sie ein geeigneter Ort, wenn man auf der Suche nach innerer Ruhe ist. Aber daß Du Dir dabei diese Krankheit eingefangen hast, ist wahrhaft grausam. Kann man da denn gar nichts machen? Vielleicht solltest Du hier in Rom ein paar gute Ärzte aufsuchen. Decimus Mattiacus zum Beispiel, er ist ein ausgezeichneter Mediziner und dazu ein Freund." Immerhin hatte er Helena gerettet damals.
"Weißt Du, es muß ja nicht jeder in die Politik gehen. Man kann auch anderweitig seinen Teil dazu beitragen, die Gens zu stärken. Ich bin sicher, daß Du der Gens keine Schande machen wirst, sondern auf Deine Art Deinen Betrag leisten wirst. Trotz dieser heimtückischen Krankheit. Und reiten... braucht man hier in Rom ja nicht." Er blickte den Vetter ernst an. Anscheinend ließ Cotta sich gerade ziemlich hängen, gerade mit Ursus als Beispiel vor sich für das, was er ja selbst gewollt hatte und nun nicht mehr zu erreichen glaubte. Das mußte niederschmetternd sein und verursachte Ursus ziemliches Unbehagen. Außerdem war er noch nicht davon überzeugt, daß es wirklich keine Möglichkeit mehr für Cotta gab. Noch waren nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft, - fand er zumindest.
Auch Avianus strotzte in seinen Äußerungen nicht gerade vor Selbstbewußtsein. Was war denn hier los? War irgendetwas vorgefallen, von dem Ursus nichts wußte? Oder warum dachten hier alle, daß sie zu nichts nutze wären? "Also, es ist ein sehr guter Anfang, Corvinus als Scriba zur Seite zu stehen. Er ist sehr erfahren und hat gleich mehrere wichtige Positionen inne. Nicht zuletzt kennt er viele einflußreiche Leute. Du wirst viel von ihm lernen können, wenn Du Augen und Ohren offen hältst. Hab Vertrauen zu Dir selbst, dann schaffst Du es auch. Außerdem sind wir alle hier und helfen Dir, wenn es mal schwer wird. Wozu hat man den Familie? Wenn Du einen Rat von mir willst: Geh viel aufs Forum, hör Dich um, merke Dir Namen und Verbindungen. Hör zu bei den öffentlichen Senatssitzungen und bei den öffentlichen Verhandlungen. Ansonsten hast Du alles, was Du brauchst: Eine gute Vorbildung, eine gute Herkunft, genug Geld im Hintergrund. Zöger nicht zu lange, sondern pack den Stier bei den Hörnern und fang einfach an. Mut wird anerkannt! Als ich mich als Vigintivir zur Wahl stellte, konnte ich auch nichts vorweisen an Verdiensten. Vertraue Dir selbst, dann vertrauen Dir auch andere."
Ursus atmete tief durch. Viel zu ernste Themen für diesen Moment waren das. Und er selbst hatte sie angschnitten, schalt er sich. Depp, der er war. Er wandte sich noch einmal an Cotta, dieses mal nicht mehr ganz so ernst. "Nun laß Dir mal keine grauen Haare wachsen, ja? Und gönne Dir selbst die Zeit, Deinen Weg zu finden. Heißer Met soll übrigens eine stärkende Wirkung haben. Ich werde anweisen, daß ein Teil des Mets angewärmt werden soll. Ich habe das Zeug schon sowohl kalt als auch heiß getrunken. Beides hat seinen Reiz, es schmeckt einfach in jeder Form gut, dieses hinterhältige Zeug. Hinterhältig deswegen, weil es zu gut schmeckt, um rechtzeitig aufzuhören." Er versuchte bewußt, ein wenig von dem drückenden Thema wegzukommen. Das lief ihnen ja nicht weg. Und heute wollte er sich einfach freuen, wieder hier zu sein und die anderen um sich zu haben. Er hoffte, daß Cotta und Avianus das genauso sahen. Er winkte einen Sklaven heran, der für den Met sorgen sollte. Es würde nicht lange dauern, bis das Getränk serviert würde.