Original von Caelyn
Nach dem ersten Tag im Castellum hätt ich eigentlich todmüde sein sollen. Im Prinzip war ich das ja auch. Eigenlich hätt ich in mein Bett fall´n müssen und in süße Träume gleiten sollen. Eigentlich! Aber´s war wie so oft, ganz anders. Jedesma, wenn ich an ´nem neuen Ort schlafen sollte, konnte ich die erste Nacht vergessen, ganz egal, wie müd ich war. Das war damals in Rom so und das war auch heute wieder so. Außerdem geisterten mir immer noch Ursus Worte im Kopf rum. Das, was er zu mir gesagt hatte, war wahrscheinlich sogar gut gemeint, aber wie er´s gesagt hatte, war alles and´re als freundlich. Du wirst mir dienen, Caelyn! Je besser, umso mehr wirst Du belohnt und umso früher kannst Du daran denken, Freiheit zu erlangen. Das hatte wie ´ne Drohung geklungen! Eins war klar, wenn er jemals was für mich empfunden haben sollte, war das garantiert jetzt flöten gegangen. Selbst als ich vor ihm gestanden hatte und in Tränen ausgebrochen war, hatte er die Distanz gewart, so als hätt ich ´ne ansteckende Krankheit. Ich war eben nur ´ne Sache, mehr nich.
Barfüßig schlich ich durchs dunkle Haus. Sertorio und Ursus schliefen schon lange. Ob´s hier ´nen Garten gab, so wie in Rom? An die Casa schloß sich zumindes ma keiner an und draußen hatte ich bei der Ankunft auch keinen entdecken können. Ob ich einfach ma draußen rumspazier´n konnte? Sicher würd´mich dann gleich einer festhalten und mir vorhalten , ich wollt abhau´n, oder so. Nee, das war keine so gute Idee! Schwierigkeiten hatt ich schon zur Genüge. Da brauchte ich nich noch mehr!
Aber vor die Tür geh´n, war sicher kein Verbrechen! Wenigsten ma raus aus der Bude!
Draußen war´s stockdunkel. Niergendwo in den Häusern rundherum brannte Licht. Nur von weitem sah man ´nen Feuerschein, wahrscheinlich von den Wachen. Ich setzte mich auf die Stufen der Casa und zog meine Beine an mich. Scheiße Mann! Nich ma ´nen Garten gab´s hier! Hier gab´s genaugenommen gar nix, nur Arbeit, Arbeit und noch ma Arbeit. Keiner, mit dem man ma erzählen konnte. Niemand, dem man ma was anvertrauen konnte. Ich dachte an die Mädels, drüben in der Villa und wie´s Merit nun ging. Verdammt, die Villa war unerreichbar für mich geword´n, obwohl sie nur hinter diesen Scheißmauern lag. Mann, hatten die´s gut! Ich konnt´s nich glauben, dass so was von mir kam!
Lieber an´nem verdammten Kreuz verrecken, als so´n Leb´n! Das hatt ich auch Ursus an ´nen Kopf geworfen und danach hatt´s mir eigentlich auch gleich wieder leid getan. Nee, an ´nem Kreuz zu verrecken, war so das schlimmste, was einem passier´n konnte. Wenn´s dumm lief konnteste drei, vier Tage da hängen, bis du endlich ´n Löffel abgeben konntest.
In letzter Zeit hatt ich auch oft an mein´n Bruder gedacht und an meine Freunde, mit denen ich immer auf Raubzug gegangen war. Zum ersten Mal, seit ich von zu Haus weg war, hatt ich so was wie Heimweh. Ich sehnte mich nach mein´m kleinen Bruder und dem kleinen Verschla, in dem wir gelegentlich übernachtet hatten. Auch wenn wir im Dreck lebten, so hatt ich doch da meine Familie!
So´n Mist, jetzt musst ich schon wieder heulen! Ich vergrub mein Gesicht in mein´n Händ´n und schluchzte leise, damit mich auch ja niemand hörte. "Louan! Louan!" sagte ich leise. Aber Louan war zu weit weg, als dass er mich hätte hören konnen. Ob mein Bruder überhaupt noch lebte?