Corvinus wünschte sich also Cadhla in sein Bett. Aber anscheinend hatte er noch nicht mit ihr geschlafen. Das war ja schon erstaunlich genug. Schlief der nicht mit jeder seiner Sklavinnen? Naja, war ja sein gutes Recht. Ursus wußte nicht, was richtiger war. Es ihnen einfach zu befehlen oder ihnen wenigstens diese eine Freiheit zu lassen, dies selbst zu entscheiden. Er selbst zog es immer noch vor, eine Frau nur dann in sein Bett zu nehmen, wenn sie ihn wirklich wollte. Doch er mußte natürlich zugeben, daß er dadurch schon sehr lange keine Frau mehr in seinem Bett gehabt hatte. Corvinus hingegen bekam immer, was er wollte.
"Schließt das eine das andere wirklich so vollkommen aus, Cadhla? Kann er nicht die Kriegerin haben und die Frau in seinem Bett ebenso?" Es war nicht fair, diese Frage zu stellen und er senkte seinen Blick. "Entschuldige. Es ist allein Deine Entscheidung. - Was Corvinus betrifft... ich verstehe ihn so wenig wie Du. Es geht mir genauso wie Dir. Er sagt nie ein klares Wort, erwartet aber, daß man ihn genau so versteht, wie er es meint. Damit kann ich nur schwer umgehen, deshalb streite ich immer mit ihm."
Nachdem er tief durchgeatmet hatte, blickte er die Kriegerin wieder an. "Du hast recht. Vieles an unserer Lebensart ist Lüge. Der Anschein ist meistens wichtiger als das Sein. Gerade in der Politik. Aber mit den Saturnalien hast Du nicht recht. Gerade diese Tage sind die ehrlichsten in unserem Leben, Cadhla. Schau sie Dir alle an. An diesen Tagen kannst Du erkennen, wo das Verhältnis zwischen Sklaven und Herren einigermaßen normal und anständig ist - und wo nicht. Diejenigen Sklaven, die heute durchdrehen, sich völlig unmöglich benehmen und ihre Herren herumscheuchen und es ausnutzen, daß sie nicht dienen müssen, - deren Herren behandeln ihre Sklaven ungerecht und schlecht. Im Grunde sind diese Tage nicht für euch, auch wenn sie euch Freiheiten und Freuden bescheren, von denen ihr den Rest des Jahres nur träumen könnt. Nein, sie sind dafür da, uns auf den Teppich zurückzuholen. Und uns einen Spiegel vorzuhalten. Das goldene Zeitalter... als noch alle gleich waren und alles miteinander teilten.... Ich weiß nicht, ob es so etwas je gegeben hat. Sind wir Menschen nicht zu habgierig und zu neidisch, als daß so etwas je wirklich funktionieren könnte? Aber verlogen... verlogen ist das Fest nicht. Es hilft, Menschen als Menschen zu sehen."