Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Ohne die Frau zu beachten - zumindest äußerlich - verengte er seine Augen. "Dann kannst Du jetzt gehen Brix." Er trat wieder in sein Zimmer zurück und schloß die Tür hinter sich. Prüfend betrachtete er die Frau. Sie sah wirklich nicht schlecht aus, das mußte man zugeben. Da Corvinus sich bestimmt nicht auf die Straße begeben hatte, um eine Lupa herzuholen, mußte wohl Brix Geschmack bewiesen haben. "Was hast Du dafür bekommen?", wollte erst einmal wissen und fing ihre vorwitzigen Hände ein, um sie festzuhalten.


    Sie lächelte ihn aufreizend an, ihr Augenaufschlag war zum dahinschmelzen. "Ist das so wichtig? Ich bin hier..." Sie wand sich ein wenig, um sich aus seinem Griff zu befreien und ihre Bewegungen waren fließend und anmutig. Zu lange hatte er bei keiner Frau mehr gelegen, um diesem Anblick gegenüber immun zu sein. Sein Körper reagierte darauf auf ganz natürliche Weise.


    "Ja, es ist wichtig. Also, wieviel?", fragte er abermals. Es war wirklich nicht leicht, ruhig und bestimmt zu bleiben. Er war es auch nicht, aber wenigstens wollte er so wirken.


    Sie machte einen kleinen Schmollmund - und sah damit einfach zum Niederknien aus, wie Ursus feststellen mußte. Natürlich war sie sich dieser Wirkung vollauf bewußt. "Wenn es Dir so viel bedeutet: Einhundert habe ich schon und weitere einhundert bekomme ich noch." Inzwischen hatte sie eine Hand freibekommen und ließ sie nun über seine Brust gleiten. Und dann weiter nach unten...


    Zweihundert! Für eine einfache Lupa! Hundert wären schon deutlich überbezahlt! Corvinus war ein Verschwender, soviel war klar. "Nun, ein solch edles Geschenk kann ich wirklich nicht annehmen. Bestell meinem Onkel viel Vergnügen mit Dir und herzlichen Dank für seine Fürsorge, doch ich habe leider schon etwas vor. - Jeder Sklave kann Dir den Weg zu ihm weisen." Er faßte die junge Frau entschlossen bei den Schultern und schob sie zur Tür hinaus.


    Schnell schloß er die Tür hinter sich und ging dann zur Waschschüssel. Hoffentlich war das Wasser kalt genug!

    Ursus hob eine Augenbraue, als er sah, was da herein kam. Ein hübsches Kind, ohne Frage. Trotzdem riß er umgehend die Tür wieder auf: "Brix! Sofort kommst Du wieder hier und beantwortest meine Frage!" Seine Stimme war nicht überlaut, aber dafür überscharf. Ein Sklave, der sich um eine Antwort drückte, das konnte er nicht durchgehen lassen.

    Ursus war mitten in der Nacht aufgewacht, ohne daß er sagen konnte, warum. Natürlich lauschte er in die Dunkelheit, doch kein ungewöhnliches Geräusch drang an sein Ohr. Gähnend drehte er sich auf die andere Seite und schloß die Augen wieder. Doch der ersehnte Schlaf wollte sich nicht wieder einstellen. Vielleicht schien der Mond zu hell? Doch er wollte die Läden nicht schließen, er war ein Frischluftfanatiker und deckte sich lieber mit mehr Decken zu, als die Fensterläden zu schließen.


    Nein, es hatte keinen Sinn. Vielleicht sollte er einfach ein paar Schritte durch den Garten machen. Das wäre nicht das erste mal, daß ihm dies helfen würde, wieder schläfrig genug zu werden. Er zog sich seine Tunika über den Kopf und ohne diese zu gürten, nahm er einfach noch den Mantel hinzu. Wozu mehr, mitten in der Nacht für einen einsamen Spaziergang im Garten?


    Leise verließ er das Zimmer und schlenderte langsam und gemütlich in den Garten. Und hier erblickte er, was er von seinem Fenster nicht hatte sehen können: Feuerschein!


    Feuer war etwas, was jeder Römer fürchtete. Eine Gefahr, die verheerendes anrichten konnte. Schon wollte Ursus rufen, um die anderen zu wecken, damit die Gefahr gebannt werden konnte, da fiel ihm auf, daß dieser Feuerschein klein war und blieb. Es schien sich um ein kontrolliertes Feuer handeln. Eine Art Lagerfeuer. Aber ein Lagerfeuer hier im Garten? Da ging doch etwas vor!


    Ursus dachte keinen Augenblick daran, jemandem Bescheid zu geben. Doch er war sich durchaus bewußt, daß es gefährlich für ihn werden konnte. Er hatte keine Waffe dabei. Das schreckte ihn jedoch nicht ab, ein Schwächling war er nicht und auch kein Feigling. Natürlich versuchte er dennoch, leise zu sein, um sich erst ein Bild von der Lage machen zu können.


    Was er dann letztendlich sah, war so unglaublich, daß er seinen Augen nicht zu trauen glaubte. Ein ganzer Haufen Sklaven, einige davon nicht mal zu diesem Haushalt gehörend, saßen um ein Feuer und aßen und tranken auf einem fröhlichen kleinen Fest. Daß Corvinus dies erlaubt hatte, ohne jemanden zu informieren, das glaubte Ursus nicht einen Augenblick. Was für eine Ungeheuerlichkeit!


    "Was, bei den Göttern, ist das hier?", fragte er mit durchdringender Stimme, ohne jedoch dabei zu brüllen. Ein Lehrer in Athen hatte ihn ausgiebig Stimmübungen machen lassen, damit er bei seinen Reden von allen verstanden wurde, ohne schreien zu müssen.


    Er stand da, mit in die Hüften gestemmten Fäusten und blickte die Gruppe mit unverkennbarem Unwillen an.

    Also... Ich habe einen Charakter bei der Legion. Und der andere hat die Probatio abgelegt und soll auch irgendwann einmal im CD tätig werden. Einen größeren Unterschied konntet ihr wohl nicht ausfindig machen? :D


    Kommen wir mal auf die Ursprungsfrage zurück: Warum gibt es so wenige Interessenten für den CD? Denn ob nun die Ausbildung aufpoliert wird oder nicht... Das wird kaum Auswirkung auf das Interesse haben.


    Fragen wir mal anders herum:
    Warum will ich im CD tätig werden? Religion fasziniert mich jetzt nicht unbedingt, muß ich gestehen. Mich in RL.


    Aber die Römer waren nun einmal sehr religiös. Die Religion gehörte ganz selbstverständlich zum Alltagsleben. Das, was wir hier in RL aus der Wiki suchen müssen, um die Fragen der Probatio beantworten zu können, hätte jeder römische Bengel im Alter von 10 Jahren problemlos beantwortet, ohne irgendetwas nachlesen zu müssen. Mein Charakter soll religiös sein! Weil sie nun einmal religiös waren! So wie ich ihn mir denke, betrachtet er es als ganz normal, auch zeitweilig in den Dienst der Götter zu treten. Er kommt im Gegenteil gar nicht auf die Idee, dies NICHT zu tun.


    RL befürchte ich natürlich, daß ich mich schwer tun werde mit den Opfern und Ritualen. Dafür werde ich eine Menge nachlesen und erfragen müssen. Vermutlich jedes mal. Ich will mir das antun und glaube auch, daß es eine Herausforderung ist und Spaß machen wird. Auch die alltägliche Tätigkeit im Tempel kann Spaß machen, wenn sich mal hin und wieder jemand blicken läßt ;)


    Doch daß es abschreckt, wenn man von vornherein schon weiß, daß man viel wird nachlesen müssen, das kann ich sehr gut verstehen. Und ich glaube, dies ist der Grund, warum sich so wenige dafür finden. Natürlich gepaart mit der Angst, für Fehler gleich an den Pranger zu kommen (wie andere weiter oben ja auch schon gesagt haben).


    Ich denke, so wirklich etwas dagegen tun kann man nicht, daß sich so wenige für den CD finden. Man kann nur ermuntern, es einfach zu versuchen. Und Fehler mal nicht gleich offen anprangern, sondern mit einer freundlichen PN darauf aufmerksam machen, damit das Post geändert wird.


    Dazu würde es sicher helfen, wenn der eine oder andere sich einfach mal in den Tempel begeben würde, sei es für ein kleines Opfer oder Gebet, sei es einfach nur für ein Gespräch. Wo etwas los ist, da finden sich dann auch Spieler!

    Ursus war sogar ganz und gar nicht mehr übellaunig. Er hatte den ganzen Ärger in irgendeine finstere, spinnwebverhangene Ecke in seinem Inneren verbannt. Dort konnte er vermodern, wenn niemand mehr daran rührte. Doch natürlich war damit zu rechnen, daß jemand daran rühren würde.


    Ja, die thermae Agrippae war wahrhaft prachtvoll. Und auch wenn Ursus nahezu täglich hier war, so hatte er noch nicht den Blick für die Schönheit dieser Anlage verloren. Zu den Vorschlägen des Flaviers nickte er. "Ja, es wäre ganz gut, erst einmal etwas Energie loszuwerden. Hast Du eine festgelegte Reihenfolge, was Du machst? Mir ist momentan alles recht, solange ich mich ein wenig verausgaben kann." Er musterte den anderen. Sicher war er ebenfalls gut trainiert. So einen Körper bekam man nicht vom Nichtstun. Die Frauen lagen ihm sicher scharenweise zu Füßen.

    Ursus lächelte und seine Augen blitzten nun aus Amüsement und nicht mehr vor Zorn. "Meinst Du wirklich, diese reichen noch eine Weile? Spannen sie nicht schon ein wenig?" Er drehte sich halb herum, wie um Aquilius einen prüfenden Blick darauf werfen zu lassen.


    Die Wut fiel immer mehr von ihm ab. Langsam kam der echte Ursus zum Vorschein, der lebenslustige und tatendurstige. "Es wird doch hoffentlich keiner wagen, Dich zu stören, wenn Du eine wichtige, eilige, dringende Angelegenheit mit einem Aurelier zu besprechen hast." Etwas, worauf Ursus es ganz bestimmt nicht ankommen lassen wollte. Daher beeilte er sich, Aquilius zu den Thermen zu folgen.

    Bisher hatte Ursus nicht viel mit dieser Sklavin zu tun gehabt. Cadhla hieß sie und sie war eine Keltin. Damit erschöpfte sich sein Wissen über sie auch schon. Sie hatte an diesem unsäglichen Theaterstück mitgewirkt. Doch er glaubte kaum, daß es auf ihrem Mist gewachsen war. Da hatte er eher Maron in Verdacht. Oder auch Leone, der hatte es faustdick hinter den Ohren!


    Es war ein unglaublicher Anblick, der sich ihm hier bot. Sie wurde nun vom Mondlicht voll erfaßt. Mit atemberaubender Eleganz und Anmut vollführte sie Räder und einen Salto, der sich durchaus auch vor einem großen Publikum hätte sehen lassen können.


    Als sie nach den eindrucksvollen Akrobatikvorführungen innehielt, applaudierte er und machte sich somit offen bemerkbar. "Überaus beeindruckend, das muß man Dir wirklich lassen", sagte er nicht allzu laut und ausnahmsweise war mal kein Spott aus seiner Stimme zu hören.

    Ursus war sogar schon lange auf. Er hatte seine Morgenübungen wie jeden Morgen abgeleistet und sich danach gründlich gewaschen. Im Augenblick war er dabei, seine strahlend weiße toga candida anzulegen, denn es wurde Zeit, sich gen Forum aufzumachen, wo ja jeder Kandidat einige Stunden damit verbrachte, fremde Leute anzulächeln, sich in den Himmel loben zu lassen und jedem zu versichern, was für ein toller vigintivir man sein würde. Noch war es etwas früh, doch er wollte ja auch vorher noch etwas essen und sich auch auf dem Weg nicht abhetzen müssen. Ein kleiner Umweg konnte auch nichts schaden.


    Gerade überlegte er, einen Sklaven herbeizurufen, der ihm mit den Falten half, als Brix eintrat und etwas von einem Geschenk faselte. "Hilf mir doch mal mit der Toga, ja? Was für ein Geschenk und von wem?" Das fing ja früh an, daß man ihn zu bestechen versuchte. Unwillkürlich hob er die Augenbraue und blickte den Sklaven fragend an. In seinen Händen hielt er jedenfalls nichts.

    Ursus lächelte unwillkürlich. Seine Wut hatte er erfolgreich wieder unterdrückt und er nickte. "Was meinst Du, warum ich seit Stunden durch die Stadt renne wie ein Irrer? Weil ich den Zorn loswerden wollte. Und irgendwann fand ich mich hier wieder..." Er blickte sich um. Vielleicht war es doch kein Fehler gewesen? Waren seine Schritte gelenkt worden zu eben diesem Gespräch und das Gebet eigentlich überflüssig? Vielleicht sollte er sich das Gebet sparen und lieber bei nächster Gelegenheit opfern als Dank?


    "Die Thermen sind sicher keine schlechte Idee", nickte er und fühlte sich durchaus erleichtert durch die Versicherung von Aquilius, daß dieses Gespräch vertraulich bleiben würde. "In den letzten Tagen war ich nicht mehr dort, aber normalerweise gehe ich täglich hin. - Ich habe nicht vor, ein Dickbauch zu werden", versuchte er zu scherzen.


    Seit der schmählichen Niederlage gegen Marsus hatte er tatsächlich recht ernsthaft trainiert. Was ja auch nicht schaden konnte, besonders im Hinblick auf ein Tribunat. Als Soldat sollte man körperlich fit sein. Als Offizier noch mehr.


    Aquilius sah auch so aus, als würde er überaus regelmäßig trainieren. Er hatte einen Körper, auf den selbst ein Gott neidisch werden konnte.

    Lange hatte Ursus sich in seinem Bett hin und her gewälzt. Doch der Schlaf wollte sich einfach nicht einstellen. Zu sehr lag ihm noch der Streit mit Corvinus auf der Seele. Und dazu kam noch die Nervosität wegen der Wahl. Trotzdem er die Fensterläden nicht geschlossen hatte und somit die kühle Nachtluft frei in das Zimmer strömen konnte, hatte er das Gefühl, ersticken zu müssen.


    Es hatte keinen Sinn, er brauchte frische Luft. Und vielleicht würde es helfen, wenn er ein paar Schritte durch den Garten ging. Nachts war er von besonderem Reiz. Vielleicht weil es so unglaublich still war. Und weil keine Gefahr bestand, von irgendswem gestört zu werden.


    Kurz entschlossen zog sich Ursus also seine Tunika über und wickelte sich dazu in seinen Mantel. Dann ging er hinunter in den Garten und durchschritt ihn von einem Ende zum anderen.


    Zuerst schob er die sehr leisen, entfernten Geräusche auf irgendwelche nachtaktiven Tiere. Doch dann erklang ein Geräusch wie ein Stock, der durch die Luft schlug. Neugierig ging er dem Geräusch nach. Das kam doch vom Hof?


    Leise ging er zum Hof und betrachtete dort vom Schatten aus das Geschehen. Vom Mond schwach beschienen sah er eine Frau mit einem Stock hantieren. Nicht einfach irgendwie, sondern sie gebrauchte ihn wie einen Speer. Und gekonnt sah es auch noch aus. Sehr gekonnt sogar. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und kraftvoll. Ein wundervoller Anblick. Und er weckte Gefühle in Ursus, die er schon viel zu lange vernachlässigt hatte.


    Nach einer Weile des Zuschauens, setzte er sich. Einen Moment lang hatte er überlegt, sie anzusprechen und zurechtzuweisen. Doch warum? Sie war ein herrlicher Anblick! Und warum sollte sie solche Fertigkeit nicht trainieren? Vielleicht war es einmal nützlich. Als Gefahr sah er sie nicht. Nicht mehr als jeden anderen Sklaven im Haus. Konnte nicht jeder Sklave in der Nacht kommen und ihnen die Kehlen durchschneiden? Dafür brauchte man keine Kampfesfertigkeiten. Nein, es gab keinen Grund, es ihr zu verbieten.

    Ursus hörte durchaus aufmerksam zu. "Natürlich habe ich überlegt, daß er es vielleicht nicht aus böser Absicht tut. Aber gerade, als ich dieser Möglichkeit Raum gab, ..." Er brach ab und schüttelte den Kopf. "Hör zu, ich will nicht, daß Du irgendwie zwischen die Stühle gerätst. Du bist sein Freund, das soll auch so bleiben. Ich weiß ja, wie dumm und kindisch das alles für Dich klingen muß. Ich bin einfach noch zu aufgewühlt, um die Situation richtig wiederzugeben. Es war ein böser und unnötiger Streit. Ich weiß nicht, ob ich ihm vertrauen kann, Aquilius. Ich kenne ihn nicht genug. Das sagte ich ja vorhin schon. Deshalb habe ich Dich nach ihm gefragt." Es war ein Fehler. Ein großer Fehler. Er hätte Aquilius nicht so viel von sich offenbaren sollen, nicht so einseitig. So mußte er ihn doch auch für unreif, ja geradezu für ein trotziges Kind halten. Doch nun war es zu spät. Er hatte sich zu sehr von seinem Zorn und seinen Gefühlen leiten lassen.


    "Ich hätte damit nicht anfangen sollen. Es sollte in der Familie bleiben, wo es hingehört. Wäre ich nicht so unglaublich zornig, nicht nur auf ihn, auch auf mich selbst, dann hätte ich sicherlich nicht darüber geredet." Zumal er längst nicht alles gesagt hatte. Das kindische Weglaufen von Corvinus und auch die Tatsache, daß er Fragen schlicht ignoriert hatte, hatte Ursus unter anderem nicht erwähnt. Er konnte seinen Verwandten nicht derart in den Schmutz ziehen, egal wie zornig er auf ihn war. Außerdem tat es auch nicht wirklich etwas zur Sache. "Ich kann Dich nur bitten, die ganze Sache für Dich zu behalten."

    Ursus atmete tief durch. Aquilius fragte nach Dingen, die er einem Konkurrenten nicht gerne sagen wollte. Auch wenn er den Flavier für einen netten Kerl hielt, er kannte ihn doch praktisch gar nicht. Trotzdem entschloß er sich nun zur Offenheit. Wenn es ein Fehler war und Aquilius dieses Wissen doch einmal als Waffe gegen ihn nutzte, würde er den Rest seines Lebens damit fertig werden müssen. Ein nicht unbeachtliches Risiko. "Ich fühle mich nicht nur ausgeschlossen, sondern massiv ausgebremst. Denn er verweigert mir die Möglichkeit, im relativ geschützten Bereich der Familie Erfahrungen zu sammeln, die mir bei der Amtsausübung nur nützlich sein könnten. Jetzt werde ich meine Anfängerfehler gleich in der Öffentlichkeit machen müssen, das ist ungleich härter als in der Familie und hat weiterreichende Folgen. Und nun sage mir, ob mein Zorn nicht begründet ist?"


    Weiterhin zwang er sich zur Ruhe. Nur seine blitzenden Augen verrieten, daß der Zorn immer noch in ihm schwelte. Es war eben einfach noch zu frisch, um abgekühlt zu sein. Er wußte ja nur zu gut, daß er sich solchen Zorn im Amt nicht erlauben durfte und war daher obendrein noch zornig darüber, daß er immer noch zornig war.


    "Nein, ich habe keine Idee. Die Finanzen verwaltet schon Cotta. Ich habe keine Ahnung, was es überhaupt noch an Aufgaben gibt. Woher sollte ich eine Ahnung davon haben?" Wäre er in Rom geblieben, statt nach Athen zu gehen, würde er es wissen. Denn dann wäre er ganz automatisch in alles eingebunden worden. Doch sein Vater hatte unbedingt gewünscht, daß er nach Athen ging. Und als gehorsamer Sohn war er natürlich gegangen.


    "Er behauptet, ich sei zu unreif und nicht verantwortungsbewußt genug, um solche Aufgaben zu übernehmen. Außerdem fürchtet er, daß ich so werde wie Sophus oder gar Cicero. Vielleicht ist es das, was mich noch am meisten wurmt an all dem, was er mir vorwirft. Denn er kann mich nicht besser kennen als ich ihn. - Aber sage mir, wenn er das alles tatsächlich von mir glaubt, warum hält er mich dann für die Kandidatur geeignet? Mit Logik jedenfalls kann ich mir das nicht erklären." Eher damit, daß Corvinus ihn im Amt scheitern sehen wollte, damit ihm ein für alle mal eine Ämterlaufbahn verwehrt blieb.

    Ursus schüttelte den Kopf. "Nein, ich habe keinen Favoriten. Mein ewiger Favorit ist Rom. Wenn ich schon fort muß, ist es im Grunde egal, wohin. Griechenland müßte jetzt nicht unbedingt sein nach der langen Zeit in Athen." Ansonsten war er ja für alles offen.


    Als Aquilius dann weitersprach, verdüsterte sich seine Miene immer mehr. Immerhin verlangte der Flavier nun auch noch dafür Verständnis, daß Corvinus so schrecklich viele Pflichten hatte und darauf saß wie eine Glucke auf ihrem Ei! "Ja... Natürlich. Der arme Corvinus, der so schrecklich geplagt ist von diesen schrecklich vielen Pflichten. Vor allem von den Pflichten der Familie gegenüber. Und niemand nimmt ihm auch nur einen Hauch davon ab."


    Seine Worte kamen viel schärfer, als er beabsichtigt hatte. Er bemerkte es, aber da waren sie schon herausgesprudelt. "Bitte verzeih...", entschuldigte er sich sofort, denn Aquilius konnte nun wirklich nichts dafür. "Ich habe schon zu viel gesagt." Er zwang sich wieder zur Ruhe und sprach dann weiter. "Nein, ich fürchte, so ein Essen würde nichts weiter einbringen als weiteren Streit. Aber ich danke Dir trotzdem für Deinen Rat." Aufrichtig... Zumindest ihm gegenüber war Corvinus alles andere als aufrichtig.

    "Es kommt immer darauf an, mit wem ich rede", meinte Ursus und blickte Aquilius in die Augen. Er wußte nicht warum, aber er vertraute dem Flavier irgendwie. Obwohl sein Verstand ihm einzureden versuchte, daß er einem Freund von Corvinus vielleicht besser nicht trauen soltln. Vielleicht war es ja auch ein Fehler, doch Aquilius machte eben auf ihn nicht den Eindruck eines Mannes, der leichtfertig weitergab, was er in einem Gespräch wie diesem erfuhr.


    "Das sind gute Gründe für ein Tribunat. Hast Du schon eine Idee, wo Du eingesetzt werden möchtest?" Manchmal wurden solche Wünsche ja schließlich berücksichtigt. Ihm selbst war es im Prinzip egal, wo. Am liebsten nicht so weit weg von Rom. Ansonsten war doch ein Castellum so gut wie jedes andere. Sie ähnelten einander wie ein Ei dem anderen.


    Natürlich entging ihm nicht, daß Aquillius bei seiner letzten Frage aufhorchte. Und dann kam ja auch schon die verwunderte Nachfrage. Ursus konnte nur den Kopf schütteln. "Nein, ich kenne ihn im Grunde überhaupt nicht." Und im Grunde kannte auch Corvinus seinen Neffen nicht, aber das würde er natürlich nie zugeben. "Seit ich aus Athen zurück bin, war er eigentlich immer in seinem officium oder irgendwo unterwegs. Wir ... haben nie die Gelegenheit gehabt, richtig miteinander zu reden. So viel wie heute haben wir in den ganzen letzten Monaten nicht zueinander gesagt. Und das heutige Gespräch hat uns nicht unbedingt einander näher gebracht." Er schnaubte verbittert und spürte, wie die Wut wieder in ihm hochkam. Schnell blickte er zur Seite und kämpfte das Gefühl nieder. Dadurch entstand eine kurze Pause, doch er wandte sich dann gleich wieder Aquilius zu. "Ich dachte, es wäre vielleicht eine gute Idee, mal jemanden zu fragen, der ihn tatsächlich kennt." Aber die Auskunft von Aquilius war nicht gerade erschöpfend gewesen. Ein treuer Freund konnte auch jemand sein, der in der eigenen Familie intrigierte und immer nur sich selbst nach vorne brachte.

    Ursus hatte insgeheim gehofft, daß ihn jemand wegen seines Vaters ansprechen würde. Es war eben nicht gut, gleich alles in den ersten Teil einer Rede zu packen. Das führte nur dazu, daß einzelne wichtige Punkte ungehört blieben.


    Er blickte dankbar und erfreut zu Detritus herüber und nickte ihm ermst zu. "Ich danke Dir sehr für die ehrenden Worte über meinen Vater, Senator Octavius. Er war ein großartiger und sehr weiser Mann, der mit Freude Rom diente, indem er in Misenum verschiedene Ämter bekleidete. - Er ist mein großes Vorbild und ich bin festen Willens, ihm Ehre zu machen", sagte der junge Aurelier mit fester Stimme und blickte Detritus noch einen Moment lang fest an.


    Dann ließ er seinen Blick wieder über die anderen Senatoren gleiten. Eine Versammlung der ehrwürdigsten und mächtigsten Männer Roms. Er schluckte und sprach dann weiter. "Jedes der von den vigintiviri ausgeführten Ämter hat einen besonderen Reiz und ich würde jedes davon mit Freuden ausführen. Doch wenn ihr mich fragt, welches ich favorisiere, so wäre es das Amt des decemvir litibus iucandis. Warum ausgerechnet der decemvir litibus iucandis? Nun, dieses Amt würde es mir in besonderem Maße ermöglichen, die Menschen kennenzulernen. Gerade Erbschaftsangelegenheiten sind mit besonderer Sorgfalt und Fingerspitzengefühl zu behandeln. Zudem ermöglicht dieses Amt einen Einblick in die Verwaltungsstrukturen, was mir bei zukünftigen Aufgaben nur nützlich sein kann. - Es ist eine große Herausforderung. Eine Herausforderung, der ich mich gerne stellen möchte und der ich mich auch gewachsen fühle."

    Ursus war ein wenig unwohl bei dem Gedanken, nun die Leute in ihren Gesprächen zu unterbrechen. Doch durch die lockere Organisation der Cena hatte er dies nicht tun können, bevor das Essen begann, da einfach noch nicht alle im Raum gewesen waren, als die ersten Speisen gereicht wurden. Nun aber waren alle hier. Der letzte Gang war soweit durch und der nächste schon bereit, serviert zu werden.


    Der junge Aurelier suchte sich einen Platz, von dem aus er von allen gesehen und gehört werden konnte. Dann erhob er seine Stimme, so dass ihn alle hören konnten, er aber nicht unangenehm laut war. "Verehrte Freunde, liebe Verwandte und werte Senatoren! Da nun der erste Hunger gestillt ist, möchte ich noch ein paar Worte an euch richten. Wie ihr wisst, finden in Kürze die Wahlen zum cursus honorum statt. Da ihr hier nun alle so schön versammelt seid, möchte ich die Gelegenheit nutzen, meine Kandidatur zum vigintivir bekannt zu geben. Nachdem ich viele Jahre dem Studium gewidmet habe, um mir die nötige Grundlage für die Ämterlaufbahn zu schaffen, bin ich nun voller Tatendrang, es meinem hochverehrten Vater und meinem Onkel gleich zu tun, und dieses Wissen in den Dienst Roms zu stellen. - Ich danke euch für eure Aufmerksamkeit und Geduld und wünsche euch noch einen guten Appetit bei den weiteren Gängen dieses Mahls."


    Seine Worte waren das Stichwort für die Sklaven gewesen, die nun die Platten mit den Fleischgerichten brachten. Fasan, Wachteln, Wild, Rind, einfach alles, was das Herz begehrte, angerichtet mit raffinierten Saucen, in Zwiebeln geschmorten Pilzen, Maronen und verschiedenen Gemüsearten. Dazu wurden abermals frische Brotfladen gereicht.


    Ursus selbst kehrte nun zu dem Tisch zurück, zu dem er gerade seine Cousinen geführt hatte. "Da bin ich schon wieder", lächelte er und nahm wieder Platz.

    Ursus bot den beiden Cousinen natürlich den Arm an und führte sie an seinen Tisch. Er lächelte, denn mit zwei so hübschen Frauen am Arm wußte er so manchen neidischen Blick auf sich ruhen. "Wenn ich vorstellen darf? Dies ist meine Cousine Aurelia Prisca - und meine Cousine Aurelia Helena. - - Und diese Herren sind Marcus Decimus Mattiacus und Manius Tiberius Durus." Er ließ die beiden sich einen Platz suchen und entschuldigte sich abermals. "Ich habe noch etwas zu tun, bin aber gleich wieder da." Er blickte sich um. Endlich war etwas Ruhe im Raum eingekehrt und alle Gäste hier anwesend und nicht sonstwo unterwegs.

    Ursus lächelte leicht bei den wohlwollenden Worten von Aquilius. "Ich wünschte, Du wärest einer der Senatoren", scherzte er schließlich. "Aber Du weichst meiner Frage nach dem Tribunat recht geschickt aus", stellte er zugleich fest und lächelte ein wenig breiter. Er nahm es Aquilius keineswegs übel. Sicher gab es Gründe und vielleicht wollte er diese nicht vor einem quasi Fremden ausbreiten. Das war durchaus legitim.


    Um ihn nicht in Bedrängnis zu bringen, antwortete er lieber auf die letzte Frage von Aquilius. "Ich würde gerne wissen, wie Du ihn siehst. Ich meine, charakterlich." Immerhin kannte er Corvinus im Grunde überhaupt nicht. Und auch wenn Corvinus nicht bereit war, sein Bild von Ursus zu überdenken, so wollte doch Ursus wissen, mit wem er es wirklich zu tun hatte. Denn daß er Corvinus nicht wirklich beurteilen konnte, war ihm durchaus klar. Er sah nur, daß Corvinus ihn ausbremste. Und dies offenbar mit Berechnung...

    Dies war also der große Moment. Zum ersten mal würde er vor dem Senat sprechen. Seine Hände waren schweißnass, doch er wagte nicht, sie an seiner Kleidung abzuwischen. Schon allein deswegen nicht, weil man dadurch seine Unsicherheit vielleicht bemerken würde. Und natürlich auch, weil es am Ende sein makelloses Äußeres in Mitleidenschaft ziehen würde.


    Als er schließlich aufgefordert wurde, zu sprechen, trat Ursus vor. Er bemühte sich um feste, sichere Schritte und hielt den Kopf stolz erhoben. Hoffentlich schaffte er es!


    "Hochverehrte Senatoren", begann Ursus und hoffte, dass man seine Nervosität seiner Stimme nicht anhören konnte. Denn zum ersten mal sprach er vor einem solchen Gremium und zum ersten mal hing so unglaublich viel davon ab, was er sagte.


    "Ich danke euch für die große Ehre hier das Wort ergreifen zu dürfen. Mein Name ist Titus Aurelius Ursus und dieser Name wird den meisten von euch vermutlich nicht viel sagen. Doch das möchte ich gerne ändern. Rom ist meine Geburtsstadt und es war mir vergönnt, hier als Sohn des Decimus Aurelius Maxentius und der Claudia Tusca aufzuwachsen. Doch die letzten Jahre verbrachte ich mit Studien in Athen, so dass meine Person den Augen der Öffentlichkeit verborgen blieb. Erst vor einigen Monaten kehrte ich hierher zurück.


    Heute stehe ich hier, um euch um eure Stimme zu bitten. Natürlich werdet ihr fragen: Was hat dieser Mann denn schon für Rom getan, womit kann er seine Befähigung für so ein wichtiges Amt belegen? Nun, ich muß zugeben, dass ich noch nichts für Rom geleistet habe. Und dass ich ebenfalls nichts vorweisen kann, um meine Befähigung zu belegen, außer einer fudierten Ausbildung. Doch meines festen Willens kann ich euch versichern, dass ich all mein Wissen und all meine Kraft aufwenden möchte, um Rom und dem römischen Volk zu dienen. Gerade weil ich noch nichts geleistet habe, bitte ich euch um eure Stimme.


    Laßt mich beweisen, was ich zu leisten vermag! Laßt mich Rom endlich etwas von dem zurückgeben, was mir ganz selbstverständlich als Geburtsrecht an Privilegien zugesprochen wurde, ohne dass ich dafür etwas leisten musste. Schenkt mir euer Vertrauen und seid gewiß: Ich werde euch nicht enttäuschen!"


    Seine Gesten, das Leuchten seiner Augen, das alles zeigte deutlich, wie sehr seine Worte ihm aus dem Herzen kamen. Da war nichts gekünsteltes, nichts auswendig Gelerntes in seiner Rede. Er blickte nun auffordernd in die Runde. Sicher würde es Fragen geben. Und er war auf diese schon sehr gespannt.