Ursus hatte schon den Mund geöffnet, um zu antworten, da kam Lupus hinzu. Erleichtert nickte Ursus dem Vetter zu, denn er war wohl von ihnen allen der am besten unterrichtete. "Danke, Sextus. Gut, daß Du dazu kommst, ich hätte ohnehin nur wiederholen können, was Du mir berichtet hattest." Mehr wußte er tatsächlich nicht und auch niemand sonst schien mehr zu wissen. Auch Avianus wußte nicht mehr, das machten seine Worte auch deutlich, die Ursus mit einem Nicken bekräftigte. Wie sollte ein Abschiedsbrief einer Frau vorliegen, die eigentlich im Hain opfern wollte und ganz sicher nicht geplant hatte, geschändet zu werden und sich anschließend selbst zu töten?
Die Fragen wurden eindringlicher und Ursus blickte dem Onkel seiner Frau fest in die Augen. "Ich nehme doch an, daß sie eben jene Sklaven zu ihrem Schutz mitnahm, wozu hätten sie sonst dort nützlich sein können? Wie hieß der Grieche noch, Lupus? Cleomides? Oder Cleomedes? Er ist jedenfalls tot. Ich kannte ihre Sklaven nicht gut, Celerina brachte sie mit in unseren Haushalt oder kaufte sie erst nach der Hochzeit." Er atmete tief durch, immerhin machte der Tod der Sklaven es auch für die Familie schwer, zumal die ganze Geschichte von außen betrachtet sehr merkwürdig aussehen mußte.
"Für uns wäre es auch viel einfacher, wenn Marcus einen Abschiedsbrief hinterlassen hätte." Es mußte doch eine ziemliche Kurzschlußhandlung gewesen sein. Ursus erinnerte sich gut, daß sein Onkel bereits seit Längerem immer wieder niedergedrückter Stimmung gewesen war. Aus reiner Liebe hatte er sich nicht getötet, soviel war ihm klar, nachdem Corvinus ihm damals von der Untreue Celerinas berichtet hatte. Aber es warf ein besseres Licht auf die Familie und vor allem auch auf Celerina, wenn sie dabei blieben.
"Ganz ohne Zweifel sind die Götter zornig auf uns. In den letzten Jahren hatten wir viele tragische Todesfälle zu beklagen. Dann die Kinderlosigkeit der Ehe meines Onkels. Und nun auch noch diese Tragödie zeitgleich mit dem Frevel." Seine Stimme war leiser geworden und er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. "Wir werden nach einem Weg suchen, die Götter zu versöhnen. Wenn wir nur wüßten, weshalb sie uns zürnen!"
