Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Die Frage kam für Ursus überraschend. Einen Moment lang mußte er überlegen, doch dann nickte er. "Natürlich, das können wir gerne so machen, wenn die offizielle Teilnahme nicht möglich ist. Zwar darf ich Dir die Originalfragen nicht geben*, aber das macht nichts, ich werde einfach neue Kurse für Dich zusammenstellen, um Dir den Lehrstoff näher zu bringen. Aber warten wir erst einmal ab, was meine Recherche erbringt. Denn natürlich können die Fachleute Dein Wissen viel besser prüfen als ich." Vor allem aber brauchte Cimon Zugang zu den Schriften, die den Prüfungen zugrunde lagen. Gerade für den Cursus Iuris lagen diese nur in der Bibliotheka der Schola vor.




    Sim-Off:

    *Weil Du ja mit einem anderen Charakter die Kurse noch machen könntest

    Das unsichere Lächeln des Nubiers erwiderte Ursus weitaus sicherer und breiter. "Natürlich, geh nur. Telecles und ich werden schon zurecht kommen." Der Junge hatte schon viel gelernt. Und das wenige, das noch nicht so gut klappte, das würde er noch lernen. "Für's erste kannst Du mir nachschenken, Telecles", sagte er lächelnd, nachdem er den Becher geleert hatte.

    Ein einziges Wort ergaben bei diesem Mann zwei Antworten und eine Frage. Das war wahrer Minimalismus. Ursus begann, seinen Spaß daran zu haben, die knappen Worte des Sklaven gedanklich umzuwandeln. Aus dem "Laufen?" wurde dann: "Nein, Dominus, ich bin noch nicht aufgewärmt. Gerne mache ich meine Aufwärmübungen mit Dir zusammen. Wollen wir mit Laufen anfangen?" Schmunzelnd nickte Ursus. "Ja, laß uns erst einmal laufen."


    Sie hatten den Hortus erreicht. Ursus schüttelte seine Arme und Beine aus, machte ein paar sehr leichte Übungen, nur zum Lockern der Muskeln, dann lief er zunächst langsam, dann schneller los. Dabei ließ er aber auch Baldemar nicht aus den Augen. Er wollte wissen, auf welche Weise Baldemar begann. Daß seine Frau ihnen gefolgt war, bemerkte er zunächst nicht.

    Nanu? Heute war ihr nicht danach? Ursus mußte ausgesprochen verdutzt dreinschauen, denn daß seine Frau keine Lust hatte, das hatte er noch nicht erlebt. Also nicht, wenn sie nicht blutete. Aber er zog die Hand etwas zurück und begnügte sich vorerst damit, sie einfach im Arm zu halten. Daß sie sich dabei an seine Brust kuschelte, war doch schon mal ein Anfang. "Du hast das Haus in der kurzen Zeit schon sehr schön hergerichtet. Ich finde jeden Tag neue schöne Kleinigkeiten, die Du hinzugefügt hast. Du hast einen sehr guten Geschmack, weißt Du das? Hast Du denn noch genug Geld? Du weißt, Du brauchst es nur zu sagen. Ich möchte, daß Du Dich wohl fühlst." Kaufte nicht jede Frau gern ein? Er konnte es sich erlauben, ihr dafür reichlich Mittel zur Verfügung zu stellen.


    Der Themenwechsel kam da etwas unerwartet und Ursus brummte ein wenig. Dabei fiel ihm gar nicht auf, daß er dabei fast wie Baldemar klang. Am Ende begann er schon, sich an den Germanen anzugleichen? "Wir raufen uns langsam zusammen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Er hat mich im Ringen herausgefordert und ich habe die Herausforderung angenommen. Ich bin kein schlechter Ringer... Er tut sich noch schwer mit dem Respekt mir gegenüber. Und noch schwerer mit der richtigen Anrede. Aber langsam wird es schon besser." Es war schon Absicht, daß er nicht sagte, wann und wo sie kämpfen würden. Vor seiner Frau wollte Ursus sich noch weniger blamieren als vor seinen Männern.

    Es war ein schöner, unglaublich familiärer Moment. Sie standen in ihrem, zumindest vermutlichen, zukünftigen Zuhause, ganz für sich, engumgschlungen. Und besiegelten für sich den Kauf dieses Hauses. "Ja, es wird besser sein, wenn ich rede. Auch wenn ich überzeugt davon bin, daß Du den besseren Preis aushandeln würdest." Eine kleine Schmeichelei, die durchaus einen wahren Kern enthielt. Wenn Septima wollte, konnte sie alles erreichen, davon war er überzeugt.


    Sie küßten sich ausgiebig und Ursus wünschte sich unwillkürlich, das Haus wäre schon fertig und eingerichtet. Denn dann hätten sie nun auf ihre ganz persönliche Weise feiern können. So mußten sie dies auf später verlegen. "Dann soll es dieses Haus sein. Ich bin sicher, wir werden hier sehr glücklich sein." Es war eine gute Entscheidung, aus der Villa Aurelia auszuziehen. Er geriet sonst zu oft mit Corvinus aneinander. Außerdem wurde es dort inzwischen einfach zu eng.


    Es war schwer, sich von Septima zu lösen, aber Ursus wollte dies doch lieber zuhause weiterführen. So verabredete er mit Messalinus einen Termin für den nächsten Tag, damit die Bauleute sich umsehen konnten. Bevor er dann in die Verhandlungen um den Preis ging. Ursus führte Septima noch einmal durch das Haus, damit sie sich alles gut einprägen konnten. Dann bestiegen sie die Sänfte und sparten sich die Besuche der anderen Häuser. Dieses war es. Kein anderes würde da mitkommen können.

    Anscheinend gab es da eine Menge, das Baldemar nicht wußte. Ursus hatte bisher immer angenommen, daß Sklaven über solche Dinge untereinander redeten. Aber anscheinend hatte er sich da geirrt. Oder vielleicht wußten auch die anderen nicht darüber Bescheid? Dann war es umso besser, daß es jetzt jemand wußte, um es weitergeben zu können. Auf jeden Fall brachte es Baldemar zum Nachdenken. Was wieder ein Fortschritt war.


    Ursus zupfte ebenfalls einen Grashalm aus, um darauf herumzukauen. So entspannt hier herumzuliegen und zu reden war unglaublich entspannend. Baldemar erklärte, wie er seine Worte gemeint hatte. Ursus lachte. "Nunja, die Vorstellung von über fünftausend gutaussehenden Kriegerinnen hat etwas für sich, das muß ich zugeben." Das wäre wahrhaftig ein Bild! Ursus schüttelte lachend den Kopf. "Ich stelle mir gerade eine gegnerische Armee vor, wie denen die Augen aus dem Kopf fallen bei so einem Anblick."


    Aber natürlich hatte Baldemar noch ganz andere Beobachtungen auf Lager. "Schau Dir meine Frau an. Warum sollte ich mir eine Sklavin ins Bett holen? Sie ist einfach wunderbar, in jeder Beziehung. Seit ich verheiratet bin, habe ich kein Bedürfnis mehr nach einer anderen Frau gehabt."

    Wieder so knappe Antworten wie nur möglich. Ursus nahm es von der scherzhaften Seite und schmunzelte. Sie hatten das Magazin erreicht und er grüßte den anwesenden Optio militärisch. "Salve, Optio. Zeig uns alle Arten von Äxten, die Du hier vorrätig hast." Pionieräxte waren sicherlich vorhanden. Aber sonst? Ursus war gespannt, ob auch Beutegut hier eingelagert war.


    Der Optio bekam große Augen, als der Legat einfach so hereinspazierte. Es war doch gar keine Inspektion angesagt? Wie gut, daß er gerade kein Nickerchen gemacht hatte. "Salve, Legat Aurelius", grüßte er zurück und bemühte sich, dem Ansinnen sogleich nachzukommen. Er legte die Axt vor, die gewöhnlich in der Legion zum Einsatz kam.


    Ursus ließ Baldemar den Vortritt, damit der das Werkzeug in Augenschein nehmen konnte. "Entspricht die in etwa Deinen Vorstellungen?"

    Ich… ich vermisse… unsere Familien. Ich… habe Angst davor… allein zu sein. Ursus fühlte sich schuldig, als sie dies sagte. War es richtig, daß er sie mitnahm nach Mantua? Dort war der Hund verfroren. Frauen würde es nur wenige geben, die ihr Gesellschaft leisten konnten. "Ich vermisse sie auch jetzt schon", gab er zu. Denn auch er liebte seine Familie und war gerne mitten unter ihnen. "Liebes... Ich weiß, ich mute Dir Schreckliches zu, indem ich Dich mitnehme in ein Militärlager. Aber wie könnte ich ohne Dich leben?" War es nicht schrecklich eigensüchtig von ihm? Nur weil er glaubte, ohne sie nicht leben zu können, entriß er sie ihrer Familie und ihren Freunden. "Ich liebe Dich schon lange, mein Herz. Du bist die Frau, von der ich immer geträumt habe." Das stimmte sogar. Daß sich eine keltische Sklavin in sein Herz schleichen würde, das hatte er doch nie ahnen können. Und er war viel zu vernünftig und zu standesbewußt, um ihr den Vorrang zu geben. Zumal sie einem anderen gehörte und er genau wußte, daß es falsch gewesen war, mit ihr zu schlafen.


    Septima war seine Frau. Ihr sollten all seine Bemühungen, all seine Gedanken gelten. Ihre Blicke versanken ineinander und Ursus verlor sich fast in ihren Augen, die so flehten und so traurig und verzweifelt schienen. "Du bist niemals allein. Ich werde immer bei Dir sein. Wenn nicht körperlich, dann wenigstens in Gedanken." Ob das ein Trost für sie sein konnte, wenn er seinen Aufgaben nachging und sie allein im Praetorium zurückblieb?

    Da der Optio seine Gedanken nicht laut äußerte, konnte Ursus sie auch nicht erahnen und machte einfach weiter. "Du willst selbst gegen ihn antreten? Das freut mich, auch wenn ich Dich keineswegs dazu verpflichten wollte." Es war kein Befehl gewesen und dies wollte er noch einmal sicher stellen. Auch wenn er wußte, daß Priscus sein Wort nicht zurücknehmen würde, selbst wenn er ihn zuvor falsch verstanden haben sollte. "Sagen wir in drei Tagen? So habt ihr beide Gelegenheit, euch auf die Begegnung vorzubereiten. Zu welcher Tageszeit werden Deine sonstigen Pflichten am wenigsten beeinträchtigt?" Es wäre nicht gut, durch eine eher private Aktion den Tagesablauf einer ganzen Centurie zu stören und er kannte den Dienstplan des Optio nicht. "Und wir brauchen einen Ort, der möglichst nicht zu öffentlich ist."

    Sim-Off:

    Sorry, der ist mir durchgerutscht


    Auch wenn er Septima damit ein wenig überfallen hatte, schien sie ihm das nicht übel zu nehmen. Ein weiterer Grund, seine Frau verliebt anzublicken. Sie schien immer zu wissen, was zu tun war oder wie sie sich zu verhalten hatte. Die Offiziere waren von ihrem Liebreiz angetan, das war nicht zu übersehen. "Werter Tribun Artorius, wir bitten darum, die junge Dame mitzubringen, so sie denn möchte. Sie ist uns herzlich willkommen. - Dann erwarte ich euch also übermorgen Abend im Praetorium." Hoffentlich waren alle so klug, in bequemer Zivilkleidung zu kommen. Bei einer privaten Einladung hielt Ursus dies eigentlich für selbstverständlich, deshalb erwähnte er es nicht. So entließ er seine Offiziere nun mit einem Kopfnicken. Sie hatten alle noch reichlich zu tun.


    Er selbst wandte sich nun erst noch einmal seiner Frau zu. "Liebes, ich werde noch ein wenig im Officium gebraucht, kommte dann aber möglichst bald nach Hause." Wie merkwürdig das war, das Praetorium als Zuhause zu bezeichnen. "Es wird nicht spät." Gerade den heutigen Abend wollte er mit ihr genießen. Den ersten Abend im neuen Heim.

    Es war das Ende eines sehr langen Tages. Ursus war froh, endlich ans Schlafengehen denken zu können. Cimon hatte ihn aus der Rüstung geschält und er hatte sich mit Hilfe des Sklaven gründlich gewaschen, bevor er den Nubier fortschickte und selbst unter die Decken kroch, um sogleich seinen Arm um seine Frau zu legen. Daß sie ihre Decke deshalb so hoch gezogen haben könnte, um ihn nicht in Versuchung zu führen, auf diese Idee kam er gar nicht. Seine Hand wanderte sofort zu ihren Brüsten um sie sanft zu streicheln. Nur daß sie saß, war ein klein wenig störend. "Mein Tag? Sehr lang. Da der mir zugeteilte senatorische Tribun sich hier nie hat blicken lassen, kann ich nur wenig abwälzen. Und wie war Dein Tag?" Er wußte, daß sie hart daran arbeitete, das Praetorium mit allem, das es umgab, wohnlicher und schöner zu gestalten. Tag für Tag bemerkte er Veränderungen, die das Ergebnis ihrer Arbeit waren und alles noch viel prächtiger aussehen ließen.

    "Ich liebe es selbst, zu lernen. Und freue mich, daß es Dir ebenso ergeht." Ursus schüttelte lächelnd den Kopf. "Und ob Du mir all das zurückgeben kannst. Das Wissen, das Du erwirbst, macht Dich zu einem Mann, dem ich jede Aufgabe anvertrauen kann. Der allem gewachsen ist. Cimon, ich werde alles tausendfach von Dir zurückerhalten. Also mach Dir deswegen keine Gedanken." Die Gebühren waren recht hoch. Doch Ursus war nie ein armer Mann gewesen, mit der reichen Familie im Rücken. Und inzwischen mehrte er seinen Reichtum, wie er es früher nicht gekannt hatte.


    "Philosophie? Es hat gerade erst ein Cursus stattgefunden. Ich fürchte, so schnell wird es keinen geben. Aber ich behalte es im Hinterkopf und werde Dich anmelden, wenn der nächste stattfindet." Ja, Philosophie paßte eigentlich zu Cimon. Zumindest wenn man ihn näher kannte, mußte man dies zugeben. "Beim Cursus Iuris weiß ich nicht, ob Sklaven zugelassen sind, ich werde mich aber danach erkundigen. An der Academia die Ausbildung durchzuführen, wird vermutlich nicht gehen. Denn dies ist eine Ausbildungsstätte für Offiziere. Aber auch danach werde ich mich erkundigen."

    Cimon schien verstanden zu haben. "Das ist gut. Du wirst sehen, mit der Zeit renkt sich alles ein, auch wenn es zwischendurch allzu schwierig zu sein scheint." Er beobachtete den Sklaven. Sie kannten sich mittlerweile gut. Immerhin verbrachten sie fast jeden Tag zusammen. Ursus wußte, da war noch mehr. Doch er wollte nicht, daß Cimon sich gedrängt fühlte. Bisher war noch alles aus ihm herausgesprudelt, irgendwann. Vielleicht mußte er nur noch ein wenig darauf herumkauen. Keinen Augenblick hielt Ursus es für möglich, daß es um etwas derartig Schlimmes ging.


    Die Unruhe des Nubiers machte es schnell ungemütlich hier. Sehr schnell fühlte Ursus sich in der Gesellschaft eines Löwen, der nach tagelangem Fasten in seinem Käfig im Circus aufgeregt hin und her ging. "Warum schickst Du mir nicht den Jungen, damit er noch ein wenig Übung bekommt? Bevor Du platzt, meine ich?", er schmunzelte leicht. Nein er wollte nicht Cimons Probleme ins Lächerliche ziehen. Nur die Situation auflockern und Cimon die Gelegenheit zur Flucht geben.

    Vorsichtig küßte Ursus seine Frau auf die Stirn. Sie schlief und sah entspannt und friedlich aus, wie sie so dalag. Er wollte sie nicht wecken. Aber auch nicht ohne Abschied gehen. Mit langsamen Bewegungen, damit er sie nicht am Ende dadurch weckte, schälte er sich aus den Decken, stand auf und zog sich die einfache Tunika über, die für das Training bereit lag.


    Als er das Cubiculum verließ, um in den Hortus zu gehen, lief er beinahe in Baldemar hinein. Wieder dieses Heilsa. Das würde er wohl aus dem Germanen nie herausbekommen. Die Anrede Dominus kam immerhin, wenn auch nachgeschoben. Aber ein deutlicher Fortschritt, die Ursus durchaus anerkannte und nicht niederreden wollte.


    "Salve, Baldemar. - Verlieren? Nein, dazu bin ich nicht bereit. Aber ich bin bereit, im Ringen zu gewinnen", lachte er und schlug dem Germanen auf die Schulter. Nein, gegen solche Muskeln würde er wenig Chancen haben. Aber da der Germane im Ringen ungeübt war und die Tricks nicht kannte, konnte Ursus gewiß einen guten Kampf liefern. "Hast Du Dich schon aufgewärmt? Oder wollen wir das gemeinsam tun?" Wie gut, daß sie hier im Praetorium unter sich waren. Gut, ein paar Sklaven hatten bestimmt davon gehört und würden zusehen. Aber wenigstens standen keine weit über fünftausend Soldaten um sie herum und schlossen Wetten ab.

    In der Tat war Ursus ein Theoretiker, was ernsthafte Kämpfe mit so verschiedenen Waffen anging. Die Erfahrung eines Soldaten konnte eben nur ein waschechter Soldat mitbringen. Es gab also keinen Vorteil, alles würde sich durch die Fähigkeiten der Kämpfer entscheiden. "Ich würde den Sklaven gerne gegen einen der Soldaten antreten lassen, schon um ihm Respekt vor den Fähigkeiten der Männer beizubringen. Suche Du mir einen geeigneten Mann aus, falls Du nicht sogar selbst Interesse an dieser Begegnung hast."*






    Sim-Off:

    Falls Du Priscus nicht in den Kampf schicken möchtest, würdest Du dann den Soldaten spielen? Leider haben wir ja keinen, auf den wir zurückgreifen können.

    Ursus lachte leise, als seine Frau aufquiekte. Anscheinend hatte sie nicht damit gerechnet, daß er sie tatsächlich in den Zuber hob. Dabei machte es wirklich keine Mühe, zumindest nicht für den kurzen Moment. Gar so schwächlich war er dank Cimons Training nicht. Während er sich selbst in das angenehm warme Wasser gleiten ließ, konnte er seinen Blick nicht von seiner schönen Frau abwenden, die das Bad unübersehbar genoß. Zudem war er sich auch ihres Blickes sehr bewußt, was aber keineswegs unangenehm war.


    Septima drückte sich eng an ihn, schlang gar ihre Beine um ihn. Ursus umarmte sie fest, wollte gerade mit seinen Lippen die ihren suchen, als sie ihn aufforderte, ihn zu lieben. Es lag etwas in ihrer Stimme, das ihn stutzen ließ. Es klang so eindringlich, fast schon ein wenig verzweifelt. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Schon die ganze Zeit hatte er dieses Gefühl gehabt. Sie meinte nicht nur die körperliche Liebe. In ihrer Aufforderung lag so viel mehr. "Das tue ich, mein Herz", versicherte er ihr und wußte, es war nicht gelogen, auch wenn die Liebe noch nicht so tief ging wie er es bei Cadhla kennengelernt hatte. Wieder forderte sie ihn auf. Und ein drittes Mal. Von Tränen begleitet. "Das tue ich", versichterte er abermals und drückte sie ein wenig fester an sich. Seine Lippen berührten nun ihre Stirn und ihre Haare. "Liebes... was bedrückt Dich denn so? Du bist nicht allein... Es gibt nichts, was Du fürchten müßtest." Zumindest konnte er sich nichts vorstellen, was er an Nöten und Problemen nicht von ihr fernhalten könnte.

    Wieder mußte Ursus lachen. Die Kleine war wirklich herzerwärmend. "Oh, eigentlich solltest Du Dir auch so viel merken wie ich. Kinder können das nämlich viel besser als Erwachsene. Vielleicht solltest Du versuchen, mehr zu beobachten und Dir die Dinge zu merken, die Du siehst. Dabei kann man vieles lernen, das später nützlich ist." Wobei er natürlich nicht meinte, daß sie anderen hinterherspionieren sollte.


    "Ja, der erste Speer ist sehr wichtig. Er ist meine direkte Verbindung zu den Männern. Über ihn erfahre ich, wie sie denken und fühlen. Ja, vielleicht wirst Du ihn draußen sehen. Ich bin gespannt, ob Du ihn erkennst." Ursus sah es als eine Art Spiel für sie an, solche Dinge herauszufinden. So hatte sie etwas, wonach sie Ausschau halten konnte, was sicher viel spannender war, als einfach so durch das Lager zu streunen.


    "Wir bleiben hier, bis ich wieder abberufen werde. Was aber ziemlich lange dauern kann, da es momentan nicht so viele Leute gibt, die diese Aufgabe übernehmen können. Aber wir werden hin und wieder nach Rom reisen. Und da darfst Du natürlich auch mit. Vermißt Du die anderen aus der Villa Aurelia sehr?" Mit einem Nicken und einer auffordernden Geste erlaubte er ihr das kleine Bildchen. Sie redeten ja noch, warum sollte sie dann nicht auch das neue Spielzeug ausprobieren?

    Es arbeitete in dem Nubier, das konnte Ursus deutlich sehen. Wie sehr Cimon an seinen neu entdeckten Gefühlen zu knabbern hatte! Es war für Ursus etwas ganz Neues, einem anderen dabei zu helfen, mit der Gefühlswelt zurechtzukommen. Vielleicht eine gute Übung für die Zukunft, denn irgendwann würde er Kinder haben, denen die Entdeckung der Liebe bevorstand.


    So ließ er Cimon die Zeit, seine Gedanken zu ordnen. Was dem nur mäßig gelang, wie man an dem folgenden eher schon gestammelten Worten erkennen konnte. "Ja, so ehrlich, wie es gut ist. Man muß nicht alles sagen. Aber lügen solltest Du auf keinen Fall. Und Du solltest Dich nicht wundern, daß er so verschlossen ist. Das ist seine Arbeit." So wie es auch Cimons Arbeit war. Doch Ursus wußte ja, daß Cimon sich gut unter Kontrolle hatte, wenn es darauf ankam. Zumindest war es bisher so gewesen. Er konnte ja nicht ahnen, daß der Nubier bereits die Kontrolle völlig verloren hatte. Ausgerechnet bei Flora.

    Ursus legte den Kopf schief. "Wenn diese Säule bröckelt, was die momentan ganz und gar nicht tut, werden wir eine neue bauen, vielleicht eine ganz andersartige. Man kann uns Römern so manches vorwerfen. Aber nicht, daß wir nicht zu Änderungen bereit wären, wenn sie wirklich nötig sind. Funktioniert etwas nicht mehr, dann versuchen wir es anders neu." Doch Ursus konnte sich nicht vorstellen, daß die Welt je ohne Sklaven würde auskommen können. Sie war überall üblich, nicht nur im römischen Imperium. Und das seit ewigen Zeiten.


    "Nun, wenn ich einen Sklaven freilasse und er möchte danach nicht für mich arbeiten, muß ich mir wohl einen neuen suchen, der diese Arbeit für mich tut. Wobei ich mir kaum vorstellen kann, daß ein Sklave, der mir gut und treu gedient hat und den ich freilasse, nicht gerne weiter für mich arbeitet." Dabei dachte Ursus nicht an Baldemar, der ja an nichts anderes dachte, als daran, in seine Heimat zurückzukehren. Ob der Germane je daran gedacht hatte, daß auch er sich verändert hatte und die Menschen in seiner Heimat ihn vielleicht nicht mit ganz so offenen Armen empfangen könnten, wie er sich das vorstellte? "Jemand, der in Rom leben möchte, wird mich nicht vor den Kopf stoßen, Baldemar. Ein Freigelassener wird automatisch der Klient seines bisherigen Herrn. Eine gegenseitige Verpflichtung ist also immer noch vorhanden. - Das klingt jetzt schon wieder nachteilig für den Freigelassenen. Ist es aber gar nicht. Denk nicht an Dich, Du entsprichst nicht dem durchschnittlichen Sklaven. Du würdest sogleich zu Deinem Volk zurückkehren und nicht hier leben wollen. Doch jemand, der hier leben will, wäre sehr dankbar für eine feste, bezahlte Arbeit bei jemandem, den er schon kennt und einschätzen kann. Ebenso dafür, einen Patron zu haben, der ihn fördern kann."


    Viele Männer? Verdutzt schaute Ursus herüber. Die besondere Betonung, das Schnalzen, wies darauf hin, daß Baldemar seine Gedanken in eine andere Richtung lenkte als bisher. Doch Ursus hatte keine Ahnung, wie das jetzt gemeint war. "Ungewöhnlich?", nein, er hatte Baldemar nicht richtig verstanden.