Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Sie hatten das Haus seines Patrons verlassen und Ursus versank in Gedanken. Er dachte über das Gespräch nach. Und auch darüber, was er noch alles zu erledigen hatte vor der Abreise. Im Moment war so vieles zu beachten, er fürchtete, wichtige Dinge zu vergessen.


    Als Cimon ihn am Arm berührte, war es Ursus eigentlich gar nicht recht. Doch er kannte Cimon inzwischen zu gut, um zu glauben, daß er ihn wegen einer Nebensächlichkeit aus seinen Gedanken riß. "Ja, darfst Du. Was gibt es, Cimon?" Ein bißchen Ungeduld hörte man schon in seinem Tonfall, doch auch Cimon sollte seinen Herrn gut genug kennen. Ursus hätte nein gesagt, wenn er es wirklich nicht gewollt hätte.

    "Salve, Iulius", grüßte Ursus den Primus Pilus und legte die Liste beiseite, die er gerade studiert hatte. "Nimm bitte Platz. Etwas zu trinken?" Er warf Baldemar einen auffordernden Blick zu. Hoffentlich blamierte der Germane ihn nicht vor seinem Offizier.


    Dann nahm er die Entwürfe zur Hand, um sie durchzulesen. Was er da sah, gefiel ihm schon recht gut. Zwar sah er noch ein, zwei Stellen, die er anders formuliert sehen wollte, aber es war gut. Sehr gut sogar. "Dies hier ist für die Foren, ja? Ich finde, das kann auch in die Acta. Naja, hier werde ich noch die Formulierung ändern, und hier auch. - Also, wenn das hier die jungen Männer nicht anspricht, dann weiß ich es auch nicht." Er legte die Entwürfe erst einmal auf den Tisch. "Hast Du Dir schon Gedanken über den Ablauf der Werbeaktion gemacht?"

    Ursus seufzte, erst widersprach ihm Cimon, dann – wesentlich temperamentvoller, seine Frau. Hatten sich denn alle gegen ihn verschworen? Dabei war es auch noch schwer, sich nicht von ihrem schönen und gerade so frei präsentierten Körper ablenken zu lassen. "Du fandest sein Verhalten also nicht respektlos und unhöflich? Nun, ich empfand es so. Und gerade frage ich mich, wer bestraft werden soll. Baldemar oder ich. Liebes, Du willst mir tatsächlich Cimon für eine Woche nehmen und mich die ganze Zeit mit diesem Holzhacker allein lassen?"


    Mit wahrem Entsetzen blickte Ursus zwischen den beiden hin und her. "Daß er wird wie Cimon, erwarte ich ja nicht einmal. Aber daß er lernt, sich zurückzuhalten und sich an die Regeln zu halten, das erwarte ich schon. Er hat mich mit Herr anzusprechen, Dich mit Herrin, er hat respektvoll zu sein und er hat zu gehorchen. So frei er sich fühlen mag, er ist es nicht, er ist ein Sklave. - Cimon, natürlich hast Du Recht, Respekt und Vertrauen lernt man nicht. Aber respektvolles Verhalten, das lernt man."


    Er schüttelte den Kopf und sprach die weiteren Worte an beide. "Wir haben eine Stellung zu wahren. Und diese Stellung haben auch unsere Sklaven zu wahren. Wenn er sich nicht zu benehmen lernt, muß er eben im Garten Holz hacken und von Besuchern ferngehalten werden. Wie sollen mich die über fünftausend Soldaten da draußen respektieren, wenn es nicht mal die Sklaven im eigenen Haus tun – und es auch noch offen zur Schau stellen?" Er seufzte abermals, aber dieses mal wohlig, weil Cimon diese gemeine Verspannung bearbeitete, die ihn so oft quälte.

    Ein leichtes, kaum wahrzunehmendes Lächeln umspielte seine Lippen, als Ursus seine Frau entdeckte. Er freute sich, daß sie gekommen war. Seine Männer sollten sie sehen, sollten wissen, wen sie da vor sich hatten. So war der nötige Respekt gleich sichergestellt. Außerdem merkten sie, daß auch Septima Interesse an ihnen hatte, das mochte auch noch ein paar zusätzliche Sympathiepunkte einbringen.


    Die Männer fielen in den Jubel mit ein und in Ursus' Ohren klang es echt, nicht erzwungen oder gestellt. Das empfand er als gutes Zeichen. Er wandte sich dem Primus Pilus zu. "Du kannst die Männer nun wieder abtreten lassen. Sie haben nun alle gesehen, wer ihr neuer Kommandant ist und werden mich wohl erkennen, wenn ich ab morgen in der Castra meine Runden drehe. Ich erwarte im Übrigen sämtliche Stabsoffiziere übermorgen Abend zur Cena. Schneller wird es nicht gehen, wir sind noch nicht vollständig eingerichtet. Achja, natürlich in Begleitung eventueller Ehefrauen oder sonstiger erwachsener Familienmitglieder." Er schaute fragend in die Runde. Wer der Anwesenden war überhaupt verheiratet?

    Sim-Off:

    Jo, denke ich auch :)



    Memmius Volscius Plautus schaute auf, erkannte den Primus Pilus, machte Anstalten, aufzuspringen, erwartete aber, dabei aufgehalten zu werden. Und so geschah es auch. Fast hätte er gelächelt, aber er konnte es gerade noch rechtzeitig unterdrücken. "Ja, Du kannst gleich durch, Centurio", nickte Volscius, der entsprechende Anweisungen vom Legaten erhalten hatte.

    Ursus schmunzelte über Septimas Scherz und schüttelte den Kopf. Sie wußte doch sicher, daß nicht alle Ritter Roms aus dem Militär kamen. Und daß sie schon sehr reich sein mußten, um überhaupt Ritter werden zu können. Cornelius Agrippa. Nein, er konnte sich des Namens nicht entsinnen. Aber es gab viele hohe Verwaltungspositionen, mit denen er nie etwas zu tun gehabt hatte. Und vermutlich war dieser Mann schon sehr alt gewesen. Es war Ursus auch nicht wichtig genug, um weitere Nachforschungen dazu anzustellen.


    Sie wurden zum Balneum geführt und Ursus war mehr als überrascht, solch ein großes, schönes Bad vorzufinden. Er war beeindruckt, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Lieber nahm er sich des Wasserzulaufs an und prüfte die Funktion. Ja, hier war alles in Ordnung. Dann untersuchte er die Becken auf Lecks und die geschmackvollen Mosaike auf Schäden. "Das alles zu beheizen wird sehr teuer. Viele warme Räume werden große Mengen Holz erfordern." Natürlich konnte man Sperren einbauen, wenn man nicht wollte, daß bestimmte Räume mitgeheizt wurden. Trotzdem wollte er diesen Aspekt nicht außen vor lassen. Schließlich war es nicht klug, vor dem Verkäufer zu positiv über das Objekt zu sprechen. Wobei er seiner Frau durchaus anmerkte, wie begeistert sie von dem Haus war. Ebenso wie er.


    Sie folgten Messalinus in die Küche. Auch hier schaute Ursus sich genau um. Der Verkäufer mußte ja nicht wissen, daß er von diesem Bereich keine Ahnung hatte. Es gab einen Ausgang nach draußen auf einen zusätzlich abgeteilten Garten. Hier waren wohl Gemüse und Kräuter angebaut, nur leider jetzt von Unkraut überwuchert. Ein gemauerter Backofen war hier ebenfalls vorhanden, ebenso ein überdachtes Holzlager, ein Regensammelbecken und vieles andere, das darauf hinwies, daß hier gearbeitet werden konnte.


    Ursus ließ sich nichts davon anmerken, daß er auch hiervon sehr angetan war. Er folgte wieder nach drinnen und schaute sich die Lagerräume, die Sklavenunterkünfte und schließlich die Gästezimmer an. Zwischendurch drückte er seine Frau sanft an sich. Für ihn war es dieses Haus. Wenn der Garten jetzt noch brauchbar war, dann würde er es kaufen. Nur durfte er es jetzt nicht zu deutlich zeigen, sonst würde er ein Vermögen zahlen müssen.


    Zunächst betraten sie den von Säulen umgebenen Innenhof, das Peristyl. Es besaß einen hübschen Brunnen, in dem das Wasser von einem Becken ganz oben immer in das nächste floß. Insgesamt besaß er vier übereinanderliegende Becken, die nach unten immer größer wurden. Die Becken waren von außen mit allerlei Reliefs verziert, die von den großen Mythen erzählten. Und der Rand des untersten Beckens lud zum Sitzen ein. Um den Brunnen herum gab es Bänke und Podeste, auf denen wohl einmal Statuen gestanden hatten. Die Pflanzen waren allesamt verwildert, doch es waren Rosenbüsche zu erkennen, die bei entsprechender Pflege sicherlich eine Pracht waren. Die Säulen waren teilweise von Wein umrankt, so daß das gesamte Perystil sehr verwunschen wirkte.


    Als sie nun den eigentlichen Garten betraten, ein Bereich, den die meisten Häuser Roms aus Platzgründen gar nicht erst besaßen, erwarteten sie eine großzügige Rasenfläche und einige schattenspendende Bäume. Eine Mauer umgab das Grundstück und schützte somit vor neugierigen Blicken ebenso wie vor Lärm. Dieser Bereich war sehr schlicht gehalten, was Ursus aber nicht als Nachteil ansah.


    Er wandte sich nun an den Verkäufer. "Bist Du berechtigt, zu verhandeln? Das Haus kommt durchaus in Frage, aber natürlich müssen wir uns noch beraten und brauchen auch einen Anhaltspunkt, was den Preis angeht. Es muß viel gemacht werden und die Folgekosten, gerade was das Heizen angeht, sind enorm. Ebenso dürften die Wasserkosten nicht gerade gering ausfallen. Ich bin der Meinung, daß diese Dinge Einfluß auf den möglichen Kaufpreis haben sollten." Die eigentlichen Verhandlungen würden natürlich ein anderes mal stattfinden.



    Ursus runzelte etwas verwirrt die Stirn. "Es ist oft schwer, die richtigen Worte zu finden. Aber man darf auch nicht zu streng mit sich sein. Wobei es natürlich auch immer darauf ankommt, wem man schreibt. Bei wichtigen Persönlichkeiten sollte man schon auf die Formulierungen achten. Cimon... ich bin sicher, wenn der Empfänger des Briefes Dich kennt, dann wird er Dich auch richtig verstehen, wenn Deine Formulierungen nicht ganz so ausgefeilt sind wie bei einem Poeten." Er wußte ja, welche Leistungen Cimon sonst immer von sich forderte, das würde beim Schreiben sicherlich nicht anders sein.


    Doch als es nun weiterging und Cimon endlich, nach einigem Herumdrucksen, die nächste Frage stellte, verwirrte diese Ursus nur noch mehr. Was ging hier eigentlich vor? "Liebe? Nun, sie verdreht einem den Verstand, läßt einen an nichts mehr denken, als an die geliebte Person. Man kann kaum noch essen, weil im Bauch so viele Schmetterlinge tanzen. Und man tut ausgesprochen dumme Dinge, nur um bei dieser Person sein zu können. Liebt man die falsche Person, dann steht einem furchtbares Leiden bevor. Doch man kann es überwinden. - Cimon... Du bist also verliebt?" Das war ein sehr ernstes Thema. Schließlich war für einen Sklaven die mögliche Auswahl extrem eingeschränkt.

    Achthundert Sesterzen war sogar ein anständiges Angebot. Auch wenn Ursus Caelyn für den Preis niemals verkauft hätte. Doch mußte er dem Quintilier wahrhaftig zugute halten, daß er nicht versuchte, ihn über den Tisch zu ziehen. "Das ist ein faires Angebot, jedoch bin ich nicht an Geld interessiert, davon habe ich selbst genug. Caelyn will mit Dir gehen, auch wenn ich nicht verstehe, was sie sich davon verspricht. Doch wer will schon Frauen wirklich verstehen?"


    Er mußte sich selbst eingestehen, daß er sich verletzt fühlte. Empfand sie denn wirklich überhaupt nichts für ihn? Nicht mal die Aussicht auf Freiheit schien sie halten zu können. Zumal sie genau wußte, daß er schon lange darauf hinarbeitete, sie freizulassen. Damals, als er ihr den freien Tag gewährt hatte, damit sie sich draußen eine Arbeit sucht, wollte er sie darauf vorbereiten, ein gutes Leben in Freiheit führen zu können. Das Unglück mit Louan war dazwischen gekommen und hatte sie völlig aus der Bahn geworfen. Freiheit schien ihr nichts mehr zu bedeuten. Vielleicht war es ja auch die Erinnerung an Louan, die sie von hier forttrieb? Es wäre ein für ihn tröstlicher Gedanke, wenn es nicht an ihm liegen würde. Doch tief in seinem Inneren wußte er, auch wenn er es nicht zugeben wollte, daß er es war, den sie nicht mehr sehen wollte. Obwohl er ihr nie etwas angetan hatte. Im Gegenteil war er viel zu weich ihr gegenüber gewesen.


    "Ich schlage vor, daß Du mir einen Gefallen schuldest. Einen wirklich großen Gefallen. Und ich bestimme, wann ich ihn einfordere. Das ist ein hoher Preis, doch ich bin ein Ehrenmann und Du kannst darauf vertrauen, daß ich nichts Unehrenhaftes von Dir fordern werde." Sein Blick ruhte sehr ernst auf seinem Gegenüber. Dies war kein Kinderspiel. Und der Quintilier würde sich der Tragweite einer derartigen Abmachung durchaus bewußt sein.



    Wie leicht es doch war, ein zufriedenes Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern. Ursus war gewissermaßen stolz auf sich, hier richtig reagiert zu haben. Schließlich gab es Situationen zwischen Mann und Frau, in denen es keinerlei Möglichkeit gab, richtig zu reagieren. Als sie auf ihre zukünftigen Kinder ansprach und auch noch ihre Hand auf ihren Bauch legte, lächelte Ursus stolz und glücklich. "Nein, die Kinder haben vorerst kein Mitspracherecht. Sie werden auf unser Urteil vertrauen müssen. Aber wenn sie uns auch nur ein wenig ähnlich sind, wird es ihnen schon gefallen." Unwillkürlich legte er seinen Arm um ihre Taille und seine andere Hand auf die ihre, die auf ihrem Bauch lag. Seine Familie.


    Tatsächlich schien Septima von diesem Haus recht angetan. Und sie wurden auch nicht enttäuscht, als es nun an die Besichtigung des Inneren ging. Messalinus kannte sein Geschäft und hatte sich gründlich vorbereitet. Zu jedem Raum wußte er etwas zu berichten, erklärte durchaus auch ein paar Mängel, die beseitigt werden mußten und schien manche Fragen vorherzusehen, denn er beantwortete sie in dem Moment, als Ursus sie stellen wollte. Das Atrium fand Septimas Zustimmung, auch wenn es hier natürlich ebenfalls viel zu tun gab.


    "Wie sieht es mit einer Bademöglichkeit aus?", fragte Ursus, während sie vom Atrium aus einen Raum nach dem anderen besichtigten. "Und welche Räume können beheizt werden?" Er wußte ja, daß seine Frau manchmal sehr wärmebedürftig war. Und in manchen Häusern waren mehr Räume mit Fußbodenheizung versehen als andere. Zuviele war natürlich auch nicht gut, immerhin war es nicht gerade kostengünstig, allzu große Heizflächen zu unterhalten.


    Bisher war Ursus sehr angetan von dem, was er zu sehen bekam. Er schaute sich sehr gründlich um. Achtete auf Kleinigkeiten. Untersuchte die Wände auf Risse, begutachtete jeden Fleck, ob dieser nicht auf Wasserschäden hindeutete. Messalinus beantwortete derweil die Frage der jungen Tiberia. "Dieses Haus wurde bewohnt von dem ehrenwerten Eques Cornelius Agrippa. Nach seinem Tod ist seine Familie allerdings nach Misenum gezogen, sie haben für dieses Haus keine Verwendung mehr und schließen eine Rückkehr nach Rom aus. Es ist schon eine Weile unbewohnt, da sie lange gebraucht haben, um sich zum Verkauf durchzuringen."


    Ursus nickte dazu, ihm war es eigentlich egal, wer hier vorher gewohnt hatte, solange es kein Ausländer war oder gar jemand, der anrüchige Geschäfte machte. Aber das schien ja alles nicht der Fall zu sein. "Ich möchte auch die Sklavenunterkünfte und die Wirtschaftsräume sehen, vor allem die Küche. Danach ist natürlich auch der Garten noch dran." Das Beste zum Schluß.




    "Natürlich darfst Du ihn besuchen. Hier hast Du ohnehin weniger zu tun als in Rom, weil wir ja nicht mehr den halben Tag lang die Stadt unsicher machen. Ach, das wird mir fehlen, Cimon. Naja, jedenfalls kannst Du Deinen Freund besuchen. Und bewege mir das Pferd, denn oft werde ich es nicht brauchen." Ursus schaute auf den begonnenen Brief, während er sprach. War ja noch nicht viel. "Du wolltest ebenfalls schreiben? Wenn Dein Brief heute noch fertig wird, kannst Du ihn auch den Sklaven mitgeben, die Corvinus uns mitgegeben hat. Sie werden morgen früh aufbrechen, um nach Rom zurückzureisen." Das war die beste, schnellste und günstigste Möglichkeit, die Briefe nach Rom zu schicken. Nur, warum machte Cimon einen so bedrückten Eindruck? Mit hochgezogener Augenbraue blickte Ursus seinen Sklaven an. "Ist sonst alles in Ordnung?"

    Da war es schon wieder, sein übliches Problem. Allzu leichtfertig hatte er ein Versprechen gegeben und nun war es mehr als schwer, es einzuhalten. Ursus hatte über Tag so viel zu tun gehabt, daß er nicht einen Gedanken an den Brief an seine Familie verschwendet hatte. Doch er am Abend, nach der Cena, im Tablinum saß, um sich auszuruhen, fiel es ihm wieder ein. Und obwohl er eigentlich gar keine Lust dazu hatte, nahm er sich eine Papyrusschriftrolle und begann zu schreiben. Viel gab es ja nicht zu berichten, aber in Rom wollten sie ja möglichst schnell Nachricht erhalten, ob sie gut angekommen waren. Ein verständlicher Wunsch, so nah war Mantua ja nun auch wieder nicht gelegen. Und auf jeder Reise konnten unvorhergesehene Dinge geschehen. Den Brief wollte Ursus den Sklaven mitgeben, die er morgen zurückschicken wollte nach Rom. Also mußte er ihn jetzt schreiben.


    Er hatte einen Sklaven nach etwas zum Trinken und etwas zum Naschen geschickt und war nun nicht wenig erstaunt, daß dieser in Begleitung von Cimon zurückkam. Eigentlich hatte er dem Nubier einige freie Stunden gewährt, doch wie so oft, war Cimon viel zu dienstbeflissen, um seinen Herrn in anderer Sklaven Hände zu lassen.


    Mit einer wegwinkenden Geste entließ Ursus den anderen Sklaven und nickte Cimon zu. "Setz Dich zu mir, Cimon. Hattest Du schon Gelegenheit, Deinen Freund zu besuchen?" Er nahm sich eine Handvoll Rosinen, denn frische Trauben waren zu dieser Jahreszeit noch nicht zu bekommen.

    Gerne hätte Ursus seiner Frau einen Kuß gegeben, bevor er aufstand, doch ihre Reaktion auf die Störung war eindeutig. Sie zog das Laken über sich und wollte offensichtlich noch weiterschlafen. Also erhob sich der Aurelier leise und begann mit seiner Morgentoilette. Cimon hatte schon alles vorbereitet und entspannt setzte sich Ursus für die Rasur zurecht. Leise, um Septima nicht zu stören, antwortete er auf die Frage seines Sklaven. "Guten Morgen Cimon. Ja, Baldemar wird uns zusehen und lernen. Den ganzen Tag. Und nicht nur heute, sondern die ganze Woche. Er ist allzu ungehobelt, unhöflich und respektlos und soll lernen, das abzustellen. Es könnte kein besseres Beispiel als Dich geben, deshalb hat Septima beschlossen, ihn uns eine Woche lang zur Seite zu stellen. Ich halte das für einen sehr guten Gedanken. Von wem könnte er es besser lernen?"

    Ursus lachte amüsiert, als sie so aufquietschte. Daß sie in der Lage war, sehr merkwürdige Geräusche von sich zu geben, das wußte er ja schon. Dieses hatte allerdings bisher noch nicht dazu gehört. "Rache? Meine Liebste sinnt auf Rache! Oh, ich Armer! Was droht mir da?", tat er theatralisch und versuchte, dabei ängstlich und zerknirscht dreinzuschauen. Der Versuch gehörte allerdings nicht zu seinen besten, zumal sein übermütiger Blick ihn allzu sehr verriet. "Bis heute Abend." Sein Tonfall verriet, daß er am liebsten gleich mitgegangen wäre. Der Einfallsreichtum seiner Frau hatte ihn ja schon einige Male überrascht. Und er war sicher, für heute Abend würde sie sich etwas ganz besonderes einfallen lassen.

    Tatsächlich hatte Ursus den bittenden Blick seines Sklaven nicht bemerkt. Und hatte auch angenommen, daß sein Versprechen, Caelyn nichts zu sagen, für den Fall gedacht war, daß sie bei ihnen blieb und sie ihre Freiheit tatsächlich bekam. Doch da Ursus auch jetzt vor allem auf Sermo konzentriert war, bemerkte er ebenfalls nicht, daß Cimon darüber enttäuscht war, daß sein Herr dies ausgeplaudert hatte. Ursus hatte eben nicht lügen wollen und sie hatte direkt gefragt.


    Die Geschichte, die Sermo berichtete, klang plausibel. Zwar blickte Ursus zu Caelyn, um ihre Reaktion zu sehen, doch galt dies mehr den Worten, die er über Cimons Wunsch verloren hatte, als den Worten Sermos. Er hatte auch keinen Grund, diese Erklärung anzuzweifeln, auch wenn er sich immer noch fragte, wie Sermo darauf kam, daß Caelyn gut erzogen sei. Na, vielleicht hatte sie ja solchen Hunger gehabt, daß sie sich zahm gezeigt hatte. "Ja, ich denke, das ist eine gute Grundlage für unsere Verhandlung."





    "Wir ergeben uns", rief der Decurio und deutete auf seine bereits am Boden liegenden Waffen, bevor er die leeren Hände so hob, daß die Angreifer sie sehen konnten. Seine Männer taten es ihm gleich, dann gingen sie wenige Schritte zurück, die Hände halb erhoben, um deutlich zu zeigen, daß sie waffenlos waren. Es war ein guter Kampf gewesen, doch auch ein harter. Die Männer waren durchgeschwitzt, müde und hatten so mancherlei Blessuren davongetragen. Würden die Angreifer die Kapitulation jetzt akzeptieren?


    Ursus hielt sich immer noch aus dem Geschehen heraus. Er beobachtete nur, war aber nun nahe genug herangekommen, um zu verstehen, was gesprochen wurde. Das Lager war erobert, eine eindrucksvolle Demonstration des Könnens einer gut ausgebildeten Armee. Sicher, zu verbessern gab es gewiß das eine oder andere. Das gab es immer. Doch Ursus war recht zufrieden mit dem, was er bisher gesehen hatte. Nun war es aber an den Offizieren, den Kampf für beendet zu erklären.





    Ursus ließ seine Frau nicht aus den Augen. Schon wie sie sich bewegte, diese Anmut, die ganz und gar ihre Natur zu sein schien. Dazu war sie nicht dumm wie es viele andere besonders schöne Frauen zu sein schienen. Nein, manchmal konnte er über die Schärfe ihres Verstandes nur staunen. Es machte Spaß, mit ihr zu diskutieren, sie war wißbegierig und hatte ein Gefühl für die unsichtbaren Zusammenhänge. Eine ideale Frau für einen Senator. Wieder konnte er nicht umhin, sein Glück zu preisen. Vielleicht war es mal wieder Zeit für ein großes Opfer.


    Für einen Moment dachte, oder hoffte, Ursus, daß sie noch einmal auf seinen Schoß kommen würde. Er lachte über sich selbst, als die Erfüllung dieser Hoffnung ausblieb. Aber ihr wohlgerundetes Hinterteil wurde ihm nun gerade so einladend präsentiert, als sie sich drehte, daß er tatsächlich nicht anders konnte, als ihr einen liebevollen Klaps zu geben. "Du weißt, ich freue mich immer, Dich zu sehen, also scheue Dich bitte nicht, fragen zu kommen." Oder auch aus anderen Gründen. Einsamkeit vielleicht. Oder so.

    "Da gibt es nichts zu verzeihen, Cimon. Du konntest dies hier ja nicht vorhersehen." Caelyn erst einmal ignorierend wandte sich Ursus wieder Sermo zu. "Du hast meine , CaFrage nicht beantwortet, Quintilius", stellte er sachlich fest. Er konnte es nicht ausstehen, wenn jemand seine Fragen einfach unter den Tisch fallen ließ, denn nur selten stellte er Fragen ohne gewichtigen Grund. Und einiges an dieser Geschichte war ihm noch sehr unklar.


    "Cimon hat mir vor einiger Zeit einen sehr großen Dienst erwiesen. Dafür gewährte ich ihm einen Wunsch." Die Betonung zeigte schon, daß es nicht nur um den Wunsch nach neuen Schuhen oder ähnliches ging, sondern einen wirklich richtig großen Wunsch. "Er wollte seinen Wunsch für Dich verwenden." Ursus merkte gar nicht, daß diese Formulierung durchaus mißverständlich sein konnte, er fand es eindeutig, daß Cimon Caelyns Freiheit erbeten hatte.


    "Ich hätte gerne noch eine Antwort, bevor wir uns über den Preis unterhalten." Ursus war nicht gewillt, Caelyn einfach so gehen zu lassen und sie einem anderen zu schenken. Was hätte er denn davon? Sie war fortgelaufen und früher oder später hätte er sie zurückbekommen. Das wäre doch ein etwas übertriebener Finderlohn, sie jetzt einfach zu verschenken.



    Weinende Frauen! Was konnte es schlimmeres geben? Ursus schüttelte hilflos den Kopf. Diese Frau würde er wohl niemals verstehen. Hatte er ihr nicht alles gegeben? Und noch mehr, hatte er ihr nicht ihre Freiheit in Aussicht gestellt? Und nun wollte sie Sklavin dieses Mannes werden? Was wußte sie denn von ihm? Konnte sie ihm wirklich vertrauen? Aber Caelyn schien sich sicher zu sein, auch wenn Ursus es nicht verstehen konnte. Warum wollte sie das? Warum wählte sie ein schlechteres Leben, als sie es hier hatte?


    Seufzend wandte sich Ursus von Caelyn ab und Cimon zu. "Cimon, Du hast von mir ein Versprechen erhalten. Du hörst aber nun, daß die Wünsche von Caelyn diesem Versprechen entgegen gehen. Möchtest Du Deinen Wunsch nun rückgängig machen?" Sie war es tatsächlich nicht wert, daß ein guter Mensch wie Cimon seinen großen Wunsch für sie verschwendete. Sie wußte das doch gar nicht zu schätzen. Caelyn... nein, er konnte es nicht begreifen, daß sie diesem Quintilier gehören wollte.