Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    „Ich fürchte, im Moment können wir nicht viel tun. Ich befürchte allerdings auch, daß andere bereits sehr viel tun, nämlich den Verdacht von sich ablenken und damit zugleich unangenehme politische Gegner aus dem Weg räumen. Für uns hat das zur Folge, daß wir viele Informationen erhalten werden, die falsch sind. Aber wie erkennen, was wahr ist? Ich hoffe dabei auf meine Familie und meine Freunde und Klienten in Rom. Sobald sie mir Nachricht schicken, werden wir wissen, was wir zu tun haben.“ Es war gar nicht schlecht, das nötige Mißtrauen gegenüber dem Machthaber in Rom auch schon in der Verwaltung Mantuas zu streuen. Je mehr Gerüchte dieser Art die Runde machten, umso besser. „Einer meiner Klienten, Artorius Celer, ist Magistrat. Er ist allerdings zur Zeit nicht da und ich wäre wirklich froh, mit Dir den Informationsfluß zwischen Mantua und der Legion aufrecht erhalten zu können. Willst Du Mantua und mir diesen Dienst erweisen?“

    Nachdenklich legte Ursus den Kopf schief. „Ich tue mich immer schwer damit, derart extrem zu gewichten. Meiner Erfahrung nach ist Ausgewogenheit stets der beste Weg. Blinder Aktionismus ist nicht nützlicher, als reines Gerede. Was möchtest Du denn, das der Senat tut? Ich kenne sehr viele Senatoren. Auch welche, die für vernünftige Ideen zu gewinnen sind und die diese auch durchzusetzen in der Lage sind. Du sagst, Salinator will den Senat straffen. Mir ist nur nicht klar, wie genau so etwas vonstatten gehen soll. Ihn einfach verkleinern? Das könnte helfen, stellt aber auch nicht sicher, daß sich am Ende nicht ausschließlich Schwätzer im Senat befinden. Weißt Du genaueres über die Pläne Salinators in dieser Sache?“ Der nächste Gang wurde aufgetragen und Ursus nahm sich in aller Ruhe den einen oder anderen Happen. Seiana war sehr still geworden. War sie wohl der gleichen Meinung wie ihr Mann? Oder eher nicht? Sie konnte sich kaum offen gegen ihn stellen.

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    Original von Sextus Aurelius Lupus
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    Sextus schien entschlossen, die eigenen Kräfte auf die Probe zu stellen. Ursus wollte ihn sicherlich nicht zwingen, sich schlafen zu legen, aber er hätte es doch vorgezogen, mit einem ausgeschlafenen Vetter zu diskutieren und mit ihm Pläne zu schmieden. „Nun gut, dann laß uns jetzt reden.“ Er hörte sich an, was Lupus über den Cornelius zu sagen hatte. Und eigentlich gefiel ihm, was er hörte. „Er wäre also ein Kaiser mit eigenem Willen, eigenen Zielen und seinen eigenen Entscheidungen. Das wird vielen nicht passen, denn die meisten wünschen sich eine Marionette, die nach ihrem Willen tanzt. Würdest Du auch gerne an den Fäden solch einer Marionette ziehen, Sextus?“ Er schätzte seinen Vetter durchaus ehrgeizig ein. Sicherlich wäre er auch ein Mann, der sich selbst gern als Kaiser gesehen hätte. Einige Jahre später wäre er vielleicht sogar in der Position gewesen, solch eine Situation zu nutzen.


    „Wie auch immer, mir ist ein eigenständiger, starker Kaiser, der für Rom einsteht, lieber, als eine Marionette, an deren Fäden nicht wir selbst ziehen können.“ Denn dann zogen andere an den Fäden, die den Aureliern vielleicht nicht wohlwollend gegenüber standen.


    „Claudius liebt uns sicher nicht nach den Enttäuschungen, die unsere Gens der seinen zugefügt haben. Aber er haßt uns nicht und würde sicherlich niemals ein Bündnis mit dem Vescularier einem Bündnis mit uns vorziehen. Er ist ein Patrizier und er hat so etwas wie Ehre im Leib. Wir hatten Briefkontakt zueinander, selten, aber ab und an.“ Für Salinator würde Menecrates ganz sicher nicht kämpfen, dessen war Ursus sich sicher.


    „Der Weg nach Syrien ist weit. Ich rechne tatsächlich eher damit, daß wir uns mit den Truppen aus Germanien vereinigen werden. Wenn nicht Modestus sich auf die Seite des Vesculariers stellt. Er ist der unsichere Kandidat. - Entnehme ich Deinen Worten, daß Du Dich mir anschließen willst, wenn ich mit meiner Legion losziehe?“ Er hatte Sextus nie als Kämpfer gesehen. Und mußte schmunzeln, als der die Prima noch schnell als beste Legion von allen bezeichnete, um ihm ein wenig Honig um den nicht vorhandenen Bart zu schmieren.


    „Nein, wir werden hier nicht warten, bis wir am Ende allein da stehen. Aber ich muß wissen, wohin ich mich wenden muß.“ Einer plötzlichen Eingebung folgend, blickte er seinen Vetter prüfend an. „Wie sieht es aus? Würdest Du nach Germanien gehen und Menecrates und Modestus aufsuchen? Ich gebe Dir ein paar meiner Männer mit, die mir dann Nachricht bringen können. Schnelle Boten. Ich kann nicht auf gut Glück meine Männer in Bewegung setzen. Schon gar nicht, solange die Pässe noch zu sind.“ Immerhin war noch Winter. „Und meine Familie laß mal ganz meine Sorge sein. Wenn wir losziehen, werde ich auch für sie einen sicheren Ort haben.“ Das hoffte er zumindest. Sextus hatte sich ja richtig ereifert, als es um Septima ging. Anscheinend hatte er sich schon viele Gedanken um sie gemacht.


    Gespannt blickte Ursus dem angekündigten Besucher entgegen. War das mit dem Namen nur ein Zufall gewesen? In diesen Zeiten konnte er sich das kaum vorstellen. Also mußte es sich um jemanden handeln, der mit den Aureliern vertraut war. Und tatsächlich war es so. Ursus wagte nicht, seinen Augen und Ohren zu trauen. Flavius Gracchus? Er sprang auf und trat dem alten Freund der Aurelier entgegen. „Gracchus!“ Wie der sonst so würdige Flavier aussah! Vollkommen erschöpft wirkte er, was von seinen Worten auch gleich bestätigt wurde. „Natürlich, nimm Platz. Warte, Du bekommst sofort einen Schluck Wein.“ Er füllte einen Becher, verdünnte zwar mit Wasser, aber es war dennoch eine relativ starke Mischung. Den Becher reichte er an Gracchus weiter. „Du glaubst, Du wirst bereits gesucht? Dann war es klug, einen falschen Namen zu nennen. Man weiß nie, wo der Vescularier so alles Augen und Ohren postiert hat. Bist Du allein gekommen? Auf jeden Fall kannst Du hier bei mir bleiben, vorerst sind wir hier noch sicher. Mein Vetter Lupus ist auch schon eingetroffen. Was kannst Du mir aus Rom berichten?“ Viele Fragen auf einmal, aber sie sprudelten einfach so heraus. Gracchus' Anblick war für Ursus so schockierend, daß er ganz vergaß, dem Armen Zeit zum Sammeln zu geben.

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    Original von Aretas
    Lange hatte es nicht gedauert und sie standen im Officium. " Cornicularius, die zwei ....die zwei Personen, mit denen der Legat sprechen will." Antias blieb an der Tür stehen. " Soll ich warten?" Lange brauchte der Legat sicher nicht mit den Beiden. Antias würde es eine Genugtuung sein, sie hochkant aus der castra zu schmeißen.


    Der cornicularius schaute sich die beiden abgerissenen Gestalten an. Er hatte Flora schon mal gesehen, erkannte sie jetzt aber nicht. „Ja, warte bitte. Du kannst sie dann gleich wieder hinausbegleiten.“ Er ging ganz fest davon aus, daß die Angelegenheit nur wenige Minuten dauern würde und die beiden dann die Castra wieder verlassen mußten. „Ihr könnt hineingehen“, nickte er den beiden herablassend zu.

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    Original von Aurelia Lentidia
    Immer noch genervt, dass man sie warten ließ, seufzte sie. Wieso wusste Ursus nicht das sie kam? Wieso empfang man sie derart unvorbereitet?
    Als der Conicularius wieder zurück kehrte, nickte sie ihm selbstgefällig zu und trat dann ein.
    Lentidia ließ jegliche schlechte Laune fallen und setzte ihr freudvollstes Lächeln auf das sie hatte.
    Vielleicht war Ursus einfach nur zu beschäftigt, immerhin hatte er ja auch eine ganze Legion zu befehligen. Sollte er aber wirklich unvorbereitet sein, wäre sie nicht nur enttäuscht, sondern auch wütend!
    Wer die Schuld dafür tragen könnte wusste sie nicht. Das ihre Mutter es war, wusste sie nicht.



    Keine Ahnung hatte Ursus davon gehabt, daß die junge Cousine zu ihm kommen wollte. Im Moment ging er auch nur von einem kurzen Besuch aus, vermutlich, um ein wenig mit Septima zu plaudern. Das Mädchen wohnte ja nicht so weit weg. Aber die Zeiten waren nicht die besten für solche kleinen Besuche.


    Als sie eintrat, erhob sich Ursus und trat auf das junge Mädchen zu. „Lentidia! Wie schön, Dich zu sehen. Mädchen, Du bist wirklich erwachsen geworden. Und schön noch dazu. Laß Dich umarmen, Cousinchen.“ Er öffnete die Arme zu einer herzlichen Umarmung. „Du hättest einen Boten vorschicken sollen, wir sind gar nicht vorbereitet auf Deinen Besuch.“

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    Original von Aretas
    Immer noch weiß wie eine Kalkwand betrat er das Officium. Geräuschvoll atmete Antias aus. "Ich ziehe sie magisch an." waren seine ersten Worte an den cornicularius. Der wusste mit Sicherheit wen er vor sich hatte, so oft wie er die letzten Tage hier ein und ausgegangen war. In seiner Faust hielt Antias das Kettchen. Er nahm Haltung an, zögerte. Wohin sollte er das Ding verfrachten? " Salve cornicularius, Torwache Obsidus Antias, IV. Centurie, IX. cohorte. Vorm Tor sitzen eine Alte und ihr Mann auf einem Karren und behaupten eine Botschaft von Verwandten des Legaten zu haben. Übergeben haben sie mir keine, als ich sie verlangt habe, um sie zu überbringen." Dann schoss es ihm durch den Kopf. Unterschlägst du das Kettchen, machst du dich verdächtig. " Nur das hier gab mir der Mann. Vielleicht haben sie es gestohlen, wollen sich eine Belohnung ergaunern." Antias gab dem cornicularius das Kettchen. Mit gemischten Gefühlen sah er ihm nach.



    Der cornicularius grinste ein wenig schief. „Salve, Obsidius. Du solltest den Göttern mehr huldigen, vielleicht hast Du sie in letzter Zeit zu sehr vernachlässigt?“ Der Mann tat ihm tatsächlich so langsam leid. „Eine Alte und ihr Mann? Nicht ein Mann und seine Alte?“ Der cornicularius lachte über seinen eher dünnen Scherz. „Und die Verwandten des Legaten sollen denen eine Nachricht übergeben haben? Na... zeig das Ding mal.“ Er nahm das Kettchen und betrachtete es eingehend. „Naja, das Löwenzeichen... Ich frage den Legaten, was er davon hält. Warte einen Moment.“ Einen Moment später war er schon wieder da. „Der Legat möchte die beiden sprechen. Das Kettchen hat er behalten.“

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    Original von Aurelia Lentidia
    In der Principia angekommen, brachte die Wache die junge Aurelia zum Cornicularius, um sie anzumelden.
    Also wenn der Wohnbereich ihres Cousins so aussah wie dieses Gebäude, würde sie hier nicht glücklich werden. Es war so karg und ungemütlich. Viel zu schlicht für Lentidia. Auf dem Weg hier hin konnte sie einige Soldaten sehen, die ihr natürlich hinterher starrten, denn immerhin bekamen sie nicht jeden Tag eine hübsche junge Frau zu sehen. Daran würde sie noch großen Gefallen finden - sich von Soldaten beobachten lassen.
    Als der Conicularius sie schließlich ansprach erwiderte Lentidia selbstverständlich "Aber natürlich wird er es wissen. Ich werde erwartet." das klang schon fast beleidigt, es würde doch wohl ein Empfangskommitee geben? Was sie nicht wusste war, dass ihre Mutter zwar mit Ursus mal darüber gesprochen hatte, aber das war schon einige Zeit her. Sie hatte ihre Tochter ohne Ankündigung und nur mit einem Brief zu ihrem Cousin geschickt.
    Ungeduldig und genervt schaute sie sich um.


    Der Legat wußte es? Warum hatte er ihm dann nichts gesagt? Na, ob die junge Dame ihn da mal nicht belog? Von jungen Patrizierinnen hörte man ja so allerhand. Hochmütig, verschwenderisch und durchaus hinterhältig sollten sie sein. Bisher hatte er das nicht unbedingt geglaubt. „Bitte warte einen Moment, Aurelia.“ Er ging und dieses Mal dauerte es weitaus länger als bei den anderen Besuchern der letzten Tage. Als er zurück kam, nickte er Lentidia zu. „Du darfst eintreten.“


    „Du wirst schneller tot sein, als Du denkst, wenn Du Dich nicht ausruhst. Jetzt ist noch Gelegenheit dafür. Wir wissen nicht, was die nächsten Tage bringen. Du wirst Deine Kraft noch brauchen.“ Lupus war kein Soldat, ein solcher hätte gewußt, daß man in Zeiten der Gefahr um jede Stunde froh sein mußte, in der man schlafen konnte.


    „Wenn Du den Cornelier schon getroffen hast, dann bist Du mir einen Schritt voraus. Was ist er für ein Mann? Was hältst Du ganz persönlich von ihm?“ Er hatte sich ganz auf das Urteil von Durus verlassen müssen. Es gab nur wenige Menschen, denen Ursus so viel Vertrauen entgegen bringen konnte, doch Durus war eindeutig jemand gewesen, dem er hatte folgen können. Sein Tod war ein unglaublicher Verlust. „Wenn Cornelius entkommen ist, wird er dorthin gehen, wo er die meisten Truppen hinter sich vereinen kann. Britannien kann ich mir kaum vorstellen. Zu weit weg von allen anderen Kontakten und anderen Truppen. Ich an seiner Stelle würde eher Syrien wählen. Oder Germanien, wenn ich dorthin Kontakte hätte. Ich habe keine Ahnung, wo die Kommandanten in Germanien stehen. Nur von Claudius kann ich ziemlich sicher sagen, daß er gegen Vescularius steht. Annaeus... Ich kann es Dir nicht sagen. Er scheint sich damals gut mit Flavius Furianus verstanden zu haben, als er als Quästor nach Hispania ging. Der Flavier ist ganz sicher kein Freund von Salinator. Wenn es da noch Verbindungen gibt, dann könnte Modestus auf unserer Seite stehen.“ Zu viele Unsicherheiten. Viel zu viele Unsicherheiten.


    „Ja, meine Frau ist noch hier. Aus dem einfachen Grund, daß es momentan scheinbar keinen sichereren Ort gibt. Wo soll ich sie hinschicken? Die Landgüter der Tiberier sind in dieser Zeit so wenig sicher wie unsere eigenen. Da scheinen mir fünftausend Soldaten doch der bessere Schutz zu sein.“ Er vertraute auf die Treue seiner Männer. Wenn er das nicht mehr konnte, nun, dann war sein Leben eben verwirkt. Und auch das seiner Familie. Manchmal mußte man eben das eine oder andere Risiko eingehen. „Natürlich, ich werde es ihr ausrichten. Die Nachricht wird sie schwer mitnehmen. Sie hat ihren Onkel sehr geliebt.“ Ja, er mußte dringend mit ihr sprechen. Es war besser, sie hörte es von ihm als von einem anderen.

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    Original von Manius Flavius Gracchus
    Schweigend folgte Gracchus dem Wachsoldaten vom Tor der Legio I bis in die Principia, dabei durchaus interessiert - wenn auch nicht allzu auffällig - das Leben und Treiben um ihn her betrachtend. Es war tatsächlich das erste Mal in seinem Leben, dass er ein Castellum betrat, denn obgleich er zu Beginn seiner politischen Karriere immer wieder einmal darüber hatte nachgedacht, den für seinen Stand freiwilligen Militärdienst abzuleisten, so hatte ihn doch der Stolz gegenüber seinem Vater - welcher zu dieser Zeit längstens nicht mehr bei ihnen war - stets davon abgehalten, wiewohl auch das Wissen darum, dass er kaum wohl lange hätte bestehen können. Ob dieser Gedanken und Abschweifungen abgelenkt wäre er beinahe einen Augenblick lang seiner Rolle verlustig gegangen als er hinter dem Soldaten das Officium des Legaten betrat, war er doch nicht gewohnt, in einem solchen Tonfall Anweisungen entgegen zu nehmen. Gerade noch rechtzeitig indes zwang er sich zum innehalten und stellte sich an den zugewiesenen Platz bis er zu dem Cornicularius gebeten wurde.
    "Das Collegium Pontificum aus Rom sendet mich in Angelegenheiten die Divinisierung des ver..storbenen Imperators betreffend."
    Neuerlich griff Gracchus in seine Tasche und nahm das Schriftstück heraus, welches das Siegel des Collegium Pontificum trug.
    "Dies und eine mündliche Nachri'ht soll ich Legatus Aurelius überbringen."


    Das Collegium Pontificum? Die Divinisierung des Imperators. Ja, das war eine sehr wichtige Angelegenheit, das sah der cornicularius sofort ein. Er betrachtete das Siegel und nickte. „Ich kündige Dich an, Decimus. Einen Augenblick.“ Aretas gab er mit einem Nicken zu verstehen, daß alles in Ordnung war und er auf seinen Posten zurückkehren konnte. Es dauerte tatsächlich nicht lange, bis der cornicularius zurückkehrte. „Du kannst eintreten, Decimus.“ Warum der Legat wohl so erstaunt geguckt hatte bei dem Namen? Hatte der Mann doch keine Ahnung, daß Ursus' Vater Decimus Aurelius Maxentius geheißen hatte.



    Es schien fast, als würde Lupus gleich schlafend vom Stuhl fallen. Mehrmals sah es so aus, als müßte er sich zwingen, wach zu bleiben. Es war nicht so, daß Ursus blind war dafür. Aber er brauchte so dringend Informationen, daß er auf die Bedürfnisse seines Vetters im Augenblick wirklich keine Rücksicht nehmen konnte. Die Ausführungen zu den Verhaftungen und zu Avianus waren einleuchtend, was nicht gerade zu Ursus' Beruhigung beitrug. Diese Themen ließ er daher vorerst fallen. Alles was sie weiter darüber sagen konnten, würde eh nicht mehr als Spekulation sein.


    „Wie ich auf den Cornelier komme?“ Ursus blickte seinen Vetter ungläubig an. Seine Stimme war so leise, daß vermutlich selbst Lupus schon Schwierigkeiten hatte, ihn zu verstehen. „Hat Tiberius Durus nicht mit Dir über ihn gesprochen? Als ich das letzte Mal in Rom war, sprach er mit mir über ihn. Ich meine... wenn der Anschlag auf Durus' Pläne zurück geht, dann muß Cornelius doch vorbereitet gewesen sein? Weißt Du nichts darüber?“ Verflucht noch eins, er mußte dringend wissen, wo und wie der Widerstand gegen Vescularius sich organisierte!


    „Natürlich hat er die Stadteinheiten, aber stehen sie wirklich so treu hinter ihm? Die Praetorianer? Sehr viele von ihnen dienten noch unter Prudentius Balbus, diese Männer stehen bestimmt nicht treu hinter Salinator. Und die Truppen aus Pannonia würde ich an seiner Stelle auf Germanien ausrichten. Dort stehen so viele Legionen, daß sie ihm sehr gefährlich werden können, wenn sie nicht auf seiner Seite sind. Kann er sich ihrer sicher sein? Sextus, glaube mir, ein paar Tage sind wir hier auf jeden Fall noch sicher. Lange genug auf jeden Fall, daß Du Dich ausruhen kannst und wir besprechen können, wie es weitergehen soll. Geh und leg Dich schlafen. Im Praetorium findest Du alles, was Du brauchst. Meine Sklaven werden sich gut um Dich kümmern.“ Er sollte einen Boten nach Germanien schicken. Die Pässe waren noch zu, das war ein vertrackter Nachteil. Aber man konnte die Alpen ja auch umgehen. Das kostete Zeit, war aber nicht unmöglich.

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    Original von Aretas
    Sie betraten das Officium des Legaten. " Stell dich da hin." Antias wies zur Seite, neben die Tür. " Salve cornicularius, Torwache Tiro Obsidius Antias, IV. Centurie, IX. Cohorte. Ich bringe dir einen Boten aus Rom, Decimus Maxentius. Er will zum Legaten.Es geht um den Tod des Kaisers, hat er gesagt." Antias winkte den Boten zu sich.


    Der cornicularius rollte die Augen. Schon wieder ein Besucher! Das ging hier ja wie in einem Taubenschlag zu in letzter Zeit. Soviel zu gemütlicher Posten! "Salve, Obsidius", grüßte der cornicalius beiläufig zurück. Er musterte den Boten ein wenig abfällig. "Und wer schickt Dich, Decimus?", fragte er ein wenig ungnädig, denn das war ja sicherlich wichtiger als der Name des Boten. Er war sicher, daß der Legat ihn danach fragen würde.

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    Original von Aretas
    Im Schlaf hätte er die Aurelia hierher führen können. Er trat in das Officium ein, hielt ihr die Tür auf.


    Seine Meldung, immer das gleiche bis auf den Namen des Besuchers.


    Antias straffte sich vor dem cornicularius. " Torwache, Tiro Obsidius Antias , IV. centurie, I. Cohorte, meldet eine Besucherin für den Legaten. Sie gab an eine Verwandte des Legaten zu sein Aurelia ähm...Aurelia Lentidia. "


    Schon wieder Obsidius. Langsam kannte der cornicularius den Mann. „Salve Obsidius. Sag mal, was hast Du eigentlich verbrochen, dass Du so oft am Tor stehen musst?“ Er grinste ein wenig schief. Dann wandte er sich an die junge, ausgesprochen hübsche Besucherin. „Salve Aurelia. Weiß der Legat von Deinem Besuch?“ Er vermutete mal nein, denn sonst hätte der Legat eine Anweisung hinterlassen, die junge Frau gleich zum Praetorium zu geleiten, wo sie sich ausruhen und versorgen lassen konnte.

    Die Männer stimmten in den Ruf ein. Divus Valerianus. Erleichterung machte sich in Ursus breit, jedoch zwang er sich, dies nicht zu zeigen. Das lief besser, als er gehofft hatte. Die Männer hatten die richtige Einstellung, damit ließ sich arbeiten. Langsam trat wieder Ruhe ein. Ursus erhob wieder seine Stimme, als er die fragenden und erwartungsvollen Blicke sah. „Valerianus wird, wie auch die Götter, über uns wachen, Männer! Unsere Treue zu ihm wird uns die nötige Stärke verleihen! Die Götter blicken wohlgefällig auf den, der treu zu seinem Wort steht! Und sie blicken wohlgefällig auf den, der zu handeln weiß und mutig ist! Wir werden kämpfen müssen, dessen bin ich sicher! Und wir werden auf der richtigen Seite kämpfen, dafür werde ich sorgen! Gegen die Feinde Roms! Bis es soweit ist, werden wir uns vorbereiten. Ausgang wird es ab sofort nur noch für die dringendsten Angelegenheiten geben. Wir müssen uns marschbereit halten. Ich bin sicher, in wenigen Tagen schon werden wir wissen, wer der Feind ist, den es zu bekämpfen gilt. Dann werden wir bereit sein. Und wir werden handeln, wie Valerianus es von uns erwarten und auch fordern würde! Die Prima war immer die Legion des Kaisers! Und wird es immer sein! Für den Kaiser! Für Rom!“


    Die Erschöpfung des Vetters wurde immer deutlicher. Unter anderen Umständen hätte Ursus ihn zum Praetorium geschickt, damit er sich erst richtig ausruhen konnte, doch die Situation erforderte, daß Lupus noch ein klein wenig länger durchhielt. „Ja, er ist schnell. Zu schnell, als daß alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte.“ Ursus fuhr sich mit einer Hand durch die Haare, bevor er sehr leise nachfragte. „Ist es sicher, daß die Ermordung auf... die Verschwörung zurück geht? Könnte es nicht sein, daß Salinator tatsächlich selbst einen eigenen Plan durchgeführt hat?“ Er schüttelte den Kopf. Das wäre vermutlich allzu einfach. „Auf jeden Fall habe ich bei meinen Offizieren bereits Mißtrauen gesät dem Vescularier gegenüber. Es paßt alles hervorragend zusammen und ich bin sicher, er wird versuchen, sich zum Kaiser ausrufen zu lassen.“ Er sagte dies fast tonlos. Schob damit die Erkenntnis fort, die Lupus mit seinen Worten auslöste. Die Verschwörung war wirklich gescheitert. Tiberius Durus tot, das war ein schwerer Schock. Flora... die kleine, liebe Flora! Nein, zum Trauern war jetzt keine Zeit! Er mußte nachdenken. Einfach nachdenken. Sein Patron verhaftet. Dessen Bruder auch. So viele Patrizier verschwunden. Wieviel Hoffnung blieb noch? „Vielleicht konnten einige fliehen, es müssen nicht alle tot oder verhaftet sein. Vescularius hat viele Feinde. Bei ihnen könnten sie unterkommen. Avianus... Besteht wenigstens Hoffnung, daß er geflohen sein könnte?“ Den Tod noch eines Familienmitglieds einfach so zu akzeptieren, fiel ihm ausgesprochen schwer.


    „Mit wem will er marschieren, Sextus? Nein, schnell ist mit ihm hier nicht zu rechnen, er muß erst Truppen mobilisieren, wenn er Rom nicht völlig schutzlos zurück lassen will. Wenn ich nur wüßte, wo sich die Getreuen des Cornelius sammeln, würde ich losmarschieren, das kannst Du mir glauben. Aber es fehlt mir bisher einfach an Informationen. Ist Dir Näheres bekannt? Ich habe einige Hoffnung, daß sich Widerstand in Germania bildet. Claudius ist auch kein Freund Salinators. Und Annaeus Modestus? Ich weiß ihn nicht richtig einzuschätzen, wer weiß, auf welcher Seite er steht. Wie gut kennst Du ihn?“

    Der cornicularius hatte sich das kleine Schauspiel etwas entnervt angesehen. Was hatte das Kind hier zu suchen? Hatte es keine Erzieher, die auf es aufpaßten? Ein pfiffiges Kerlchen, ja, aber hier war kein Spielplatz. Doch er hütete sich, das auszusprechen. Der Junge hatte einen Vater und der würde schon durchgreifen, wenn er hiervon erfuhr. "Jaja, inhaftieren und verhören und entwaffnen natürlich, das klingt nach einer guten Idee", murmelte er kopfschüttelnd und überließ es dem Wachsoldaten, den Kleinen zu beschäftigen. "Ich glaube, da drin ist alles in Ordnung", sagte er schließlich, "Du kannst zurück auf Deinen Posten." Vielleicht nahm er den Jungen ja mit? Das wäre überaus praktisch, dann gab es vielleicht keinen Ärger wegen des Kleinen.

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    Original von Sextus Aurelius Lupus
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    Hatte er gedacht, beim letzten Mal hierher wäre seine Reise schrecklich verlaufen, wollte er es in diesem Moment zurücknehmen. Damals wollte er nur ein heißes Bad, etwas zu Essen und einen trockenen Platz zum Schlafen. Dieses Mal würde er auch nur mit letzterem zufrieden sein. Vorerst zumindest, hatte er die anderen beiden Dinge doch definitiv nötig.
    “Titus, verzeih meine unangekündigte Ankunft, aber du machst dir keine Vorstellung, was in Rom los ist“, fing Sextus auch sogleich an, als er den Raum richtig betreten hatte und die Tür hinter sich geschlossen war. Für das übliche Geplänkel zum Beginn einer netten Konversation unter Verwandten war jetzt definitiv keine Zeit. Und Sextus wäre dafür auch definitiv nicht wach genug gewesen.


    Ursus kam seinem Vetter auf halbem Wege entgegen, denn als der Scriba ihn gemeldet hatte, war er aufgestanden und hatte seine Arbeit Arbeit sein lassen. Endlich Nachricht aus Rom! Zuverlässige Nachricht! Der Anblick seines Vetters war ernüchternd, wie kaum ein Bericht hätte sein können. "Sextus!" Er umarmte Lupus herzlich und schob ihn dann zu einem der Stühle. "Setz Dich und nimm einen Schluck Wein. Du siehst aus, als könntest Du ihn brauchen." Er füllte einen Becher und reichte ihn an Lupus weiter.


    "Du hast Recht, ich habe keinerlei Vorstellung davon, was in Rom los ist. Ich hoffe, Du wirst mir jetzt eine Vorstellung davon geben. Denn außer der Nachricht, daß der Kaiser und seine Familie ermordet wurden und einige Senatoren, deren Namen aber nicht genannt wurden, dafür verantwortlich sein sollen, hat mich hier noch keine einzige Information erreicht. Du kannst Dir vielleicht vorstellen, wie sehr ich auf heißen Kohlen sitze." Er setzte sich selbst auf den zweiten Stuhl, sehr nahe bei seinem Vetter, denn niemand sollte hören können, was hier jetzt gesprochen wurde.

    Die Aussage über Germanien ließ den Tribun leicht schmunzeln. „Na, ganz so wild wie Germania ist Italia nicht, obwohl wir hier auch schon mit Räubern zu tun hatten und auch immer wieder mit solchem Gesindel rechnen müssen. Die Probleme sind hier oft nicht so eindeutig. Wer der Gute und wer der Böse ist, kann oft nicht gleich erkannt werden. Also hüte Dich vor vorschnellen Beurteilungen einer Lage, sondern höre Dir immer erst alle Seiten an. Fingerspitzengefühl ist in Zeiten wie diesen oft wertvoller als eine schnelle und gut geführte Waffe.“ Er nickte zu Fontinalis Aussage, sich mit der Turma auf den Weg zu machen. „Ich bin sicher, Du wirst schnell zurecht kommen. Wenn es irgendwelche Probleme gibt, kommst Du zu mir, solange Dein Decurio abwesend ist. Von meiner Seite war es das.“