Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    "Das glaube ich Dir unbesehen. Lassen wir das lieber. Am Ende kommen wir noch zu dem Schluß, daß uns mehr unfreundliche als freundliche Tierbezeichnungen einfallen, das können wir keinesfalls zulassen." Ursus grinste zurück und trank lieber noch einen Schluck Wein.


    "Ja, da bin ich auch gespannt. Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Glück mit Deiner Braut. Und daß Sabina sie auch mag. Weiß die Kleine schon davon, daß Du vorhast, wieder zu heiraten?" Kinder reagierten auf solche Neuigkeiten manchmal auf eigenartige Weise.

    "Dieser Meinung bin ich ebenfalls", sagte Ursus. Vielleicht würde der eine oder andere einwenden, daß er sich als noch junger Senator mehr zurückhalten sollte, doch dieses Gesetz war seiner Meinung nach zu starr und genau dadurch zu hart. "Mich wundert doch sehr, wie wenig Vertrauen den Gerichten entgegen gebracht wird." Vor allem, da diese Härte gerade von Männern gefordert wurde, die selbst schon das Amt des Praetors innegehabt hatten. "Worin ist das begründet? Warum traut ihr den Gerichten nicht zu, ein gerechtes Urteil zu fällen, vor allem, wenn das Gesetz so formuliert wird, daß eine Abweichung von der Todesstrafe den absoluten Ausnahmefall darstellt?"


    Er überlegte einen Moment. "Vielleicht genügt bereits die Einfügung eines Wortes:
    § 92 Raub
    Wer mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben einem anderen eine fremde bewegliche Sache mit dem Vorsatz wegnimmt oder abnötigt, durch deren Zueignung sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, ist grundsätzlich mit dem Tode zu bestrafen.


    Das Wort grundsätzlich zeigt dabei an, daß Ausnahmen möglich sind. Dennoch ist die Bestimmung eng genug gefaßt, um im Normalfall die Todesstrafe sicherzustellen."


    Er atmete nochmal tief durch. "Und auch mit der Neufassung des § 73 bin ich nicht einverstanden. Ich hatte bisher den Eindruck, als seien sich alle einig, daß ein Mörder den Tod zu erwarten haben sollte. Bei Räubern bestehst Du auf Todesstrafe und Mörder sollen mit lebenslanger Haft davonkommen? Vielleicht liegt es an meiner noch geringen Erfahrung. Doch das kann ich nicht nachvollziehen."

    "Solange es sich um eine glückliche Verbindung handelt, kann es doch ruhig schnell gehen", meinte Ursus zu Macer und Albina gewandt, die auf ihn einen recht zufrieden Eindruck machten. Jedenfalls wirkten sie nicht so, als würden sie sich unentwegt angiften. Eine gute Ehe. Und die brauchte nach Ursus' Ansicht nicht mit einer Liebesheirat zu beginnen. Das war romantischer Schnickschnack, fern jeder Realität. Nicht umsonst kam sie höchst selten vor. Und war keinesfalls ein Garant für eine glückliche Ehe.


    "Eilig?" Ursus mußte lachen, als Celsus diesen Ausdruck gebrauchte. "Im Gegenteil habe ich mir doch schon viel zu viel Zeit gelassen. Meine Kinder sollen einen Vater haben, der jung genug ist, um mit ihnen Schritt zu halten. Und der sich auf der Höhe seiner Karriere befindet, wenn sie in das öffentliche Leben eintreten. - Du hast natürlich noch Zeit, Du bist ja auch jünger als ich." Er lachte und nahm sich etwas von den Omeletts, die wirklich herrlich dufteten.

    "Du hast schon von mir erzählt?", fragte Ursus lachend mit gespielt tadelndem Unterton nach. "Glaubt ihm kein Wort, sollte er irgendetwas Übles erzählt haben. Ich bin höchstens halb so schlimm wie mein Ruf." Er schmunzelte und schaute fasziniert zwischen den Zwillingen hin und her. Ganz abgesehen davon, daß sie überaus hübsch waren, sahen sie sich wirklich enorm ähnlich. Er versuchte, kleine Unterschiede auszumachen in ihren Mienen, in ihrem Gehabe. Kleinigkeiten, die ihm helfen sollten, sie auseinander zu halten.


    "Willkommen in Rom, Flora und Narcissa. Manius will euch also Rom zeigen? Och, wenn ihr es an einem Tag macht, an dem ich etwas Zeit erübrigen kann, dann komme ich gerne mit." Er grinste zu Orestes herüber und sah dabei ein wenig übermütig aus. Dabei konnte sich der Vetter eigentlich sicher sein, daß Ursus den Mädchen keine allzu schlimmen Flausen in den Kopf setzte. Da war Prisca schon gefährlicher mit ihren Ideen. Aber das erwähnte er auch lieber nicht. Bisher war der kleine Auflug der Cousinen ins Lupanar nicht aufgeflogen. Und wenn es nach Ursus ging, blieb es auch so.


    "Habt ihr schon spezielle Pläne oder wollt ihr einfach ein paar Sehenswürdigkeiten besuchen?" Ein Theaterbesuch wäre ja auch schön, aber da wurde momentan nichts wirklich Sehenswertes gespielt.


    Wieder schaute er zwischen den beiden hin und her. Ja, er glaubte, Unterschiede ausgemacht zu haben. Ja, bestimmt. Er würde sie gewiß auseinanderhalten können. So schwer war das doch gar nicht. Glaubte er.

    Nanu, was war denn das für ein ungewohntes Geschnatter? Ursus hatte eine Schriftrolle in der Hand, die er hatte zurücklegen wollen, als er die Stimmen aus der bibliotheca vernahm. Neugierig ging er näher heran und steckte den Kopf zur Tür herein. "Salvete miteinander. Gibt es hier etwas Besonderes zu sehen?" Orestes war da und Ursus nickte dem Vetter zu. Die beiden Mädchen mußten die Schwestern von Orestes sein. Die "Blümchen", wie sie in der Familie liebevoll im Scherz genannt wurden. "Manius, möchtest Du mich den beiden entzückenden Damen hier nicht vorstellen?" Bestimmt wußten die beiden nicht, wen sie da vor sich hatten. Und er wußte auch nicht, welche von ihnen welche war.


    Auffordernd blickte Ursus seinen Vetter an, wandte sich dann aber doch noch an Flora und Narcissa. "Ich hoffe, eure Reise war einigermaßen erträglich. Habt ihr schon große Pläne gemacht, wie ihr Rom unsicher machen wollt?" Bestimmt war es für Orestes eher eine schreckliche Vorstellung, daß seine Schwestern eben genau dieses vorhaben könnten.

    "Ja, das kannst Du wohl sagen. Obwohl wir die unfreundlichen noch gar nicht durch haben. Drachen und Schlangen." Er grinste, denn er konnte sich vorstellen, daß dazu Sedulus unendlich viele Beispiele einfielen, hatte er doch ein Exemplar zuhause, für das es gar nicht genug solcher Bezeichnungen geben konnte. Zumindest, wenn man den Erzählungen Glauben schenken konnte.


    Ursus schlug in die dargebotene Hand mit ein. "Abgemacht!" Er war schon sehr gespannt, wer von ihnen tatsächlich eher die Katze aus dem Sack ließ.

    "Tatsächlich nicht? Na, wo lebst Du denn, mein Freund? Das mag zwar ein leicht veralteter Begriff sein, aber durchaus bekannt. Mäuschen und Kätzchen. Und Spätzchen nicht zu vergessen. Wobei man sagen muß, daß sie manchmal eher klingen wie Gänschen oder Zicklein." Ursus konnte nun wirklich nicht mehr und lachte schallend heraus. Was für ein Zoo! Nachdem er sich beruhigt hatte, winkte er die Sklavin heran, damit sie die Becher nachfüllte.


    "Schon gut, schon gut, ich sehe schon, ich kann Dich nicht erweichen. Also dann: Der erste, der vom anderen erfährt, wer die Auserwählte ist, muß den Namen der eigenen Auserwählten auch verraten. Können wir uns darauf einigen?"

    Eine Antwort auf zwei Fragen. Ursus schmunzelte. Na, wenn sie nicht auf beide passen würde, dann hätte die Kleine gewiß mehr gesagt. Also nahm er es einfach so hin. Süß war sie ja. Und vermutlich hatte er ihr sowieso zu viel zugemutet. Wie alt sie wohl war? Gut erzogen schien sie jedenfalls zu sein, das beruhigte ihn sehr. Dann war es unwahrscheinlich, daß sie sich über Verbote hinwegsetzte, wie andere Kinder es oft aus reiner Abenteuerlust taten. Das kannte er nur zu gut von sich selbst.


    "Da gibt es nichts zu verzeihen. Ich sagte ja, Du darfst Dich jederzeit vertrauensvoll an ihn wenden, wenn Du etwas brauchst und er achtet auch gerne mal auf Deine Tochter." Ursus schaute noch einmal zu seinem Sklaven, der die Flöte ganz fasziniert betrachtete. Ob er so etwas tatsächlich noch nie aus der Nähe gesehen hatte?


    "Gut, dann morgen. Von Kindererziehung verstehe ich nicht sehr viel, wie Du sicher schon gemerkt hast. Ja, setzen wir uns einen Moment." Er rückte sich einen der Sessel zurecht und nahm darauf Platz, bevor er weitersprach. "Um materiellen Ersatz geht es nicht, wir können uns durchaus mal eine kaputte Vase leisten. Es sind nur Stücke darunter, an denen auch viele Erinnerungen hängen. Wenn etwas zu Bruch geht, werden wir damit leben müssen. Ich habe es nur erwähnt, damit Du weißt, daß wir nicht auf Kinder eingerichtet sind und deshalb vielleicht mehr Vorsicht vonnöten ist als in einem Haushalt, in dem Kinder herumtollen." Er konnte sich auch nicht vorstellen, daß dieses süße kleine Mädchen dort absichtlich etwas kaputt machen würde.


    "Natürlich zeige ich Dir morgen gerne die Schola. Sehr spektakulär ist sie nicht. Ein gewöhnliches Gebäude mit Räumlichkeiten, die für Vorlesungen geeignet sind - und natürlich eine Bibliothek. Gut, die wird sich lange nicht mit der in Alexandria messen können, aber sie ist schon recht umfangreich. Als erstes müssen wir einen Termin für Deinen Kurs festlegen und ihn rechtzeitig ankündigen, damit Interessenten auch die Möglichkeit haben, aus der weiteren Umgebung anzureisen. Zum festgesetzten Termin hältst Du dann Deine Vorlesungen und am Ende nimmst Du dann die Prüfung ab. Der Prüfungstermin sollte auch von vornherein bekannt gegeben werden. Wenn Du etwas an Unterrichtsmaterialien brauchst, dann wende Dich vertrauensvoll an mich. Achja... eins wäre da noch. Senator Germanicus Avarus, der Rector der Schola, hat große Vorbehalte gegenüber dem Museion. Ich habe nie verstanden, warum eigentlich. Nur, falls er uns begegnen sollte, nimm es Dir bitte nicht zu Herzen, wenn er unfreundlich sein sollte."

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    Nachdem sie sich allesamt von Aurelius Ursus hatten verabschiedet - Antonia wie stets die Höflichkeit in Person, Minor eher mit einem schüchternen Murmeln aus welchem das 'Vale' mehr zu erahnen denn herauszuhören war -, brach die kleine flavische Familie denn auf zu ihrer Sänfte, um sich von den stämmigen Sklaven nach Hause tragen zu lassen.


    Auch Ursus verabschiedete sich in aller Höflichkeit von der Ehefrau und dem Sohn des Flavius Gracchus. Die Flavier waren wirklich nett. Eigentlich schade, daß der Kontakt in den letzten Jahren ein wenig eingeschlafen war. Die Freundschaft könnte ein wenig Auffrischung gebrauchen. Vielleicht sollte er Marcus mal darauf ansprechen? Er war doch mit Gracchus eng befreundet. Zumindest war es früher so gewesen.


    "Laß uns gehen, Cimon", winkte Ursus seinen Sklaven heran, nachdem die Flavier gegangen waren. "Wie hat es Dir gefallen?" Er konnte sich nicht vorstellen, daß der Nubier jemals etwas auch nur annähernd vergleichbares hatte sehen können. Nicht nach dem, was er von seinem früheren Leben so berichtet hatte.

    Die dumme alte Angewohnheit, eine Augenbraue hochzuziehen, kam wieder hoch. Ursus schaute erstaunt zu Panthea und Cimon herüber. Was pustete die Kleine denn so angestrengt? Merkwürdige Dinge gingen da vor sich. Aber vielleicht war es so eine Art Spiel? Der Mutter schien es jedenfalls nicht zu gefallen, denn ihr Tonfall war durchaus fest, als sie ihre Tochter auf aegyptisch zurechtwies. Ursus verstand kein Wort. Oder doch. Cimon kam darin vor. Vermutlich hatte Penelope der Kleinen gesagt, daß sie Cimon nicht so mit Beschlag belegen sollte. Die Erklärung, Cimon hätte aua, irritierte Ursus einen Moment lang. Doch bei einem besorgten Blick auf seinen Sklaven konnte er nichts dergleichen feststellen. Vielleicht doch nur ein Spiel.


    "Nun, sie soll sich doch bei uns nicht langweilen. Wir haben leider sonst keine Kinder im Haus. Mein Onkel ist gerade frisch verheiratet und wir anderen Familienmitglieder sind noch nicht verheiratet. Deshalb habe ich auch noch eine andere Bitte. Unser Haus ist nämlich genau aus dieser Tatsache heraus noch nicht 'kindersicher' Gerade im Bereich des Atriums und des Tricliniums gibt es viele zerbrechliche Dinge. Und im Garten ist es noch schlimmer. Mein Onkel ist nämlich ein Liebhaber exotischer Pflanzen. Diese sind natürlich besonders empfindlich und gar nicht geschützt. Daher muß ich leider Deiner Tochter untersagen, in diesen Bereichen zu spielen. Aber es gibt hier in der Nachbarschaft schöne kleine Parks, in die Cimon oder Caelyn mit Deiner Tochter gehen können und in denen sie ungehemmt herumtollen kann bei schönem Wetter. Und meine Räumlichkeiten hier stehen euch selbstverständlich uneingeschränkt zur Verfügung. Kinder haben nun einmal einen ausgeprägten Bewegungsdrang, ich halte auch gar nichts davon, diesen zu sehr zu unterdrücken."


    Inzwischen hatte sich die Kleine auch zu ihm begeben und schaute ihn in der unvergleichlich offenen Art an, die Kindern zu eigen war. Die Frage der Kleinen brachte Ursus nur für einen Moment aus dem Konzept. "Weißt Du, als ich so alt war wie Du jetzt, habe ich meiner Mutter genau das auch gesagt. Und sie erzählte mir, daß ich ganz viele dunkelbraune Locken hatte, als ich geboren wurde. Außerdem war ich für einen Neugeborenen recht groß und kräftig. Deshalb dachte sie, daß ich stark werde wie ein Bär. Und da Bären auch sonst gesund und stark sind, fand sie, daß dieser Name ein gutes Omen für mich wäre. Findet Du nicht, daß es ein guter Name ist? Ich mag meinen Namen. Was ist mit Deinem Namen? Findest Du, daß er gut zu Dir paßt? Magst Du Deinen Namen?"


    Er schaute lächelnd zu Penelope. "Soll ich Marei rufen lassen, damit ihr sie schon kennenlernen könnt? Marei ist das Sklavenkind, von dem ich sprach."


    Den fragenden Blick von Cimon bemerkte Ursus wohl, aber er winkte unauffällig ab. Im Moment wollte er keinen Wein, so lange wollte er sich hier gar nicht aufhalten, damit Penelope Gelegenheit bekam, sich frischzumachen und auszuruhen.

    "Wobei manche Ernennungen in letzter Zeit auch sehr merkwürdig anmuteten. Oder hattest Du den Eindruck, daß Prudentius Balbus zu den Männern gehörte, die von Salinator besonders gefördert wurden? Oder ihn hofieren, um weiterzukommen?" Zwar kannte er beide Männer nicht persönlich, doch nach allem, was er gehört hatte, konnte er sich das kaum vorstellen. "Es ist ein kompliziertes Gebilde und das Jahr in Mantua hat mich leider einen Teil des Überblicks gekostet." Vermutlich wußte Lucianus mehr, als Ursus je wissen würde. Aber er hoffte, daß er ihm vielleicht einen kleinen Blick in seine Karten würde werfen lassen.

    Die Erinnerung an die unerfreulichen Ereignisse führten dazu, daß auch Ursus' Miene sich verfinsterte. Es war einfach schändlich gewesen, wie die Sodales sich hatten kaufen - oder erpressen - lassen. Ungeheuerlich, wie dieser Fabius sich aufgeführt und noch ungeheuerlicher, daß er immer noch Magister war. Das Entsetzen in der Stimme des Flavius Gracchus tat allerdings gut. Wenigstens hier wurden die Geschehnisse richtig wahrgenommen.


    "Deine Bedenken sind überaus verständlich. Wir sind viele, wir könnten alles an uns reißen. Schon daß mein Vetter unser Magister ist, mag diesen Anschein erwecken. Doch meine Verwandten werden mir sicher zustimmen, wenn ich sage, daß wir auch jeden anderen aus dieser ehrenwerten Sodalität zum Magister wählen würden, wenn er denn diese ehrenvolle Aufgabe würde übernehmen wollen." Immerhin hatte sich damals, als Avianus gewählt wurde, kein anderer gemeldet, der Magister hatte sein wollen.

    Avianus lag mit seinen Geschenken goldrichtig, wie an den Gesichtern der Beschenkten zu sehen war. Ursus freute sich natürlich, daß auch sein Geschenk bei Orestes gut ankam und winkte abermals ab. "Natürlich war es nicht nötig, aber ich wollte auch Dir eine Freude machen, Manius. Was mir ja offenbar gelungen ist. Also, ich find's schön, daß ihr alle heute Abend hier seid. Ich hatte schon befürchtet, hier ganz allein hocken zu bleiben, weil alle in der Stadt unterwegs sind." Er brach sich ein Stück vom noch leicht warmen Brot ab und ließ sich dazu ein halbes Ei, etwas Käse und Oliven schmecken.


    Als Cimon sich zusammen mit Marei auf einer Cline niederließ, nickte er ihm aufmunternd zu. Er hatte fast nicht damit gerechnet, daß der Nubier das wagen würde. Aber offenbar legte er langsam die Scheu ab. Jetzt brauchte er nur noch beim Essen zuzugreifen.


    Dann wandte er sich wieder an die Verwandten. "Und habt ihr schon Pläne für die nächsten Tage? Ich persönlich werde morgen die Stadt unsicher machen und die nächsten Tage dann unendlich faulenzen und gute Bücher lesen. Dinge, für die ich sonst nie Zeit habe."

    Langsam wurde es schwieriger und Ursus grinste, als Sedulus sich lachend auf die Oberschenkel schlug. "Käfer, ja, das hört man manchmal. Wenn wir schon bei Insekten sind, so hört man manchmal auch Lärvchen." Noch war er nicht am Ende. Doch er war gespannt, was Sedulus noch zu bieten hatte.


    "Das beruhigt mich sehr zu hören. Zugegebenermaßen bin ich sehr neugierig, wer die Auserwählte ist. Zumal Du ja das Wort Liebe ins Gespräch gebracht hast. Das macht es bei Dir weit spannender, finde ich." Er versuchte sich zu erinnern, ob ihm auf der Feier zu den Fontinalia aufgefallen war, mit wem sich Sedulus besonders unterhalten hatte. Doch er mußte zugeben, daß er darauf überhaupt nicht geachtet hatte. Zu schade aber auch. Wobei er nicht mal wußte, ob jene Frau überhaupt anwesend gewesen war.

    Das Lächeln der jungen Frau wirkte ein wenig gezwungen, doch Ursus schrieb dies ihrer Erschöpfung zu. Die Reise von Aegyptus hierher war keine Kleinigkeit und außerdem kannten sie sich ja auch noch gar nicht. Daß sie annahm, er könnte seinen Sklaven mißhandeln, konnte er nicht ahnen. "Aber ich bitte Dich, das war doch selbstverständlich." Was leider nicht alle in diesem Haus so sahen, aber daran wollte Ursus lieber nicht denken. Er mußte unbedingt daran denken, die Gäste über die Einschränkungen zu informieren, die Marcus gefordert hatte.


    Als Penelope ihren Sklaven anwies, die mitgebrachte 'Kleinigkeit' zu holen, wurde er doch neugierig. Er nahm den Umschlag entgegen und öffnete ihn, um zu sehen, was darin war. Dialoge von Platon! Unglaublich! "Ich.... ich danke Dir! Das ist wirklich großartig! Die ganze Familie wird sich daran erfreuen, das kannst Du mir glauben." Die Freude über das Geschenk war ihm deutlich anzusehen und keinesfalls gespielt. Er legte das kostbare Schriftstück auf den Tisch.


    "Cimon habt ihr ja schon kennen gelernt", stellte Ursus zufrieden fest und schaute mit einem erfreuten Lächeln zu dem Nubier, der offenbar ein außerordentlich gutes Händchen für Kinder hatte. Denn die Kleine ging ganz vertraulich mit ihm um, auch wenn Ursus nicht ganz verstand, um was es da gerade ging. "Er steht euch natürlich mit Rat und Tat zur Seite. Sagt einfach Cimon, was ihr braucht und er wird es entweder selbst erledigen oder jemand zuverlässigen damit beauftragen. Es wird auch immer jemanden geben, der sich mit Deiner Tochter beschäftigt, wenn Du für die Schola arbeitest. Es gibt auch ein achtjähriges Sklavenmädchen im Haus. Wenn Du nichts dagegen hast, daß Dein Kind mit einem Sklavenkind spielt, könnten die beiden sicher schön miteinander spielen." Zwar war Panthea noch viel kleiner, aber wie er Marei kannte, würde es ihr viel Spaß machen, mit einem so kleinen Mädchen zu spielen.

    Ursus reagierte schon auf das erste Herein, auch wenn es auf griechisch geäußert worden war. Schließlich hatte er während seines Griechenlandaufenthaltes kaum eine andere Sprache gesprochen. Und so wählte er auch nun diese Sprache, als er eintrat. "Willkommen in Rom und willkommen in der Villa Aurelia", begrüßte er die beiden Gäste herzlich. "Mein Name ist Titus Aurelius Ursus. Bitte verzeiht, daß ich euch warten ließ, ich hatte noch ein wichtiges Gespräch, das ich nicht einfach abbrechen konnte. Ich hoffe, eure Reise war nicht zu beschwerlich? Sicher seid ihr hungrig und müde von der langen Reise." Sein Blick fiel auf den Imbiß. Nanu, nur Brot und Oliven? Kein Käse, kein Schinken? Aber gut, es gab bald Abendessen.


    Auch auf das kleine Mädchen fiel sein Blick und er lächelte ihr freundlich zu. Sie war wirklich süß und sicher auch lebhaft, so wie sie aussah. Er mochte lebhafte Kinder, war er doch selbst eins gewesen. Aber er fürchtete, daß Corvinus davon nicht sehr begeistert sein würde. Na, sie schien sich wenigstens mit Cimon gut zu verstehen. Und vielleicht hatte auch die kleine Marei Freude daran, mit der Kleinen zu spielen. Sie würde es hier schon nicht zu langweilig finden.

    "Nein, ich meinte jetzt nicht die Hasen mit den großen Füßen, sondern die mit den langen Beinen und dem unwiderstehlichen Augenaufschlag. Ja, Pferdchen. Oder vielleicht... Schneckschen." Noch fielen Ursus einige Umschreibungen ein, er war gespannt, wer von ihnen als erstes aufgab.


    "Da brauchst Du Dir nicht die geringsten Sorgen zu machen. Du wirst rechtzeitig davon erfahren. So wie ich hoffe, auch von Deiner Hochzeit rechtzeitig zu hören." Er grinste breit und fragte sich, wer von ihnen wohl zuerst seine Verlobung öffentlich machen würde.

    "Nett? Eher ein wenig übertrieben diplomatisch, würde ich sagen." Es war eine Schande, wie Fabius die Collini zugrunde gerichtet hatte und schon der Gedanke daran trieb Ursus die Zornesröte ins Gesicht. Aber das gehörte im Augenblick nicht hierher. Er fand, daß Imbrex seine Sache ziemlich gut machte und nickte, als dieser in seiner Rede die Zustimmung seiner Verwandten ankündigte, um diese Worte zu unterstützen. Wirklich schade, daß Cotta nicht hier sein konnte, um seine Aufnahme selbst zu beantragen. Doch Ursus zweifelte kaum daran, daß beide Aurelier in die Reihen der Palatini aufgenommen würden.

    "Guter Einwand", sagte Ursus mit einem anerkennenden Nicken. Sie mußten sichergehen, daß die Männer sich nicht gegenseitig abschlachteten. "Gut, jeder Treffer macht kampfunfähig. Und ja, die Centurionen fungieren als Schiedsrichter, zumindest in Zweifelsfällen. Immer und überall werdet ihr nicht dabei sein können. Wenn sich zwei gar nicht einigen können, dann gelten sie beide als besiegt, ganz einfach. Wenn wir das vorher ansagen, werden sie sich gewiß an die Regeln halten. - Ich bin wirklich gespannt auf dieses Experiment. Aber selbst wenn es ein Reinfall wird, war es den Versuch wert."








    Ob die Kaisertreue wirklich alle einte? Ursus wagte, dies zu bezweifeln. Es gab immer Männer, die selbst nach der Macht strebten und den Kaiser lieber heute als morgen loswerden würden. Nur wer sie waren, das wußte Ursus nicht. "Sieh Dir an, was er tut und was er sagt. Daran wirst Du erkennen, daß es ihm sehr am Herzen liegt." Er atmete tief durch. "Ich weiß nicht, ob er sich euch anschließen würde. Aber ich denke, ihr solltet mit ihm reden."


    Was Lucianus über Salinator zu sagen hatte, ließ Ursus nicken. "Ja, es ist sehr ruhig um ihn. Er war neulich auf der Feier bei den Germanicern. Aber da warst Du ja auch, Du hast ihn sicher gesehen. Leider hatte ich auch dort keine Gelegenheit, ihn kennenzulernen. Ich würde mir nämlich ebenso wie mein Onkel gerne ein eigenes Bild von ihm machen. Ist denn eigentlich bekannt, wer so alles für ihn arbeitet, welche Ritter und Senatoren ihm zugetan sind? Ist es um sie auch still?" Seine Stimme war immer leiser geworden. Er wollte wirklich sichergehen, nicht belauscht zu werden.