Beiträge von Titus Aurelius Ursus

    Die Offenheit Quartos war fast erschreckend. Ursus hatte eher damit gerechnet, eine ausweichende Antwort zu erhalten für den Fall, daß es dem Kaiser nicht besser ging. Die Sorge stand dem Aelier ins Gesicht geschrieben. "So lange schon", sagte Ursus fast wie zu sich selbst. "Wissen die Ärzte denn, womit sie es zu tun haben?" Es gab ja einige Krankheiten, die den Körper über lange Zeit auszehrten. Und Ursus erkannte mit großer Sorge, daß diese Krankheiten alle zu einem frühen Tod führten. "Glaubst Du, diese Krankheit wurde... nun, fremdverursacht?" Es war schon schwer, vorsichtig zu fragen, ob Quarto an eine langsame Vergiftung seines Bruders glaubte. Doch lag der Gedanke einigermaßen nahe, wenn man daran dachte, daß er früher so kraftstrotzend gewesen war.

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer


    "Einverstanden", bestätigte Macer die Wette auch nochmal seinerseits. "Mit dem Sieg im Rennen werden wir aber wohl beide nicht viel zu tun haben, fürchte ich. Die Spitzenfahrer der Albata sind dazu zu stark, würde ich meinen." Natürlich würde sich Macer freuen, wenn er sich irrte und mittelfristig rechnete er auch damit, dass Halil Torkebal den Weissen würde Konkurrenz machen müssen, aber bisher konnte er realistischerweise nur mit ein bisschen Sticheleien ohne dauerhafte Wirkung seitens der Roten gegen die Weissen rechnen.



    "Ich habe wohl leider verloren, was die Wette angeht." Ursus hatte ja auch hoch gewettet und er war sich bewußt, daß die Wahrscheinlichkeit von Anfang an gering gewesen war. Aber das machte Wetten doch schließlich aus? Es machte ihm nichts aus, den Geldbeutel zu zücken. "Auch ein Spitzenfahrer hat mal einen schlechten Tag. Wer weiß? Vielleicht kann einer der jüngeren Fahrer doch das Rennen machen? Gut, ich gebe zu, die Siegchancen der Aurata sind verschwindend gering." Er zuckte mit den Schultern. Es war schon ein Elend. Die Blauen waren so stark vertreten, daß für sie die Siegchancen gewaltig stiegen.

    Das war mal ein großzügiges Angebot. Zumal Quarto wohl der einzige neben Salinator war, auf dessen Rat der Kaiser hörte. Zumindest, soweit man hörte. "Ich danke Dir sehr für diese Fürsprache und hoffe, es geht dem Kaiser inzwischen besser. Glaubst Du, er wird in absehbarer Zeit nach Rom zurückkehren?" Damit sprach er Fragen aus, die wohl jedem in Rom auf der Zunge brannten.

    Zitat

    Original von Manius Flavius Gracchus
    Da Gracchus das Vereinsleben der Factiones nicht verfolgte, wiewohl ebenso wenig die Nachrichten über die Rennställe im allgemeinen, sowie dahingehende Ämter nicht zu jenen zählte, über welche der kundige Römer sollte informiert sein, war ihm auch die Rolle des Aurelius darin nicht bekannt.
    "Welche der Factiones präferierst du? Und nach wel'hen Kriterien hast du diese Wahl getroffen, war es eine familiäre Angelegenheit oder überzeugten dich ihre Gespanne?"
    Während um sie herum bereits die Zuschauer allmählich sich anschickten aufzubrechen, und die noch verbliebenen Boote im Wasser zum Rand hin schipperten oder gezogen wurden, bedauerte Gracchus einmal mehr, dass das römische Volk dem derben Spaß derart verhaftet war, dass, so griechische Theaterstücke überhaupt wurden in Rom aufgeführt, es doch zumeist nur Komödien waren, wiewohl die ursprünglichen Vobilder ohnehin weitestgehend durch römische Adaptionen etwa des Terentius oder Plautus waren verdrängt worden.
    "Wenn es ein römisches Komödien..stück sein soll, so ist Terentius' Adelphoe eines der mir liebsten. Sonstig adoriere ich die Trilogie der Orestie des Aischylos, die wohl ausdrucksvoll..ste Tragödie, welche mir bekannt ist, hat doch kaum ein Di'hter je wieder die tragische Tiefe des Aischylos erreicht."


    Spätestens jetzt hatte Flavius Gracchus offenbart, wie wenig er sich wahrhaftig für Wagenrennen interessierte, sonst hätte er diese Frage ganz gewiß nicht gestellt. Ursus war sich für einen Augenblick nicht sicher, ob er empört oder amüsiert sein wollte. Schließlich entschied er sich dafür, es mit Humor zu nehmen. "Zugegebenermaßen bin ich durch die Familie, genau genommen durch meinen Vater, schon sehr früh zum Aurataanhänger geworden. Wobei ich weiter gegangen bin als er und nicht nur der Factio beigetreten bin, sondern zur Zeit sogar ihr Princeps bin. Leider haben wir momentan nur junge Fahrer am Start, so daß wir in der nahen Zukunft mit Siegen kaum rechnen können. Doch unsere Zeit wird schon noch kommen." Die jungen Fahrer brauchten eben Gelegenheiten, um Erfahrungen zu sammeln.


    "Hast Du schon einmal daran gedacht, eine Theateraufführung zu finanzieren? So hättest Du nicht nur Einflußmöglichkeit bei der Wahl des Stückes, sondern auch bei der Wahl der Schauspieltruppe, von der schließlich auch nicht wenig abhängt. Ich bin sicher, es gibt viele Bürger in Rom, die darüber sehr erfreut wären." Schließlich waren nicht alle nur auf derbe Späße aus, wenn sie das Theater besuchten. "Eine wirklich gute Tragödie hat es sehr lange nicht mehr gegeben." Wo doch vor allem Frauen so gerne weinten, wenn sie rührende oder tragische Szenen sahen.

    Muscheln und Krebse. Wer aß denn so etwas? Ursus begann langsam daran zu zweifeln, daß Pisos Geschmack ein brauchbarer Maßstab war, wenn er solche Dinge für Köstlichkeiten hielt. Es war wohl besser, dieses Thema fallen zu lassen und lieber die Landschaften als Gesprächsthema weiterzuverfolgen. "Mannshohe Wellen, die sich an Felsen brechen, klingen wahrhaftig nicht so, als möchte man dazwischen geraten. Doch meine ich, daß Fischer klug genug sein sollten, solche Stellen zu meiden. Ein weiterer Grund, Schiffsplanken nach Möglichkeit zu meiden." Und auch ein weiterer Grund, nicht nach Aegyptus zu reisen. Die Seereise dorthin war doch endlos.


    "Oasenstädtchen? Dort entwickeln sich richtige Städte? Ich dachte immer, das wären allerhöchstens Dörfchen. Oder noch eher Zeltlager. Wie muß man sich solch ein Oasenstädtchen vorstellen? Bitte verzeih, aber die meisten Reisenden, die Aegyptus besuchten, erzählten von Alexandria und den Pyramiden. Aber sonst nicht sonderlich viel." Von regelrechten Oasenstädtchen hörte er jetzt zum ersten mal.


    Als Piso die vielen Steine im Brett erwähnte, lachte Ursus auf. "Ja, ganz genau so beginnt jede Karriere. Keine Angst, Du wirst Gelegenheit erhalten, das alles wieder auszugleichen. Jeder ist mal in der Lage, in der er jede Stimme braucht."

    Zitat

    Original von Aulus Tiberius Celsus
    ...
    "Entschuldige, dass ich so plump nachfrage, aber in welcher Beziehung stehst du denn zu dem Brautpaar?" erkundigte er sich dann neugierig bei Ursus. Dass dieser als Aurelier zwangsläufig ein Verwandter der Braut sein musste, war im Grunde klar, aber bislang waren die verwandtschaftlichen Beziehungen unter den römischen Patriziern für den frisch zugezogenen Celsus noch ein Buch mit sieben Siegeln.



    "Nun, das ist wahrlich kein Geheimnis und ich finde die Frage gar nicht so plump. Die reizende wunderschöne Braut ist eine entfernte Cousine von mir. Die genaue Verwandtschaft ist reichlich kompliziert. Doch ich sehe sie einfach als Cousine. Sie ist sehr lieb, intelligent und voller Lebensfreude. Der Consul hat großes Glück, sie zur Frau zu erhalten. Sie wird eine wunderbare Ehefrau sein." Er hoffte, daß seine zukünftige Frau ebenso war. Hatte Durus nicht behauptet, sie wäre hier?


    Schon setzte er dazu an, Celsus zu fragen, welche der Damen hier Tiberia Septima war, da ergriff Durus das Wort, um die Verlobung zwischen Orestes und Arvinia bekannt zu geben. Daraufhin mußte Ursus den beiden natürlich erst gratulieren. Dadurch entgingen ihm auch die Blicke, die zwischen Prisca und deren Begleiterin und Celsus getauscht wurden. Es dauerte eine Weile, bis wieder mehr Ruhe einkehrte und alle sich auf den Clinen niederließen. Der erste Gang, die unvermeidlichen Eier, ließ auch nicht lange auf sich warten. Keine Gelegenheit mehr, seine Frage unverfänglich anzubingen.


    "In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehst Du denn zum Bräugtigam?", fragte Ursus nun, da sie nun wieder bequem Platz genommen hatten und die Gelegenheit sich bot, zumindest diese Gegenfrage zu stellen.

    Ursus schüttelte erst den Kopf, dann nickte er. "Ja, eben. Für den Legatus Legionis ist die Praetur keine Voraussetzung. Rein von den Erfordernissen her bin ich durchaus ein möglicher Kandidat, - sobald ich das Examen Tertium vollständig bestanden habe." Was hoffentlich bald der Fall sein würde.


    "Neider gibt es in der Tat immer. Und auch Personen, die einem aus Prinzip Steine in den Weg legen. Ich glaube, damit hat jeder zu kämpfen, der höhere Posten anstrebt. Man kann nicht mit allen gut Freund sein." Es gab einen Zeitpunkt, an dem man sich entscheiden mußte, wessen Freund man sein wollte.


    "Ja, das wäe wirklich schön gewesen. Aber ich möchte Dich auf keinen Fall aufhalten. Wenn Du kandidieren möchtest, dann tu es einfach, auch wenn ich gerade nicht verfügbar bin. Meine Stimme hast Du, dessen kannst Du Dir sicher sein."

    Die Fragen wiederholten sich im Großen und Ganzen. Ebenso wie die Antworten. Trotzdem hörte Ursus aufmerksam zu und beobachtete Centho dabei. War das alles nur auswendig gelernt? Stand er hinter seinen Worten? Es war nicht leicht, so etwas zu erkennen, aber sicherlich leichter, wenn man einfach nur zuhörte, als wenn man direkt im Gespräch war. In seinen Augen machte der Iulier bisher keinen schlechten Eindruck. Er besaß Entschlossenheit und Mut. Immerhin war es nicht ganz leicht, ohne starke Familie im Rücken eine solche Karriere zu starten.


    Als allerdings ein weiterer Name fiel, mischte sich Ursus doch wieder ein, obwohl er das Feld eigentlich erst einmal ganz dem Onkel hatte überlassen wollen. "Iulius Drusus ist tot? Er war Centurio, als ich bei der Secunda war. Ein fähiger Mann. Und er hat einen Sohn? Strebt der auch in den Senat oder tritt er in die Fußstapfen seines Vaters?"

    Die Freude auf Cimons Miene war unübersehbar und Ursus freute sich mit ihm. Lächelnd nickte er. "Ja, genau davon kannst Du ausgehen, Cimon. Aus diesem Grund habe ich sie Dir geschenkt." Zwar war ihm immer noch schleierhaft, warum ein Halstuch so hilfreich war, doch er freute sich darüber, wie leicht es war, dem Sklaven eine Freude zu machen. Beim Schreibzeug war es schon verständlicher, war dies doch schließlich von bester Qualität. Aber auch hier war Ursus sicher, daß er letztendlich wieder den Nutzen davon hatte, wenn Cimon viel schrieb und lernte, den Postverkehr zu nutzen.


    Kaum hatte Cimon sein Geschenk ausgepackt, betraten noch Avianus und Marei den Raum. "Io Saturnalia, Tiberius! So schwer bepackt? Was hast Du heute noch vor?", begrüßte Ursus den Vetter lachend und deutete auf die Clinen, damit sich Avianus darauf niederließ. Dann winkte er Marei zu sich. "Ja, zwei mal schlafen ist vorbei, Marei. Schau, hier habe ich eine Kleinigkeit für Dich. Hoffentlich magst Du es leiden." Zum einen enthielt das Paket ein Säckchen gesüßte getrocknete Früchte und zum anderen ein schlichtes Holzkästchen. Das Kästchen allerdings hatte es in sich. Wenn man es öffnete und die Seiten abklappte, dann entstand eine winzige Wohnung bestehend aus einem Cubiculum, einem Atrium und einem Triclinium. Zwei winzige Püppchen gehörten dazu, die sogar kleine Kleidchen trugen. Es gab ein paar Einrichtungsgegenstände: Ein Bett, zwei Sesselchen mit einem Tischchen, kleine Topfpflanzen, Decken und Kissen, Teller und Becher und vieles mehr. Alles winzig klein. Ursus war sicher, daß ein kleines Mädchen damit sehr viel Spaß haben konnte. Und vor allem ließ sich alles gut und ordentlich wieder in dem Kästchen verstauen.


    Nun betrat noch Orestes den Raum, während Imbrex noch seine Freude über sein Messer ausdrückte. "Io Saturnalia, Manius. Komm, nimm Dir einen Becher mit Mulsum und gesell Dich zu uns." Natürlich blieben auch Avianus und Orestes nicht von Geschenken verschont. Sie bekamen ebenfalls gute Messer, allerdings mit anderen, sehr individuell gearbeiteten und mit Einlegearbeiten veredelten Griffen. Auf dem Knauf war das Wappen der Aurelier aus dem Schmuckstein herausgearbeitet worden. Eine Zierde, für die leider keine Zeit mehr war bei dem Messer für Imbrex. Avianus hatte er eigentlich einen Senatorenring schenken wollen. Aber er wollte Corvinus nicht vorgreifen, dem es vielleicht ein Bedürfnis war, den Neffen auf die gleiche Weise zu beschenken, wie er damals auch Ursus beschenkt hatte.


    Als Imbrex seine Verlegenheit wegen des Geschenkes äußerte machte Ursus eine wegwischende Handbewegung. "Ach, Publius, mach Dir deswegen doch keine Gedanken. Man schenkt doch nicht, um beschenkt zu werden. Sondern um die Freude in den Gesichtern der anderen zu sehen. Du schuldest mir gar nichts. Und schenkst mir Freude, wenn Du es gut brauchen kannst und auch viel benutzt." Immerhin war es gar nicht so leicht, passende Geschenke zu finden und Ursus fand sich selbst auch nicht allzu geschickt darin, das richtige zu finden.


    "Du willst also kandidieren? Jetzt schon zur nächsten Wahl? Da ist nicht mehr lange hin. Natürlich bekommst Du alle Unterstützung, die wir aufbringen können. Und ich wünsche Dir dafür viel Erfolg." Hoffentlich war Imbrex nicht zu enttäuscht, sollte es nicht klappen. Manchmal war es schwer, genug Stimmen auf sich zu vereinen. Vor allem, wenn man lange abwesend gewesen war. "Hast Du schon mit ein paar Senatoren gesprochen, damit sie Dich unterstützen?"

    Ursus blickte seinem Onkel hinterher. Ein merkwürdiges Gespräch, wie er fand. Es war ihm weiterhin unmöglich, ihn einzuschätzen. Immer wenn er glaubte, Marcus zu verstehen, mußte er feststellen, daß er wieder falsch lag. Waren sie wirklich so verschieden? Dachten sie so verschieden? Fühlten sie so verschieden? Es mußte wohl so sein, sonst müßte es doch leichter sein, seine Reaktion vorauszuahnen. Seufzend griff Ursus nach der Schachtel, um sie in seinen Händen zu drehen. Dann nahm er sie entschlossen, um sie doch wieder ganz unten in einer seiner Kisten zu vergraben. Vielleicht kam der Tag, an dem er froh war, durch sie erinnert zu werden an die ferne Vergangenheit.

    Dieses Halstuch half ihm? Manchmal war der Nubier wirklich nicht zu verstehen. Ursus sah ihn verständnislos an und grübelte einen Moment über die Bitte nach. Aber warum nicht? Eigentlich war so ein Tuch durchaus kleidsam, wenn es ordentlich gebunden und aus einem guten Material war. Und praktisch war es obendrein, es gab immer mal wieder Situationen, in denen solch ein Tuch nützlich war. Also nickte er schließlich. "Meinetwegen. Wenn Du einmal ein edleres Tuch haben solltest, darfst Du es immer tragen." Er machte eine wegwischende Handbewegung. Es störte ihn nicht. Was sollte er nun seinen Sklaven bedrängen, seine Bitte zu begründen? Im Grunde war es völlig uninteressant.


    "Achja, es gibt auch noch etwas zu tun für Dich. Hier sind Nachrichten für diejenigen meiner Klienten, die uns an den Saturnalien zur Hand gehen werden. Natürlich wissen sie schon, daß sie uns ein wenig ihrer Zeit opfern müssen, aber hier habe ich ihnen noch die genauen Zeiten notiert. Stell sie ihnen zu, damit sich keiner herausreden kann, er hätte es nicht so genau gewußt." Er deutete auf einen Stapel Wachstafeln, auf denen die Namen und Anschriften notiert waren.

    Innerlich seufzte Ursus. "Nur weil Du sie nicht gesehen hast, heißt das nicht, daß sie nicht von Dir wissen. Du kannst davon ausgehen, daß sie sich bei Dominus Corvinus beschweren, wenn es ihnen nicht gefällt. Und dann bekommst Du richtig Ärger. Ich rate es Dir nur. Du gehörst Celerina, sie gibt Dir Deine Anweisungen. Vielleicht fragst Du sie mal, was sie davon hält?" Er wollte sich keinesfalls in die Erziehung des jungen Sklavenmädchens einmischen. Aber er fand sie lieb und würde es nicht gerne sehen, wenn sie wegen etwas bestraft würde, von dem sie gar nicht wußte, daß es falsch war.


    "Es wird sicher die Zeit kommen, in der Du außerhalb des Hauses Aufgaben zu erledigen hast. Dann kannst Du andere Sklavenkinder treffe. Und vielleicht gibt es irgendwann auch hier im Haus andere Sklavenkinder." Sivs Schwangerschaft war schließlich nicht zu übersehen. "Löwen und Elefanten leben normalerweise in Africa. Wenn sie hier sind, dann wurden sie gefangen und werden hier auch in Gefangenschaft gehalten. Was auch besser ist, denn sie sind sehr gefährlich." Elefanten sollten ja angeblich sanftmütig sein. Aber Ursus hatte trotzdem kein Verlangen danach, diesen Tieren näher zu kommen, als im Circus als Zuschauer einer spannenden Vorstellung.


    "Ich habe nichts dagegen, wenn Du hin und wieder mit Cimon Zeit verbringst. Er kann Dich vieles lehren, denn er ist ein zuverlässiger und kluger Mann. Höre auf das, was er sagt." Ja, es konnte tatsächlich nicht schaden, wenn die Kleine sich an den Nubier hielt. Von ihm konnte sie sich Gehorsam, Fleiß und Zuverlässigkeit abgucken. Da hatte sicher auch Celerina nichts dagegen.

    Das war ja nicht gerade eine erschöpfende Auskunft. Da waren selbst die Briefe noch wesentlich ausführlicher gewesen. Ursus wunderte sich ein wenig darüber, ließ sich davon aber nichts anmerken. Ob Imbrex irgendwelche unangenehmen Erlebnisse gehabt hatte? "Darf ich fragen, was das für ein Ziel ist? Falls da nicht zu neugierig ist." Wenn es noch nicht spruchreif war, wollte Ursus ihn nicht zu einer Aussage zwingen.


    Cimon betrat das Triclinium. Da Ursus ihn inzwischen gut kannte, war für ihn die Unsicherheit des Sklaven noch weniger zu übersehen, als für Imbrex. Durch ihr Gespräch wußte er ja, daß Cimon mit den Saturnalien nicht so recht etwas anzufangen wußte. "Du darfst Dich gerne zu uns gesellen, Cimon", lud er ihn freundlich ein, wollte aber auch nichts erzwingen, was dem Nubier unangenehm war. "Nur wenn Du möchtest natürlich. Kennt ihr beiden euch schon? Publius, dies ist Cimon, mein Leibwächter und auch sonst sozusagen meine rechte Hand. Cimon, dies ist Publius Aurelius Imbrex, der ab jetzt auch hier wohnen wird. Du hast sicher schon von seiner Ankunft gehört." Die beiden auf solche Weise einander vorzustellen, war gerade an diesem Tag wohl richtig so.


    Das Geschenk nahm Ursus mit Erstaunen an sich. "Cimon..." Das war doch wirklich nicht nötig, hatte er sagen wollen. Dann aber merkte er, wie überflüssig diese Worte waren. Neugierig schlug er den Stoff auseinander. Die Fibel war zwar schlicht, aber dennoch nicht gewöhnlich. Und das Öl versprach gute Massagen nach anstrengenden Tagen. "Vielen Dank, das sind wirklich sehr schöne Geschenke, die ich in Ehren halten werde. Ich habe auch etwas für Dich."


    Er stand auf und nahm zwei Päckchen aus einer Kiste, die ganz unauffällig in der Ecke des Raumes stand. Eines davon reichte er nun an Imbrex weiter, er hatte es noch in aller Eile besorgen lassen. Es enthielt ein Messer mit erstklassiger Klinge, dessen Griff mit Perlmutt ausgelegt war.


    Das zweite Päckchen war deutlich größer. Dieses reichte er an Cimon. Es enthielt einen hölzernen Kasten, in dem einige Bögen Papyrus, Federkiele, ein Fläschchen mit Tinte, Siegelwachs und Schnur lagen. Zum Siegeln war ein einfaches Siegel mt einem C dazugelegt. Außerdem hatte auf der Holzkiste ein weiteres Päckchen gelegen. Dieses enthielt drei Halstücher in gedeckten Farben, sie alle mit einem Goldrand versehen und aus edlestem Stoff gefertigt.


    "Io Saturnalia, euch beiden", sagte er lächelnd als er die Geschenke übergab, dann ließ er sich wieder bequem auf der Cline nieder.



    "Schon mein Vater nahm mich zu den Wagenrennen mit, als ich noch sehr klein war. Seine Begeisterung hat sich auf mich übertragen. In Griechenland durfte ich sogar einmal versuchen, ein Gespann zu lenken. Nicht in einem Rennen, versteht sich. Einfach nur mal probeweise. Seit dem ist mein Respekt vor den Fahrern gewaltig gestiegen." Natürlich hatte er damals bei weitem kein so hohes Tempo vorgelegt, wie es die professionellen Fahrer tun. Es war nicht so leicht, wie es aussah. Daß jemand dafür keine Begeisterung empfinden konnte, verstand Ursus zwar nicht, aber er akzeptierte zumindest, daß es solche Menschen gab.


    "Die Menschen lachen eben gerne, deshalb finden sich solche Stücke, die viel Gelegenheit zum Lachen geben, eben größeren Andrang. Subtiler Humor ist auch in meinen Augen der bessere, aber ich fürchte, der Großteil des üblichen Publikums teilt diese Ansicht nicht und bevorzugt derben Spaß. Aber eine gute Tragödie wird doch eigentlich auch immer gern gesehen. Gibt es ein Stück, daß Du besonders magst?"

    "Gut. Dann verlasse ich mich auch in dieser Angelegenheit auf Dich." Ursus war zwar ziemlich sicher, daß auch Caelyn nicht noch einmal so lange zögern würde, bis sie mit ihm sprach, aber es war besser, wenn auch Cimon ein Auge darauf hatte, daß niemand in diesem Haus eine gehobene Stellung derart mißbrauchte, wie es Matho damals getan hatte.


    Ursus mußte fast schmunzeln, als Cimon auf ihn zutrat und ihm die Kleidung noch einmal richtete. Seit er diesen Sklaven hatte, war er ohne Zweifel einer der bestgekleidedsten Römer in der Stadt. Inzwischen hatte Cimon eine gewisse Perfektion darin entwickelt, eine Toga anzulegen und so in Falten zu legen, daß sie perfekt, aber nicht zu perfekt lagen.


    "Das Halstuch? Ich finde, daß die Farbe nicht recht zu uns paßt. Und stellenweise sieht der Stoff schon ein kleines bißchen mitgenommen aus. Ich verstehe ja, daß Du dieses Andenken an Deinen Freund gerne trägst und das sollst Du auch dürfen. Aber für feinere Anlässe ist es eben nicht ganz geeignet, finde ich." Ursus glaubte ja immer noch, daß Cimon das Tuch nur deshalb so gerne trug, weil es ein Geschenk von Bashir war. Daß es dafür andere Gründe gab, ahnte er nicht.

    Tatsächlich war es noch merkwürdig still im Haus. Ursus war der erste im Triclinium. Er war sich allerdings ziemlich sicher, daß das nicht lange so bleiben würde. Gerade hatte er sich an die Anrichte gestellt und sich einen Becher Mulsum eingeschenkt, als er von hinten angesprochen wurde. Er wandte sich um und stand einem Mann gegenüber, bei dem er doch ein wenig Mühe hatte, ihn zu erkennen. Es half natürlich dabei, daß er von der Ankunft des Verwandten gehört hatte. Trotzdem versuchte er, den Jungen, den er von früher kannte, in dem Mann zu erkennen, den er vor sich hatte.


    "Io Saturnalia, Publius!" Er ließ den Becher stehen und trat mit ausgebreiteten Armen auf Imbrex zu. Eine kurze, herzliche Umarmung folgte. "Ich hörte schon, daß Du angekommen bist. Wie schön, Dich in Rom zu haben! Komm, setz' Dich und erzähl mir, wie es Dir ergangen ist. Möchtest Du auch einen Becher Mulsum zur Einstimmung?" Mit dieser Frage trat er wieder an die Anrichte und stellte einen zweiten Becher neben seinen. Womit er ihn füllte würde von Publius' Antwort abhängen. "Wir werden bestimmt nicht lange allein bleiben. Ich glaube kaum, daß wirklich alle ausgeflogen sind."

    "Ja, da kann ich wahrhaftig von Glück sagen. Vermutlich habe ich dieses Glück auch Artorius Reatinus zu verdanken. Er wußte ja, daß ich kein grüner Junge war und durchaus auch Sinn für das Militär habe. Er ist ein guter Mann mit ausgeprägtem Gerechtigkeitsgefühl. Das wissen auch die Soldaten zu schätzen. Ich wußte, daß ich mich auf ihn verlassen konnte, das hat mir meine Arbeit sehr erleichtert." Ursus fand es nur fair, daß der Name des Artoriers ein wenig bekannter wurde in Rom.


    "Hast Du das nicht eben schon mal gefragt?", lachte Ursus und trank noch einen Schluck aus dem Becher. "Wie schon erwähnt, wäre die Prima für mich ideal. Und ich glaube auch, daß ich die ideale Besetzung für diesen Posten wäre, da ich die Truppe schon kenne. Nur fürchte ich, daß es nicht viele Leute gibt, die diese Meinung teilen werden."


    Noch immer schmunzelnd stellte er die Frage, die jetzt unweigerlich kommen mußte. "Drei Jahre ist Dir zu lange, hm? Macht nichts, dann kandidiere doch vorher." Es machte ihm nichts aus, wenn die lose Abmachung, die sie in Mantua getroffen hatten, nicht ganz so eingehalten wurde. Das Leben spielte eben nicht immer mit.