Beiträge von Flaviana Brigantica

    Ja, diese Leute kannte ich allerdings nur zu gut. Für sie und ihresgleichen, war sie nichts weiter als ein Gebrauchsgegenstand, den man benutzte, wie man ihn brauchte. Deshalb hatte es mich ja auch schon so gewundert, als sie mir sagte, ich solle mich zu ihr setzten. Im Nachhinein war mir jetzt alles klar. Sie wollte mich nur aushorchen! Ich hatte es ja schon vermutet, jetzt hatte ich die Gewissheit. Ja Youen hatte Recht, in ihren Augen war sie nur ein Möbelstück. Der Tisch konnte auch gut ohne den Stuhl funktionieren.
    Ich sah, wie ich ihn so arg in Bedrängnis gebracht hatte, wie er ängstlich um sich schaute, weil er befürchten musste, sie würde gleich hinter ihm stehen, wie er nach Worten kramte, um sich vor mir rechtfertigen zu wollen. Ich war mir sicher, er hatte Angst. Nicht nur vor ihr, nein auch vor mir.


    Youen, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht so anschnauben, schluchzte ich.


    Am liebsten hatte ich diesen Körper verlassen und wäre in einen anderen gefahren. Ich hatte es satt, schwanger zu sein. Ich wollte nicht mehr. Jetzt nach diesem "Gespräch", war es für mich fast belanglos geworden.


    Nein, ich bin nicht mehr lange schwanger! Und deshalb gehe ich jetzt zu Aquilius und sage ihm alles. Ich warte nicht bis morgen. Morgen ist es vielleicht schon zu spät!
    Soll er doch entscheiden, was mit dem Kind und mit mir wird. Soll er mich bestrafen, wenn er denkt, es sei notwendig. Ich sollte mir wirklich nichts mehr vor machen! Ich hatte schon geglaubt, ich könne mich auf das Kind freuen. Aber weiß du, ich freue mich nicht. Ich hatte gedacht,.. nein, ich hatte überhaupt nichts gedacht!


    Genau, ich war in allem unbedacht gewesen, sonst wäre ich ja nicht schwanger geworden. Ich sah mein Leben als eine Aneinanderreihung von Katastrophen an, eine schlimmer als die andere und ich war gerade wieder im Begriff, auf die nächste zielsicher zuzusteuern.

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    Völlig außer Atem, errichte auch Cungah die zusammengesunkene Bridhe. Sie war noch nicht wieder zu sich gekommen. Die Angst erfasste die ansonsten so resolute alte Sklavin. Sie musste handeln und zwar schnell!
    Sie wischte sich zuerst die Schweißperlen von ihrem Gesicht und beugte sich wieder zu Bridhe hinunter. Micipsas Vorschlag hörte sich gut an. Noch besser wäre es aber gewesen, hätte Bridhe wieder ihr Bewusstsein zurück erlangt. So versuchte sie die Schwangere aufzurichten und tätschelte dann ihr Gesicht.


    Kindschen, komm wieder zu dir, bitte Kindschen!


    Es hatte den Anschein, als wollten die Lebensgeister wieder zu Bridhe zurückkehren. Sie blinzelte und öffnete, wenigsten einen Spalt weit, die Augen.


    Was? Wo bin ich? Cungah? Wasser, bitte gib mir Wasser!


    Die alte Cungah war sichtlich erleichtert, als Bridhe wieder zu sich kam. Das musste an der Hitze gelegen haben, dachte sie vorwurfsvoll. Vorwürfe machte sie sich nun selbst, weil sie es nicht unterbunden hatte, dass die Schwangere hinaus in den Garten gehen wollte. Die Schwangerschaft war nun schon so weit fortgeschritten. Es konnte jetzt jeden Tag so weit sein. Sanft strich sie über Bridhes Haar.

    Du bist hier Kindschen! Wir bringen dich jetzt zurück in deine Kammer und dort bekommst du alles, was du brauchst!


    Die Nubierin bedeutete Micipsa, er sollte sie nun zurück zur Villa tragen. Dort war sie für den Moment eindeutig besser aufgehoben.
    Bridhe nickte artig, lächelte Micipsa freundlich an und schloß dann die Augen um sie kurze Zeit später wieder aufreißen zu können. Etwas ging in ihr vor. Etwas seltsames, nie da gewesenes, was ihr wie eine Art Schmerz vorkam, was allerdings ganz anders war, als der normale Schmerz schlechthin. Das konnten nur… die Wehen sein!


    Cungah! Es kommt! sagte sie ungewöhnlich gelassen.
    Die Nubierin schlug die Hände über ihrem Kopf zusammen!

    Oh Isis! Schnell Micipsa, schaff sie ins Haus! schrie sie noch und rannte dann wie von der Tarantel gestochen los, quer durch den Garten und rief jedem zu, der es hören oder aber auch nicht hören wollte: Bridhe bekommt ihr Kind!

    Ich zermarterte mir den Kopf, konnte aber nichts Verwerfliches daran finden, was ich gesagt hatte. Vielleicht war es wirklich der Ton. Aber sie hatte es ja regelrecht herausgefordert, mit dem was sie sagte und wie sie es sagte. Youen sorgte für Aufklärung und untermauerte schließlich meine Vermutung. Womöglich lag es jetzt an der Schwangerschaft und an den damit verbundenen Strapazen, dass ich mit einem Mal so aufbrausend und laut wurde.


    Diese Schnepfe! Sie soll sich nicht so haben! Sie hat mir doch Angst gemacht, mit dem was sie gesagt hat! Ich lasse mir mein Kind nicht wegnehmen! Von niemandem!


    Youen konnte natürlich nichts dafür, auch wenn ich ihn wahrscheinlich damit eingeschüchtert hatte, was ich aber gar nicht beabsichtigt hatte. Er war schon immer so ein netter Kerl gewesen und ich beneidete ihn nicht, um seine Herrin. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was er bei ihr alles so mitmachen musste.
    Doch dann horchte ich auf, als er sagte sie sie derzeit unberechenbar und dass Frauen… Was waren Frauen?


    Frauen? Was soll mit Frauen sein? Wie meinst du das denn? Bin ich auch unberechenbar? Weißt du, mir ist es völlig gleich, was sie tut und macht und wenn sie jetzt zu Aquilius rennt und sich über mich beschwert, ist mir das auch völlig gleich!


    Um ehrlich zu sein, so gleich war mir das nicht! Denn wenn sie wirklich so unberechenbar war, wie er sagte, dann konnte sie alles zunichte machen und konnte am Ende noch dafür sorgen, dass Aquilius mich nicht frei ließ. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr ärgerte ich mich. Über sie, weil sie so war, wie sie war und über mich, weil ich unbedingt nach dem Kleinen schauen musste und damit ihre Aufmerksamkeit erregt hatte und weil ich so unbedacht geantwortet hatte. Seitdem ich schwanger war, hatte ich es vermieden, es mir mit den Herrschaften zu verscherzen. Jetzt, kurz vor der Geburt, hatte ich mich doch dazu verleiten lassen. Jetzt war sie wieder da, die Angst! Was konnte ich denn jetzt tun? Zurück gehen und um Verzeihung bitten? Ihre Worte waren unmissverständlich gewesen. Wenn ich jetzt zurück ging, dann erzürnte ich sie noch mehr. Oder sollte ich gleich zu Aquilius gehen und ihm alles beichten? Aber was, wenn sie nicht zu Aquilius rannte? Dann konnte er wenigstens sehen, dass ich es aufrichtig meinte. Youen konnte mir allerdings in dieser Sache auch nicht groß weiterhelfen. Als er meinte, sie würde mich nicht gleich ans Kreuz nageln lassen, musste ich erst einmal schlucken.


    Du meinst, sie lässt mich dafür richtig bestrafen? Aber das kann sie doch nicht machen! Ich bin schwanger!


    Jetzt war es endlich soweit! Ich konnte mich mit meinen Tränen nicht mehr zurückhalten. Es war nur zu hoffen, dass solche hormonbedingte Tränenausbrüche nach der Geburt ausblieben.

    Ich wollte schon leidvoll stöhnen, denn die Stadt war wirklich das allerletzte, wohin ich gehen wollte. Aber als ich begriff, was er Anlass dazu war, konnte ich es kaum fassen. Es war, als würde mir der Schreck in den Knochen stecken. Ich wich einen Schritt zurück und hielt mich am Holz der Tür fest, damit ich nicht stolperte. Jetzt war ich wirklich kreidebleich im Gesicht!
    Der lang ersehnte Tag war endlich gekommen. Der Tag, an den ich fast schon nicht mehr hatte glauben wollen. All die dummen Gedanken, die ich mit gemacht hatten waren durch diese wenigen Worte wie fortgespült. Aber auch jetzt dachte ich erst, ich träumte. Nein, das tat ich nicht. Ich hatte richtig gehört. Statt mit einem strahlenden Lächeln aufzuwarten, begann ich zu schluchzen und hielt mir die frei Hand, die mir noch zur Verfügung gestanden hatte schützend vor mein Gesicht.
    Der Grund für meine Tränen musste eindeutig an der Überzahl meiner Schwangerschaftshormonen liegen, die mich jedes Mal dazu brachten, in Tränen auszubrechen, sobald mich etwas scheinbar unvorhersehbares
    traf. Aber das war nicht die Zeit zum Weinen. Nein! Ich wischte meine Tränen weg und ging wieder einige Schritte auf ihn zu.


    Wirklich? Das willst du wirklich tun? fragte ich zaghaft. Er war aber entschlossen, denn er kam schon auf mich zu und bot mir seinen Arm, damit ich mich daran festhalten konnte. Das tat ich dann auch. Endlich konnte ich wieder lächeln, auch wenn dabei die eine oder andere Träne an meiner Wange herunter rann.


    Danke!


    Mehr wusste ich im Augenblick nicht zu sagen, als danke. Erst musste ich verstehen, was dieser Tag für mich, mein Kind und auch für mein zukünftiges Leben bedeutete.

    Es war, als hätten mir ihre Worten einen Schlag versetzt. Ich wusste gar nicht so recht, was überhaupt los war, was ich so schlimmes gesagt oder getan hatte. Ja, die Antwort, die ich ihr gab, musste vielleicht in ihren Ohren etwas patzig geklungen haben, aber sie entsprach der Wahrheit. Ich war nun mal blaß und wurde allerhöchstens sofort rot, wenn ich etwas zu lange in der Sonne gewesen war. Da ich diese Schmerzen des Sonnenbrandes kannte, vermied ich es eben, lange genug in der Sonne zu sein.
    Ich war verunsichert und blickte sie fragen an, was ich ihr denn getan hatte. Da stand auch schon Youen neben mir, der sofort, nachdem er die Aufforderung seiner Herrin vernommen hatte, aufgespritzt war, um seine Kollegin ins Haus zu begleiten. Verdutzt sah ich ihn an, wollte etwas sagen, konnte es aber nicht, weil alles viel zu schnell ging und mir da einfach die Worte fehlten. Er half mir auf und lächelte auf seine unnachahmliche Art, die mich für den Augenblick wieder etwas ruhig stellte.
    Ich sah der Römerin noch nach, als ich zusammen mit Youne den Platz verließ, an dem ich bis eben noch gesessen hatte und ihr Verhör über mich ergehen lassen musste.
    Erst als wir uns etwas weiter entfern hatten, wagte ich es, Youen etwa zu fragen.


    Was war denn das jetzt? Ich habe doch überhaupt nichts gemacht!
    Ich habe doch nur gesagt, ich bin immer so blaß und die Leute zu Hause sind auch nicht anders!


    Youen kannte die Claudierin besser als ich. Er konnte mir bestimmt sagen, worin mein Fehltritt lag und was ich womöglich noch zu erwarten hatte.

    Der Bengel traute mir nicht über den Weg! Wahrscheinlich hätte ich das auch nicht getan! Erst als er sich ganz sicher sein konnte, machte er sich an die Arbeit. Ích fand es ja auch sehr unpassend, dass man mir jetzt schon die Schuhe binden musste und fühlte mich auch gar nicht wohl dabei. Aber es war ein notwendiges Übel. Ich tröstete mich damit, dass in einigen Wochen der Spuk vorbei war. Dann hatte ich wieder meine normalen Proportionen, so hoffte ich.
    Die piepsige Stimme verriet mir, ich war nun bereit zu gehen. Ich lächelte erleichtert!


    Danke!


    Mit einiger Mühe stand ich auf und und verließ meine Kammer um ins Arbeitszimmer von Aquilius zu gehen, wo man mich bereits erwartete.

    Ich sah Cassim überrascht an, als er mich am Arm festhielt und mich bat, doch noch zu bleiben. Fieberhaft suchte ich nach einer Ausrede. Aber wie üblich, fiel mir auf die Schnelle nichts ein.


    Ich muss aber… Na gut!


    Ich war mir immer noch nicht ganz sicher, ob ich ihm trauen konnte. Andererseits war er zu mir zurückgekommen, als ich zusammengebrochen war. Vielleicht hatte ich mich ja doch in ihm geirrt. Das konnte man aber auch nur herausfinden, indem man miteinander redete. Das hatte er mir ja auch angeboten. Wobei ich mir Cassim noch immer nicht als Frauenversteher vorstellen konnte. Aber warum sollte ich ihm nicht noch einmal eine Chance geben? So entschied ich mich, mit ihm zu gehen. Vielleicht half es mir ja, wenn ich redete. Aber bitte nicht über die Schwangerschaft! Alles drehte sich nur noch darum. Ich konnte es bald nicht mehr hören.
    Ich folgte ihm, zu dem schönen Platz, zu dem er gehen wollte. Ich kannte mich mittlerweile auch sehr gut in diesem Garten aus und hatte meinerseits auch einige schöne verborgene Plätze gefunden. Manchmal hatte ich hier draußen sogar geschlafen, wenn es mir in der Villa zu eng geworden war.

    Ich bereute bereits schon, ihr davon erzählt zu haben. Warum ließ ich mich nur immer von meinen Gefühlen leiten? Meine Gefühle beherrschten mich einfach. Das hatte sie schon immer getan. Das war vor über neun Monaten bei Aquilius so und auch bei Severus. Immer wieder brachten sie mich in die unmöglichsten Situationen. Aber sie hatten auch ihr Gutes. Ohne sie hätte ich mich vor einigen Monaten nicht zu Aquilius getraut, um ihn um die Freiheit seines Kindes zu bitten. Er hatte es mir versprochen und ich glaubte ihm. Nur versuchten jetzt wieder meine eigenen Gefühle, mich zu verunsichern. So wie einige Tage zuvor, als ich mit Cassim zusammengetroffen war.


    Sie sagte, es wäre trotzdem sein Kind. Dann war es wohl gleichgültig, ob ich nun frei war oder nicht. Ich hätte mich am liebsten jetzt irgendwo hin verkrochen. Irgendwo im Garten. Es gab genügend Plätze, wo man allein sein konnte, wenn man niemanden sehen wollte. Ich selbst hatte diese Plätze für mich entdeckt. Mir wurde aber auch klar, dass ich wirklich ein klärendes Gespräch mit ihm führen musste. So vieles war noch völlig unklar.
    Die Claudierin fuhr ganz unvermittelt im Plauderton fort, so als wäre nichts gewesen. Mich machte das wütend. Aber natürlich durfte ich diese Wut nicht zeigen. Ja, hinlegen war gut, wenn ich mich hätte hinlegen können, ohne mich dabei ständig unbehaglich zu fühlen.


    Ich bin immer so blass! Dort wo ich her komme, sind die Menschen so!


    Meine Antwort kam unüberlegt. Einen trotzigen Unterton ließ sich leider nicht ganz vermeiden. Vielleicht war es nun doch besser, aufzustehen und zu gehen.

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    Die korpulente Nubierin war trotz ihrer Körpermassen, kreuz und quer durch den Garten gerannt und hatte dabei laut um Hilfe geschrieen. Einer der unzähligen Sklaven, die tagsüber im Garten beschäftigt waren, mussten sie doch gehört haben. Sie war sehr besorgt um Bridhe, denn ihr hatte man sie anvertraut. Sie sollte sich um sie kümmern, wenn etwas mit ihr war. Und nun war etwas mit ihr. Das bescherte ihr große Angst. Alleine nur von der brütenden Hitze konnte man doch nicht das Bewusstsein verlieren! Wenn nur dem Kind nichts passierte! So kurz vor der Niederkunft! Es wäre einer Katastrophe gleich gekommen, hätte sie jetzt noch das Kind verloren.
    Cungah hatte schon fast den Mut verloren und wollte unverrichteter Dinge zu Bridhe zurückkehren, als ihr der nubische Sklave von dominus Aquilius über den Weg lief. "Den Göttern sein Dank," rief sie. "Ja, mit dem Mädschen stimmt etwas nischt! Komm schnell!" Unter anderen Umständen hätte es Cungah sehr erfreut, dass es ein Landsmann war, der ihr zu Hilfe gekommen war. Dafür hatte sie aber in diesem Augenblick gar keinen Kopf. Ihr lag nur Bridhes Wohlergehen am Herzen.
    Mit ihren fleischigen Händen packte sie Micipsa und zog ihn mir sich. Je eher sie zu Bridhe zurückkehrten, desto besser!

    Sie hatte in mir etwas ausgelöst, was mir alle meine Ängste wieder bescherte. Hatte er nicht einmal gesagt, er würde mir das Kind nicht nehmen? Aber was war mit Athen? Ich wusste nicht einmal, wo dieses Athen lag! Sicher, es würden noch einige Jahre ins Land gehen, bis mein Kind, sofern es ein Junge werden würde, nach Athen geschickt wurde. Was aber, wenn man es mir schon früher nehmen würde. Mir war es die ganze Zeit gleich gewesen, ob es ein Junge oder ein Mädchen werden würde. Jetzt aber sehnte ich mich nach einer Tochter!
    Während ich mich selbst immer mehr in meine Gedanken verstrickte, bemerkte ich nichts von dem Flackern in ihren Augen. Ich ahnte nicht, dass sie mich nur aushorchen wollte, um die Geheimnisse, die ihr bisher verborgen geblieben waren, herauszufinden. Dass dies alleine der Grund war, warum ich hier überhaupt sitzen durfte. Hatte sie alles erfahren, was sie wissen wollte? Natürlich würde sie mich nie direkt fragen, was sie wissen wollte. Das verbat ihr Stolz. So etwas wie Stolz hatte ich schon vor langem schon Verloren.
    Sie bestätigte ihre Aussage nochmals und trieb mir damit eine Klinge ins Herz. Ich hatte mit den Tränen zu kämpfen, was nicht besonders verwunderlich war, denn seit Beginn meiner Schwangerschaft, war ich sehr nah am Wasser gebaut. Ihr Hinweis, ich sollte ihn einmal darauf ansprechen beruhigte mich in keinster Weise. Ich würde wissen wollen, was mit meinem Nachkommen geplant ist. Dieser Satz hallte immer und immer in meinem Kopf wieder. Das verstand sich ja von selbst! Ich wollte auch wissen, was nach der Geburt meines Kindes war und wie es dann weiter gehen sollte. In meiner Naivität hatte ich mir schon alles so schön ausgemalt, wie ich mein Kind groß zog und beobachten konnte, wie es sich entwickelte. Wie es seine ersten Schritte tat oder das erste Wort über die Lippen brachte. Natürlich würde es nicht nur Latein sprechen. Auch die Sprache seiner Mutter würde es lernen, damit es wusste, woher es kam. Ich hatte mir sogar schon einen Namen ausgesucht. Einen schönen hibernischen, verstand sich. Das alles wurde mit den Worten dieser Frau wieder in Frage gestellt.


    Aber er will mich doch frei lassen! Noch bevor das Kind da ist.


    Es platze so aus mir heraus, ich konnte nicht anders. Ich hoffte, mit der Tatsache, bald frei zu sein, eine Bestätigung von ihr zu bekommen, dass man dann mein Kind nicht mehr von mir nehmen. Mein Kind sollte kein Sklave werden. Dafür hatte ich gekämpft und wieder beschlich mich die Angst, nicht rechtzeitig freigelassen zu werden. Diese Angst übertrug sich auch auf das Kind in meinem Bauch. Ich konnte seine Unruhe spüren. Es versetzte mir einige Tritte, so als wolle es die Flucht ergreifen, was aber natürlich nicht möglich war. Ich hielt besorgt meinen Bauch. Ich musste mich wieder beruhigen, damit sich auch mein Kind beruhigen konnte.

    Der Ianitor hatte höchstpersönlich seine porta kurzfistig verlassen, um den Besucher ins Atrium zu führen.
    "Bitte nimm doch Platz!" Acanthus deutete auf einen Stuhl, der zum Inventar des Atrium gehörte und gerne von den wartenden Gästen genutzt wurde.
    Bevor der Ianitor wieder zur porta eilte, schickte er einen Sklavenjungen los, dominus Flavius Aristides von seinem Besuch in Kenntnis zu setzten.


    Oh, ein Hochzeitsgast?!Es regte sich etwas im Gesicht des Ianitors. Als er dann noch die Einladung zu Gesicht bekam, war dies der letzte Beweis für den Wahrheitsgehalt dessen ,was der Fremde vorgebracht hatte.
    "Ähm ja. Ich werde nachsehen lassen, ob der dominus zu sprechen ist. Komm doch bitte und folge mir ins Atrium! Ich werde dann nach ihm schicken lassen."
    Der Ianitor verließ für einen Augenblick seine porta, um den Besucher ins Atrium zu bringen.

    Das süße Baby, wie es da so in seiner Wiege lag! So unschuldig und niedlich. Es hatte wirklich Glück gehabt, in diesen Teil der Welt hineingeboren worden zu sein. Vom ersten Tag an bis zu seinem letzten, würde es auf der Gewinnerseite sein. Nichts würde ihm verschlossen bleiben, wenn es erst einmal erwachsen war. Es musste sich nichts mühevoll erarbeiten. Alleine schon sein Name würde ihm sämtliche Türen öffnen.
    Ich hegte keinen Neid gegen ihr Kind. Mein Kind würde auf seine Weise glücklich sein. Vielleicht sogar glücklicher, als der kleine Flavius dort.


    Zu gerne hätte ich die Mutter nach der Geburt gefragt. Jede Frau empfand es anders und eigentlich wusste ich ja, was auf mich zukam. Sie war doch eine ganz normale Frau, so wie ich auch! Aber der Abgrund der sich zwischen uns auftat, war zu groß, als dass man ihn hätte einfach überwinden können. Doch trotzdem hätte ich gerne auf Erfahrungsberichte zurückgegriffen. Cungah sagte mir, bei Erstgebärenden könnte es sehr lange dauern. Manchmal einen ganzen Tag oder auch länger. Hatte sie auch den ganzen Tag in den Wehen gelegen? Und wie stark waren die Schmerzen gewesen? Sie hätte mir vielleicht ein wenig Zuversicht geben können. Aber ich wagte es nicht, sie danach zu fragen.
    Mir wurde es langsam unbehaglich auf dem Stuhl, was nicht mit der Qualität seiner Sitzfläche zu tun hatte. Es war die Art dieses ungleichen Gesprächs gewesen, das wir führten. Es glich mehr einem Verhör. Sie stellte die Fragen und ich hatte zu antworten. Hätte sie etwas anderes jemals zugelassen? Sie war eine jener Frauen, die Frauen wie mich ignorierten, so als wäre ich gar nicht existent. Es war also ein Akt reiner Menschenliebe, dass sie sich nun mit mir abgab. Oder war es nur eine willkommene Abwechslung? Hatte sie eine Ahnung, wie sie mich mit Fragen wie dieser, die sie mir gerade gestellt hatte, quälte? Sie sprach jetzt wesentlich leiser, weil das Kind am einschlafen war. Säuglingen machte es nichts aus, wenn es laut war, während sie schliefen. Sie waren sogar zufriedener, wenn um sie herum ein gleichbleibender Geräuschpegel herrschte. Wusste sie das nicht?
    Ich hingegen wusste nicht, in welcher Form sich Aquilius um das Kind kümmern wollte. Doch ihre Einschätzung folgte sofort.


    Er hat es mir versprochen, ja. Aber ich weiß nicht… nach Athen?
    Es war, als träfe mich ein Hieb. Mein Kind, sofern es ein Junge war, würde er nach Athen schicken? Wieder überfiel mich die Angst, man würde mir das Kind aus den Händen reißen, sobald es da war! Nein! Das konnte er doch nicht machen!


    Nein, darüber haben wir noch nicht gesprochen, sagte ich verunsichert.


    Acanthus, der stets darauf bedacht war, seine Aufgaben zur Zufriedenheit seiner Herrschaft zu erledigen, waltete seines Amtes und öffnete die Tür. Natürlich war dies nicht gleichgedeutend damit, dass auch diejenigen, die vor der porta standen, immer mit ihm zufrieden waren. Bettler und Tagediebe hatten keine Chance bei ihm und stießen jedesmal gnadenlos auf Ablehnung. Er hatte schon sehr viel erlebt, seit er Tag für Tag sein Leben an der flavischen porta fristete. Das hatte ihn geprägt und zu dem gemacht, was er heute war.


    "Wer bist du und was willst du?" bellte er in dem gleicbleibend schlechtgelaunten Ton, den er fast immer anbrachte, wen er einen scheinbar Unbekannten vor sich hatte. Der Mann vor ihm sah recht abgerissen aus, so als hätte er eine lange beschwerliche Reise hinter sich. Wohl konnte es aber auch ganz anders sein. Wer wusste das schon?

    Trotz der Bequemlichkeit, die mir ganz unversehens durch den Stuhl zuteil geworden war, fühlte ich mich nicht besonders wohl in meiner Haut. Das hatte nun weitaus weniger mit meinem Umstand zu tun, als mit der Tatsache, dass ihre Blicke mich zu durchleuchten versuchten. Hätte sie doch wenigstens etwas gesprochen, dann wäre es um einiges erträglicher gewesen. So aber sagte sie nichts. Nur ihr Blick lag auf mir. Schließlich senkte ich den meinen und sah auf meinen unförmigen Bauch hinab, der nun unweigerlich vor mit thronte. Ich hatte mir bisher nie die Frage gestellt, inwieweit die Schwangerschaft Einfluss auf das Aussehen meines Körpers danach haben würde. Das war eigentlich meine geringste Sorge gewesen und auch jetzt schien mir diese Frage unwichtig zu sein. Eigentlich hatte ich ja niemanden, dem ich gefallen musste. Nun vielleicht Aquilius. Aber wie wichtig war ich ihm nach der Schwangerschaft noch? Wenn ich dann tatsächlich frei wäre, was würde er dann mit mir und dem Kind machen? Würde er uns von hier fortjagen? In der Öffentlichkeit würde er wahrscheinlich vermeiden, es als seines zu titulieren. Nein, auch da wollte ich mich keinen kitschigen Illusionen hingeben. Ein Familienleben á la Vater, Mutter, Kind würde es für mich nicht geben. Er hatte mir zwar versprochen, er würde sich um das Kind kümmern, aber wie diese Hilfe dann tatsächlich aussehen sollte, konnte ich mir beim besten Willen immer noch nicht vorstellen. Am Ende hatte ich doch die Aufgabe, das Kind großzuziehen. Auch wenn ich meinem Kind nur die wenigsten seiner Wünsche erfüllen konnte, so würde ich ihm doch all meine Liebe schenken, die eine Mutter ihrem Kind zu schenken im Stande war. Nein, in Bezug auf das, wollte ich mir keine allzu großen Hoffnungen machen. Dann war die Enttäuschung hinterher auch nicht so groß. Wenn er mich denn wirklich freilassen würde, dann wäre diese Geste doch schon groß genug und würde über das hinausreichen, was im Allgemeinen üblich war und was an der Vielzahl der der sklavischen Nachkommenschaft erst ersichtlich wurde. Wenn man sich so manches Sklavenkind anschaute, konnte man gewisse Ähnlichkeiten, zu den im Hause lebenden Flaviern, nicht abstreiten.


    Ich zuckte auf, als sie Youen, der sich noch unmittelbar hinter meinem Stuhl befunden hatte, ansprach. Vielleicht weil ich erst dachte, sie meinte mich. Genauso gut hätte sie mich das fragen können. Ist noch etwas, oder warum sitzt du hier so faul herum? Es dauerte aber nicht lange, bis ich wusste, dass nicht ich gemeint war, sondern ihr Sklave, der sich auch umgehend wieder auf dem Boden niederließ.


    Der Säugling strampelte und gluckste derweil munter vor sich hin und zog so wieder meine Aufmerksamkeit auf sich. Auch die Claudierin konnte sich dem lebhaft-fröhlichen Treiben ihres Kleinen nicht entziehen. Sie neckte mit dem Baby, als wieder das Wort ergriff.


    Ja, domina. Ich kenne mich mit Kindern aus. Darin habe ich Erfahrung.


    Mehr wollte ich nicht von mir preisgeben. Wahrscheinlich legte sie auch keinen gesteigerten Wert auf eine derartige Vertraulichkeit. Ich konnte mir jedoch lebhaft vorstellen, warum sie das fragte. Brauchte sie noch jemanden, der die unangenehmen Dinge übernahm, die zwangsläufig auftraten, wenn ein kleiner Mensch geboren war? Ein Kind zu haben, war keine leichte Aufgabe. Nicht nur die ständige Aufmerksamkeit, die man ihm entgegenbringen musste, nein auch seine Pflege war wichtig. Ganz zu schweigen davon, dass man rund um die Uhr ansprechbar sein musste. Ich konnte mich noch erinnern, wie es bei meinem kleinen Bruder gewesen war, wenn er des Nachts schrie. Ich wusste, auch diesmal würde es so bei meinem eigenen Kind sein. Die wenigsten Kinder waren so pflegeleicht und ließen ihrer Mutter eine entspannte und erholsame Nacht.

    Ein Teil von mir war immer noch von dem Kind gefangen. Die Laute ,die es von sich gab und das scheinbare Lächeln, das eigentlich nur ein Zucken seiner Mundwinkel war. Jetzt erst, bei dem Anblick des Säuglings kam bei mir Vorfreude auf. Endlich sah ich, welchen Sinn all die Unannehmlichkeiten der letzten neun Monate hatten. Natürlich hatte ich schon oft Neugeborene gesehen, zuletzt meinen kleinen Bruder, bei dessen Geburt meine Mutter gestorben war. Damals, nach seiner Geburt, hatte sich eine Amme seiner angenommen. Nachdem er die ersten Tage und Wochen überlebt hatte, lag es an mir, sich um ihn zu kümmern. Ich wusste also ganz genau, worauf es bei einem Säugling ankam. Doch diesmal würde alles anders sein. Dieser keine Mensch, nicht größer als der erwachsene Unterarm eines Menschen, war das Endprodukt! So zart und zerbrechlich, bedurfte er alle Zuneigung und Wärme seiner Mutter. Diesmal würde ich die Mutter sein und zu all den notwendigen Handgriffen, die wichtig waren, kam jetzt noch mütterliche Liebe hinzu, die ich meinem Kind geben würde. Ich spürte schon, sie war da, tief in mir drin und beim Anblick des Kleinen war sie noch stärker zu spüren.


    Meine volle Aufmerksamkeit galt aber bald schon wieder der Mutter des Kindes. Ich hatte einen ungehörigen Respekt vor ihr, obwohl ich sie ja gar nicht kannte. Allerdings hörte man hin und wieder etwas über sie, was diesen Eindruck dann noch verstärkte. Hier und jetzt gab sie sich aber ganz anders. Anders, als ich sie mir vorgestellt hatte. Sie wirkte so menschlich, so lebendig, so wie jeder normale Mensch auch, dem gerade das größte Geschenk zuteil geworden war. Sie kümmerte sich liebevoll um ihr Kind und himmelte es an, wie es nur eine glückliche Mutter konnte.


    Als sie schließlich nach ihrem Sklaven rief, bemerkte ich erst, dass einer der Sklaven die am Boden saßen, Pallas war. Nein, es war Youen! Das war sein richtiger Name, doch das wussten nur er und ich. Er wurde aus einer Art Tagtraum herausgerissen. Ich wollte ihm schon entgegen lächeln, als er mich sah, ließ es dann aber, in Anbetracht meiner gegenwärtigen Lage und ihrer Gegenwart.
    Sie verlangte, er solle einen Stuhl herbeischaffen, was er, nachdem er mich intensiv gemustert hatte, dann auch tat. Mein milder Blick begleitete ihn.
    Es war ein einfacher Stuhl, lange nicht so bequem, wie ihr Korbsessel, aber gut genug für mich. Ich setzte mich, als sie es anordnete. Ich war ja froh, mich nicht auf den Boden setzten zu müssen. Dann hätte ich mit großer Wahrscheinlichkeit meine Schwierigkeiten gehabt, wieder aufzustehen. Der Stuhl war da weitaus bequemer. Mein Rücken und meine Beine dankten es mir und ihr. Ich seufzte leise, aber erleichtert auf, als ich mich auf dem Stuhl nieder ließ.
    Wie sich herausstellte, wusste sie, wer ich war. Sie konnte mich zuordnen. Wahrscheinlich hatte sie mich einmal im Hintergrund wahrgenommen und jetzt konnte sie diese Erinnerung wieder abrufen.


    Ja, domina, antwortete ich knapp. Während ich ihr gegenübersaß, fühlte ich mich immer noch eingeschüchtert, mit dem Wissen im Hinterkopf, ich sollte eigentlich nicht hier sein. Doch ihr Interesse schien doch mehr meinem Umstand zu gelten, als meiner Person. Das war auch nur verständlich! Sie selbst war noch vor wenigen Tagen in der gleichen Situation gewesen. Sie konnte mir nachfühlen und hatte wahrscheinlich ähnliches durchgemacht.


    Nur noch wenige Wochen, domina.

    Sie hielt das Kind in Händen. Das konnte ich jetzt sehen. Oh, wie schön das sein musste, den süßen kleinen warmen Körper seines eigenen Kindes so nah bei sich zu haben. Das weckte in mir die Vorfreude auf mein eigenes Kind. Ich lächelte in mich hinein, als ich diese harmonische Bild von Mutter und Kind sah und vergaß für eine Weile alles um mich herum, auch dass ich eigentlich gar nicht hier sein sollte, um die Claudierin anzugaffen.
    Ich sehnte den Tag herbei, an dem es auch endlich für mich soweit war. Es konnte nicht mehr lange dauern. Wenn man so wollte, konnte es jeden Tag so weit sein. Wenn ich doch nur nicht solche Angst vor der Geburt an sich gehabt hätte! Fast jeden Tag betete ich jetzt zu Brigid, sie möge mir und auch meinem Kind beistehen. Das half mir und gab mir wieder Hoffnung und Kraft.


    Im Gegensatz zu seiner Mutter, reagierte das Baby auf mich. Es schien mich zu sehen, was allerdings praktisch unmöglich sein musste, denn Neugeborene konnten doch noch gar nicht so gut sehen. Vielleicht sah es meinen Umriss oder vielleicht spürte es auf eine sonderbare Weise das Kind in meinem Bauch. Gleich was es war, doch dadurch wurde auch die Mutter des Kindes auf mich aufmerksam. Sie hob ihren Blick und sah mich an. Ich spürte sofort ihren Blick auf mir.
    Sie sagte vorerst nichts und auch ich riss meinen Blick von dem Kind los. Das verträumte Lächeln war auch gewichen. Etwas in mir sagte, ich sollte jetzt von hier so schnell wie möglich verschwinden, bevor ich von ihr weggeschickt wurde. Aber dann winkte sie mich auch schon zu sich und fragte mich schließlich nach meinem Namen. Jetzt konnte ich nicht mehr verschwinden. Dafür war es zu spät! Ich trat näher und beantwortete ihre Frage.


    Mein Name ist Bridhe, domina.


    Sie hielt ihr Kind wieder ganz fest. Jetzt konnte ich es noch besser sehen. Es war so niedlich! Das Baby hatte noch immer die blauen Augen der Neugeborenen. Wahrscheinlich würde sich das bald ändern.
    Ich fragte mich, welche Augenfarbe mein Kind haben würde. Würde es blaue Augen haben, so wie ich oder braune, so wie sein Vater?

    Sim-Off:

    Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen! ;)


    Um nicht den ganzen Tag in meiner Kammer verbringen zu müssen, entschied ich mich, hinaus zu gehen. Die frische Luft tat mir gut und wenn ich mich etwas im Schatten aufhielt, dann konnte auch die Sonne mir nicht viel anhaben. Ich zog es vor, mich in den versteckten Winkeln des flavischen Gartens aufzuhalten, damit ich niemandem Anlass dazu gab, sich über meine Anwesenheit zu beschweren. Mit meinem Schwangerenbauch konnte ich sowieso keine großen Sprünge mehr machen. Mein Rücken schmerzte unentwegt und sobald ich einige Schritte getan hatte, musste ich mich ausruhen. Ich kam mir vor, wie eine alte Frau! Cungah predigte mir immer, Schwangersein ist keine Krankheit! Schwangersein ist ein Zustand und der geht nach neun Monaten vorbei! Hoffentlich hatte sie da recht! Mittlerweile bezweifelte ich das fast schon.
    So ging ich also im Garten spazieren. Als ich wieder einmal pausieren musste fiel mir, etwas abseits von meinem Platz aus, diese Szenerie auf. Ein gespanntes Sonnensegel, ein Tischchen, ein Korbsessel, zwei auf dem Boden sitzende Sklaven und die Dame des Hauses, Claudia Antonia! Auch wenn ich sie in der Zeit, seitdem ich hier war, sie kaum zu Gesicht bekommen hatte, hatte ich natürlich von der Geburt ihres Kindes gehört. Spätestens ein Tag danach hatte es die Runde unter der Sklavenschaft gemacht. Sie hatte alles schon hinter sich, die ganze Geburt, die Wehen und alles was dazu gehörte. Ich hingegen machte mir mehr Sorgen um die Geburt selbst, als um das Kind, das ich zur Welt bringen würde. Nur selten, eigentlich fast gar nicht, hatte ich an die Zeit danach gedacht, wenn das Kind endlich da war. Wie es wohl aussehen mochte, mein Kind?
    Ich wusste nicht, warum ich näher an ihren Sitzplatz herangetreten war. Vielleicht um nachzusehen, ob sie ihr Kind mit dabei hatte. Wenn das so war, konnte ich es vielleicht sogar auch einmal sehen. Eigentlich wollte ich es ja vermeiden, dass jemand mich sah. Aber wenn sie jetzt aufsah, denn erblickte sie mich, wie ich neugierig nach ihr und dem Kind Ausschau hielt.

    Für solche dummen Späße hatte ich nun gar keine Nerven! Auch wenn ich wusste, es war nicht böswillig gemeint. Nein es war einfach nur die Naivität des Jungen, die ihn solche Fragen stellen ließ.


    Red kein dummes Zeug! Mach schon!


    Im nächsten Moment tat es mir ja auch schon wieder leid, zudem Jungen so unfreundlich geantwortet zu haben. Er wusste es eben nicht besser!


    Nein, ich falle nicht um! Ich sitze ja hier. Und wenn ich umfalle, dann nicht auf dich.


    Obwohl wenn man die Fülle meines Bauches berücksichtigte, konnte es schon sein, dass im Falle eines Falles mich die Schwerkraft vorne über fallen ließ.


    Siehst du, ich halte mich fest, dann kann ich nicht fallen.


    Um den Jungen zu beruhigen, hielt ich mich am Fußteil meines Bettes fest. So konnte wirklich nichts mehr passieren.

    Früher lief ich, einer Gazelle gleich, heute stampfte ich, wie ein Elefant, meinen Bauch vor mir herschiebend, in Aquilius´ Arbeitszimmer. Ich öffnete die Tür und was ich sah, ließ mich unhörbar aufseufzen. Oh nein, nicht heute! Warum ich? Angesichts seiner Aufmachung, wusste ich schon, was mir heute bevor stand! Er würde sich bequem in seiner Sänfte durch die Stadt tragen lassen, während ich mich, neben ihm herlaufend, abquälen musste. Hatte er eigentlich eine Ahnung, was es bedeutete im neunten Monat schwanger zu sein? Nein, wie sollte er auch!
    Man konnte wahrscheinlich erahnen, was in mir vorging, denn in meinem Gesicht spiegelte sich zum einen die Wut, die ich empfand, zum anderen aber auch die Strapazen, die eine vorangeschrittene Schwangerschaft eben so mit sich brachte.


    Hier bin ich! sagte ich mit einem unterschwellig resignierenden Unterton. Ich versuchte meinen Rücken etwas zu entlasten, indem ich mich um einen bequemen Stand bemühte. Den zu finden war wirklich nicht einfach. Denn ich konnte es drehen und wenden, es wurde nicht besser. Ich sehnte mich nur noch nach dem Tag, an dem es endlich so weit war und dieses Kind zur Welt kam, völlig gleich, ob es als Kind einer Sklavin oder einer Freigelassenen zu Welt kam. Hauptsache es kam! Mehr wollte ich eigentlich nicht mehr.